Drucksache - DS/1969/V
Die Bezirksverordnetenversammlung möge beschließen:
Das Bezirksamt wird aufgefordert, nach Maßgabe dieses Beschlusses und in Anerkennung der Klimanotlage durch den Berliner Senat am 10.12.2019 und der BVV in Friedrichshain-Kreuzberg am 28.10.2020 ein bezirkliches Entsiegelungskonzept zu erstellen, um somit dringend notwendige Maßnahme zur Anpassung an die Folgen der Klimakrise in die Wege zu leiten.
Das übergeordnete Ziel dieses Entsiegelungskonzepts ist die Entwicklung unseres Bezirks zur „Schwammstadt“ durch den Ausbau von Regenwasser-Versickerungsflächen. Die anschließende Begrünung der entsiegelten Flächen soll nicht nur den Erhalt und die Ausweitung des Straßengrüns bewirken, sondern vor allem die Bindung von CO2 sicherstellen, Kühlung bringen und unsere Klimaresilienz verstärken.
Das Konzept soll aufzeigen, wo im Bezirk Handlungsbedarf besteht, Möglichkeiten zur Entsieglung angeben und einen ersten zeitlichen Horizont zur Realisierung bzw. eine Priorisierung der geplanten Maßnahmen enthalten. Ziel ist eine Reduktion versiegelter Flächen im Bezirk um 10 Prozent bis 2026.
Beteiligung der Wissenschaft und der Bürger*innen: Die Entwicklung des Entsieglungskonzeptes soll in wissenschaftlicher Begleitung erfolgen. Die Ergebnisse und Fortschritte der identifizierten Maßnahmen sollen in einem jährlichen Rechenschaftsbericht dokumentiert und der BVV vorgelegt werden.
Es ist zu prüfen, ob Bürger*innenbeteiligungsformate dort ermöglicht werden können, wo Entsiegelungsmaßnahmen das Wohnumfeld besonders verändern.
Die Nutzung vorhandener Programme und Finanzmittel des Senats zur Anpassung an den Klimawandel sollen noch weiter verstärkt werden.
Für das Entsiegelungskonzept sollen insbesondere folgende Maßnahmen berücksichtigt werden:
Das Bezirksamt wird aufgefordert, bei der Erstellung des Entsiegelungskonzeptes die im Anhang 1 beigefügten Standorte auf ihr Potential und Umsetzbarkeit zu prüfen. Diese Übersicht soll als Grundlage genommen, und bei Bedarf erweitert werden. Darüber hinaus soll die Erstellung des Konzeptes wissenschaftlich begleitet und durch zivilgesellschaftliche Anreize konkretisiert werden.
Begründung: Der Klimawandel machte sich in den letzten Jahren in Berlin in Form von zu heißen und trockenen Frühjahrs- und Sommermonaten, niederschlagsarmen bzw. schneefreien Wintermonaten sowie wiederkehrender Starkregenereignisse bemerkbar. Der dicht besiedelte Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg mit einem Versiegelungsgrad von 64,4% (Berliner Mittel: 32,8%) heizt sich in besonderem Maße auf (Wärmeinsel-Effekt), was die Lebensqualität vieler Bürger*innen beeinträchtigt und zur erhöhten Sterblichkeit der älteren Bevölkerung führt. Zudem gerät das städtische Grün unter erheblichen Trockenstress, der nicht durch vereinzelte Starkregenereignisse ausgeglichen werden kann. Starkregen führt andererseits zu wiederkehrenden Überschwemmungen. Diese schädigen die städtische Infrastruktur und mindern die Wasserqualität, wenn über Mischwasserüberläufe verunreinigtes Wasser in die Oberflächengewässer gelangt. Die beschriebenen Effekte lassen sich wesentlich auf eine zu intensive Oberflächenversiegelung zurückführen, die in Friedrichshain-Kreuzberg doppelt so hoch liegt wie im Berliner Durchschnitt. Laut „Berliner Energie- und Klimaschutzprogramm 2030“ kann dem entgegengewirkt werden, indem Flächen entsiegelt werden. Eine systematische Entsiegelung öffentlicher und privater Flächen bringt folgenden Nutzen:
Folgerichtig wird sowohl im „Berliner Energie- und Klimaschutzprogramm 2030“ als auch im „Berliner Programm für nachhaltige Entwicklung“ auf den Nutzen konsequenter Entsiegelung hingewiesen. Auch die Regierungsparteien haben sich im Koalitionsvertrag dazu verpflichtet, jährlich ein Prozent der an die Mischwasserkanalisation angeschlossenen Stadtfläche von der Kanalisation zu entkoppeln – was nichts anderes bedeutet, als Flächen konsequent zu entsiegeln. Und nicht zuletzt bezeichnet das „BEK-Förderprogramm zur Klimaanpassung“ die Entsiegelung von Brachflächen sowie dezentrale Maßnahmen zur Regenwasserbewirtschaftung explizit als förderfähig. Dem Rechtsgutachten von Agora Verkehrswende „Öffentlicher Raum ist mehr wert“ von Dezember 2018, Seite 54, haben Gerichte zum Berliner Straßengesetz die Berücksichtigung des Klimaschutzes bei straßenbezogenen Belangen ausdrücklich gebilligt. (OVG Berlin, Beschl. v. 16.8.2000, OVG 1 S 5.00; VG Berlin, Beschl. v. 23.1.2009, 1 A 358.08., OVG Berlin-Brandenburg, Urt. V. 3.11.2011, OVG 1 B 65,10.) Die Stadt Amsterdam hat im August 2019 beschlossen, innerhalb von fünf Jahren 11000 Parkplätze umzuwidmen. Das kann Berlin auch und sollte im am meisten verdichteten Bezirk beginnen. Es ist Zeit, dass der Bezirk im Rahmen der städtischen Klimaanpassung mit einem Entsiegelungskonzept reagiert.
Der BVV ist bis zum Sommer 2021 ein erster Konzeptentwurf vorzulegen.
Anhang 1: Tabelle „Entsiegelung_Orte_Maßnahmen“ enthält Entsiegelungspotential samt Fotodokumentation in 184 der 373 Straßen von Friedrichshain-Kreuzberg. Die Tabelle entstand in Anlehnung an das Fußwegkonzept.
BVV 24.02.2021 Die Bezirksverordnetenversammlung beschließt:
Überweisung: Ausschuss für Umwelt, Klimaschutz, Verkehr und Immobilien
UVKI 22.04.2021 Änderungsfassung Antragstellerin Beitritt SPD, DIE LINKE, BV Buhl
Die Bezirksverordnetenversammlung möge beschließen:
Das Bezirksamt wird aufgefordert, nach Maßgabe dieses Beschlusses und in Anerkennung der Klimanotlage durch den Berliner Senat am 10.12.2019 und der BVV in Friedrichshain-Kreuzberg am 28.10.2020 ein bezirkliches Entsiegelungskonzept zu erstellen, um somit dringend notwendige Maßnahmen zur Anpassung an die Folgen der Klimakrise zu definieren und nach Beschlussfassung der BVV in die Wege zu leiten.
Das übergeordnete Ziel dieses Entsiegelungskonzepts soll die Entwicklung unseres Bezirks zur „Schwammstadt“ durch den Ausbau von Regenwasser-Versickerungsflächen sein. Die anschließende Begrünung der entsiegelten Flächen soll nicht nur den Erhalt und die Ausweitung des Straßengrüns bewirken, sondern vor allem die Bindung von CO2 sicherstellen, Kühlung bringen und unsere Klimaresilienz verstärken.
Das Konzept soll aufzeigen, wo im Bezirk Handlungsbedarf besteht, Möglichkeiten zur Entsieglung angeben und einen ersten zeitlichen Horizont zur Realisierung bzw. einen Vorschlag an die BVV zur Priorisierung der entwickelten Maßnahmen enthalten. Ziel ist eine Reduktion versiegelter Flächen im Bezirk um 10 Prozent bis 2026.
Beteiligung der Wissenschaft und der Bürger*innen: Die Entwicklung des Entsieglungskonzeptes soll in wissenschaftlicher Begleitung erfolgen. Teil des Konzeptes soll ein Vorschlag zur regelmäßigen Evaluierung sein.
In dem Konzept soll auch dargelegt werden, wie Bürger*innenbeteiligung gestaltet werden soll, wo Entsiegelungsmaßnahmen das Wohnumfeld besonders verändern.
Die Nutzung vorhandener Programme und Finanzmittel des Senats zur Anpassung an den Klimawandel sollen im Rahmen der Konzepterstellung ebenso geprüft werden.
Für das Entsiegelungskonzept sollen insbesondere folgende Maßnahmen untersucht werden:
Entsiegelung im Straßenbau: In allen Fällen, in denen asphaltierte Straßen saniert, umgebaut oder umgewidmet werden, soll stets die Möglichkeit einer Entsiegelung geprüft werden. Besonders in Straßen mit nachweislichem Wärmeinseleffekt soll geprüft werden, ob der Asphalt durch ökologische, durchlässige Pflasterung (z. B. Verbundsteine mit Grünaussparung) ersetzt werden kann. Weiterhin soll untersucht werden, wie breite Straßen durch Verdunstungsbeete bzw. bepflanzte Regen-Versickerungsflächen zwischen Straße und Bürgersteig abflusslos werden können. Es ist zu berücksichtigen ob unter Umständen durch ein Tempolimit der Reifenabrieb so reduziert werden muss, dass Regenwasser gefahrlos in die Vegetation und ins Grundwasser gelangen kann. Hierbei sollten möglichst wenig aufwändige, skalierbare Maßnahmen entwickelt werden. Die Sicherheit für radfahrende und zu Fuß gehende Menschen muss gewährleistet bleiben. Dabei sind Auswirkungen auf die Feinstaubbelastung, den Lärm und das Klima darzustellen und abzuwägen. Das Konzept soll auch darstellen, wie künftig bei der Neuanlage von Straßen die Ziele der klimaresilienten Stadt, der Verkehrsberuhigung und einer gerechten Verteilung des öffentlichen Raumes berücksichtigt werden sollen.
Umwandlung von Parkplätzen: Es soll geprüft werden, inwieweit Parkplätze am Straßenrand teils durch Bäume/Baumscheiben oder Pocket Parks ersetzt werden odergemeinsam mit Anwohner*innen in Beete für Urban Gardening umgewandelt werden können. Dabei sollen auch bestehende Beschlüsse der BVV zur Umwandlung von Parkplätzen am Straßenrand im Konzeptentwurf berücksichtigt werden. Es ist zudem aufzuzeigen, wie und wo Parkplätze, die der öffentlichen Hand gehören (Polizei, Ämter, Ministerien) entsiegelt, ökologisch gepflastert und begrünt werden können. Es soll berücksichtigt werden, wie sie als Vorzeigeprojekte private Eigentümer*innen von Parkplätzen (von Discountern, Baumärkten, Wohnhauseigentümer*innen, …) motivieren können, dem Beispiel zu folgen. Ein entsprechender Austausch zwischen Bezirk und privaten Eigentümer*innen soll darauf aufbauend angestoßen und ausgebaut werden.
Baumscheibenvergrößerung: Das Konzept soll darstellen, wie bezirksweit eine Vergrößerung der Baumscheiben erfolgen kann, wo es möglich ist. Hierzu sind insbesondere Maßnahmen darzustellen, die eine Begrünung und Betreuung/Pflege durch Anwohner*innen ermöglichen. Im Falle starker Verdichtung durch z. B. Fußgänger*innen sollen Alternativen geprüft werden z.B. poröses, wasserspeicherndes Vulkangestein. Baumscheibenvergrößerungen dürfen nicht zu Lasten des Verkehrsraum der Fußgänger*innen gehen.
Das Bezirksamt wird aufgefordert, bei der Erstellung des Entsiegelungskonzeptes vor allem Standorte mit einem hohen Anteil sozial benachteiligter Bevölkerung in stark verdichteten Kiezen und an besonders lauten oder mit Feinstaub belasteten Straßen auf ihr Potential und Umsetzbarkeit zu prüfen. Darüber hinaus soll die Erstellung des Konzeptes wissenschaftlich begleitet und durch zivilgesellschaftliche Anreize konkretisiert werden. Insbesondere Standorte, die auf der interaktiven Karte xhain-entsieglen.de durch Bürger*innen aufgezeigt werden, sind hierbei zu berücksichtigen und auf Ihre Umsetzbarkeit zu prüfen.
Der BVV ist bis zum Herbst 2021 ein erster Konzeptentwurf vorzulegen.
BVV 28.04.2021 Die Bezirksverordnetenversammlung möge beschließen:
Das Bezirksamt wird aufgefordert, nach Maßgabe dieses Beschlusses und in Anerkennung der Klimanotlage durch den Berliner Senat am 10.12.2019 und der BVV in Friedrichshain-Kreuzberg am 28.10.2020 ein bezirkliches Entsiegelungskonzept zu erstellen, um somit dringend notwendige Maßnahmen zur Anpassung an die Folgen der Klimakrise zu definieren und nach Beschlussfassung der BVV in die Wege zu leiten.
Das übergeordnete Ziel dieses Entsiegelungskonzepts soll die Entwicklung unseres Bezirks zur „Schwammstadt“ durch den Ausbau von Regenwasser-Versickerungsflächen sein. Die anschließende Begrünung der entsiegelten Flächen soll nicht nur den Erhalt und die Ausweitung des Straßengrüns bewirken, sondern vor allem die Bindung von CO2 sicherstellen, Kühlung bringen und unsere Klimaresilienz verstärken.
Das Konzept soll aufzeigen, wo im Bezirk Handlungsbedarf besteht, Möglichkeiten zur Entsieglung angeben und einen ersten zeitlichen Horizont zur Realisierung bzw. einen Vorschlag an die BVV zur Priorisierung der entwickelten Maßnahmen enthalten. Ziel ist eine Reduktion versiegelter Flächen im Bezirk um 10 Prozent bis 2026.
Beteiligung der Wissenschaft und der Bürger*innen: Die Entwicklung des Entsieglungskonzeptes soll in wissenschaftlicher Begleitung erfolgen. Teil des Konzeptes soll ein Vorschlag zur regelmäßigen Evaluierung sein.
In dem Konzept soll auch dargelegt werden, wie Bürger*innenbeteiligung gestaltet werden soll, wo Entsiegelungsmaßnahmen das Wohnumfeld besonders verändern.
Die Nutzung vorhandener Programme und Finanzmittel des Senats zur Anpassung an den Klimawandel sollen im Rahmen der Konzepterstellung ebenso geprüft werden.
Für das Entsiegelungskonzept sollen insbesondere folgende Maßnahmen untersucht werden:
Entsiegelung im Straßenbau: In allen Fällen, in denen asphaltierte Straßen saniert, umgebaut oder umgewidmet werden, soll stets die Möglichkeit einer Entsiegelung geprüft werden. Besonders in Straßen mit nachweislichem Wärmeinseleffekt soll geprüft werden, ob der Asphalt durch ökologische, durchlässige Pflasterung (z. B. Verbundsteine mit Grünaussparung) ersetzt werden kann. Weiterhin soll untersucht werden, wie breite Straßen durch Verdunstungsbeete bzw. bepflanzte Regen-Versickerungsflächen zwischen Straße und Bürgersteig abflusslos werden können. Es ist zu berücksichtigen ob unter Umständen durch ein Tempolimit der Reifenabrieb so reduziert werden muss, dass Regenwasser gefahrlos in die Vegetation und ins Grundwasser gelangen kann. Hierbei sollten möglichst wenig aufwändige, skalierbare Maßnahmen entwickelt werden. Die Sicherheit für radfahrende und zu Fuß gehende Menschen muss gewährleistet bleiben. Dabei sind Auswirkungen auf die Feinstaubbelastung, den Lärm und das Klima darzustellen und abzuwägen. Das Konzept soll auch darstellen, wie künftig bei der Neuanlage von Straßen die Ziele der klimaresilienten Stadt, der Verkehrsberuhigung und einer gerechten Verteilung des öffentlichen Raumes berücksichtigt werden sollen.
Umwandlung von Parkplätzen: Es soll geprüft werden, inwieweit Parkplätze am Straßenrand teils durch Bäume/Baumscheiben oder Pocket Parks ersetzt werden odergemeinsam mit Anwohner*innen in Beete für Urban Gardening umgewandelt werden können. Dabei sollen auch bestehende Beschlüsse der BVV zur Umwandlung von Parkplätzen am Straßenrand im Konzeptentwurf berücksichtigt werden. Es ist zudem aufzuzeigen, wie und wo Parkplätze, die der öffentlichen Hand gehören (Polizei, Ämter, Ministerien) entsiegelt, ökologisch gepflastert und begrünt werden können. Es soll berücksichtigt werden, wie sie als Vorzeigeprojekte private Eigentümer*innen von Parkplätzen (von Discountern, Baumärkten, Wohnhauseigentümer*innen, …) motivieren können, dem Beispiel zu folgen. Ein entsprechender Austausch zwischen Bezirk und privaten Eigentümer*innen soll darauf aufbauend angestoßen und ausgebaut werden.
Baumscheibenvergrößerung: Das Konzept soll darstellen, wie bezirksweit eine Vergrößerung der Baumscheiben erfolgen kann, wo es möglich ist. Hierzu sind insbesondere Maßnahmen darzustellen, die eine Begrünung und Betreuung/Pflege durch Anwohner*innen ermöglichen. Im Falle starker Verdichtung durch z. B. Fußgänger*innen sollen Alternativen geprüft werden z.B. poröses, wasserspeicherndes Vulkangestein. Baumscheibenvergrößerungen dürfen nicht zu Lasten des Verkehrsraum der Fußgänger*innen gehen.
Das Bezirksamt wird aufgefordert, bei der Erstellung des Entsiegelungskonzeptes vor allem Standorte mit einem hohen Anteil sozial benachteiligter Bevölkerung in stark verdichteten Kiezen und an besonders lauten oder mit Feinstaub belasteten Straßen auf ihr Potential und Umsetzbarkeit zu prüfen. Darüber hinaus soll die Erstellung des Konzeptes wissenschaftlich begleitet und durch zivilgesellschaftliche Anreize konkretisiert werden. Insbesondere Standorte, die auf der interaktiven Karte xhain-entsieglen.de durch Bürger*innen aufgezeigt werden, sind hierbei zu berücksichtigen und auf Ihre Umsetzbarkeit zu prüfen.
Der BVV ist bis zum Herbst 2021 ein erster Konzeptentwurf vorzulegen. |
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