Berliner Exportschlager, wallah!

Gruppenbild

Mein Aufenthalt in Stockholm nähert sich dem Ende, deshalb freut es mich besonders, dass ich die Gelegenheit hatte einen echten Berliner Exportschlager zu besuchen. Es sind die Frauen des Projekts Stadsdelsmammor, die Stockholmer Version des Berliner Originals der Stadtteilmütter. In Berlin wurde das erste Stadtteilmütterprojekt 2006 in Neukölln ins Leben gerufen und ein Jahr später in Friedrichshain-Kreuzberg. Ziemlich genau ein Jahr ist es nun her, dass mit einem großem Fest das 10-jährige Bestehen der Stadtteilmütter in Friedrichshain-Kreuzberg gefeiert wurde. Der Stockholmer Ableger ist sozusagen noch in den Kinderschuhen, und erst vor einem Jahr an den Start gegangen. Ich nahm am monatlichen Treffen teil, in dem die Frauen gemeinsam mit der Koordinatorin des Projekts sowie mit der Kollegin der Arbeitsmarktverwaltung zusammenkommen. Das Treffen fand auf Schwedisch, mit Erklärungen auf Englisch, sowie Einsprengseln in Deutsch und Arabisch, statt. Zum Glück hab ich am Tag davor den schwedischen Integrationskurs besucht. Spaß beiseite, dank der Ähnlichkeiten des Schwedischen und Deutschen und da ich das Projekt aus Berlin gut kenne, konnte ich immerhin das Wesentliche verstehen.

Stadsdelsmamma

Insgesamt sind in Stockholm momentan 15 Frauen in sieben Bezirken beschäftigt. Allein in Friedrichshain-Kreuzberg arbeiten demnach mehr Stadtteilmütter als in ganz Stockholm. Sie arbeiten in den Außenbezirken der Stadt, wo die Menschen strukturell eher benachteiligt sind. Gemessen daran, dass eine hohe Prozentzahl der Bewohner*innen auf staatliche Leistungen angewiesen, der allgemeine Gesundheitszustand schlechter und Bildungsgrad niedriger, sowie der Anteil der Menschen mit Migrationshintergrund deutlich höher ist (bis zu 85 % in einigen Bezirken).

Bei den Stadtteilmüttern in Berlin und Stockholm handelt es sich, um Frauen mit Migrationshintergrund, die selbst Mütter sind und keiner regulären Beschäftigung nachgingen. Sie erhalten zu verschiedenen Themen rund um die Entwicklung und Erziehung von Kindern eine Qualifizierung. Im Anschluss geben sie ihr Wissen an andere Familien aus der Community weiter. Die Stadtteilmütter sind wichtige Multipliktorinnen für Familien die schwer zu erreichen sind. Ihnen gelingt es Familien frühzeitig zu erreichen und z.B. über das Bildungssystem und die Bedeutsamkeit der frühkindlicher Bildung durch die Kita (Förskola) zu informieren. Einerseits haben die Stadtteilmütter ein größeres Standing in Communities, und können mit ihrem Wissen aufklären und gleichzeitig unterstützen sie Fachkräfte der öffentlichen Institutionen wie Erzieher*innen, Lehrer*innen und Behördenmitarbeiter*innen, um strukturelle Hürden zu erkennen. Auf der anderen Seite gelangen die Stadtteilmütter selbst auf den Arbeitsmarkt, somit fördert das Projekt ihre eigene Unabhängigkeit und ihr Selbstbewusstsein.

Die Frauen diskutieren rege, wie sie Familien besser erreichen können und was geeignete Formate und Treffpunkte sind. Es gibt Vorschläge von Spielnachmittagen mit Fika (die schwedische Institution „Café und Kuchen”) bis zu kostenfreien Konzert- und Museumsbesuchen. Viele Familien, um die sich die Stadsdelsmammor kümmern, haben multiple Schwierigkeiten und es wird diskutiert wie die Frauen auf sich selbst achten können und wie wichtig es ist eine gesunde Distanz zu ziehen. Genau wie in Berlin ist das Thema der Finanzierung der Stellen omnipräsent. Die Stadsdelsmammor haben oft nur eine Finanzierung von sechs Monaten. Eine Thematik die ich von Berlin gute kenne, meine Kolleginnen aus den Bezirken arbeiten zusammen mit den momentan drei Senatsverwaltungen plus dem Job Center daran eine reguläre Finanzierung der Stellen und Qualifizierung für die Stadtteilmütter auf den Weg zu bringen. Diesem Ziel sind die Berliner Stadtteilmütter im letzten Jahr bereits einige Schritte nährgekommen.

Die Stadsdelsmammor sind Pionierinnen in Stockholm und da sie die ersten sind, die die Qualifizierung durchlaufen, ist ein Teil des Treffens der Evaluation gewidmet. Zum Schluss gibt es eine Fotosession, die Stadsdelsmammor tragen eine Jacke mit riesigem Print, im Gegensatz zum roten Schal und Tasche in Berlin.

Das beste ist der Abschied ist nicht für lang, da bereits ein Gegenbesuch in der zweiten Novemberwoche folgt. Ein paar schwedische Kolleg*innen des Projekts kommen nach Berlin, um die Neukölln Stadtteilmütter zu treffen. Und nun haben wir noch einen gemeinsamen Besuch des Stadtteilmütterprojekt in Friedrichshain-Kreuzberg organisiert. Super das ging schneller als gedacht.
Wer mehr über die bezirklichen Stadtteilmütter und ihre Arbeitsweise wissen möchte, kann dies hier tun.

Friederike Krentz