Drucksache - DS/0447/V  

 
 
Betreff: Bezirksstadtrat Florian Schmidt – Missbilligung seiner Amtsführung
Status:öffentlich  
 Ursprungaktuell
Initiator:FDP/CDUVorsteherin
Verfasser:1. Heihsel, Marlene
2. Husein, Timur
Jaath, Kristine
Drucksache-Art:AntragBeschluss
Beratungsfolge:
BVV Friedrichshain-Kreuzberg von Berlin Entscheidung
20.09.2017 
Öffentliche Sitzung der BVV Friedrichshain-Kreuzberg in der BVV abgelehnt   

Beschlussvorschlag

Die Bezirksverordnetenversammlung möge beschließen:

 

Die Bezirksverordnetenversammlung von Friedrichshain-Kreuzberg missbilligt die Amtsführung von Bezirksstadtrat Florian Schmidt.

 

Begründung:

 

Der unmittelbare Anlass dieser Missbilligung der Amtsführung des Bezirksstadtrats Florian Schmidt ist der Vorgang um die Nichtbeachtung der Beschlüsse der Bezirksverordnetenversammlung Friedrichshain-Kreuzberg zur Nachverdichtung auf dem Ohlauer Campus (DS/0327/V) sowie zum Einwohnerantrag bezüglich des Grundstücks Schleiermacherstr./Blücherstr. (DS/0177/V), beide vom 12.07.2017.

 

Mit den genannten Drucksachen hat die Bezirksverordnetenversammlung Herrn Schmidt eine deutliche Handlungsanweisung gegeben. In beiden Angelegenheiten wurde diese Handlungsanweisung vorsätzlich missachtet, teilweise wurden gegen den Willen der BVV Fakten geschaffen. Dies beschädigt nicht nur die Glaubwürdigkeit von Bezirksamt und BVV, sondern fördert auch Politikverdrossenheit und schadet dem Ansehen der Demokratie. Dies akzeptieren die Bezirksverordneten von Friedrichshain-Kreuzberg nicht.

 

 

BVV 20.09.2017

Die Bezirksverordnetenversammlung beschließt:

 

Der Antrag wird abgelehnt.

 

BVV 20.09.2017 Wortprotokoll

 

Herr Husein: Sehr geehrte Frau Vorsteherin, sehr geehrte Damen und Herren, wir beantragen: „Die Bezirksverordnetenversammlung möge beschließen: Die BVV von Friedrichshain-Kreuzberg missbilligt die Amtsführung von Bezirksstadtrat Florian Schmidt.“

Die Begründung lautet: „Der unmittelbare Anlass dieser Missbilligung der Amtsführung des Stadtrats Florian Schmidt ist der Vorgang um die Nichtbeachtung der Beschlüsse der BVV Friedrichshain-Kreuzberg zur Nachverdichtung auf dem Ohlauer Campus, Drucksache DS/0327/V sowie zum Einwohnerantrag bezüglich des Grundstücks Schleiermacherstraße/Blücherstraße, Drucksache DS/0177/V, beide vom 12.07.2017.“

Mit den genannten Drucksachen hat die BVV Herrn Schmidt eine deutliche Handlungsanweisung gegeben.

In beiden Angelegenheiten wurde diese Handlungsanweisung vorsätzlich missachtet. Teilweise wurde gegen den Willen der BVV Fakten geschaffen. Dies beschädigt nicht nur die Glaubwürdigkeit von Bezirksamt und BVV, sondern fördert auch Politikverdrossenheit und schadet dem Ansehen der Demokratie.

Dies akzeptieren die Bezirksverordneten von Friedrichshain-Kreuzberg nicht.

Ich werde zunächst zu den vorsätzlichen Missachtungen im Fall der Ohlauer Straße sprechen. Anschließend wird die FDP die Missachtung im Fall Blücherstraße vortragen.

Zur Erinnerung: Der Beschluss der BVV zur Ohlauer Straße lautet: „Das Bezirksamt stellt den gestellten Bauantrag der Howoge auf dem Grundstück Ohlauer Straße 12/24 zurück. Parallel sucht das Bezirksamt aktiv das Gespräch mit der Howoge sowie mit den für die städtische Wohnungsbaugesellschaften zuständigen Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen und der Arbeitsgruppe Ohlauer Campus mit dem Ziel, in die aktuelle Planung der Howoge maßgebliche Inhalte der vorliegenden alternativen Planung der Arbeitsgruppe Ohlauer Straße einfließen zu lassen.

Bei Neuplanungen ist der Standort der Sporthalle zu sichern und die Bedarfe eines Bibliotheksstandortes mitzudenken.

Das Bezirksamt setzt sich also dafür ein, dass sowohl die Errichtung von 130 Wohnungen für die von der Howoge geplanten Zwecke als auch der größtmögliche Erhalt des zentralen Schulhofes der ehemaligen Gerhard-Hauptmann-Schule umgesetzt wird.

Der Fortbestand des Gesamtprojekts muss zu jeder Zeit gewährleistet sein. Der BVV ist bis zur BVV im September 2017 zu berichten.“

Stadtrat Schmidt hat in mehreren Punkten gegen den BVV-Beschluss verstoßen:

1. Die Bibliothek in der Howoge-Planung ist wohl auf ein nicht mehr ganz ausreichendes Maß zusammengeschrumpft.

2. Ob der Bezirksstadtrat aktiv das Gespräch mit der Howoge bzw. der städtischen Wohnungsbaugesellschaften zuständige Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen gesucht hat, wissen wir nicht ganz genau.

Auf die diesbezügliche Frage der Bezirksverordneten Heihsel antwortete Stadtrat Schmidt: „Entschuldigung, ich habe Ihnen hier nicht Auskunft über meinen Terminkalender zu geben. Wirklich. Also wie, ob genau weiß ich nicht, aber ich verstehe auch den Sinn der Frage nicht.“

Nach Umsetzung eines BVV-Beschlusses klingt das jedenfalls nicht.

Der schwerwiegendste Verstoß, zumal für einen angeblichen Aktivisten, ist aber die Verweigerung, mit der Arbeitsgruppe Ohlauer Straße überhaupt in Kontakt zu treten. Die beauftragte Kontaktaufnahme mit der Arbeitsgruppe Ohlauer Straße hat nicht stattgefunden. Keiner der Beteiligten der Arbeitsgruppe Ohlauer Straße hat eine Nachricht von Stadtrat Florian Schmidt bekommen.

Die Arbeitsgruppe hat verschiedentlich eingebrachte Gesprächsangebote bezüglich der Alternativplanung gemacht, die von der Arbeitsgruppe entwickelt wurden. Eine Erläuterung der Planungsinhalte wäre der erste Schritt einer Debatte gewesen. Leider gab es keine Reaktion.

Eine Ablehnung, Zurückstellung des Bauantrags, wäre auch nach den Planungsänderungen weiterhin möglich, weil die Unterschreitung der Abstandsfläche zur Schule und Sporthalle nach wie vor besteht. Darin liegt ja auch einer der wesentlichen städtebaulichen Missstände. Eine Zurückstellung hat bisher nicht stattgefunden.

Das Problem ist aber nicht die Verweigerungshaltung der Bauträger Ohlauer Straße/Blücherstraße, sondern dass von Seiten des Bezirksstadtrates erst gar keine Kritik an deren Bauvorhaben geübt wird. Würde es diese geben, dann wären die Träger auch zur Änderung bereit, ist ja auch ganz normal, man rühmt sich ja auch der guten Beziehungen zum Senat und den städtischen Wohnungsbaugesellschaften.

Also es kann nicht sein, dass Sozialprojekte im Bezirk jetzt sakrosankt sind, dass auf städtebauliche Qualität nicht mehr geachtet werden muss und Kritik daran als Ablehnung von Sozialbauten umgemünzt wird.

Bevor jetzt der Vorwurf kommt - Dankeschön -, die vorgebrachten Argumente seien alles Wahlkampfgetöse: Herr Schmidt hat auf die Frage, welche Anstrengungen konkret das Bezirksamt unternommen hat, um diesen BVV-Beschluss umzusetzen geantwortet, Zitat: „Wir haben bisher noch keine Anstrengungen unternommen.“ So zu lesen auf Seite 13 zum Wortprotokoll StadtBW am 06.09.2017 betreffend Blücherstraße/Campus Ohlauer Straße.

Wie Sie wissen, bin ich ja auch Anwalt. Im Strafrecht nennt man so eine Aussage ein Geständnis. Von einem Geständnis wird allgemein gesprochen, wenn jemand einen bestimmten Sachverhalt einräumt, der ihm zur Last gelegt wird. Speziell gilt im Prozessrecht als Geständnis, wenn eine Partei erklärt, dass Tatsachenbehauptungen des Gegners zutreffen, die für die Partei ungünstig sind. Wir wollen Herrn Schmidt nicht hinter Gittern sehen, aber wir wollen ihm die gelbe Karte zeigen, weil er diesen BVV-Beschluss vorsätzlich missachtet hat.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

 

Frau Heihsel: Sehr geehrte Damen und Herren, wir haben gerade die Ausführungen zur Ohlauer gehört. Ich spreche nun noch kurz zur Blücherstraße/Schleiermacherstraße.

Unser BVV-Antrag bzw. der Einwohnerantrag enthält folgende Punkte:

Der Spielplatz sollte am angestammten Platz in der angestammten Qualität erhalten werden. Es sollte eine inklusive Planung z.B. durch ein B-Plan-Verfahren initiiert werden. Außerdem sollte ein richtiges Beteiligungsverfahren entwickelt werden. Außerdem sollte das gesamte Ensemble geschützt und instandgehalten werden.

Von all diesen Punkten wurde bisher nichts umgesetzt bzw. was ich noch viel schlimmer finde, nichts aktiv angegangen. Obwohl der Beschluss im Juli beschlossen wurde und auch im Vorfeld von der Seite des Stadtrats aus oft mit Zeitdruck und den daraus resultierenden Geldverlusten und Rückzugsdrohungen des Bauherrn argumentiert wurde. Da frage ich mich, haben wir jetzt Zeitdruck oder haben wir keinen Zeitdruck?

Noch nicht einmal die rechtliche Prüfung eines B-Plan-Verfahrens oder ein ähnlich geregeltes Verfahren ist abgeschlossen. Ich bin mir nicht sicher, ob es überhaupt schon angefangen wurde, obwohl in der Zwischenzeit sogar Fakten durch die Kita-Genehmigung geschaffen wurden.

Es tut mir leid, das zu sagen, aber für uns ist das Arbeitsverweigerung.

Ich möchte noch ein paar Takte zur Bürgerbeteiligung sagen, weil das wirklich ein wichtiges Thema ist für uns: Die Bürgerbeteiligung war in unseren Augen bisher völlig unzureichend. Das Findungstreffen …, also es gab ja bisher nur ein Treffen … Das Findungstreffen diente bisher nur dazu, dass die Bürgerinitiative die Meinung des Bezirksamtes findet, also völlig sinnlos. Der Einwohnerantrag fordert ein geordnetes Verfahren auf Augenhöhe und keine Sprechstunde. Wir haben vorher ja sogar gehört, dass dieser Bezirk weitergehen möchte und über die Bürgerbeteiligung hinausgehen möchte und zu einer richtigen Zusammenarbeit gelangen möchte. Davon sind wir jetzt wirklich noch sehr, sehr, sehr weit entfernt.

Wir kritisieren also an der Organisation der Bürgerbeteiligung, dass die Organisation völlig unprofessionell erfolgt ist.

Was ist professionell an so einer …, was wäre professionell an dieser Organisation gewesen? Es wären alle Beteiligten eingeladen worden, d.h. alle Gruppen, alle Fraktionen, die Bürgerinitiative, alle Anwohner, natürlich das Bezirksamt und die Bauherren. Ist nicht passiert.

Man bräuchte eine öffentliche Einladung. Ist nicht passiert. Man bräuchte einen neutralen Moderator, der die Sitzung anständig leitet. Und außerdem, der wichtigste Punkt, eine solche Bürgerbeteiligung müsste ergebnisoffen sein und außerdem transparent mit Protokoll durchgeführt werden. So kann jetzt natürlich jeder alles Mögliche behaupten, wir haben ja kein Protokoll; ist ja super für alle.

Das heißt, eine professionelle Durchführung der Bürgerbeteiligung ist nicht erfolgt und das finde ich besonders krass in unserem Bezirk, der sich Bürgerbeteiligung ganz groß auf die Fahne schreibt. Und noch krasser, insbesondere bei einem Stadtrat, der - welch Ironie - sich als Bürgerbeteiligungsstadtrat ins Rennen geschickt hat.

Zusammengefasst wurde in der letzten Zeit bei zwei Projekten der Konsens der BVV mit dem Bezirksamt gebrochen, also der Konsens, dass das Bezirksamt Beschlüsse der BVV bestmöglich umsetzt. Wir haben einen Stadtrat, der sich von Bauträgern erpressen lässt und nicht ruhig und bedacht, so wie ich das von einem Stadtrat … ich erwarte … ich erwarte von einem Stadtrat, dass er sich ruhig und bedächtig für BVV-Beschlüsse einsetzt und kämpft. Das ist das, was meine Vorstellung eines Stadtrates ist.

Danke, ich lasse mich gerne von Ihnen belehren.

Das heißt, und das, was ich jetzt sage, meine ich wirklich, wirklich ernst und das ist kein Wahlkampfgetöse, es ist mir wirklich sehr ernst: Stadtrat Schmidt hat entgegen der Vereinbarung der Partei im Bezirksamt öffentlich betont, dass BVV-Beschlüsse nicht rechtlich bindend sind. Das ist für mich ein sehr großes Problem. Wenn hier Verordnete wirklich darauf Wert legen, dass unsere Beschlüsse weiterhin als verlässlich gelten, dann müssen wir hier und heute sagen, dass das so nicht geht. Das ist ganz klar.

 

 

 
 

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