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Rundschreiben Soz Nr. 02/2022 Zuständigkeitserklärung und Verfahren bei persönlicher Assistenz - Verfahren Persönliche Assistenz

Version 1.0 mit Stand der Bearbeitung vom 15. März 2022

A. Ziel und Geltungsbereich

Ziel dieses Rundschreibens ist es, die in der Praxis der Fachbereiche aufgetretenen Fragen zu Zuständigkeiten und zum Verfahren bei der Prüfung und Gewährung der Komplexleistung Persönliche Assistenz für Volljährige, die keine Leistungen des Teilhabefachdienst Jugend (mehr) erhalten, zu beantworten. Das Rundschreiben soll daher bestehende Regelungen der AV ZustSoz und der AV EH konkretisieren. Von den Regelungen dieses Rundschreibens unberührt, bleibt die Möglichkeit eines Streitschlichtungsverfahrens nach Nr. 33 AV EH und sich anschließender Rundschreiben (z.B. Rundschreiben Soz Nr. 26/2020).

Persönliche Assistenz ist eine Komplexleistung, die sich aus Leistungen der Hilfe zur Pflege nach dem SGB XII und der Eingliederungshilfe in Form von (einfacher) Assistenz gemäß §§ 113 Abs. 2 Nr. 2, Abs. 3, 78 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 SGB IX zusammensetzt. Bei Personen mit einem Leistungsanspruch gegenüber einer Pflegeversicherung nach dem SGB XI wird dieser mitberücksichtigt.

Dieses Rundschreiben gilt für alle Teilhabefachdienste Soziales (der Bezirke und des LAGeSo) sowie für den bezirklichen Fachbereich Pflege der bezirklichen Ämter für Soziales im Land Berlin sofern die jeweilige Fallgestaltung einen Bezugspunkt zur Persönlichen Assistenz aufweist.

B. Ermittlung des von der antragstellenden Person tatsächlich Gewollten

Der jeweilige Fachbereich (Teilhabefachdienst Soziales der Bezirke, des LAGeSo oder bezirklicher Fachbereich Pflege des bezirklichen Amtes für Soziales), in dem der Antrag auf Hilfe bzw. Unterstützung gestellt wird, prüft die örtliche und sachliche Zuständigkeit sowie den tatsächlichen Inhalt des Gewollten der antragsstellenden Person. Unerheblich ist die Überschrift des Antrages. Auch der Wortlaut des Antrages ist nur ein erstes Indiz und kann die Ermittlung des tatsächlich Gewollten nicht ersetzen (§§ 20, 21 SGB X). Die Aussichten auf Erfolg sind nicht Gegenstand der Ermittlung des tatsächlich Gewollten.

Die Ermittlung des tatsächlich Gewollten ist vom erstangegangenen Bereich durchzuführen. Die nachfolgende Gliederung nimmt darauf Bezug. Ein einheitliches Beratungsformular wird im Nachgang zu diesem Rundschreiben erarbeitet.

Vor der Klärung der örtlichen Zuständigkeit (im Zweifel auch gerichtlichen Klärung) ist eine Weitergabe nicht möglich (vgl. Nr. 14 AV ZustSoz). Dies schließt auch Verfahren einstweiligen Rechtsschutz mit ein. In Fällen, in denen durch gerichtliche Entscheidung das Land Berlin als Träger der Sozialhilfe bzw. Eingliederungshilfe (einstweilig) verpflichtet wird, übernimmt die Stelle die Leistungsbearbeitung und Bescheid-Erteilung, die inhaltlich nach §§ 2 bis 4 Ausführungsgesetz SGB IX (AG SGB IX) zuständig ist.

Weitergaben im Sinne dieses Rundschreibens können keine Weiterleitung nach § 14 SGB IX sein, da diese innerhalb des gleichen Trägers der Eingliederungshilfe Land Berlin erfolgen. Weiterleitung des bzw. an den Träger der Sozialhilfe sind nicht von § 14 SGB IX erfasst.

C. Mögliche Prüfungsergebnisse Nr. B; erforderliche Weitergaben

I. Persönliche Assistenz ist gewollt

Die Regelungen zur Prüfung der örtlichen Zuständigkeit (Nr. B.) gelten entsprechend, soweit nachfolgend nichts Abweichendes geregelt ist.

Soweit der tatsächliche Wille ergibt, eine Beratung zu den möglichen Hilfen wird dabei vorausgesetzt, dass Persönliche Assistenz gewollt ist, ergibt sich daraus für die drei Fachbereiche folgende Handlungsweise:

1. bezirklicher Fachbereich Pflege
Kommt der bezirkliche Fachbereich Pflege zu diesem Ergebnis, leitet der bezirkliche Fachbereich Pflege den Antrag auf Unterstützung an den bezirklichen Teilhabefachdienst Soziales nach Maßgabe der bezirksindividuellen Vorschriften weiter.

2. bezirklicher Teilhabefachdienst Soziales
Der bezirkliche Teilhabefachdienst Soziales prüft summarisch, ob die Voraussetzungen der Persönlichen Assistenz vorliegen und leitet den Antrag bei positivem Prüfergebnis an das LAGeSo weiter. Die abschließende Feststellung der Voraussetzungen der Persönlichen Assistenz bleibt dem LAGeSo vorbehalten. Zur summarischen Prüfung wird ein einheitliches Formular im Nachgang dieses Rundschreibens erarbeitet.

Vor einer Zuleitung an das LAGeSo darf gemäß Nr. 53 AV ZustSoz nicht offenkundig sein, dass mindestens eine der Voraussetzungen nach Nr. 31 ff. AV EH nicht vorliegt. Daher müssen kumulativ insbesondere folgende Voraussetzungen nach summarischer Prüfung vorliegen:
a) Das Land Berlin als Träger der Eingliederungshilfe ist örtlich zuständig. Dies gilt auch für gerichtlich festgestellte (einstweilige) Zuständigkeiten (vgl. Nr. B. Abs. 3)
b) Die leistungsberechtigte Person ist volljährig und es werden keine Hilfen für junge Volljährige nach § 41 SGB VIII gewährt (Nr. 31 Abs. 3 S. 3 lit. f AV EH).
c) Bei der leistungsberechtigten Person besteht eine festgestellte Pflegebedürftigkeit im Sinne des SGB XI (Nr. 31 Abs. 3 S. 3 lit. a AV EH).
d) Eine wesentliche Körperbehinderung nach § 99 Abs. 1, Abs. 4 S. 2 SGB IX i.V.m. § 1 Eingliederungshilfeverordnung (EinglHV) liegt vor (Nr. 31 Abs. 3 S. 3 lit. a AV EH).
e) Es liegt keine wesentliche geistige oder seelische Behinderung nach § 99 Abs. 1, Abs. 4 S. 2 SGB IX i.V.m. §§ 2, 3 EinglHV vor (Nr. 31 Abs. 3 S. 3 lit. c AV EH).
f) Der individuelle Gesamtbedarf, der einer Persönlichen Assistenz zugeordnet werden kann, liegt regelmäßig bei mindestens fünf Stunden täglich (Nr. 31 Abs. 2, Abs. 3 S. 3 lit. b AV EH). Bei schwankenden Bedarfen gilt der tägliche Bedarfsumfang im Monatsdurchschnitt. Der für die Zuordnung zur Persönlichen Assistenz erforderliche Stundenumfang ergibt sich aus den festgestellten, grundsätzlich bestehenden Bedarfen im Bereich der Pflege (SGB XI und SGB XII) und einfachen Assistenz (Teil 2 SGB IX). Bei der Beurteilung des Stundenumfangs ist der durch unentgeltlich tätige Pflegepersonen gedeckte Bedarf für die Zuordnungsprüfung nicht abzuziehen. Wird ein ggf. darüberhinausgehender Gesamtbedarf anteilig bereits durch einen anderen Rehabilitationsträger gedeckt, so ist dieser anderweitig gedeckte Anteil nicht einzubeziehen. Der Teilhabefachdienst Soziales ermittelt den Bedarf in der Regel im Gespräch mit der leistungsberechtigten Person sowie aus den vorliegenden Unterlagen. Dies ist im Gesprächsprotokoll bzw. weiteren Unterlagen kenntlich zu machen.
g) Es liegt kein ausschließlicher Bedarf an qualifizierter Assistenz vor (vgl. § 17 BRV i.V.m. Anlage 5 BRV, Nr. 31 Abs. 2 AV EH). Unberührt bleiben Leistungen der qualifizierten Assistenz neben der Gewährung der Persönlichen Assistenz.
h) Insbesondere ist keine Leistung in Räumlichkeiten nach §§ 43a, 71 Abs. 4 SGB XI i.V.m. § 103 Abs. 1 SGB IX geplant (Nr. 31 Abs. 2 S. 3 AV EH), der für die Berechnung der Stundenzahl Auswirkungen hat.

Liegt mindestens eines dieser acht Kriterien nicht vor, kann eine Fallabgabe nicht erfolgen. Der Fall wird dementsprechend durch den Teilhabefachdienst Soziales geprüft, die leistungsberechtigte Person zu möglichen anderen bedarfsdeckenden Leistungen beraten und entschieden. Es erfolgt keine ausdrückliche Ablehnung der Persönlichen Assistenz durch den THFD.

Eine Gesamtplankonferenz ist mit Zustimmung der leistungsberechtigten Person durchzuführen.

3. Teilhabefachdienst Soziales des LAGeSo
Das LAGeSo führt das Verfahren u.a. durch Verwendung des IAP durch. Liegen die Voraussetzungen für die Persönliche Assistenz vor, erteilt das LAGeSo darüber und ggf. über ergänzende Hilfen einen Bescheid (Nr. 31 Abs. 4 AV EH) und gewährt die erforderliche Leistung.

Kommt es zum Ergebnis, dass die Voraussetzungen der Persönlichen Assistenz nicht vorliegen, lehnt es den Antrag bezogen auf die Persönliche Assistenz ab.

Soweit das LAGeSo weitere Hilfen für erforderlich hält, leitet es den Antrag dem bezirklichen Ansprechpartner zu. Die bezirklichen Ansprechpersonen werden auf einer zentralen Liste festgehalten, die beim LAGeSo geführt wird. Wurden dem LAGeSo noch keine Ansprechpersonen benannt, erfolgt die Weiterleitung an die jeweilige Amtsleitung.

Kommt das LAGeSo zum Ergebnis, dass keine weiteren Hilfen gewünscht sind, unterlässt es die Weiterleitung.

II. Persönliche Assistenz ist nicht gewollt und Eingliederungshilfe ist (jedenfalls auch) möglich

1. Bezirklicher Fachbereich Pflege
Der bezirkliche Fachbereich Pflege leitet den Antrag dem Teilhabefachdienst Soziales
desselben Bezirkes nach Maßgabe der bezirksindividuellen Vorschriften zu.

2. Bezirklicher Teilhabefachdienst Soziales
Der bezirkliche Teilhabefachdienst Soziales führt gemäß der AV EH das Gesamtplanverfahren durch.
Im Rahmen von Nr. 23 Abs. 2 AV EH prüft er auch Leistungen nach dem SGB XII, insbesondere auch
der Hilfe zur Pflege.

3. Teilhabefachdienst Soziales des LAGeSo
Das LAGeSo leitet in diesen Fällen den Antrag an den vom Bezirk benannten Ansprechpartner wegen
möglicher weiterer Hilfen weiter (vgl. C.I.3.).

III. Persönliche Assistenz ist nicht gewollt und ausschließlich Hilfe zur Pflege ist möglich

Hat die Ermittlung des tatsächlich Gewollten ergeben, dass eine Persönliche Assistenz nicht gewünscht ist, aber ausschließlich Leistungen der Hilfe zur Pflege möglich erscheinen, ergibt sich folgende Handlungsweise der drei Fachbereiche:

1. bezirklicher Fachbereich Pflege
Der bezirkliche Fachbereich Pflege führt das Verfahren nach Maßgabe der pflegefachlichen Vorschriften weiter durch. Eine Abgabe ist daher nicht möglich.

2. bezirklicher Teilhabefachdienst Soziales
Der bezirkliche Teilhabefachdienst Soziales leitet den Antrag nach Maßgabe der bezirksindividuellen Regelungen dem bezirklichen Fachbereich Pflege zu.

3. Teilhabefachdienst Soziales des LAGeSo
Der Teilhabefachdienst Soziales des LAGeSo leitet an die vom Bezirk benannte Ansprechperson wegen möglicher weiterer Hilfen weiter (vgl. C.I.3. Absatz 2 S. 2 f.).

D. Umgang mit Bestandsfällen

I. Unterschreiten der Voraussetzungen bei laufenden abgegebenen Fällen der Persönlichen Assistenz

Es wird davon ausgegangen, dass die Bezirke alle laufenden Fallkonstellationen, in denen Leistungen der Persönlichen Assistenz in Betracht kamen, bis zum 31.12.2019 an das LAGeSo abgegeben haben.

Soweit das LAGeSo in den abgegebenen Fällen feststellt, dass aus seiner Sicht eine oder mehrere Voraussetzungen der Persönlichen Assistenz nicht mehr erfüllt werden (z.B. aufgrund einer geänderten Bedarfslage), lehnt es die Persönliche Assistenz ab und leitet den Fall bei voraussichtlich bestehendem anderweitigem Hilfebedarf der jeweiligen Ansprechperson zu (vgl. Nr. C.I.3. Absatz 2 S. 2 f.). Die Voraussetzungen der Persönlichen Assistenz ergeben sich für die Prüfung durch das LAGeSo aus der AV EH bzw. dem Berliner Rahmenvertrag. Aus Gründen der Versorgungsstabilität findet die Fallübergabe und Leistungsumstellung regelmäßig erst nach einem Zeitraum von drei Monaten nach der Kontaktierung der bezirklichen Ansprechperson statt. Für diesen Übergangszeitraum bleibt das LAGeSo für die Leistungsgewährung und –bewilligung zuständig. Davon ausgenommen sind einvernehmliche Übergaben bzw. anderweitige Absprachen.

II. Kombination von Neu- und Bestandsfall

Liegen dem Teilhabefachdienst Soziales oder dem bezirklichen Fachbereich der Hilfe zur Pflege zudem in laufenden Fällen im Bezirk Anhaltspunkte vor, die darauf hindeuten, dass Persönliche Assistenz im Einzelfall sinnvoll sein kann, wird über den Teilhabefachdienst Soziales umgehend Kontakt zum LAGeSo aufgenommen. Das weitere Verfahren richtet sich nach Nr. B. und C.

Das LAGeSo prüft durchgeführte Bedarfsermittlungen und kann ergänzend ermitteln, soweit der IAP dies erforderlich macht. Eine Erforderlichkeit ist nicht gegeben, soweit mit Zustimmung der leistungsberechtigten Person eine gemeinsame Bedarfsermittlung des bezirklichen Teilhabefachdienstes Soziales und des LAGeSo durchgeführt wird. Verbindlich wird die Bedarfsermittlung bezogen auf die Persönliche Assistenz nur durch die abschließende Prüfung des LAGeSo.