Drucksache - 0997/IV
Die Bezirksverordnetenversammlung möge beschließen:
Das Bezirksamt wird ersucht, neben der im Dezember 2013 wieder aufgestellten Bismarck-Büste eine Hinweistafel zur kritischen Auseinandersetzung mit dem Denkmal anzubringen. Diese sollte Angaben enthalten über die Geschichte der Büste (Bildhauer, erstmalige Aufstellung, Abriss durch die US-amerikanische Besatzungsmacht, Wiederaufstellung durch BVV-Beschluss an anderer Stelle) und über die Verwendung des Bismarck-Mythos in der Weimarer Republik, durch die Nationalsozialisten und in der Nachkriegszeit.
Begründung:
Die bereits vorhandene Hinweistafel des Landesdenkmalamtes Berlin in der Grünanlage am Bahnhof Wannsee bezieht sich in erster Linie auf die 2009 erfolgte Restaurierung des Borussia-Monuments und seiner Geschichte und auf den früheren historischen Kontext. Es wird dabei auch auf das zum damaligen Zeitpunkt nicht mehr vorhandene Bismarck-Denkmal hingewiesen.
Wenn jetzt im Dezember 2013, fast 70 Jahre nach ihrem Abriss, die kolossale Bismarck-Büste aus Marmor auf Grund eines Beschlusses der Bezirksverordnetenversammlung (Beschluss Nr. 1042 vom 15.2.2006) wieder aufgestellt worden ist, bedarf dies weiterer Erläuterungen in knapper Form:
a) zur Person Otto von Bismarck, hier dargestellt in einem Militärmantel (Halberstädter Kürassiere) mit Eisernem Kreuz und Pickelhaube,
b) zur Bismarck-Verehrung und zur Verwendung des Bismarck-Mythos „als geschichtspolitische Waffe der deutschen Rechten“ (Robert Gerwarth) gegen die Weimarer Republik und gegen Demokratie,
c) zum Abriss des Denkmals durch US-Militärs nach Ende des Zweiten Weltkrieges und zur Einlagerung beim Bezirksamt,
d) Wiedererrichtung auf einem stark verkleinerten Sockel an einer anderen Stelle.
Die Informationen sollten auf einer weiteren gesonderten Hinweistafel gegeben werden. Die Alternative dazu wäre eine entsprechend überarbeitete und ergänzte Hinweistafel des Landesdenkmalamtes in Verbindung mit wenigen Angaben direkt am Steinsockel der Büste.
Man kann nicht voraussetzen, dass Besucherinnen und Besuchern heute klar ist, welch zwiespältige historische Figur der frühere preußische Ministerpräsident und erste Deutsche Reichskanzler ist:
Ein ziviler Amtsträger, der sich selbst in Militäruniformen inszeniert, der als „Reichsgründer“ nicht nur für „Blut und Eisen“ plädiert, sondern, es auch einsetzt, der als aggressiver Innenpolitiker nicht nur die deutsche Sozialdemokratie bekämpft hat (Sozialistengesetz 1878-1890), sondern auch die Katholische Kirche (Kulturkampf) und wohl als Demokratieverächter zu bezeichnen ist. Es gibt aber auch Bismarck als ausgleichenden europäischen Politiker und als Initiator der Sozialversicherung in Deutschland.
Die von Reinhold Begas geschaffene Büste unterstreicht offenkundig nur die erstgenannte Sichtweise.
Vor allem dürfte Besuchern zumeist nicht bewusst sein, wie der Bismarck-Mythos später in politischen Debatten gegen die Demokratie verwendet worden ist und zum Aufstieg des Nationalsozialismus beigetragen hat (Hans-Ulrich Wehler) und warum er fast 70 Jahre nicht auf dem Sockel stand.
Berlin Steglitz-Zehlendorf, den 08. September 2014
Für die SPD-Fraktion
Buchta Kromm
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Der Antrag wurde am 05.11.2014 in der 27. Sitzung des Ausschusses für Bildung, Kultur und Bürgerdienste beraten und bei einer Abstimmung mit 5 Ja-Stimmen und 9 Nein-Stimmen bei keiner Enthaltung abgelehnt.
Dem federführenden Ausschuss wird die Ablehnung des Antrags empfohlen.
Dr. Lehmann-Brauns Stellv. Ausschussvorsitzende
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Der Antrag wurde am 27.11.2014 in der 43. Sitzung des Haushaltsausschusses beraten und bei einer Abstimmung mit 4 Ja-Stimmen und 9 Nein-Stimmen bei keiner Enthaltung abgelehnt.
Der Bezirksverordnetenversammlung wird die Ablehnung des Antrags empfohlen.
Buchta Ausschussvorsitzender
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Die BVV hat in ihrer 33. Sitzung am 10.12.2014 beschlossen:
Der Antrag ist abgelehnt.
Rögner-Francke Bezirksverordnetenvorsteher
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