02/2025-CHARKIW – Charkiw-Park: In blau-gelber Solidarität vereint

24. Februar 2025: v.l.n.r.: Olga Pischel (Vorstandsmitglied Städtepartnerschaftsverein), Botschaftssekretärin Nina Masol, Bezirksbürgermeisterin Maren Schellenberg, Sebastian Leskien (Vorsitzender Städtepartnerschaftsverein)

24. Februar 2025: v.l.n.r.: Olga Pischel (Vorstandsmitglied Städtepartnerschaftsverein), Botschaftssekretärin Nina Masol, Bezirksbürgermeisterin Maren Schellenberg, Sebastian Leskien (Vorsitzender Städtepartnerschaftsverein)

Charkiw / Februar 2025

Am Montag nach Bundestagswahlen werden entweder triumphale Siege gefeiert oder Wunden geleckt. Normalerweise. Normal ist in diesen Zeiten aber nichts. Statt Wahlnachlese stand am 24. Februar 2025 ein anderer wichtiger Termin im Kalender: Vor drei Jahren begann Russland seinen völkerrechtswidrigen Großangriff auf die benachbarte Ukraine. Und wie schon in den Jahren 2023 und 2024 war auch heuer der Steglitzer Charkiw-Park Schauplatz eines solidarischen Gedenkens von Bezirkspolitik und Zivilgesellschaft.

Geschmückt mit Ballons und Blumen: Schild des Charkiw-Parks

Geschmückt mit Ballons und Blumen: Schild des Charkiw-Parks

Eingeladen hatte Sebastian Leskien, Vorsitzender des Städtepartnerschaftsverein Steglitz-Zehlendorf e.V., und sehr viele kamen. Neben Bezirksbürgermeisterin Maren Schellenberg war das Bezirksamt durch die Bezirksstadträte Carolina Böhm, Tim Richter, Urban Aykal und Patrick Steinhoff vertreten. Alle vier Fraktionen der Bezirksverordnetenversammlung entsandten Verordnete, mit BVV-Vorsteher René Rögner-Francke an der Spitze. Als Mitglied des Berliner Abgeordnetenhauses gesellte sich Tonka Wojahn zu den Gästen.

24. Februar 2025: Frauenchor der evangelischen Markus-Kirchengemeinde singt ukrainische Volksweisen

24. Februar 2025: Frauenchor der evangelischen Markus-Kirchengemeinde singt ukrainische Volksweisen

Die dominierende Farbkombination im Charkiw-Park war – natürlich – Blau-Gelb: sowohl bei der Auswahl der am Schild hinterlegten Blumen und der öffentlichkeitswirksam ausgerollten Banner, als auch bei der Garderobe der Referenten und vieler Gäste. Farblich aus der Reihe tanzte der Frauenchor der evangelischen Markus-Kirchengemeinde (Steglitz): Er präsentierte sich in landestypischer ukrainischer Tracht, geschmückt mit Blumengirlanden und mehrfarbig bestickten Kleidern und Blusen. Hand aufs Herz: Emotionaler Höhepunkt war das gemeinsame Singen der ukrainischen Nationalhymne. „Ruhm und Wille der Ukraine sind noch nicht tot“, heißt es in deren Eröffnungsvers.

24. Februar 2025: Bezirksbürgermeisterin Maren Schellenberg hält eine Ansprache im Charkiw-Park

24. Februar 2025: Bezirksbürgermeisterin Maren Schellenberg hält eine Ansprache im Charkiw-Park

Rede der Bezirksbürgermeisterin

Mit scharfen Worten kritisierte Rathauschefin Maren Schellenberg die Ukraine-Politik der neuen US-Administration. Die Vereinigten Staaten hätten sich aus der Solidargemeinschaft des Westens verabschiedet, meinte sie. Der amerikanische Präsident habe „aus rein eigensüchtigen Motiven die Tatsachen vollkommen verdreht“. Umso mehr sei die künftige Bundesregierung gefordert, der Ukraine beizustehen. „Wie sehr hätte ich, hätten wir alle uns gewünscht, dass wir heute am dritten Jahrestag des völkerrechtswidrigen Angriffs auf die Ukraine ein fröhliches Zusammentreffen haben könnten“, sprach sie allen Anwesenden aus der Seele. Ausdrücklich dankte sie dem Städtepartnerschaftsverein für alles, was im letzten Jahr an Unterstützung für Charkiw geleistet worden sei. Obwohl jede Hilfe „wie ein Tropfen auf den heißen Stein“ erscheine, sei es für die Menschen, denen sie zuteilwerde, „von hoher Wichtigkeit“.

„Und ich möchte weiterhin darauf hoffen, dass wir uns spätestens im nächsten Jahr hier im Charkiw-Park treffen und leichten Herzens fröhlich sein können“, zeigte sie sich am Ende vorsichtig optimistisch.

24. Februar 2025: Bezirksbürgermeisterin Schellenberg, mehrere Bezirksstadträte und Olga Pischel lauschen den Worten von Botschaftssekretärin Nina Masol (rechts im Bild am Mikrofon)

24. Februar 2025: Bezirksbürgermeisterin Schellenberg, mehrere Bezirksstadträte und Olga Pischel lauschen den Worten von Botschaftssekretärin Nina Masol (rechts im Bild am Mikrofon)

Als Vertreterin der Ukrainischen Botschaft dankte Botschaftssekretärin Nina Masol gleich dreifach für die unverbrüchliche Solidarität mit der überfallenen Ukraine: „Danke Deutschland, danke Berlin, danke Bezirk Steglitz-Zehlendorf“.

Sie erinnerte an die prekäre geographische Situation der Stadt Charkiw, die nur 20 Kilometer von der aktuellen Frontlinie entfernt liege. Mit eindringlichen Worten erzählte sie vom permanenten Sirenengeheul, „es gibt keinen Tag ohne diese schrecklichen Wecker“. Nach schlaflosen Nächten mit Luftalarm und Drohnenangriffen gingen mutige Ukrainerinnen und Ukrainer am nächsten Morgen trotzdem wieder ihrer Arbeit nach.

Hand aufs Herz! Botschaftssekretärin Nina Masol (hellblauer Mantel, gelbe Tasche) und Olga Pischel (rechts daneben, mit gelbem Schal) lauschen der ukrainischen Nationalhymne

Hand aufs Herz! Botschaftssekretärin Nina Masol (hellblauer Mantel, gelbe Tasche) und Olga Pischel (rechts daneben, mit gelbem Schal) lauschen der ukrainischen Nationalhymne

Rede von Olga Pischel (Städtepartnerschaftsverein)

Im Anschluss hielt Olga Pischel eine bewegende Rede über die Notlage ihrer Heimatstadt Charkiw. Sie arbeitet im Vorstand des Städtepartnerschaftsvereins mit.

„Viele von uns sind in diesen Tagen sprachlos“, begann sie und zog Parallelen zu den Bombardierungen Berlins vor 80 Jahren. Sie erinnerte an die ersten Tage des Krieges: Menschen, die in U-Bahn-Schächten Schutz suchten, Notaufnahmen, die dorthin verlegt wurden. „Vor meinen Augen an diesem Tag vor drei Jahren sind Bilder von Menschen aus Charkiw, die vor Bomben fliehen“.

Seit März 2022 organisiert der Städtepartnerschaftsverein Hilfslieferungen mit Medikamenten, medizinischer Ausrüstung und Versorgungsgütern. „Wir sind überwältigt und sagen von Herzen Danke“, wandte sie sich an alle Unterstützer und Kooperationspartner. Konkret hob sie das Bezirksamt, die Bezirksverordnetenversammlung (BVV) sowie Unternehmen und Privatpersonen hervor.

24. Februar 2025: Blau-gelbes Blumenmeer unter dem Platzschild

24. Februar 2025: Blau-gelbes Blumenmeer unter dem Platzschild

Wertvolle Hilfe habe auch die evangelische Paulus-Kirchengemeinde (Lichterfelde) geleistet, ergänzte Pischel (wir berichteten). Die Erlöse einer Weihnachtskollekte kamen der durch russische Raketen schwer beschädigten Bojko-Schule in Charkiw zugute. Auch die Suppenküche in Charkiw, die täglich 1.000 Mahlzeiten für Bedürftige bereitstellt, erfährt Unterstützung aus Berlin. Ferner wurde die Karasin-Universität durch Spendengelder in die Lage versetzt, noch vor Wintereinbruch zerstörte Fenster zu reparieren. Pischel zitierte aus dem Brief eines Universitätsdozenten: „Du hast erkannt, dass der Moment, in dem du einen Atemzug holst, dein letzter sein könnte. Das Haus, an dem du jeden Tag vorbeigehst, kann morgen nur noch eine Erinnerung sein“.

Steglitz-Zehlendorf zeigt sich in Blau-Gelb

Steglitz-Zehlendorf zeigt sich in Blau-Gelb

In ihrer Analyse der politischen Großwetterlage weiß sie sich mit der Bezirksbürgermeisterin einig: „Die Ukraine hat sich dieses Schicksal nicht ausgesucht – sie wurde zum Grenzstaat an der Frontlinie für ein freies (…) Europa und sie verteidigt gerade die europäischen Werte. Wir dürfen die Ukraine in ihrem Kampf ums Überleben nicht alleine lassen, denn es geht um die Existenz eines souveränen Staates, … Die Zukunft der gesamten freien Welt entscheidet sich derzeit in der Ukraine“.

Im Rahmen ihrer Ansprache rief Olga Pischel zu einer bewegenden Schweigeminute in Gedenken an die vielen Opfer des Ukrainekrieges auf.

Guter Wind, du gehst so stille ... Ukrainische Nationalflagge und Banner der Stadt Charkiw hängen am 24. Februar 2025 einträchtig nebeneinander vor dem Rathaus Zehlendorf

Guter Wind, du gehst so stille ... Ukrainische Nationalflagge und Banner der Stadt Charkiw hängen am 24. Februar 2025 einträchtig nebeneinander vor dem Rathaus Zehlendorf

Während der Charkiw-Park in Blau-Gelb getaucht war, zeigte auch das Rathaus Zehlendorf im wahrsten Sinne des Wortes Flagge: Einträchtig nebeneinander wehten die ukrainische Nationalflagge und das grüne Banner der Partnerstadt Charkiw.

24. Februar 2025: Pro-ukrainische Solidaritätsveranstaltung am Brandenburger Tor

24. Februar 2025: Pro-ukrainische Solidaritätsveranstaltung am Brandenburger Tor

Die Sehnsucht nach einem gerechten Frieden, der die Wünsche der Ukraine und ganz Europas berücksichtigt, einte alle Teilnehmer im Charkiw-Park. Der Text der ukrainischen Nationalhymne gibt die Richtung vor: „Wir werden niemandem erlauben, in unserem Heimatland zu herrschen“. Diese Botschaft wird man auch in Moskau und Washington verstehen. Vielleicht sogar im idyllischen Mar-a-Lago, Florida. Dort wird man sicher auch Notiz vom blau-gelb angestrahlten Symbol unserer Republik, dem Brandenburger Tor, genommen haben.

Oberbürgermeister Ihor Terechow (Charkiw)

Oberbürgermeister Ihor Terechow (Charkiw)

„Stadt der Unbeugsamkeit“: Oberbürgermeister von Charkiw äußert sich

Unterdessen hat sich auch Charkiws Oberbürgermeister Ihor Terechow per Video zu Wort gemeldet: Untermalt von Bildern der Zerstörung einerseits, des Wiederaufbaus andererseits, preist er Charkiw als „Stadt der Unbeugsamkeit, des Glaubens und der unglaublichen Kraft des Geistes“. Dabei dankt er allen Verteidigern: denjenigen, die an der Frontlinie kämpfen, den Sanitätern, „die inmitten des Explosionslärms die Verwundeten retten“, den vielen Freiwilligen. „Wir wissen bereits, wie Charkiw nach dem Krieg aussehen wird – modern, sicher und komfortabel“, schließt der OB seine Videobotschaft mit einem optimistischen Blick nach vorn.

24. Februar 2025: Freunde und Unterstützer Charkiws und der Ukraine bilden einen großen Kreis der Solidarität

24. Februar 2025: Freunde und Unterstützer Charkiws und der Ukraine bilden einen großen Kreis der Solidarität

24. Februar 2025: Bezirkspolitik und Zivilgesellschaft zeigen ihre Solidarität mit Charkiw und der Ukraine; "Fahnenträger": rechts Sebastian Leskien (Vorsitzender Städtepartnerschaftsverein), links Michael Zwilling (Verordneter der BVV)

24. Februar 2025: Bezirkspolitik und Zivilgesellschaft zeigen ihre Solidarität mit Charkiw und der Ukraine; "Fahnenträger": rechts Sebastian Leskien (Vorsitzender Städtepartnerschaftsverein), links Michael Zwilling (Verordneter der BVV)

Beauftragter für Partnerschaften

Christian Urlaub