02/2023 – Stolpersteine im Bezirk: Ein starkes Zeichen gegen Antisemitismus

17.02.2023: Frisch verlegte Stolperschwelle vor dem ehemaligen jüdischen Kinderheim in der Hermannstraße

17.02.2023: Frisch verlegte Stolperschwelle vor dem ehemaligen jüdischen Kinderheim in der Hermannstraße

Februar 2023

Gunter Demnig ist ein in Berlin geborener zeitgenössischer Künstler, dessen Namen sich in erster Linie mit den „Stolpersteinen“ verbindet. Seit 1996 werden die mit Messing verkleideten und namentlich beschrifteten Steine in vielen Städten Deutschlands und im europäischen Ausland verlegt. Mit dem Stolperstein-Projekt wird vielen deportierten und ermordeten Juden ihr Name und damit auch ihre Würde zurückgegeben. Sie sind nicht vergessen – im Gegenteil: ihr Schicksal ist bleibender „Stein des Anstoßes“, der nachfolgende Generationen zum Nachdenken animieren soll. In Steglitz-Zehlendorf zeichnen die Evangelischen Kirchenkreise Teltow-Zehlendorf („Projekt Stolpersteine“) und Steglitz („Netzwerk Erinnerungskultur“) für das Stolperstein-Projekt verantwortlich.

Hermannstraße 11 (Zehlendorf)

Am 17. Februar 2023 ließ es sich der Künstler nicht nehmen, persönlich eine Stolperschwelle zu verlegen, die an den Standort eines ehemaligen jüdischen Kinderheims in der Hermannstraße 11 (Zehlendorf) erinnern soll.

„Dies ist ein ganz besonderer Anlass, da nur sehr selten überhaupt ‚Stolperschwellen‘ verlegt werden“,

ließ sich Geschichtslehrer André Simon vom Droste-Hülshoff-Gymnasium zitieren. Schülerinnen und Schüler eines von ihm geleiteten Wahlpflichtkurses Geschichte hatten sich seit 2021 akribisch mit der Aufarbeitung der Geschichte des Kinderheims auseinandergesetzt. Mit der nun in den Gehweg eingelassenen Stolperschwelle wird der fast 40 Heimkinder gedacht, die in der Einrichtung Zuflucht fanden, später aber von hier aus deportiert und ermordet wurden.

Logo Droste-Hülshoff-Gymnasium

Begleitet und finanziert wurde das Zehlendorfer Projekt von der Stolpersteininitiative des Kirchenkreises Teltow-Zehlendorf unter der Leitung von Michael Rohrmann.

Die Veranstaltung wurde von Droste-Schülern mitgestaltet und musikalisch begleitet. Bereits am 9. November 2022 waren am selben Ort vier Stolpersteine für die Betreiberfamilie Kapellner verlegt worden.

17.02.2023: Stolperschwellenverlegung mit Künstler Gunther Demnig (vorne, mit Hut), Geschichtslehrer André Simon (links) und Schülerinnen und Schülern des Droste-Hülshoff-Gymnasiums

17.02.2023: Stolperschwellenverlegung mit Künstler Gunther Demnig (vorne, mit Hut), Geschichtslehrer André Simon (links) und Schülerinnen und Schülern des Droste-Hülshoff-Gymnasiums

Hackerstraße 22 (Steglitz)

Eine weitere Stolpersteinverlegung fand am selben Tag im Einzugsbereich des Kirchenkreises Steglitz statt: am Standort Hackerstraße 22, 12163 Berlin-Steglitz. Auch hier übernahm Künstler Gunter Demnig höchstselbst die Verlegung von insgesamt fünf Stolpersteinen zu Ehren der Familien Driesen und Lewin. Zusammen mit Ehefrau und Tochter nahm der Enkel des nach Palästina geflüchteten Paul Driesen an der Zeremonie teil, außerdem eine in Wittstock/Dosse lebende Angehörige und zwei Gründungsmitglieder des Vereins „Tracing the Past“, der sich die Bedeutsamkeit des „Nicht-Vergessens“ auf die Fahnen geschrieben hat. Das Kaddisch zum Totengedenken trug die Kantorin der Jüdischen Gemeinde zu Berlin, Avitall Gerstetter, vor.

Die Initiative zu dieser Verlegung ist von der heutigen Bewohnerin des Steglitzer Wohnhauses, Gundula Oertel, ausgegangen, „die vor einigen Jahren eine unerwartete persönliche Begegnung mit Angehörigen der Familie hatte“, wie der Kirchenkreis Steglitz in einer Pressemitteilung vom 10. Februar 2023 schreibt. Die Geschichte begann 2005, als Frau Oertel vor ihrem Haus einige unbekannte Personen bemerkte. Dabei stellte sich heraus, dass es sich um Nachfahren der Familie Driesen und Lewin handelte, die auf der Suche nach der letzten Wohnadresse ihrer Angehörigen waren. Diese Begegnung nahm Gundula Oertel zum Anlass, in eine intensive historische Recherche einzusteigen.

Selma Driesen, geb. Lewin, wohnte mit ihrem Ehemann Sally Driesen und zwei Söhnen (Paul und Hans Philipp), sowie mit ihrer Schwester Dorothea Lewin im Haus Hackerstraße 22.