Eine Tür zu einer gerechteren Arbeitswelt

Projektteilnehmerinnen

Noch immer verdienen Frauen im Schnitt weniger als Männer, besetzen seltener Führungspositionen und sehen sich stets aufs Neue vor die Herausforderung gestellt, Familie und Beruf unter einen Hut zu bekommen. Kurzum: Frauen sind in der Arbeitswelt in vielerlei Hinsicht noch immer benachteiligt. Um ein Vielfaches ungerechter und schwieriger gestaltet sich die berufliche Perspektive jedoch, wenn die Frau gesundheitlich beeinträchtigt ist. „Frauen, die krank sind oder eine körperliche Behinderung haben, werden vom Arbeitsmarkt oftmals ausgeschlossen und haben gar keine Chance, ihre berufliche Karriere weiterzuverfolgen“, sagt Sibylle Würz, „Das ist nicht fair, das wollen wir ändern.“

EINE BESSERE CHANCE FÜR FRAUEN MIT GESUNDHEITLICHER BEEINTRÄCHTIGUNG

Sibylle Würz ist Trainerin bei „Porta“, einem Projekt des FrauenComputerZentrumBerlin e.V. (FCZB). Gemeinsam mit ihrer Kollegin Elisa Marchese sowie einem kleinen Team aus Sozialpädagoginnen und Sozialpädagogen, Coaches und ein bis zwei weiteren externen Trainerinnen oder Trainern unterstützt sie Frauen, die aufgrund einer Krankheit ihren beruflichen Werdegang unterbrechen mussten, mit einem flexiblen Lern- und Orientierungsangebot, um ihnen den Wiedereinstieg in die Arbeitswelt zu erleichtern. „Diese Frauen haben einen großen Willen, wieder einen Beruf aufzunehmen. Doch die Arbeitgeber nehmen auf die jeweilige Situation der Betroffenen oft nur wenig Rücksicht“, beschreibt Würz die Problematik, mit welcher Frauen bisher meist allein gelassen
Projektteilnehmerinnen
wurden. „Wir können zwar die Krankheit nicht heilen oder den Arbeitsmarkt vom einen auf den anderen Tag für alle uneingeschränkt öffnen. Aber wir können den Frauen beiseite stehen und sie auf ihrem Weg begleiten.“

Seminarraum

WEITERBILDUNG IM IT-BEREICH

Vor dem Hintergrund der zunehmenden Digitalisierung wurde ein Weiterbildungsprogramm mit Fokus auf die neuen Medien entwickelt. In einer Kombination aus zwei dreistündigen Präsenzveranstaltungen und eigenständigem Lernen am eigenen oder geliehenen Laptop erarbeiten die Frauen in Gruppen von jeweils etwa fünfzehn Teilnehmerinnen im Grundkurs sechs Module, die sich allesamt mit Inhalten aus der Informatik und der Computerarbeit beschäftigen. „Blended Learning“ nennt sich diese Methode der Mischung von Online- und Präsenzunterricht, die besonders Frauen mit körperlichen Einschränkungen entgegenkommt. „Wer beispielsweise im Rollstuhl sitzt oder unter regelmäßigen Kopfschmerzattacken leidet, kann vielleicht nicht jeden Tag problemlos vor die Türe. Diese Frauen können aber trotzdem teilnehmen, sich Materialien im Online-Forum zu Hause anschauen und mit den anderen diskutieren“, erklärt Würz das Prinzip mit dem Ziel einer flexiblen Lernumgebung, welche eine für erkrankte Frauen zuvor nie dagewesene Möglichkeit der Teilhabe schafft.

INDIVIDUELLES LERNEN IN DER GRUPPE

Bevor eine Teilnehmerin zum ersten Kurs von „Porta“ eingeladen wird, führt eine Sozialpädagogin oder ein Sozialpädagoge ein persönliches Gespräch mit ihr, um die Frau und ihre Geschichte kennenzulernen. Regelmäßige Treffen, Feedback und sogenannte Lernjournale über den eigenen Lernprozess ergänzen im Verlauf des Projekts das Portfolio jeder einzelnen Frau und halten deren Entwicklung fest, sodass die Trainerinnen und Trainer stets individuell auf jede Teilnehmerin eingehen können. Außerdem soll auch der Lernstoff an das entsprechende, aktuellen Fähigkeiten angepasst werden, da die Frauen oftmals unterschiedliche Vorkenntnisse mitbringen und nicht gleich schnell lernen. Neben den konkreten IT-Inhalten steht jedoch vor allem die Vermittlung von grundlegenden Kompetenzen im Fokus. Die Frauen sollen die hintergründigen Prinzipien der IT-Programme verstehen, sodass sie die erlernten Fähigkeiten selbstständig einsetzen und ausbauen können. Dabei entdecken viele erstmals neue Talente und erkennen das eigene Potenzial. „Am Anfang sind die meisten überfordert, doch mit der Zeit lernen die Frauen, sich selbst einzuschätzen“, so Würz, und das ist die Grundlage für den Wiedereinstieg in den Arbeitsalltag.

PORTA – DIE TÜRE ZU EINEM NEUEN LEBEN

„Porta“ ist ein Ort für Frauen, um sich auszutauschen, Kontakte zu knüpfen und zu erkennen, dass niemand mit einer gesundheitlichen Beeinträchtigung alleine zurechtkommen muss. Das Projekt ist ein Schritt in Richtung mehr soziale Gerechtigkeit, weshalb der Europäische Sozialfonds (ESF) gerne finanziell zu Hilfe kommt, indem er die Räume, das Personal und das Material zahlt. Dank der Kofinanzierung wird den Frauen eine kostenlose Bildung ermöglicht, die in dieser Weise einzigartig ist. Momentan können drei Kurse angeboten werden und die Nachfrage steigt noch immer stetig. Sechs Frauen haben nach Abschluss des ersten Grundkurses den Wiedereinstieg in das Berufsleben bereits geschafft, und ihnen werden viele weitere folgen. Resozialisiert, ermutigt und mit neuem Selbstbewusstsein stehen die Frauen so wieder auf eigenen Beinen: „Porta“, lateinisch für „das Tor“, hat ihnen die Türe zurück ins Arbeitsleben geöffnet.

Überblick

  • Begünstigter
    FRAUENCOMPUTERZENTRUM E.V. (FCZB)

    Ansprechpartnerin
    Sibylle Würz

    Internetauftritt
    www.fczb.de/

    Projektlaufzeit
    10.01.2016 – 31.12.2017

    Prioritätsachse
    B – Soziale Inklusion, Bekämpfung von Armut und Diskriminierung

    Investitionspriorität
    b.i – Aktive Inklusion, nicht zuletzt durch die Förderung der Chancengleichheit und aktiver Beteiligung, und Verbesserung der Beschäftigungsfähigkeit

    Spezifisches Ziel
    8.1 Stärkung der sozialen Integration und der Beschäftigungsfähigkeit von Personen mit besonderem Unterstützungsbedarf am Arbeitsmarkt

    Förderinstrument
    Qualifizierung und Integration von Menschen mit Behinderungen

    Finanzierung
    Gesamte öffentliche Mittel:
    781.278,76 EUR

    Davon EU-Mittel
    390.639,38 EUR

    EU-Programm
    Europäischer Sozialfonds (ESF)

    Online
    www.berlin.de/strukturfonds

  • ESF Reportage über das FCZB

    PDF-Dokument (356.7 kB)