Konjunkturelle Wirtschaftsentwicklung
Berlin hat sich 2021 wirtschaftlich stabilisiert und steigerte das reale Bruttoinlandsprodukt um 3,3 %, nach einem pandemiebedingten Rückgang von 3,8 % im Vorjahr. Damit glich Berlin einen großen Teil der Einbußen aus 2020 aus und knüpfte an die Wachstumszahlen in den Jahren vor der Corona-Pandemie an. Bundesweit nahm das Bruttoinlandsprodukt, nach einem Minus von 4,6 % in 2020, letztes Jahr nur um 2,9 % zu. Insgesamt lag das Bruttoinlandsprodukt 2021 in Berlin bei rund 163,0 Mrd. €; dies waren 8,4 Mrd. mehr als im Vorjahr. Die Dienstleistungsbranchen erbrachten 86,9 % der Wertschöpfung, konnten diese im letzten Jahr um real 4,1 % steigern und hatten eine ähnlich gute Entwicklung wie im Vorfeld der Pandemie. Damit lösten sie die wesentlichen Impulse für den Anstieg der Wirtschaftsleistung aus.
In das laufende Jahr ist die Berliner Wirtschaft grundlegend stabil gestartet. Die Inflationsrate, die sich im Frühjahr 2022 weiter verschärft hat und bei den Verbraucherpreisen in Berlin im August bei 7,6 % lag, hatte aber bereits zu Jahresbeginn das Wirtschaftsklima belastet. Dies gilt ebenso für die Lieferengpässe. So fielen die Geschäftserwartungen laut IHK-Umfrage Anfang 2022 schwächer aus als letzten Herbst, wobei der Positivsaldo aus optimistischen und pessimistischen Prognosen der Unternehmen von 22 auf 15 Punkte zurückging. Durch den Ukraine-Krieg haben sich die Belastungen bei Preisen und Lieferengpässen nochmal erhöht. Davon zeigten sich 48 % bzw. 36 % der Unternehmen in erheblichem Umfang negativ betroffen, womit sie noch stärker als Belastung empfunden wurden als am Jahresbeginn. Entsprechend sind die Geschäftserwartungen gemäß der IHK-Frühjahrsumfrage weiter zurückgegangen und lagen mit 5 Punkten nur
noch knapp im positiven Bereich. Auch bundesweit hat sich die Stimmung spürbar verschlechtert und der ifo-Index war nach einem Einbruch im März bei den Prognosen zum weiteren Geschäftsverlauf auch zur Jahresmitte deutlich belastet, was auch aus den starken Unsicherheiten hinsichtlich der Gasversorgung resultierte. Die zurzeit hohen Risiken wirken sich branchenübergreifend aus, wobei die einzelnen Wirtschaftszweige mit unterschiedlichen Voraussetzungen in das laufende Jahr gestartet sind.
Zu beachten sind negative Faktoren wie die stark erhöhten Energiepreise und die nochmals verschärften Lieferprobleme, von denen gerade die Industrie und das Baugewerbe betroffen sind. Damit ist in diesen Branchen trotz der guten Auftragslage der für 2022 zunächst erwartete Wertschöpfungsimpuls in realer Betrachtung gedämpft.
Auf der anderen Seite gibt es weiterhin Auftriebskräfte im Kontext der Berliner Wirtschaftsstruktur. Dies gilt insbesondere für das beschäftigungsgetriebene Wachstum in wichtigen Berliner Dienstleistungsbereichen. Die Branche Information und Kommunikation, die 2021 bereits ein Fünftel des Wertschöpfungswachstums in Berlin erbracht hat, und die öffentlichen Dienstleistungen sind mit einem hohen Beschäftigungsniveau in das laufende Jahr gestartet und dürften weiter expandieren. Zudem sind im laufenden Jahr im Zuge einer nachlassenden Pandemie Konsumimpulse zu erwarten, auch wenn diese durch den Preisauftrieb stark gedämpft werden. Vor allem aber dürfte der Berlin-Tourismus 2022 aufgrund des Basiseffektes in Form schwacher Vorjahreswerte sowie der pandemischen Lockerungen spürbar zunehmen und positiv auf das Gastgewerbe ausstrahlen. Zunehmende Gästezahlen in Berlin machen sich im stationären Einzelhandel und in der Veranstaltungs-, Kongress- und Kulturbranche ebenfalls
positiv bemerkbar. Dies strahlt wiederum positiv auf die wirtschaftsnahen Dienstleistungen aus. Auch wenn sich die aktuellen Geschäftshemmnisse direkt und indirekt ebenfalls im tertiären Sektor auswirken, dürften die Wachstumsbeiträge der Dienstleistungsbranchen in Berlin 2022 zu einem Anstieg der Wirtschaftsleistung führen.
Um die Härten infolge der Corona-Pandemie weiter abzufedern, hat der Berliner Senat unter anderem das Programm „Neustart Wirtschaft“ gestartet. Dieses hilft der Wirtschaft auf verschiedenen Ebenen und im Kontext der Spezifika der Berliner Wirtschaftsstruktur. Das Programm „Neustart Wirtschaft“ richtet sich an die Tourismus- und Veranstaltungsbranche, den Einzelhandel, die Hotellerie und Gastronomie sowie die Kreativwirtschaft. Es bündelt mehr als 30 passgenaue Maßnahmen, die gezielt betroffene Unternehmen entlasten und zur Ankurbelung ihres Geschäfts beitragen sollen. Herzstück des Programms ist der Berliner InvestitionsBONUS. Erstmals erhalten damit kleine und mittelständische Unternehmen, inklusive des Dienstleistungs- und Handwerksektors, sowie Freiberuflerinnen und Freiberufler Zugang zu Investitionszuschüssen.
Viele neue Beschäftigte
Die wirtschaftlichen Brüche infolge der Corona-Pandemie haben in starkem Maße den Berliner Arbeitsmarkt belastet, der sich aber 2021 und im bisherigen Jahresverlauf 2022 aber wieder spürbar erholt hat. Ausdruck der positiven Entwicklungen und einer wieder höheren Arbeitskräftenachfrage ist besonders die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten, die sich deutlich erhöht hat. Bereits im Juni 2021 lag sie um rund 43.300 bzw. 2,8 % über dem Stand vom Vorjahresmonat. Im Zuge einer weiterhin positiven Entwicklung gab es im Dezember 2021 in Berlin sogar 59.600 bzw. 3,8 % Beschäftigte mehr als ein Jahr zuvor; bundesweit entstand ein Plus von 1,7 %. Nach schwächeren Werten in den Vorquartalen gab es einen deutlichen Anstieg um 53.100 im letzten Quartal 2021 auch bei der Gesamtzahl der Erwerbstätigen. Auch die Entwicklung im laufenden Jahr war bislang positiv. Im ersten Quartal 2022 lag die Erwerbstätigenzahl um 73.900 über dem Stand vom Vorjahreszeitraum. Bei der
Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten wurde mit Stand Juni nach vorläufigen Angaben ein Plus von 71.100 erreicht.
Mit der verbesserten Beschäftigungssituation ist ein spürbarer Rückgang der Kurzarbeit verbunden, die sich auf einem nur noch geringen Niveau befindet. Trotz der wieder aufflammenden Pandemie und der zurzeit hohen Unsicherheit fiel die Zahl der Kurzarbeitenden im Mai 2022 in Berlin mit rund 11.200 deutlich geringer aus als ein Jahr zuvor mit 108.000 betroffenen Personen. Somit befanden sich im Mai noch anteilig 0,7 % der Beschäftigten in Kurzarbeit. Entsprechend haben sich im Zeitablauf auch die neuen Anzeigen zur Kurzarbeit spürbar zurückgebildet. Im August 2022 gingen von 77 Betrieben neue Anzeigen zur konjunkturellen Kurzarbeit ein; im August des Vorjahres hatte diese Zahl bei 105 und im Januar 2021 noch bei 3.533 gelegen.
Die Zahl der Arbeitslosen, die 2020 im ersten Lockdown sprunghaft gestiegen war, ist im Jahresverlauf 2021 wieder deutlich zurückgegangen und zeugt ebenfalls von der insgesamt wieder stabileren Situation am Berliner Arbeitsmarkt. Durch die hohen Werte von Anfang 2021 fiel die jahresdurchschnittliche Zahl aber mit 198.400 noch etwas höher aus als 2020 mit 192.600 Personen. Die Arbeitslosenquote lag damit 2021 bei 9,8 %, nach 9,7 % im Jahr 2020. Im Dezember 2021 wurde der Stand vom Vorjahresmonat aber bereits um 23.100 unterschritten und auch im bisherigen Jahresverlauf 2022 sind die Arbeitslosenzahlen rückläufig. Zwar sind die Folgen der Fluchtmigration aus der Ukraine in der Arbeitsmarktstatistik nun sichtbar, da die ukrainischen Geflüchteten in den Jobcentern erfasst werden und sich die Zahl der als arbeitslos registrierten Ukrainerinnen und Ukrainer zwischen Mai und August um rund 8.500 auf 10.000 erhöht hat. Gleichwohl bewegte sich die Arbeitslosenzahl in Berlin im
August um rund 9.600 unter dem Stand vom Vorjahresmonat.
Grundlegend sind die Perspektiven für den Berliner Arbeitsmarkt aber günstig zu beurteilen. Dabei dürften insbesondere von den wachsenden Dienstleistungsbranchen weiterhin positive Impulse auf die Arbeitskräftenachfrage ausgehen. Der Stellenindex der Bundesagentur für Arbeit (BA-X) zeigte sich in Berlin zur Jahresmitte 2022 stabil und befand sich auf einem wieder höheren Niveau. Hinzu kommt, dass trotz der zurzeit hohen konjunkturellen Risiken die Beschäftigungsabsichten der Berliner Unternehmen insgesamt positiv ausfallen. Laut IHK-Umfrage vom Frühjahr planten 34 % der Unternehmen einen Personalaufbau und 13 % einen Beschäftigungsrückgang. Der Positivsaldo fiel mit 21 Punkten ähnlich hoch aus wie am Jahresbeginn (19 Punkte) bzw. letzten Herbst (22 Punkte), womit die Zeichen auf einen weiteren Beschäftigungszuwachs in Berlin stehen.
Dienstleistungen auf Expansionskurs
Im Dienstleistungssektor hatte die Corona-Pandemie schwerwiegende Folgen für die konsumnahen und kontaktintensiven Branchen, die sich 2021 noch deutlich unter dem Niveau des Vorjahres bewegten. Mit der Lockerung der Pandemieregelungen gehen im laufenden Jahr aber Impulse auf diese Branchen aus.
Die starken Einbrüche durch die Pandemie zeigen sich besonders beim Tourismus. Die Gästezahl ging von 2019 auf 2020 von 13,96 Mio. auf 4,95 Mio. zurück und lag 2021 mit 5,13 Mio. noch deutlich unter dem Vorkrisenniveau. Bei den Übernachtungszahlen ergibt sich ein entsprechendes Bild: von 2019 auf 2020 sind sie von 34,12 Mio. auf 12,28 Mio. gesunken. Im letzten Jahr gab es in Berlin dann 13,96 Mio. Übernachtungen. Angesichts der pandemiebedingten Einschränkungen und der Folgen für den Flugverkehr waren die Rückgänge beim Auslandstourismus überdurchschnittlich hoch.
Mit dem Abklingen der Omikron-Welle und den gelockerten Pandemievorschriften haben sich die Bedingungen für den Berlin-Tourismus nun wieder deutlich verbessert, wie es auch die bisherigen Zahlen für 2022 unterstreichen. Von Januar bis Juni gab es in Berlin 11,15 Mio. Übernachtungen, Dies waren gut viermal mehr als im Vorjahreszeitraum, aber noch rund 30 % weniger als vor der Krise in den ersten sechs Monaten 2019. Speziell im Juni 2022 wurde bei den Übernachtungen der Vergleichswert aus 2019 noch um rund 11 % unterschritten. Damit zeigt sich aber weiterhin noch Aufwärtspotenzial des Berlin- Tourismus. Gleiches gilt für die Fluggastzahlen, die sich noch unter dem Vorkrisenniveau bewegen, aber 2022 bislang ebenfalls zugenommen haben.
Der wieder stärkere Tourismus strahlt positiv auf das Berliner Gastgewerbe aus, das ebenfalls in starkem Maße von den coronabedingten Schließungen und Frequenzverlusten betroffen war. Im Jahr 2021 lagen die Umsatzzahlen, wie auch die Tourismuszahlen, nur leicht um preisbereinigt 2,4 % über dem um rund die Hälfte eingebrochenen Wert von 2020. Allerdings haben sich die gastgewerblichen Umsätze ab Jahresmitte wieder erhöht und blieben im Herbst auf diesem Niveau. Das starke Aufwärtspotenzial und die gelockerten Pandemieregelungen haben dem Gastgewerbe zudem eine gute Ausgangsposition für das laufende Jahr verschaffen, die sich in den Umsatzzahlen für das erste Halbjahr 2022 niedergeschlagen hat.
Im gesamten Gastgewerbe entstand ein Plus gegenüber dem Vorjahreshalbjahr von real 122,4 %, wobei die Umsatzzuwächse im Beherbergungsgewerbe und in der Gastronomie bei 170,0 % bzw. 104,0 % lagen. Da das Niveau vom ersten Halbjahr 2019 aber noch um rund 30 % unterschritten wurde, besteht wie beim Tourismus auch im Berliner Gastgewerbe noch ein erhebliches Wachstumspotenzial. Die Geschäftserwartungen der Branche waren gemäß IHK-Frühjahrsumfrage somit deutlich positiv ausgerichtet.
Im Berliner Einzelhandel stand das vergangene Jahr ebenfalls noch im Zeichen der Corona-Pandemie und der Auswirkungen der Eindämmungsmaßnahmen. Viele Einzelhändlerinnen und Einzelhändler standen vor großen wirtschaftlichen Herausforderungen, auch weil die Umsätze aus dem internationalen Tourismusgeschäft erneut schwach ausfielen. Das Umsatzwachstum von nominal insgesamt 5,2 % (2020: 4,6 %) und real 3,8 % (2020: 3,4 %) täuscht in diesem Zusammenhang über die teils starken Verluste insbesondere der innenstadtrelevanten Branchen hinweg. Gewonnen haben vornehmlich der Onlinehandel sowie der Lebensmittelbereich. Das Jahr 2021 muss einschließlich der Entwicklungen aus 2020 somit je nach Teilbranche differenziert betrachtet werden.
Insgesamt betrug der geschätzte Gesamtumsatz des Berliner Einzelhandels innerhalb und außerhalb von Verkaufsräumen (inklusive interaktiver Handel, aber ohne Kfz, Tankstellen, Brennstoffhandel und Apotheken) 2021 ca. 20,16 Mrd. €. Beim Einzelhandel mit Nahrungsmitteln ist der Umsatz, nach einem Plus von real 4,6 % im Jahr 2020, im letzten Jahr noch leicht um 0,4 % gewachsen. Der Einzelhandel außerhalb von Verkaufsräumen, im Wesentlichen der Onlinehandel, legte 2021 mit einem Umsatzwachstum von 16,0 % nochmals kräftig zu (2020: 23,0 %). Dagegen bewegten sich stationäre Handelsbranchen unter dem Vorkrisenniveau von 2019. Im Einzelhandel mit IK-Technik, Haushaltsgeräten, Textilien, Heimwerker- und Einrichtungsbedarf gingen die Umsätze 2020 und 2021 um real 1,8 % bzw. 12,0 % zurück. Bei Verlagsprodukten, Sportausrüstungen, Spielwaren und sonstigen Gütern gab es 2021 zwar ein leichtes Plus von 1,8 %, das aber den Rückgang von 8,5 % aus 2020 noch nicht ausgleichen konnte.
Normalerweise sind in- und ausländische Touristen im Berliner Einzelhandel ein bedeutender Umsatzfaktor; insbesondere der Bekleidungsbereich partizipiert in den touristisch geprägten Zentren deutlich davon. Die Übernachtungszahlen bewegten sich wie erwähnt 2021 aber noch deutlich unter dem Vorkrisenniveau. In den Jahren vor der Pandemie lagen die Umsätze insbesondere durch internationale Touristen bei bis zu 5 Mrd. €. Diese Umsätze sind 2020 und 2021 somit größtenteils entfallen. Die Auswirkungen der Pandemie, wie rückgängige Besucherfrequenzen, geändertes Verbraucherverhalten sowie die weiter zunehmende Digitalisierung, stellen daher insbesondere den stationären, inhabergeführten Innenstadthandel vor große Herausforderungen und erfordern ein Umdenken der Branche, um sich an die neuen Entwicklungen anzupassen.
Die Beschäftigtenzahl im Berliner Einzelhandel ist im Jahresdurchschnitt 2021 um 2,7 % gestiegen, nachdem sie sich auch 2020 leicht um 1,2 % erhöhte hatte. Auch dies ist aber differenziert zu betrachten, denn während die Beschäftigung in stationären Handelsbranchen teils gedämpft war, gab es deutliche Zuwächse im Onlinehandel.
Erfreulich ist, dass 2021 die Neueintragungen für die Ausbildungsberufe Einzelhandelskauffrau/-mann (von 893 auf 957), Verkäufer/-in (von 541 auf 529) sowie Kauffrau/-mann im E-Commerce (von 56 auf 74) im Vergleich zum Vorjahr stabil geblieben bzw. gestiegen sind. Auch im vergangenen Jahr zählte der Einzelhandel mit 3.116 Plätzen wieder zu den stärksten Ausbildungsträgern bei den Dienstleistungsberufen.
Die künftige Entwicklung im Einzelhandel unterliegt weiterhin Unsicherheiten im Hinblick auf die Corona-Pandemie und den Ukraine-Krieg. Denn aus wirtschaftlicher Sicht kommt es zu weiteren Herausforderungen wie der Unterbrechung von Lieferketten sowie stark steigenden Energiekosten, die auch im Lebensmittelhandel die Teuerungsrate deutlich steigen lassen. Auf der anderen Seite dürften die postpandemischen touristischen Impulse auch positiv auf stationäre Handelsbranchen ausstrahlen.
Die Dienstleistungsbranchen sind 2021, nach dem pandemiebedingten Einbruch im Vorjahr, insgesamt wieder spürbar gewachsen und konnten an die Entwicklung vor der Pandemie anknüpfen. Dies zeigen bereits die Beschäftigtenzahlen, die insgesamt deutlich expandiert sind. Bereits mit Stichtag 30. Juni 2021 lag die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten in wichtigen Berliner Dienstleistungsbereichen spürbar über dem entsprechenden Vorjahresstand. Dies gilt bspw. für Information und Kommunikation (+9.000) und den Bereich der unternehmensnahen und sonstigen wirtschaftlichen Dienstleistungen (+7.400). Die Entwicklung der Dienstleistungen verlief seitdem insgesamt weiter positiv. Ende 2021 und im Juni 2022 fiel die Beschäftigtenzahl bspw. bei Information und Kommunikation bereits um 12.500 bzw. 16.300 höher aus als ein Jahr zuvor. Mit Wachstumsraten von 10,4 % bzw. 12,9 % war der Stellenaufbau damit etwa doppelt so stark wie im Bundesdurchschnitt.
Insgesamt gab es in Berlin am 30. Juni 2021 im Dienstleistungsbereich rund 1.377.100 sozialversicherungspflichtige Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer; dies waren 87 % aller sozialversicherungspflichtig Beschäftigten.
Im Dienstleistungssektor sind weiterhin überwiegend Frauen tätig. Rund 53 % aller in diesem Bereich sozialversicherungspflichtig Beschäftigten sind weiblich.
Produzierende Branchen stabil – aber hohe Risiken
Die Berliner Industrie zeigte sich 2021 gefestigt und hat die Umsätze leicht um 2,3 % gesteigert, wobei die Entwicklung im Ausland etwas günstiger ausfiel als im Inland. Zudem startete die Industrie im Vorfeld des Ukraine-Kriegs auch wegen der 2021 um 9,3 % höheren Auftragseingänge stabil in das laufende Jahr, verbunden mit Produktions- und Wertschöpfungspotenzialen. So fielen die Umsätze den ersten sechs Monaten 2022 um gut 40 % höher aus als ein Jahr zuvor, wobei aber unter anderem die stark gestiegenen Preise zu beachten sind. Die Geschäftserwartungen der Industrieunternehmen waren laut IHK-Umfrage Anfang 2022 zunächst weiter positiv, lagen angesichts der konjunkturellen Risiken jedoch unter dem Niveau vom letzten Herbst. Nun ist die Industrie besonders stark von den Folgen des Ukraine-Kriegs betroffen.
Entsprechend sind die Geschäftserwartungen der Branche in Berlin gemäß IHK-Frühjahrsumfrage deutlich gesunken und fielen im Saldo negativ aus. Berlin ist direkt zwar nur in geringem Maße mit Russland und der Ukraine verbunden, bei einem Exportanteil im Jahr 2021 von zusammen 3,0 % und einem Importanteil von 0,5 %. Dies greift aber zu kurz, denn neben den direkten Auswirkungen unterbrochener Geschäfte kommt es auf die indirekten Folgen an. Mangelnde Materialien, die bspw. eine Folge von Produktionseinschränkungen bei anderen Betrieben sind, verschärfen die Lieferengpässe vor Ort. Hinzu kommt der massive Auftrieb bei den Energiepreisen. Dies relativiert die bislang günstigen Industrieprognosen für 2022.
Die gesamte Außenhandelsbilanz Berlins zeigte sich 2021 wieder verbessert. Die Exporte lagen bei rund 15,82 Mrd. € und bewegten sich damit um 9,7 % über dem Stand aus 2020 (14,42 Mrd.) und auch über dem Vorkrisenstand von 2019 (15,17 Mrd.). Dies geht einher mit der schrittweisen Stabilisierung der Wirtschaft im abgelaufenen Jahr.
Das Baugewerbe ist in starkem Maße von Lieferengpässen betroffen, was negativ auf das Geschäftsklima ausstrahlt. Dabei sind die Umsätze im Berliner Bauhauptgewerbe im 4. Quartal 2021 wieder etwas gestiegen und übertrafen den Stand vom Vorjahresquartal um 4,5 % (Betriebe ab 20 Beschäftigten). Angesichts schlechterer Werte in den drei Vorquartalen lagen sie im Gesamtjahr 2021 aber noch um 2,4 % unter dem Stand des Vorjahres. Dagegen haben die Auftragseingänge 2021 um rund ein Viertel zugelegt und befinden sich damit auf einem wieder höheren Niveau, wobei die Aufträge 2020 pandemiebedingt gering ausgefallen waren.
In den ersten sechs Monaten 2022 lagen im Berliner Bauhauptgewerbe die Umsätze nominal um 16,1 % und die Auftragseingänge um 11,7 % über dem Stand vom Vorjahreszeitraum, wozu aber der Preisanstieg beigetragen hat. Bei der Zahl der genehmigten Wohnungen wurde im Zeitraum Januar bis Juni 2022 der Stand vom entsprechenden Vorjahreszeitraum indes nicht erreicht. Der hohe Auftragsbestand, der im Bauhauptgewerbe Ende Juni 2022 bei 2,44 Mrd. € lag, schafft aber zunächst eine gute Grundlage für ein weiter stabiles Baugeschehen. Materialknappheit und Preisanstiege belasten aber die Branche, dämpfen Investitionen und haben die Geschäftserwartungen laut IHK-Umfrage im Frühjahr im Saldo negativ ausfallen lassen.
Im Berliner Handwerk wirkte sich die seit 2020 anhaltende Corona-Pandemie in starkem Maße aus. Bspw. wurden Friseurinnen und Friseure sowie Kosmetikerinnen und Kosmetiker bis zur Einführung der Basis-Schutzmaßnahmen aufgrund des variierenden Pandemieverlaufs und der damit einhergehenden Eindämmungsmaßnahmen in ihrem Geschäftsbetrieb deutlich eingeschränkt. Bereits vor der Pandemie waren hohe Hygienestandards Teil der Geschäftstätigkeit dieser Gewerke, doch dadurch, dass ihre Dienstleistungen in großer Nähe zur Kundschaft stattfinden, führten die verordneten Schutzmaßnahmen zu niedrigeren Bedien- und Behandlungszahlen und somit großen wirtschaftlichen Herausforderungen. „Zulieferer“ (z. B. Tischlerinnen und Tischler für Messebau, Fotografinnen und Fotografen für Events und Veranstaltungen, Gebäudereinigerinnen und Gebäudereiniger, Bäckerinnen und Bäcker, Fleischerinnen und Fleischer für den Hotel- und Gaststättenbereich) hatten deutlich
unter fehlenden Aufträge zu leiden, durch Einstellung oder nur eingeschränkte Geschäftstätigkeit der „Auftrag gebenden“ (Messen, Veranstaltungen, eingeschränkte oder aus betriebswirtschaftlichen Gründen gänzlich eingestellte Tätigkeit von Hotellerie und Gastronomie etc.). Die Gewerke des Bau- und Ausbauhandwerks konnten zwar ihre Leistungen anbieten, waren aber in Folge der durch die Pandemie gestörten Lieferketten von Materialengpässen und steigenden Preisen der Vor- und Zwischenprodukte stark betroffen.
Die Ukraine-Krise und der seit 24. Februar 2022 herrschende Angriffskrieg Russlands in der Ukraine haben aus wirtschaftlicher Sicht zu weiteren, erheblichen Verwerfungen auf den internationalen Energie-, Rohstoff- und Gütermärkten geführt, die auch das Berliner Handwerk treffen. Gegenwärtig ist nicht abzusehen, wie sich die weitere Entwicklung gestalten wird, so dass davon auszugehen ist, dass die Geschäftstätigkeit der betroffenen Handwerksbetriebe zukünftig Störungen erleben wird.
Für Berlin ist das Handwerk dabei ein nach wie vor zentraler und prägender Wirtschaftssektor. Viele Gewerke sind dabei essenziell für das Erreichen der Klimaziele der Stadt. Die Bedeutung gut ausgebildeter Fachkräfte in den „Klimaberufen“ wird in den kommenden Jahren sogar noch weiter zunehmen.
Die Betriebsstatistik der Handwerkskammer Berlin ist vor dem Hintergrund der Corona-Pandemie zufriedenstellend: Mit 30.562 Handwerksbetrieben zum Jahresende 2021 war ein Rückgang um 290 Betriebe im Vergleich zum Vorjahr zu verzeichnen.
Die Geschäfte der Berliner Handwerksbetriebe liefen im Frühjahr 2022 gut. Grund dafür dürften die Lockerungen der coronabedingten Beschränkungen sein. Der Saldo zur Bewertung der aktuellen Geschäftsergebnisse verbesserte sich im Vergleich zum Vorjahr um 10 Zähler auf nunmehr 21 Punkte. Insgesamt gewinnt der Geschäftsklimaindex des Berliner Handwerks gegenüber dem Wert von vor einem Jahr acht Zähler und steht nun bei 107 Punkten. Ob sich dieser Aufschwung allerdings auch in den kommenden Monaten fortsetzen wird, darüber herrscht große Skepsis unter den Betrieben. Die Auswirkungen des Kriegs in der Ukraine, weiterhin gestörte Lieferketten, eine hohe Inflationsrate und insbesondere der Fachkräftemangel könnten die Handwerkskonjunktur nachhaltig belasten. Ein Viertel der Betriebe geht trotz wegfallender Corona-Einschränkungen von einer Verschlechterung ihrer Geschäftslage aus.
Beim Blick auf die einzelnen Handwerksgruppen zeigt sich: Platz 1 im Ranking der Kategorie Geschäftsklimaindex belegt mit 113 Punkten das Gesundheitsgewerbe – ein absolutes Novum. Nach den pandemiebedingten Rückgängen kommen seine Geschäfte wieder in Schwung. Zum ersten Mal seit dem Herbst 2019 kann das Gesundheitshandwerk wieder einen positiven Nachfragesaldo verzeichnen. Das Schlusslicht bilden das Kraftfahrzeuggewerbe und die Handwerke für den persönlichen Bedarf mit jeweils 93 Punkten. Insbesondere letztere haben stark unter den Corona-Restriktionen gelitten.
Eine bedeutende Investition für die Zukunft, Fundament für Selbstständigkeit und beruflichen Erfolg ist ein Meistertitel im Handwerk. Er steht für eine hochqualifizierte Ausbildung und Fachwissen, ist ein wichtiges Gütesiegel und ein Aushängeschild für jeden Betrieb, das Vertrauen erweckt. Der Meisterbrief ist eine exzellente Garantie für handwerkliche Praxis und betriebswirtschaftliches Denken. Er ermöglicht es Meisterinnen und Meistern, Wissen weiterzugeben und junge Menschen für berufliche Ausbildung zu begeistern.
Berlin bleibt zudem ein starker Standort für Unternehmensgründungen. Im Jahr 2021 wurden insgesamt 39.266 Unternehmen neu gegründet. Dies waren 4,2 % mehr als im Vorjahreszeitraum (37.682), bzw. 2,8 % mehr als im Jahr 2019 mit 38.210 Neugründungen. Mit dem dynamischen Gründungsgeschehen ist auch ein Zuwachs bei den Betriebsgründungen verbunden, die auf eine größere wirtschaftliche Bedeutung schließen lassen. Im Jahr 2021 entstanden in Berlin insgesamt 10.170 neue Betriebe, verglichen mit 9.151 bzw. 9.098 in den beiden Vorjahren. Bei der Gründungstätigkeit ist Berlin damit auch im Vergleich der Bundesländer weiterhin sehr gut positioniert. Im Jahr 2021 entstanden die meisten Neugründungen pro 10.000 Einwohnerinnen und Einwohner in Berlin (107); gefolgt von Hamburg (95) und Hessen (80). Der Bundesdurchschnitt betrug 70. Das starke Gründungsgeschehen in Berlin unterstreichen die Investments in Startups. Bei den Finanzierungsrunden entfielen im letzten
Jahr 261 und damit bundesweit knapp die Hälfte auf Berlin. Zudem flossen rund 10,5 Mrd. € und damit 60 % des bundesweit investierten Kapitals laut EY-Startup-Barometer 2021 an Startups aus Berlin.
Die Insolvenzverfahren von Unternehmen blieben im Jahr 2021 in Berlin stabil. Insgesamt kam es zu 1.242 Unternehmensinsolvenzen (eröffnet oder mangels Masse abgelehnt). In den Jahren 2020 bzw. 2019 hatte der entsprechende Wert bei 1.233 bzw. 1.382 gelegen. Auch in den ersten fünf Monaten 2022 gab es keine wesentlichen Veränderungen. Dabei wurden 548 Unternehmensinsolvenzen verzeichnet. In den Jahren 2021 bzw. 2020 hatte der entsprechende Wert bei 511 bzw. 578 und 2019 bei 622 gelegen. Gerade in Berlin mit der starken Betroffenheit des Gastgewerbes und den vielen Kulturschaffenden ist die Not bei vielen Unternehmen aber weiterhin groß.