01/2024-CHARKIW – Drittes Kriegsjahr hat begonnen

Weihnachts- und Neujahrsgrüße 2023/2024 aus Charkiw

Charkiw / Januar 2024

Russland setzt seine Angriffe auf die Ukraine mit unverminderter Härte fort. Auch im dritten Kriegsjahr scheint der Kreml nicht daran zu denken, sich aus den besetzten Gebieten des Nachbarlandes zurückzuziehen. Charkiw liegt zwar außerhalb des besetzten Territoriums, sieht sich aber trotzdem immer wieder Raketen- und Drohnenangriffen ausgesetzt, zuletzt um die Jahreswende 2023/2024. Mit der erstaunlichen Resilienz der Bevölkerung und dem Kampfeswillen des ukrainischen Militärs dürfte man in Moskau nicht gerechnet haben.

Weihnachts- und Neujahrsgrüße des Oberbürgermeisters

Oberbürgermeister Ihor Terechow blickt verhalten optimistisch ins neue Jahr. „Möge das Jahr 2024 durch Siege und große Errungenschaften, Inspiration und Glauben an eine bessere Zukunft erfüllt sein“, schreibt er in einer Weihnachts- und Neujahrsbotschaft an Bezirksbürgermeisterin Maren Schellenberg. „Das Jahr, das bald zu Ende geht“, fügt er in diesem Sinne hinzu, „wird sich in unserem Gedächtnis durch die komplizierten Herausforderungen (…), bedeutenden Veränderungen und (…) durch erstaunliche Einigkeit, Einvernehmen und Unterstützung einprägen“.

Weihnachts- und Neujahrswünsche 2023/2024 aus Charkiw

Winterspendenkampagne der Paulus-Kirchengemeinde in Lichterfelde

Optimismus zu verbreiten ist gut und richtig. Wichtig ist aber auch, den Realitäten des aktuellen Kriegswinters ins Auge zu sehen. Die Zivilgesellschaft in Steglitz-Zehlendorf ist und bleibt solidarisch mit den Menschen in Charkiw: Unter dem Motto „Wärme für unsere Partnerstadt Charkiw“ hat die evangelische Paulus-Kirchengemeinde in Lichterfelde eine Winterspendenkampagne aufgelegt. Sie soll in erster Linie Kindern, Senioren und Binnenflüchtlingen in Wyssokyj zugutekommen, einer frontnahen Ortschaft, die rund 20 km südwestlich von Charkiw im gleichnamigen Oblast liegt. Die Lieferung von Hilfsgütern soll in zwei Phasen erfolgen: Zunächst wird dringend benötigte Winterbekleidung ins Zielgebiet verbracht, darunter handgestrickte Mützen, Nierenwärmer und Socken, später folgen Heizradiatoren und Generatoren. Bei der Abwicklung des Transports arbeitet die Kirchengemeinde eng mit dem Städtepartnerschaftsverein Steglitz-Zehlendorf e.V. zusammen, der über exzellente Kontakte im Zielgebiet verfügt.

„Charkiw-Hilfe“ des Städtepartnerschaftsvereins

Unmittelbar nach Ausbruch des Angriffskrieges hat der Städtepartnerschaftsverein (SPV) eine Spendenaktion gestartet. Mittlerweile sind sage und schreibe 126.400,90 Euro auf dem Konto eingegangen, wie der Verein auf seiner Webseite berichtet (Stand: 30. November 2023).

Ein Teil des Spendenerlöses wurde für die Anschaffung eines Müllwagens verwendet, der auf Bitten der Verwaltung von Kupjansk in die im Oblast Charkiw liegende Gemeinde gegangen ist. “Nachdem die Suche nach einem passenden Fahrzeug in der Ukraine scheiterte, wurde ein Transporter in Polen gefunden”, schreibt SPV-Vorstandsmitglied Olga Pischel. Bei der Anschaffung hatte sich der SPV mit dem Partnerschaftsverein Charkiw-Nürnberg e.V. zusammengetan. Das gemeinsam erworbene Fahrzeug ist kurz vor Jahresende 2023 in Charkiw angekommen.

Markus-Kirchengemeinde Steglitz betreibt „Café Charkiw“

Neben der Paulusgemeinde war auch die evangelische Markus-Kirchengemeinde in Sachen Ukraine aktiv: Seit 15. September 2023 heißt sie freitags zwischen 13 und 16 Uhr ukrainische und deutsche Gäste im „Café Charkiw“ willkommen. Untergebracht ist der Ort interkultureller Begegnung im Gemeindehaus, Albrechtstraße 81 a, 12167 Berlin.

Sonnabends um 18 Uhr lädt die Gemeinde überdies zu einem zweisprachigen Friedensgebet ein. Im Gedenken an Menschen, die einem besonders am Herzen liegen, werden Kerzen entzündet. Die Konfession der Gottesdienstbesucher spielt dabei keine Rolle.

Private Unterbringung von Flüchtlingen bleibt eine Herausforderung

Überall wo in der Welt Krieg und Unsicherheit herrscht, sind Flucht- und Migrationsbewegungen die Folge. Viele Flüchtlinge aus Charkiw und der gesamten Ukraine, vor allem Frauen, Kinder und Jugendliche, haben sich in Steglitz-Zehlendorf niedergelassen. Die Solidarität war von Beginn an groß, vor allem bei privaten Gastgebern, die fremde Menschen bei sich aufgenommen und beherbergt haben. Es ist verständlich, dass viele Gastgeber das Mit-Wohnverhältnis nach einer gewissen Zeit auch wieder beenden möchten. Aus Übergangslösungen sind seit Februar 2022 teilweise Dauereinrichtungen geworden. Einer im September 2023 in der „Schwartzschen Villa“ vorgestellten Studie des Willkommensbündnisses für Flüchtlinge in Steglitz-Zehlendorf zufolge stehen die Chancen vieler Ukrainer auf eine eigene Wohnung ungünstig. Der Wohnungsmarkt ist auch im Südwesten Berlins angespannt.

Die Studie „Flucht und Ankommen aus der Ukraine“ kann auf der Webseite des Willkommensbündnisses eingesehen und heruntergeladen werden.