Willy Lange wäre begeistert:
Endlich wird der halbrunde Platz vor der ehemaligen Königlichen Gärtnerlehranstalt, der seit dem Frühling diesen Jahres nach Jürgen Fuchs, einem DDR-Bürgerrechtler und Schriftsteller, benannt wurde, seiner ursprünglichen Funktion wieder gerecht: Als repräsentativer und schmückender Vorplatz der ehemaligen Ausbildungsstätte für Gartenkunst und Gartenkultur.
Der seit 1996 denkmalgeschützte Platz mit seiner fächerförmigen Grundfläche ergab sich durch den Ausbau des Verbindungsweges zwischen dem Dorf Steglitz und dem Jagdschloss Grunewald zu einer befestigten Chaussee, der heutigen Königin-Luise-Strasse, und einer Vorfahrt für das 1903 fertig gestellte Lehrgebäude der Gärtner.
Zunehmender Platzmangel und steigende Höhrerzahlen machten einen Umzug der 1824 von dem preußischen Gartenkünstler Joseph Peter Lenné (1789-1866) gegründeten Königlichen Gärtnerlehranstalt in Potsdam-Wildpark nach Dahlem notwendig.
Inmitten des entstehenden Wissenschaftsstandortes, in unmittelbarer Nähe des Botanischen Gartens, entwickelte sich hier eine „grüne“ Ausbildungsstätte mit internationalem Ruf.
Gartenarchitekt Willy Lange (1864-1941), der 1903 als ehemaliger Absolvent der Potsdamer Lehranstalt als Dozent an die Gärtnerlehranstalt gerufen wurde, bekam seitens des Direktoriums den Auftrag „diesem Platze vor der Anstalt eine besondere Betonung zu geben“.
Lange übernahm die Gestaltung zunächst nicht selber, sondern übertrug diesen Auftrag an seine Studenten. Der favorisierte Entwurf, den Platz mit einer Bronzestatue zu schmücken, umgeben von Blumen und Blütensträuchern die ganzjährig blühen, konnte aus finanziellen Gründen nicht umgesetzt werden.
Lange, der nun selbst die Planung übernahm, wählte in Anlehnung an die damals noch ländliche Umgebung der Lehranstalt als Gestaltmotiv zunächst einen Dorfanger mit einer großen Rasenmulde, die einen trockengefallenen Teich symbolisieren sollte, Weiden und Bauergartenpflanzen.
Die Bebauung der umgebenden ehemaligen Domänenfelder befand sich zu Beginn des 20. Jahrhunderts erst in den Anfängen.
Den 1905 fertig gestellten Anger sah Lange nicht als endgültige Gestaltung des Platzes an. Er hoffte, bei zunehmender Bebauung und Urbanisierung des Umfeldes später eine repräsentative Schmuckplatzgestaltung realisieren zu können.
Das an der Königin-Luise-Strasse an der heutigen Bushaltestelle stehende, vor kurzem rekonstruierte hölzerne Wartehäuschen gab es als Vorgängerbau bereits seit 1910, nachdem 1905 die Straßenbahnlinie von Steglitz bis zum Grunewald fertig gestellt worden war. Sie wurde vor allem auch für den Transport von Rekruten genutzt, die zum Manöver in den Grunewald ausrückten.
Später kam noch eine gusseiserne Pumpe für die Bewässerung der Anlage hinzu, die als Mobiliar heute noch vorhanden ist.
Anfang der 30er Jahre ließ Max Dietrich, der damalige Leiter des Gartenamtes Zehlendorf, den Platz mit flächendeckenden Blütenstauden und einzelnen Blütensträuchern bepflanzen. Die Anlage bekam dadurch einen deutlich repräsentativeren, schmückenden Charakter, ganz im Sinne Langes.
In den folgenden Jahrzehnten erfuhr der Platz unterschiedlichste Veränderungen.
Der repräsentative Charakter ging verloren.
1981 kam es zur nachhaltigsten Umgestaltung: Zur „Aufwertung des vernachlässigten Eingangsbereiches an der ehemaligen Königlichen Gärtner-Lehranstalt“ wurde erneut ein Wettbewerb, nun für die Studenten des Studienganges Landespflege der Technischen Fachhochschule Berlin, in welche die ehemalige Lehranstalt nach dem Zweiten Weltkrieg eingegliedert wurde, ausgeschrieben.
Ein dichter, abschirmender Gehölzmantel entlang der Königin-Luise-Strasse und der Arnimallee, ein kreisförmiger Sitzplatz, eine direkte Wegeverbindung vom Eingang zum Wartehäuschen an der Bushaltestelle, eine deutlich verkleinerte Rasenmulde und flächendeckende Strauchpflanzungen ohne besonderen Zierwert prägten dann für lange Zeit den Vorplatz.
Auf die historischen Grundlagen wurde nur wenig Rücksicht genommen, der ursprüngliche Gestaltungsgedanke kam kaum noch zur Geltung.
Eine Aufwertung konnte durch diese Gestaltung nicht erreicht werden.
Unzureichende Pflegemaßnahmen führten zusätzlich dazu, dass der Platz im Laufe der Jahre durch meterhohe, dichte Strauchflächen eher wie eine Barriere zur ehemaligen Lehranstalt wirkte: Eine unansehnliche, isolierte Grünfläche mit geringer Gestaltqualität.
Versteckt hinter einem Gehölzdickicht, verlor die Anstalt nun „ihren“ Vorplatz gänzlich und war vom anliegenden Straßenraum nur mit Mühe wahrzunehmen.
2008 erstellte der Garten- und Landschaftsarchitekt Hartmut Teske im Auftrag des Landesdenkmalamtes das Gutachten zur Wiederherstellung des Vorplatzes, der damals noch Platz ´M´ hieß.
Platz `M`: Im Zuge der städtebaulichen Überplanung Dahlems Anfang des 20. Jahrhunderts wurden die entstehenden Plätze ohne Namensgebung in alphabetischer Reihenfolge bezeichnet. Diese Bezeichnung hatte der Platz noch bis Anfang 2011.
Kurios, aber von der naheliegendsten Möglichkeit, den Vorplatz der Lehranstalt nach einen ihrer bekannten Gartenkünstler oder Gartenarchitekten zu benennen, wurde nie Gebrauch gemacht. Leider auch nicht in diesem Jahr.
Mit großzügiger Unterstützung der Stiftung Siegfried und Vera Wagner-Grunwald konnte die denkmalgerechte Wiederherstellung im Frühling 2011 abgeschlossen werden.
Durch die zurückgewonnene, offene Gestaltung des Platzes ist die ehemalige Lehranstalt nun wieder von der Strasse aus wahrnehmbar.
Die rekonstruierte Rasenmulde sowie die Bepflanzung nach den historischen Vorgaben mit raumbildenden Einzelbäumen, niedrigen Blütengehölzen und Blütenstauden geben dem alten Vorplatz nun endlich den repräsentativen und schmückenden Charakter zurück, den er, wenn auch nur für kurze Zeit, einmal hatte.
Die auszuführenden Arbeiten erfolgten weitestgehend durch die Auszubildenden im Gärtnerberuf des Bezirks unter engagierter Betreuung durch Teske, der übrigens auch „Schüler“ in Dahlem war.
So ist doch zumindest der Samen der alten Lehranstalt aufgegangen, auch wenn in der Anstalt schon einige Jahre leider keine „grüne“ Ausbildung mehr erfolgt.
Adresse: Königin-Luise-Str. 22, 14195 Berlin-Dahlem
Stadtplan
Text: Uwe Schmohl
Redaktion: Dr. Jörg Rüter
Abbildungen: Büro Teske, Untere Denkmalschutzbehörde Steglitz-Zehlendorf