Drucksache - 0514/III  

 
 
Betreff: Konzept zur bezirklichen Erinnerungskultur für Steglitz-Zehlendorf
"Erinnern für die Zukunft - Geschichte in Steglitz-Zehlendorf"
Status:öffentlichAktenzeichen:408
 Ursprungaktuell
Initiator:CDU- und GRÜNE-FraktionCDU- und GRÜNE-Fraktion
Verfasser:Wesser, Markl-Vieto 
Drucksache-Art:AntragBeschluss
Beratungsfolge:
Bezirksverordnetenversammlung Steglitz-Zehlendorf von Berlin Vorberatung
21.11.2007 
13. öffentliche Sitzung der Bezirksverordnetenversammlung Steglitz-Zehlendorf von Berlin überwiesen   
Ausschuss für Bildung, Kultur und Bürgerdienste Empfehlung
24.01.2008 
10. öffentliche Sitzung des Ausschusses für Bildung, Kultur und Bürgerdienste vertagt     
21.02.2008 
11. öffentliche Sitzung des Ausschusses für Bildung, Kultur und Bürgerdienste vertagt     
20.03.2008 
12. öffentliche Sitzung des Ausschusses für Bildung, Kultur und Bürgerdienste ohne Änderungen im Ausschuss beschlossen     
Bezirksverordnetenversammlung Steglitz-Zehlendorf von Berlin Entscheidung
16.04.2008 
18. öffentliche Sitzung der Bezirksverordnetenversammlung Steglitz-Zehlendorf von Berlin ohne Änderungen in der BVV beschlossen (Beratungsfolge beendet)   

Sachverhalt
Anlagen:
1. Ursprungsantrag vom 14.11.2007
2. BE BiKu vom 20.03.2008
3. Beschluss Nr. 408 vom 16.04.2008
4. Vorlagen zur Kenntnisnahme
5. Vorlage zur Kennntnisnahme vom 18.10.2016
6. Vorlage zur Kennntnisnahme vom 31.01.2017
7. Vorlage zur Kenntnisnahme vom 15.05.2018
8. Vorlage zur Kenntnisnahme vom 27.08.2019
9. Vorlage zur Kenntnisnahme vom 03.11.2020
10. Vorlage zur Kenntnisnahme vom 02.08.2022 (2020)
11. Anlage zur Vorlage zur Kenntnisnahme vom 02.08.2022
12. Vorlage zur Kenntnisnahme vom 02.08.2022 (2021)
13. Anlage zur Vorlage zur Kenntnisnahme vom 02.08.2022

Die Bezirksverordnetenversammlung möge beschließen:

Die Bezirksverordnetenversammlung möge beschließen:

 

1. Ziel des bezirklichen Gedenkens ist es, unter möglichst breiter Anteilnahme und Einbeziehung der Bevölkerung die wesentlichen Ereignisse der deutschen und europäischen Geschichte durch einzelne Gedenkveranstaltungen dauerhaft im Bewusstsein der Menschen zu verankern. Dabei ist bei der Auswahl der Veranstaltungsorte und der Veranstaltungsarten ein möglichst unmittelbarer Bezug zu unserem Bezirk herzustellen.

 

2. Wesentlicher Bestandteil von Erinnerungskultur ist die bewusste Begehung von Gedenktagen. Zur Begründung des gemeinsamen Wertekanons sind fünf Daten von herausragender Bedeutung: der 27. Januar, der 8. Mai, der 17. Juni, der 13. August und der 9. November. Jedes dieser Daten ist für sich genommen bereits ein Symbol für prägende Ereignisse und soll Anknüpfungspunkt für Veranstaltungen wie Zeitzeugengespräche, Filmvorführungen, Ausstellungen, Diskussionen, Lesungen und andere Formen des gemeinsamen Erinnerns sein.

 

3. Neben Veranstaltungen im direkten Zusammenhang mit den Gedenktagen wird das Bezirksamt im Rahmen einer gesonderten Veranstaltungsreihe in unregelmäßigen Abständen weitere Veranstaltungen zu diesen Thematiken durchführen. Das Bezirksamt stellt sicher, dass die Schulen und Jugendeinrichtungen im Bezirk wirksam zu den Veranstaltungen eingeladen werden.

 

4. Bezirkliche Veranstaltungen, die Erinnerung und Gedenken zum Inhalt haben, sollen unter Verwendung des Logos "Erinnern für die Zukunft - Geschichte in Steglitz-Zehlendorf" durchgeführt werden. Das Bezirksamt lässt eine entsprechende Grafik entwickeln und beschafft einen damit bedruckten Aufsteller, um den Veranstaltungen einen übergreifenden Rahmen zu geben und einen Wiedererkennungswert der bezirklichen Aktivitäten zu erzeugen.

 

5. Um die Organisation von Veranstaltungen zu Thematiken der Erinnerungskultur für das Bezirksamt, die Schulen und die sonstigen bezirklichen Einrichtungen zu erleichtern, soll das Bezirksamt in einem Zeitzeugen- und Expertenpool die Kontaktdaten geeigneter Persönlichkeiten, die fundiert und anschaulich über ihre persönlichen Schicksale und/oder den historischen Kontext berichten können, sammeln und zur Verfügung stellen.

 

6. Es gibt bereits zahlreiche Initiativen von Bürgerinnen und Bürgern im Bezirk, die sich in vorbildlicher Weise mit Thematiken aus dem Bereich der Erinnerungskultur befassen. Darauf soll aufgebaut werden. Der Bezirk fördert solche Formen bürgerschaftlichen Engagements, die allein Grundlage einer breiten gesellschaftlichen Auseinandersetzung mit der Vergangenheit sein können. Besonders Schulen, Bürger und Kirchengemeinden werden gebeten, ihrerseits das Bezirksamt über die von ihnen geplanten Veranstaltungen zu informieren. Wenn dies im Einzelfall geboten erscheint, kann das Bezirksamt für solche Veranstaltungen die Schirmherrschaft übernehmen und sie bewerben und/oder im bezirklichen Veranstaltungskalender ankündigen und erforderlichenfalls finanziell unterstützen.

 

7. Im Bezirk gibt es Orte und Institutionen, die für die Erinnerungskultur von überregionaler Bedeutung sind. Mit diesen Institutionen sollen Kooperationsvereinbarungen angestrebt werden, die es allen Schülerinnen und Schülern des Bezirks ermöglichen, die entsprechende Infrastruktur der genannten Institutionen zu nutzen. Auf dieses Angebot soll in regelmäßigen Abständen an den Oberschulen des Bezirks hingewiesen werden. 

 

8. Das Bezirksamt veranlasst, passantenwirksam allgemeines Interesse erzeugende Tafeln in der Treitschkestraße, sowie im Bereich Taku-, Lans- und Iltisstraße aufzustellen, die eine Auseinandersetzung der Passanten mit der jeweiligen Bennennung ermöglichen. Auf diesen soll die Problematik der Benennung aus heutiger Sicht dargestellt und diese in den jeweiligen historischen Kontext eingeordnet werden. Darüber hinaus soll der Werdegang der politischen Diskussion um die Treitschkestraße durch eine Ausstellung öffentlichkeitswirksam publiziert werden.

 

An diesen  Beispielen soll diese Form der Geschichtsaufarbeitung evaluiert werden. Nach einer Auswertung des kritischen Diskurses zum Ende der Wahlperiode soll entschieden werden, ob sich der bewahrend-kritische Umgang mit dem Straßennamen bewährt hat oder ob eine Umbenennung erfolgen soll. Entscheidend wird dabei sein, ob eine Umbenennung oder eine kritische Information eher geeignet erscheint, der Kultur des Erinnerns zu dienen.

 

9. Das Bezirksamt gibt jährlich eine Kurzdokumentation über die Veranstaltungsreihe heraus.

 

Begründung:

 

Gedenken und Erinnerung sind nicht nur rückwärts-, sondern auch vorwärtsgewandt: Das Wissen um die Vergangenheit hilft dabei, gegenwärtige und zukünftige Fehlentwicklungen  zu erkennen und ihnen zu begegnen. Die Auseinandersetzung mit der deutschen und europäischen Geschichte verdeutlicht die Notwendigkeit, die Grundrechte dauerhaft zu schützen und die Würde jedes einzelnen Menschen als stets unantastbar zu begreifen. Ein eigenverantwortliches Leben in Freiheit ist auf Dauer nur unter dem Schutz einer Demokratie denkbar, die ihre Grundlagen selbstbewusst verteidigt. Die Erinnerung an die Vergangenheit ist zugleich eine wesentliche Grundlage der kulturellen Identität, ohne die kein Gemeinwesen dauerhaft bestehen kann. Sie behält notwendigerweise die gesamte Geschichte unseres Landes im Blick, um sich vor einseitiger und fragmentarischer Instrumentalisierung zu schützen.  

 

Vor diesem Hintergrund hat sich der Bezirk Steglitz-Zehlendorf entschlossen, durch eine Neubestimmung der Erinnerungskultur seinen Beitrag zur Sensibilisierung und Immunisierung der Gesellschaft gegen alle totalitären Gesellschaftsentwürfe und demokratiefeindlichen Strömungen  zu leisten.

 

Die prägenden Werte einer Gesellschaft entwickeln sich auch durch die historischen positiven und negativen Gemeinschaftserfahrungen. Zu den positiven Erfahrungen zählen beispielsweise die friedliche und gewaltfreie Wiedererlangung der staatlichen Einheit Deutschlands, seine kulturelle und ökonomische Leistungsfähigkeit, der Widerstand gegen totalitäres Unrecht, die Versöhnung mit ehemaligen Kriegsgegnern und die friedliche Einigung Europas. Zu den negativen Erfahrungen zählen die systematische Entrechtung, Enteignung und Ermordung von Juden, anderen Minderheiten und politischen Gegnern durch das nationalsozialistische Gewaltregime, die Abschaffung der Gewaltenteilung und des Rechtsstaats, der Zweite Weltkrieg, die deutsche Teilung und die kommunistische Gewaltherrschaft mit Stasiüberwachung und Todesstreifen an der innerdeutschen Grenze.

 

Bezirkliches Gedenken ist kein abgeschlossener Prozess. Dieses Konzept kann nur ein Grundstein für die zukünftige Erinnerung und Aufarbeitung sein. Gleichzeitig sind sich die Bezirksverordneten bewusst, dass die politische Diskussion um ein lebendiges Erinnern unter verstärkter Einbeziehung der Bevölkerung stattfinden muss - nicht, indem staatliches Gedenken von oben verordnet wird, sondern indem aktiv um Beteiligung geworben wird. So soll aus dem geschichtlichem Bewusstsein heraus ein dynamischer Prozess um die Gestaltung unserer pluralistischen Demokratie in Gang gesetzt werden.

 

Zu Punkt 1 des Antrags

Es würde die personellen und finanziellen Ressourcen des Bezirks übersteigen, aller erinnerungswürdigen Ereignisse zu gedenken und diese in angemessenem Rahmen zu begehen. Dort, wo es um einen direkten Bezug zum Bezirk geht oder ein Jahrestag von erheblicher historischer Bedeutung ansteht, wie z.B. der 75. Jahrestag der Machtergreifung der Nationalsozialisten am 30. Januar 2008, liegt es in der Verantwortung des Bezirks, hier ein angemessenes und würdiges Gedenken unter Einbeziehung möglichst breiter Kreise der Bevölkerung zu gewährleisten.

 

Der 27. Januar 1945 als Tag der Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz erinnert an die systematische Ermordung der deutschen und europäischen Juden nach vorangegangener Ausgrenzung, Entrechtung und Deportation durch den deutschen Staat, die so genannte "Arisierung" jüdischen Vermögens sowie die Planung und Ausführung von Verbrechen ungeheuren Ausmaßes durch staatliche Institutionen.

 

Der 8. Mai 1945 als Tag der Kapitulation der deutschen Wehrmacht und des Endes der nationalsozialistischen Diktatur steht symbolhaft für die Erfahrungen von Krieg, Vertreibung, Zwangsarbeit, Kriegsgefangenschaft, Bombenkrieg, Kriegsverbrechen, Enteignung, Entrechtung, Verfolgung und Ermordung von Juden, anderen Minderheiten und politischen Gegnern. Auch wenn dies damals den meisten Deutschen nicht so erschienen sein mag: Am 8. Mai 1945 wurde auch unser Volk von Krieg und Nazidiktatur befreit.

 

Der 17. Juni 1953 steht symbolhaft für den Freiheitsdrang und den Selbstbestimmungswillen der Deutschen in der DDR und - als Vorläufer des Ungarnaufstandes 1956, des Prager Frühlings 1968, der polnischen Demokratiebewegung 1980/81 und der friedlichen Beseitigung des Eisernen Vorhangs 1989/90 - der europäischen Völker, die Teil des sowjetischen Imperiums waren.

 

Der 13. August 1961 steht als Tag des Mauerbaus der DDR symbolhaft für die Teilung Deutschlands und Europas, für die Errichtung der kommunistischen Diktaturen in Ostdeutschland und Osteuropa unter dem militärischen Einfluss der Sowjetunion, für die gewaltsame Abschottung von Gesellschaften, die Aufhebung von Demokratie, Gewaltenteilung, individuellen Menschenrechten und das Scheitern des kommunistischen Gesellschaftsentwurfs. Unzählige Berlinerinnen und Berliner wurden für Jahrzehnte von ihren Familien und Freunden getrennt.

 

Der 9. November spiegelt wie kein anderer Tag die Deutsche Geschichte mit ihren Höhen, Tiefen und Brüchen wider:

 

Am 9. November 1918 trat Reichskanzler Max von Baden zurück und übergab dem Sozialdemokraten Friedrich Ebert die Kanzlerschaft und Philipp Scheidemann rief vom Reichstagsgebäude aus die Deutsche Republik aus. Zwei Stunden später verkündete Karl Liebknecht vom Stadtschloss aus die deutsche Räterepublik.

 

Am 9. November 1938 wurden in der so genannten Reichskristallnacht in einem vom nationalsozialistischen Regime organisierten und gelenkten Pogrom Geschäfte und Einrichtungen jüdischer Bürgerinnen und Bürger im gesamten Deutschen Reich geplündert und zerstört. Dabei wurden etwa 400 Menschen ermordet oder in den Tod getrieben und zahlreiche Synagogen in Brand gesetzt. Polizei und Feuerwehr hatten Weisung, nicht gegen die Gewalttäter einzuschreiten.

 

Am 9. November 1989 fiel nach 28 Jahren der gewaltsamen Teilung die Mauer an der innerdeutschen Grenze, nachdem sich die Bevölkerung friedlich gegen das DDR-Unrechtsregime erhoben hatte. Hunderttausende aus beiden deutschen Staaten strömten zu den jetzt offenen Grenzen und lagen sich freudig in den Armen. Mit dem Mauerfall wurde der rasche Untergang der DDR eingeleitet.

 

Im Rahmen der zentralen bezirklichen Gedenkveranstaltungen zum 9. November soll der drei wichtigen Zäsuren der Deutschen Geschichte von 1918, 1938 und 1989 gedacht werden.

 

Zu den Punkten  6. und 7.des Antrags

Die Freie Universität Berlin ist die erste europäische Hochschule, die einen Zugriff zum Visual History Archive des Shoah Foundation Institute der University of Southern California bietet. Das auf eine Initiative von Steven Spielberg zurückgehende internetbasierte Video-Archiv umfasst etwa 52.000 Interviews mit Überlebenden und Zeugen des Holocausts. Durch den Einsatz moderner Medien kann auch Jugendlichen ein Zugang zu den Opferschicksalen ermöglicht werden. 

 

Mit dem "Haus der Wannsee-Konferenz" verfügt der Bezirk über einen Ort, der den Tiefpunkt deutscher Geschichte markiert: Hier tagten am 20. Januar 1942 fünfzehn Spitzenbeamte der damaligen Reichsregierung und der SS, um die Entscheidung, die Juden Europas zu deportieren und zu ermorden, organisatorisch einzuleiten. Die Bildungs- und Erinnerungsstätte befasst sich mit der Dokumentation und der Aufarbeitung von staatlichen Verbrechen bis dahin unvorstellbaren Ausmaßes.

 

Das Alliiertenmuseum erinnert an die ein halbes Jahrhundert währende Verteidigung und den Schutz der Berliner im Westteil der Stadt durch die westalliierten Streitkräfte. Der sowjetische Expansionsdrang fand seinen Höhepunkt in der Berlin-Blockade zwischen dem 24. Juni 1948 und dem 12. Mai 1949, die durch die Luftbrücke zur Versorgung der damals etwa 2,2 Millionen Einwohner in den westlichen Sektoren der Stadt überwunden wurde.

 

Die Spiegelwand, die auf den Standort der ehemaligen Synagoge verweist, ist heute das zentrale Mahnmal für die ermordeten jüdischen Bürger im Bezirk und nicht mehr vom Herrmann-Ehlers-Platz wegzudenken. Das namentliche Erinnern an das Leid der Steglitzer Jüdinnen und Juden, die dem NS-Terror zum Opfer fielen, findet hier einen würdigen Ort.

 

Zu Punkt 8 des Antrags

Ein wichtiges Thema im Bezirk ist der Umgang mit historischen Straßennamen. Straßennamen sind Spiegel und Zeugnis ihrer Zeit. Zunächst soll es keine Straßenumbenennungen geben. Wo dies sinnvoll erscheint, soll durch Informationstafeln in der jeweiligen Straße über den Gegenstand ihrer Namensgebung, dessen historischen Kontext und deren Problemhaftigkeit informiert werden.

 

Über die Lans-, Iltis- und Takustraße soll mit der Freien Universität Berlin und entwicklungspolitisch engagierten Vereinen eine Debatte um die historische Bewertung des deutschen  Kolonialismus befördert werden.

 

Der Park an der Treitschkestraße trägt seit kurzem - als mahnender Gegenpol zu Treitschke, der wegen seiner antisemitischen Äußerungen bekannt ist - den Namen des renommierten jüdischen Historikers Harry Bresslau.

 

Projekt Stolpersteine

Ein wichtiger Bestandteil des bezirklichen Erinnerungskonzepts ist die Aktion "Stolpersteine". Die Bezirksverordnetenversammlung hat bereits beschlossen, dass sich der Bezirk darum bemüht, dass ab 2008 - durch das Engagement von Bürgern in Form von Patenschaften - zum Gedenken an die von den Nationalsozialisten ermordeten Einwohner des Bezirks Steglitz-Zehlendorf innerhalb der nächsten Jahre "Stolpersteine" an der Stätte ihres letzten Wohnorts eingelassen werden. Begleitend dazu soll an Schulen des Bezirks und an der Freien Universität Berlin dafür geworben werden, dass dieses Projekt so weit wie möglich durch die Fertigung von Biographien der Ermordeten begleitet wird. Schwerpunktmäßig sollen diese Biographien von Jugendlichen und Schulklassen im Bezirk im Rahmen von Projekten und mit Unterstützung durch Experten und fachkundige Bürgerinnen und Bürger bearbeitet und erstellt werden. Die Biographien sollen veröffentlicht werden und im Internet auf der Seite des Bezirks verfügbar sein.

 

Berlin, den 14.11.2007

 

 

 

Marc Wesser        Christa Markl-Vieto

(Für die CDU-Fraktion)      (Für die Fraktion

         Bündnis 90/ Die Grünen)

 

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Der Antrag wurde am 20.03.2008 in der 12. Sitzung des Ausschusses für Bildung, Kultur und Bürgerdienste beraten. Bei einer Abstimmung über die Ziffer 8 wurde diese mit 8 Ja-Stimmen und 5 Nein-Stimmen bei keiner Enthaltung angenommen. Bei einer Abstimmung über die Ziffern 1 bis 7 und 9 wurden diese mit 8 Ja-Stimmen und keiner Nein-Stimme bei 5 Enthaltungen angenommen.

Bei einer Abstimmung über den gesamten Antrag wurde dieser mit 8 Ja-Stimmen und keiner Nein-Stimme bei 5 Enthaltungen angenommen.

 

Der Bezirksverordnetenversammlung wird die Annahme des Antrags empfohlen.

 

 

Schmidt

Stellv. Ausschussvorsitzende

 

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Die BVV hat in ihrer 18. Sitzung am 16.04.2008 beschlossen: 

 

1. Ziel des bezirklichen Gedenkens ist es, unter möglichst breiter Anteilnahme und Einbeziehung der Bevölkerung die wesentlichen Ereignisse der deutschen und europäischen Geschichte durch einzelne Gedenkveranstaltungen dauerhaft im Bewusstsein der Menschen zu verankern. Dabei ist bei der Auswahl der Veranstaltungsorte und der Veranstaltungsarten ein möglichst unmittelbarer Bezug zu unserem Bezirk herzustellen.

 

2. Wesentlicher Bestandteil von Erinnerungskultur ist die bewusste Begehung von Gedenktagen. Zur Begründung des gemeinsamen Wertekanons sind fünf Daten von herausragender Bedeutung: der 27. Januar, der 8. Mai, der 17. Juni, der 13. August und der 9. November. Jedes dieser Daten ist für sich genommen bereits ein Symbol für prägende Ereignisse und soll Anknüpfungspunkt für Veranstaltungen wie Zeitzeugengespräche, Filmvorführungen, Ausstellungen, Diskussionen, Lesungen und andere Formen des gemeinsamen Erinnerns sein.

 

3. Neben Veranstaltungen im direkten Zusammenhang mit den Gedenktagen wird das Bezirksamt im Rahmen einer gesonderten Veranstaltungsreihe in unregelmäßigen Abständen weitere Veranstaltungen zu diesen Thematiken durchführen. Das Bezirksamt stellt sicher, dass die Schulen und Jugendeinrichtungen im Bezirk wirksam zu den Veranstaltungen eingeladen werden.

 

4. Bezirkliche Veranstaltungen, die Erinnerung und Gedenken zum Inhalt haben, sollen unter Verwendung des Logos "Erinnern für die Zukunft - Geschichte in Steglitz-Zehlendorf" durchgeführt werden. Das Bezirksamt lässt eine entsprechende Grafik entwickeln und beschafft einen damit bedruckten Aufsteller, um den Veranstaltungen einen übergreifenden Rahmen zu geben und einen Wiedererkennungswert der bezirklichen Aktivitäten zu erzeugen.

 

5. Um die Organisation von Veranstaltungen zu Thematiken der Erinnerungskultur für das Bezirksamt, die Schulen und die sonstigen bezirklichen Einrichtungen zu erleichtern, soll das Bezirksamt in einem Zeitzeugen- und Expertenpool die Kontaktdaten geeigneter Persönlichkeiten, die fundiert und anschaulich über ihre persönlichen Schicksale und/oder den historischen Kontext berichten können, sammeln und zur Verfügung stellen.

 

6. Es gibt bereits zahlreiche Initiativen von Bürgerinnen und Bürgern im Bezirk, die sich in vorbildlicher Weise mit Thematiken aus dem Bereich der Erinnerungskultur befassen. Darauf soll aufgebaut werden. Der Bezirk fördert solche Formen bürgerschaftlichen Engagements, die allein Grundlage einer breiten gesellschaftlichen Auseinandersetzung mit der Vergangenheit sein können. Besonders Schulen, Bürger und Kirchengemeinden werden gebeten, ihrerseits das Bezirksamt über die von ihnen geplanten Veranstaltungen zu informieren. Wenn dies im Einzelfall geboten erscheint, kann das Bezirksamt für solche Veranstaltungen die Schirmherrschaft übernehmen und sie bewerben und/oder im bezirklichen Veranstaltungskalender ankündigen und erforderlichenfalls finanziell unterstützen.

 

7. Im Bezirk gibt es Orte und Institutionen, die für die Erinnerungskultur von überregionaler Bedeutung sind. Mit diesen Institutionen sollen Kooperationsvereinbarungen angestrebt werden, die es allen Schülerinnen und Schülern des Bezirks ermöglichen, die entsprechende Infrastruktur der genannten Institutionen zu nutzen. Auf dieses Angebot soll in regelmäßigen Abständen an den Oberschulen des Bezirks hingewiesen werden. 

 

8. Das Bezirksamt veranlasst, passantenwirksam allgemeines Interesse erzeugende Tafeln in der Treitschkestraße, sowie im Bereich Taku-, Lans- und Iltisstraße aufzustellen, die eine Auseinandersetzung der Passanten mit der jeweiligen Bennennung ermöglichen. Auf diesen soll die Problematik der Benennung aus heutiger Sicht dargestellt und diese in den jeweiligen historischen Kontext eingeordnet werden. Darüber hinaus soll der Werdegang der politischen Diskussion um die Treitschkestraße durch eine Ausstellung öffentlichkeitswirksam publiziert werden.

 

An diesen  Beispielen soll diese Form der Geschichtsaufarbeitung evaluiert werden. Nach einer Auswertung des kritischen Diskurses zum Ende der Wahlperiode soll entschieden werden, ob sich der bewahrend-kritische Umgang mit dem Straßennamen bewährt hat oder ob eine Umbenennung erfolgen soll. Entscheidend wird dabei sein, ob eine Umbenennung oder eine kritische Information eher geeignet erscheint, der Kultur des Erinnerns zu dienen.

 

9. Das Bezirksamt gibt jährlich eine Kurzdokumentation über die Veranstaltungsreihe heraus.

 

 

Rögner-Francke

BVVorsteher

 

 
 

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