Auszug - Erneuter Eklat um Fotoausstellung  

 
 
6. (öffentliche) Sitzung der Bezirksverordnetenversammlung
TOP: Ö 15.1
Gremium: BVV Treptow-Köpenick Beschlussart: beantwortet
Datum: Do, 30.03.2017 Status: öffentlich
Zeit: 16:30 - 22:00 Anlass: ordentliche
Raum: Rathaus Treptow, BVV-Saal, Raum 218/217
Ort: Neue Krugallee 4, 12435 Berlin
VIII/0110 Erneuter Eklat um Fotoausstellung
   
 
Status:öffentlich  
 Ursprungaktuell
Initiator:SPDSPD
Verfasser:1. Peter Groos
2. Marc Oliver Ram
3. Irina Vogt
 
Drucksache-Art:Große AnfrageGroße Anfrage
Ortsbezüge:Gesamtbezirk
 Bezirksregion15 Altstadt / Kietz

Frau Dr. Walker begründet die Große Anfrage der SPD-Fraktion.

Frau BzStRin Flader beantwortet die Große Anfrage:

Es wurde ein Wortprotokoll erstellt:

  1. Welche rechtlichen Begründungen lagen dem Vorhaben des Bezirksamtes, erneut Einschränkungen bei der Bildauswahl der geplanten Fotoausstellung zum 23. Fotoclub Forum Berlin vorzunehmen, zugrunde und auf welcher Rechtsnorm gründete dabei insbesondere die Bewertung, dass Kinder- und Jugendschutzbelange sowie Arbeitnehmerschutzrechte bei einem Zustandekommen der Ausstellung verletzt worden wären?

Das Bezirksamt ist verpflichtet zu prüfen, ob es die Ausstellung von Bildern, Fotos oder Gemälden im Rathaus Köpenick, genauer ausgedrückt auf den öffentlich zugänglichen Fluren des Rathauses Köpenick zulassen darf.

Wenn aufgrund der Prüfung das Exponat nicht in den Rathausfluren ausgestellt werden darf, ist das Bezirksamt von Rechts wegen verpflichtet, die Ausstellung dieser Bilder auf den Rathausfluren zu unterbinden. Von diesen Verpflichtungen kann die BVV das Bezirksamt nicht durch Beschluss entbinden.

Anders als in einer Galerie betreten auch Bürger – das schließt Kinder und Jugendlichen ein – und Dienstkräfte, die im Rathaus arbeiten, die Flure des Rathauses. Auch gegenüber diesem Personenkreis hat das Bezirksamt Pflichten. Diese Pflichten bestehen darin, dass alles vermieden wird, was – aus der Sicht eines verständigen Durchschnittsbürgers bzw. Durchschnittsdienstkraft – die Aufgabenerfüllung (z. B. Behördengang und Arbeitsleistung) erheblich beeinträchtigen oder den Jugendschutz gefährden kann.

Bestimmte Bilder, Fotos und Gemälde können eine beeinträchtigende Wirkung entfalten. Das kann der Fall sein, wenn sie – aus der Sicht eines verständigen Durchschnittsbürgers bzw. Durchschnittsdienstkraft – einen starken erotischen Inhalt haben, wenn diese in aufwühlender Weise Gewalt darstellen oder Ekel auslösen (sollen).

Der Durchschnittsbürger, die Durchschnittsdienstkraft sind juristische Begriffe. Im Gegensatz zu Galeriebesucher betreten Bürgerinnen und Bürger und Dienstkräfte das Dienstgebäude nicht freiwillig, sondern weil sie verpflichtet sind zu erscheinen oder ihren Dienst ausüben müssen. Bürgerinnen und Bürger sowie Dienstkräfte haben aus der Verfassung auch Rechte. (Art. 2 GG).

<Der BzVV erteilt auf Frage der BzStRin hin die Genehmigung zum Zitieren.>

Artikel 2 GG

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

Aus diesem Artikel folgt auch die negative Handlungsfreiheit, d. h. Bürgerinnen und Bürger sowie Beschäftigte haben das Recht, sich die vorbezeichneten Bilder nicht anzuschauen. Und das Bezirksamt hat nicht das Recht, diese Personen gegen ihren Willen mit den vorbezeichneten Bildern zu konfrontieren. Darüber hinaus haben Beschäftigte das Recht auf Schutzmaßnahmen am Arbeitsplatz (§ 618 BGB) und auf Wahrung des Amtsfriedens. Das bedeutet, dass die Beschäftigten nicht gegen ihren mutmaßlichen Willen mit den oben genannten Darstellungen konfrontiert werden dürfen.

<Der BzVV erteilt auf Frage der BzStRin hin die Genehmigung zum Zitieren.>

Zitat: Bürgerliches Gesetzbuch

§ 618

(1)  Der Dienstberechtigte hat Räume, Vorrichtungen oder Gerätschaften, die er zur Verrichtung der Dienste zu beschaffen hat, so einzurichten und zu unterhalten und Dienstleistungen, die unter seiner Anordnung oder seiner Leitung vorzunehmen sind, so zu regeln, dass der Verpflichtete gegen Gefahr für Leben und Gesundheit soweit geschützt ist, als die Natur der Dienstleistung es gestattet.

Weitere Gesetze sind:

Zitat: Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz

§ 3 Begriffsbestimmungen

(4)  Eine sexuelle Belästigung ist eine Benachteiligung in Bezug auf § 2 Abs. 1 Nr. 1 bis 4, wenn ein unerwünschtes, sexuell bestimmtes Verhalten, wozu auch unerwünschte sexuelle Handlungen und Aufforderungen zu diesen, sexuell bestimmte körperliche Berührungen, Bemerkungen sexuellen Inhalts sowie unerwünschtes Zeigen und sichtbares Anbringen von pornographischen Darstellungen gehören, bezweckt oder bewirkt, dass die Würde der betreffenden Person verletzt wird, insbesondere wenn ein von Einschüchterungen, Anfeindungen, Erniedrigungen, Entwürdigungen oder Beleidigungen gekennzeichnetes Umfeld geschaffen wird.

§ 12 Maßnahmen und Pflichten des Arbeitgebers

(1) Der Arbeitgeber ist verpflichtet, die erforderlichen Maßnahmen zum Schutz vor Benachteiligungen wegen eines in § 1 genannten Grundes zu treffen. Dieser Schutz umfasst auch vorbeugende Maßnahmen.

Und § 1 sagt:

Ziel des Gesetzes ist, Benachteiligungen aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität zu verhindern oder zu beseitigen.

Der Kinder- und Jugendschutz hat die Funktion, Gefährdungen von Kindern und Jugendlichen vorzubeugen, entgegenzuwirken und positive Bedingungen für die Erziehung zu schaffen.

<Der BzVV erteilt auf Frage der BzStRin hin für die weitere Beantwortung dieser Großen Anfrage die Genehmigung zum Zitieren.>

Zitat Jugendschutzgesetz:

§ 8 Jugendgefährdende Orte

Hält sich ein Kind oder eine jugendliche Person an einem Ort auf, an dem ihm oder ihr eine unmittelbare Gefahr für das körperliche, geistige oder seelische Wohl droht, so hat die zuständige Behörde oder Stelle die zur Abwendung der Gefahr erforderlichen Maßnahmen zu treffen. Wenn nötig, hat sie das Kind oder die jugendliche Person zum Verlassen des Ortes anzuhalten …

Ich empfehle ihnen, auch die §§ 12 -15 zu lesen, die ich jetzt nicht zitieren werde (hier besonders jugendgefährdende Trägermedien).

Sollte das Bezirksamt die vorgenannten Rechte beharrlich und nicht unerheblich verletzen, können Beschäftigte ihr vertragliches Recht auf Schutzmaßnahmen am Arbeitsplatz arbeitsgerichtlich durchsetzen. In besonders drastischen Fällen könnte sie unter Berufung auf die Vertragsverletzung die Arbeitsleistung verweigern und dennoch mit Aussicht auf Erfolg Arbeitsentgelt fordern. Solche unnötigen Auseinandersetzungen sollte das Bezirksamt vermeiden.

<Zwischenrufe>

Ich würde jetzt gerne die Große Anfrage weiter beantworten wollen.

  1. Mit der Verletzung welcher ihrer Rechte haben Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ihre Ablehnung von „Aktdarstellungen“ am 9. Februar 2017 begründet?

Wenn es zu persönlichen Beschwerden von Mitarbeiterinnen oder Mitarbeitern wegen Rechtsverletzungen beim Arbeitgeber käme, so könnten diese nicht öffentlich erörtert werden, da es sich dabei um Personalangelegenheiten handelt.

Gegenstand der hier in Rede stehenden Stellungnahme aus dem Fachbereich Kultur und Museum ist auch nicht die eventuelle Verletzung persönlicher Rechte von Mitarbeiterinnen oder Mitarbeitern. Es handelt sich vielmehr um ein fachliches, mit deutlicher Mehrheit getragenes Statement.

Diese im Fachbereich Kultur und Museum erfolgte Meinungsbildung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu Aktdarstellungen in öffentlichen Dienstgebäuden vom 09.02.2017 ergab, dass 8 von 10 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern eine Präsentation von Aktdarstellungen in diesen Gebäuden grundsätzlich ablehnen, wobei eine befürwortende Stellungnahme prinzipiell zwischen historischer und moderner Kunst trennt und davon ausgeht, dass zeitgenössische Kunst auf jeden Fall kuratiert werden sollte. Dienstgebäude müssten von den Bürgerinnen und Bürgern zur Erledigung von Amtsgeschäften aufgesucht werden. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter müssten dort ihre dienstlichen Aufgaben wahrnehmen. Da die Darstellung des nackten menschlichen Körpers bei den Menschen sehr unterschiedliche Gefühle hervorrufen können, bilden Dienstgebäude keinen geeigneten Raum für die Ausstellung von Aktdarstellungen.

  1. Wie viele der acht Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die die „Aktdarstellungen“ am 09. Februar 2017 abgelehnt haben, hätten im Falle einer Durchführung des „23. Foto Klub Forum Berlin 2017“ Arbeitsleistungen im Zusammenhang mit diesem erbringen müssen?

Diese hypothetische Frage kann so nicht beantwortet werden. Da hier nicht bekannt ist, welche Bilder ausgestellt werden sollten, kann auch nicht prognostiziert werden, ob die Dienstkräfte ein Leistungsverweigerungsrecht gehabt hätten.

Das Amt für Weiterbildung und Kultur, hier der Fachbereich Kultur, vereint Kolleginnen und Kollegen, die über eine hohe fachliche Expertise und eine langjährige Berufserfahrung verfügen. Ihre Fachlichkeit findet im Allgemeinen stets einen hohen Zuspruch im Bezirk. Darum sind die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter immer direkt oder indirekt an einer Ausstellung beteiligt, auch wenn ihre Fachexpertise nicht immer gefragt ist.

Ich verweise darauf, dass es sich um einen internen Dienstvorgang handelt, der nicht öffentlich darzustellen ist.

  1. Welche Bedeutung hat der zu diesem Sachverhalt schon bestehende BVV-Beschluss „Künstlerische Freiheit gewährleisten – Zensur vermeiden“ vom Dezember 2010 für das Bezirksamt?

Der Beschluss der BVV vom 16.12.2010 besteht aus 2 Regelungen:

1.: Das Bezirksamt wird ersucht, künftig die künstlerische Freiheit bei Ausstellungen in bezirkseigenen Gebäuden zu gewährleisten und auf jedwede politische Zensur der dargestellten Bilder, Fotos und Gemälde zu verzichten.

2.: Zudem sollte ermöglicht werden, dass auch im Rathaus Köpenick bei Fotoausstellungen wieder die ganze Bandbreite des künstlerischen Schaffens gezeigt werden kann.

Durch eine Prüfung der Exponate vor einer Ausstellung wird der vorbezeichnete Beschluss nicht verletzt.

Eine Zensur kann nicht stattfinden, wenn Exponate, die nach den vorbezeichneten Kriterien aus Frage 1 nicht in den Rathausfluren ausgestellt werden dürfen, dort nicht ausgestellt werden. Dies erfüllt nicht den Zensurbegriff. Zensur läge vor, wenn die Veröffentlichung der Exponate unterbunden würde. Genau das ist jedoch nicht der Fall. Die in den Rathausfluren nicht ausstellbaren Exponate dürfen außerhalb der Rathausflure, etwa im Internet oder in Galerien nach Maßgabe der dort geltenden Regelungen ausgestellt werden.

BVV-Beschlüsse sind gesetzeskonform auszulegen. Im Rahmen des geltenden Rechts (siehe die ersten Fragen) darf die ganze Bandbreite des künstlerischen Schaffens gezeigt werden.

  1. Sollten aus der Sicht des Bezirksamtes rechtliche Belange gegen die Umsetzung des BVV-Beschlusses von 2010 klargeworden sein, weshalb wurde die BVV damals nicht zeitnah darüber in Kenntnis gesetzt?

Durch eine Prüfung der Exponate vor einer Ausstellung wird der vorbezeichnete Beschluss nicht verletzt.

Es wurden wegen der gesetzeskonformen Auslegung des Beschlusses keine rechtlichen Belange wegen der Umsetzung des Beschlusses erkannt. Von Seiten des Bezirksamts wurde und wird nicht davon ausgegangen, dass die BVV beabsichtigt, das Bezirksamt aufzufordern, den gesetzlichen Jugendschutz und die Schutzmaßnahmen am Arbeitsplatz zu ignorieren. Die BVV und das Bezirksamt sind als Teil der Verwaltung an Recht und Gesetz gebunden. Die BVV hat keine Gesetzgebungskompetenz, den Jugendschutz und die Schutzmaßnahmen am Arbeitsplatz aufzuheben.

  1. Wie bewertet das Bezirksamt die von Bezirksstadträtin Cornelia Flader in ihrer Stellungnahme ausgeführten Begründungen mit Blick auf die Tatsache, dass das Foto Klub Forum Berlin viele Jahre unbeanstandet und erfolgreich im Rathaus Köpenick stattfinden konnte?

In den letzten Jahren gab es Beanstandungen durch einzelne Mitarbeiterinnen und Besucherinnen einzelner Fotografien, die die Frauenvertreterin des Bezirks gesammelt hat.

Möglicherweise sind aber auch Teile der Ausstellungen unbeanstandet geblieben, weil es keinen Grund zur Beanstandung gab oder weil ein Grund zur Beanstandung nicht entdeckt wurde. Bitte bedenken Sie, dass vielleicht eines von hundert Fotos beanstandungsfähig oder eines von tausend Fotos beanstandungsfähig war oder auch nicht beanstandet wurde. Außer Aktfotos gibt es auch unzählige andere attraktive Motive.

  1. Warum haben die in der Stellungnahme der Stadträtin Cornelia Flader angeführten schutzwürdigen Belange Dritter, so von Kindern und Jugendlichen und Beschäftigten, nicht bereits in den vielen Jahren zuvor eine Rolle gespielt?

Das kann nicht rekonstruiert werden. Möglicherweise gab es, wie bei den allermeisten Bildern, keinen Grund zur Beanstandung. Vielleicht haben sich auch Bürger oder Dienstkräfte nicht beschwert, obwohl eine Beschwerde möglicherweise begründet gewesen wäre. Es gibt keine Beschwerdepflicht, auch wenn eine Beschwerde begründet ist.

Ich persönlich bin als Bezirksstadträtin, die den beruflichen Hintergrund einer Pädagogin und Schulleiterin hat, in allen Fragen des Kinder- und Jugendschutzes ganz besonders sensibilisiert.

  1. Gab es bereits Ausstellungen in Dienstgebäuden des Bezirksamtes, die den Kinder- und Jugendschutz gefährdeten und wann fanden diese statt?

Es wurden nicht alle problematischen Vorgänge über Jahre hinweg dokumentiert. Um ein Beispiel zu nennen: Attraktive Frau, spärlich bekleidet, mit dem Rücken zum Betrachter, breitbeinig, Arme nach oben gestreckt … 

  1. Warum hat das Bezirksamt, obwohl es von potentiellen Gefährdungen des Kinder- und Jugendschutzes sowie der Arbeitnehmerschutzrechte durch unkuratierte Ausstellungen in den Fluren des Rathauses Köpenick ausging, weder nach den Vorgängen um die Foto Klub Foren in den Jahren 2010 bzw. 2016 noch aus Anlass anderer Ausstellungen, die nach Auffassung des Bezirksamtes den Kinder- und Jugendschutz gefährdeten oder auch ohne derartigen konkreten Anlass die vertraglichen Regelungen zu diesen Ausstellungen mit dem Ziel angepasst, in diesen eine kuratorische Verantwortung des Amtes für Weiterbildung und Kultur festzuhalten?

Das Amt für Weiterbildung und Kultur hat zum Zwecke des Ausschlusses eines solchen Falles mit der Gesellschaft für Fotografie im Vorfeld das Gespräch gesucht, um abzustecken, ob in der Fotoausstellung Fotos gezeigt werden sollen, die nicht dem Kinder- und Jugendschutz bzw. dem Arbeitnehmerschutz entsprechen. Die Fotogesellschaft konnte diese Frage nicht mit Sicherheit beantworten.

Die vertraglichen Regeln muss man nicht notwendigermaßen anpassen. So gibt es im Bürgerlichen Gesetzbuch die Generalklausel des § 134 BGB Verstoß gegen ein gesetzliches Verbot. Ein Vertrag, der zum Gegenstand hat, gesetzlich verbotene Bilder zu zeigen, ist insoweit rechtswidrig. Für 2017 gab es gar keinen Vertrag, insofern konnte hier nichts vertraglich geregelt werden.

Ich erspare mir jetzt das Zitat.

10.  Wer entscheidet auf welcher Basis im Bezirksamt darüber, ob ein Ausstellungsgegenstand kinder- und jugendgefährdend ist?

Die Abteilungsleiterin, in deren Zuständigkeit die Organisation der Fotoausstellung fällt, muss zusammen mit dem Abteilungsleiter, der das Hausrecht und die Personalhoheit innehat, entscheiden, ob ein Ausstellungsgegenstand kinder- und jugendgefährdend ist oder nicht. Man stelle sich nur vor, die Abteilungsleiterin hinterfragt den Kinder- und Jugendschutz und den Arbeitnehmerschutz nicht und wir zeigen eine Ausstellung, die nicht gesetzeskonform ist, wie würden die Fragesteller dann reagieren?

 

  1. Ist die Ausstellung eines nackten Körpers nach Auffassung des Bezirksamtes per se jugendgefährdend und wie unterscheidet das Bezirksamt dabei zwischen Akten, erotischer Kunst und Pornographie?

Den ersten Teil der Frage beantworten wir mit Nein.

Zum zweiten Teil der Frage: Bestimmte Bilder, Fotos und Gemälde können, beispielsweise, wenn sie eine bestimmte Größe haben oder an exponierter Stelle, eine beeinträchtigende Wirkung entfalten. Das Bezirksamt muss nicht zwischen Akten, erotischer Kunst und Pornographie unterscheiden. Akte und erotische Kunst können beispielsweise in der kommunalen Galerie ausgestellt werden, was für pornographische Bilder nicht möglich ist. Eine ausgebildete Kuratorin / ein ausgebildeter Kurator des Amtes für Weiterbildung und Kultur würde bei Vorliegen entsprechender Bilder ihr oder sein fachliches Können unter Beweis stellen.

12. Wäre es (abseits versicherungsrelevanter Fragen) nach Auffassung des Bezirksamtes grundsätzlich möglich, berühmte Kunstwerke, wie "Die Erschaffung Adams" von Michelangelo oder das berühmte Foto "Die Kommune 1" von Thomas Hesterberg in den Dienstgebäuden des Rathauses auszustellen?

Michelangelo (Bildhauer, Maler, Architekt) malte sehr dominante Bilder. Sein Bild „Die Erschaffung Adams“ von 1509 - 1510 ist nicht für die Flurgalerie eines Rathauses gemalt worden, sondern hängt in der Sixtinischen Kapelle. Es hat einen stark religiösen Bezug. Nacktheit ist hier ein Nebenprodukt. Dargestellt wird, wie der Gottvater mit ausgestrecktem Zeigefinger Adam zum Leben erweckt.

Hesterberg zeigt sieben nackte Frauen und Männer, sie zeigen der Kamera ihr nacktes Gesäß und ein Kind, ein kleines Kind am Rand des Fotos, aber immer noch sehr stark am und mit dem Geschehen verbunden. Ohne Prüfung durch die Staatsanwaltschaft ist eine Ausstellung in Dienstgebäuden des Rathauses nicht möglich.

Beide Bilder können aus Sicht des Amtes für Weiterbildung und Kultur in Dienstgebäuden nicht gezeigt werden.

13.  Wie bewertet das Bezirksamt vor dem Hintergrund der schon im letzten Jahr überaus kritischen Medienberichterstattung die Folgen der nun ausgelösten Diskussion um die nicht stattfindende Ausstellung für den Kulturstandort Treptow- Köpenick?

Das Bezirksamt bedauert den Schritt der Gesellschaft für Fotografie, die Fotoausstellung im Rathaus noch vor Abschluss der bis dahin übrigens positiv verlaufenen Gespräche zur Konsensbildung einseitig aufzukündigen. Die im Bezirksamt diskutierten Verfahrensvorschläge für eine konfliktfreie Fotoausstellung konnten den Vertretern der Gesellschaft für Fotografie durch den einseitigen Abbruch der Gespräche nicht mehr mitgeteilt werden.

14.  Wie begegnet das Bezirksamt dabei insbesondere Vorwürfen, die aus der Kunst- und Kulturszene an dem Vorgehen des Bezirksamtes schon im letzten Jahr geäußert wurden und nun erneuert werden?

Für das Amt für Weiterbildung und Kultur stellt sich die Situation anders als in der Frage skizziert dar. Durch den Versuch, vorab eine Klärung herbeizuführen und nicht erst in Aktionismus zu verfallen, wenn die Ausstellung hängt, hat das Amt angemessen auf die bevorstehende Aufgabe reagiert. Es hat das gesamte Bezirksamt und die Frauenvertreterin in seine Überlegungen einbezogen, Diskussionen und Vorschläge zugelassen. Die Vorwürfe aus der Kunst- und Kulturszene sind dem Amt seit Jahren gut bekannt. Nachweislich existieren Schriftwechsel aus den vergangenen Jahren, aber auch aus jüngster Zeit, welche die Amtsleitung ertragen musste. Obwohl das Amt das Recht auf seiner Seite weiß, wird ihm seit Jahren suggeriert, nicht Recht zu haben. Als zuständige Dezernentin des Amtes für Weiterbildung und Kultur stelle ich mich vor meine Kolleginnen und Kollegen, damit sie unbeschadet die ständigen Anfeindungen und Beschimpfungen überstehen und im Sinne der regionalen Kultur für unseren Bezirk mit Motivation tätig sein können.

Das Amt für Weiterbildung und Kultur hat rechtzeitig auf die Vorwürfe mit einer Pressemitteilung, mit Presseantworten und einem Brief an die Verordneten reagiert und es hat sich beizeiten vollumfänglich vom Rechtsamt des Bezirkes Antworten auf die zu Recht gestellten Fragen Rat eingeholt.

Aussprache:

Herr BzV Freier (SPD-Fraktion), Frau BzStRin Flader, Herr BzV Hoffmann (CDU-Fraktion), Frau BzV Dr. Walker (SPD-Fraktion), Herr BzV Ram (SPD-Fraktion), Frau BzV Dr. Schlaak (Fraktion B'90Grüne), Herr BzV Henze (Einz.-BzV, FDP), Herr BzV Lawrenz (CDU-Fraktion), Herr BzBm Igel, Frau BzV Karge (Fraktion DIE LINKE), Frau BzStRin Flader, Herr BzV Hinz (CDU-Fraktion), Herr BzV Bahlmann (SPD-Fraktion), Frau BzStRin Flader, Frau BzV Vogt (SPD-Fraktion).

Der BzVV erklärt die Große Anfrage für beantwortet.

 

Anlagen:  
  Nr. Name    
Anlage 4 1 TOP 15.1 VIII_0110 Erneuter Eklat um Fotoausstellung (53158 KB)    
Anlage 1 2 TOP 15.1 VIII_0110 Erneuter Eklat um Fotoausstellung Teil 1 (17674 KB)    
Anlage 2 3 TOP 15.1 VIII_0110 Erneuter Eklat um Fotoausstellung Teil 2 (16747 KB)    
Anlage 3 4 TOP 15.1 VIII_0110 Erneuter Eklat um Fotoausstellung Teil 3 (18868 KB)    

 
 

Legende

Ausschuss Tagesordnung Drucksache
Bezirksverordnetenversammlung Aktenmappe Drucksachenlebenslauf
Fraktion Niederschrift Beschlüsse
Kommunalpolitiker/-in Auszug Realisierung
   Anwesenheit Schriftliche Anfragen (ehemals Kleine)