Allgemeinverfügung des Bezirksamts Treptow – Köpenick von Berlin
vom 16.06.2025
Geschäftszeichen: 270-2021-2852- BWA HB25
Telefonnummer 90297 2202
Durch das Bezirksamt Treptow-Köpenick vom Berlin, Abteilung Stadtentwicklung, Straßen, Grünflächen und Umwelt, Stadtentwicklungsamt, wird aufgrund der §§ 80 Abs. 1 S. 2 i.V.m. 58 Abs. 1 Bauordnung Berlin (BauO Bln) in Form einer Allgemeinverfügung gemäß § 35 Satz 2 Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG) i.V.m. § 1 Abs. 1 Verwaltungsverfahrensgesetz Berlin (VwVfG Bln) Folgendes bestimmt:
I. Betroffener Personenkreis
Betroffen sind Personen, unter der Anschrift Florastr. 2, 12526 Berlin – Bohnsdorf; amtlich gemeldet sind und/ oder sich dort vorübergehend oder dauerhaft zu Wohnzwecken auf-halten.
II. Untersagung der Nutzung und Auszug
(1) Die Nutzung des Gebäudes Florastr. 2, 12526 Berlin wurde mit bestandskräftiger Anordnung gegenüber dem Eigentümer vom 26.03.2025 mit sofortiger Wirkung untersagt. Dem Eigentümer des Gebäudes wurde die Weiternutzung des Gebäudes zu Wohnzwecken untersagt und der Leerzug der baulichen Anlagen innerhalb von 3 Monaten angeordnet. Begründet wird die Nutzungsuntersagung mit der formellen und materiellen Baurechtswidrigkeit des Gebäudes insbesondere mit Mängeln der Standsicherheit und dem allgemeinen baurechtswidrigen Zustand des Gebäudes.
Im Zuge eines nunmehr am 16.06.2025 aufgetretenen Beschädigung der Überdachung und des drohenden Absturzes der Terrassenüberdachung besteht der Ein-druck, dass die Konstruktion an mehreren Stellen von der Hauswand gelöst ist, was die Stabilität erheblich beeinträchtigt. Da für das Gebäude in seiner derzeitigen Form kein Bauantrag und keine Unterlagen vorliegen, ist davon auszugehen, dass durch die fehlende Standsicherheit der Leib und das Leben der derzeitigen Bewohnenden stark gefährdet ist. Daher ist das Gebäude schnellstmöglich zu räumen.
Letztmöglicher Auszugstermin ist der 19.06.2025.
(2) Aufgrund der unter II. (1) dieser Allgemeinverfügung beschriebenen Anordnungen werden die betroffenen Personen nach I. aufgefordert, bis zum 18.06.2025 das Gebäude zu verlassen und nicht mehr zu nutzen.
III. Anordnung der sofortigen Vollziehung
Die sofortige Vollziehung dieser Allgemeinverfügung nach § 80 Absatz 2 Satz 1 Nr. 4 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) wird angeordnet. Das bedeutet, dass der Nutzungsuntersagung auch nachgekommen werden muss, wenn Widersprüche dagegen eingelegt werden.
IV. Androhung des unmittelbaren Zwangs
(1) Sollten die unter I. genannten Personen dieser Anordnung am 19.06.2025 um 08:30 Uhr nicht entsprechen, wird hiermit der unmittelbare Zwang nach § 12 VwVG in Verbin-dung mit dem Gesetz über die Anwendung unmittelbaren Zwanges bei der Ausübung öffentlicher Gewalt durch Vollzugsbeamte des Landes Berlin (UZwG Bln) angedroht.
(2) Das Zwangsmittel des unmittelbaren Zwangs wird bei Nichträumung der baulichen An-lagen festgesetzt und die Anordnung am 19.06.2025 wie beschrieben durchgesetzt. Das heißt, die entsprechenden Räume und baulichen Anlagen werden zwangsweise geöffnet und geräumt. Die Polizei hat auf Verlangen der Vollzugsbehörde Amtshilfe zu leisten.
(3) Dies kann auch das Aussprechen eines Platzverweises nach § 29 Abs. 1 des Allgemeinen Sicherheits- und Ordnungsgesetzes Berlin (ASOG) sowie die Anwendung von Zwang gegen Personen und Sachen nach §§ 52f. ASOG Berlin sowie den Vorschriften des Gesetzes über die Anwendung unmittelbaren Zwanges bei der Ausübung öffentlicher Gewalt durch Vollzugsbeamte des Landes Berlin (UZwG Bln) beinhalten.
V. Ankündigung der Räumung/ Festsetzung eines Räumtermins
Wenn das Grundstück und die baulichen Anlagen, die zu Wohnzwecken dienen oder zum Wohnen geeignet sind, nicht bis zum 18.06.2025 geräumt sind, werden ab dem 19.06.2025 um 08:30 Uhr die Vollstreckungstätigkeiten auf dem Grundstück durchgeführt.
VI. Bekanntgabe
Die Bekanntgabe erfolgt am Tag des Aushang am Grundstück Florastr. 2 und der Veröffentlichung auf der Webseite des Landes Berlins (https://www.berlin.de/ba-treptow-koepenick/aktuelles/amtliche-bekanntmachungen) gemäß § 41 Absatz 3 S. 2 und Absatz 4 Satz 3 des Verwaltungsverfahrensgesetzes, i.V.m. §§ 1 Abs. 1 und 2 Abs. 5 Verwaltungsverfahrensgesetzes Berlin. Die Allgemeinverfügung wird mit Bekanntgabe wirksam. Von diesem Zeitpunkt an ist sie zu befolgen.
Begründung
Anordnung zu II.
Für das Grundstück Florastr. 2 sind bereits im März 2025 eine Nutzungsuntersagung gegenüber dem Eigentümer und den Vermietern bzw. Verpächtern der zu Wohnzwecken genutzten baulichen Anlagen erlassen worden. In diesen wurde gegenüber den Adressaten unter Androhung von Zwangsgeld und der Anordnung der sofortigen Vollziehung die Weiternutzung der baulichen Anlagen zu Wohnzwecken untersagt und die Räumung der baulichen Anlagen angeordnet. Hierfür wurde den Adressaten eine Frist von 3 Monaten gesetzt, welche spätestens Ende Juni 2025 abläuft. Die sofortige Vollziehung war angeordnet und diese Nutzungsuntersagung ist auch bestandskräftig. Begründet wurde diese Nutzungsuntersagung sowohl mit der formellen als auch der materiellen Illegalität der Nutzung auf dem Grundstücks Florastr 2.
Eine Wohnnutzung wurde für das gegenständliche Grundstück zu keinem Zeitpunkt bei der zu-ständigen Bau- und Wohnungsaufsicht beantragt.
Nach dem jetzt aufgetretenen Abgang der Terrassenüberdachung bestehen erhebliche Zweifel an der Standsicherheit (§12 BauO Bln). Daher ist die Nutzung des Gebäudes auch materiell illegal.
Die kurze Fristsetzung ist vorliegend verhältnismäßig und erforderlich, weil hier eine Gefahr für Leib und Leben für die Bewohnenden der des Gebäudes sowie für Dritte besteht.
Eine Räumung des Gebäudes ist erforderlich. Ein Einstürzen des Gebäudes und damit eine Gefährdung für Leib und Leben der Bewohnenden des Gebäudes und Dritte ist angesichts des bereits eingetretenen Schadens an der Terrassenüberdachung nicht auszuschließen. Zudem liegen der Bauaufsicht keine Unterlagen zur Statik vor, sodass auch hier nicht ausgeschlossen werden kann, dass eine Gefahr für Leib und Leben durch die Nutzung des Hauses besteht.
Aufgrund der genannten Umstände des drohenden Herabstürzens der Terrassenüberdachung, die zu einer veränderten Beurteilung der Sachlage führen, ist die Wahrscheinlichkeit des konkreten Gefahreneintritts für Leib und Leben der Bewohnenden so groß geworden ist, dass der Bezirk das Grundstück unverzüglich räumen muss. Nur auf diese Weise können Gefahren von den Bewohnenden ferngehalten werden.
Angesichts der drohenden Gefahr hat das Bezirksamt den Räumungstermin auf den 19.06.2025 terminiert.
Begründung des unmittelbaren Zwangs (IV)
Das Zwangsmittel des unmittelbaren Zwangs ist geboten, um die unter I. genannten betroffenen Personen, dazu anhalten, die zu Wohnzwecken dienenden baulichen Anlagen auf dem Grund-stück Florastr. 2 selbstständig zu räumen und zu verlassen.
Andere Zwangsmittel scheiden aus, da das Ziel der Ordnungsverfügung damit nicht effizient und im Sinne einer effektiven Gefahrenabwehr erfüllt werden kann. Insbesondere das Zwangsgeld nach § 11 VwVG würde zu einer weiteren und nicht vertretbaren Verzögerung der Durchsetzung der notwendigen Maßnahmen führen und ist nach den vermuteten wirtschaftlichen Verhältnissen der betroffenen Personen nicht gleich geeignet. Die Ersatzvornahme nach § 10 VwVG ist hier nicht möglich, weil es sich bei der Entfernung der Personen aus den baulichen Anlagen um eine unvertretbare Handlung handelt.
Da bei einer Räumung durch Dritte keine Gewähr für eine vollumfänglich rechtmäßige und effektive Räumungsausführung besteht, wird die Vollzugsbehörde bei fruchtlosem Fristablauf die Räumung selbst vornehmen und nicht durch Dritte durchführen lassen. Zudem können beauftragte Dritte nicht den unmittelbaren Zwang aufgrund des staatlichen Gewaltmonopols an-wenden. Da im Land Berlin gemäß § 8 Abs. 1 S. 1 VwVfG Bln das VwVG (Bund) Anwendung findet und im VwVG die Selbstvornahme – im Gegensatz zu den meisten anderen Bundesländern – nicht gesondert geregelt ist, wird der unmittelbare Zwang und nicht die Ersatzvornahme als Zwangsmittel angedroht, weil gemäß § 12 Alt. 2 VwVG der unmittelbare Zwang das richtige Zwangsmittel ist, wenn die Behörde die Handlung selbst vornehmen möchte.
Begründung der Anordnung der sofortigen Vollziehung (VI)
Die Anordnung der sofortigen Vollziehung beruht auf § 80 Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 VwGO. Die Anordnung der sofortigen Vollziehung war im öffentlichen Interesse erforderlich. Die erheblichen Baumängel und die durch die fehlende reguläre Stromversorgung entstehenden Gefahren auf dem Gelände gefährden hier die körperliche Unversehrtheit und das Leben der betroffenen, dort lebenden Personen und dulden hier aus diesem Grund keinen Aufschub. Die örtlichen Ordnungsbehörden und die Polizei müssen im Interesse der Wahrung der öffentlichen Sicherheit in der Lage sein, die angeordneten Maßnahmen, ggf. auch im Rahmen des Verwaltungszwanges, kurzfristig durchzusetzen. Auch aus diesem Grund ist die Anordnung der sofortigen Vollziehung geboten. Das Privatinteresse hat hinter dem öffentlichen Interesse zurückzustehen. Das Abwarten einer Durchführung eines Hauptsacheverfahrens ist hier aufgrund der besonderen Gefährdungslage und der betroffenen hochrangigen Rechtsgüter einer unbestimmten Personenanzahl nicht sachgerecht.
Begründung der Bekanntgabe nach § 41 VwVfG i.V.m. §§ 1 Abs. 1 und 2 Abs. 5 VwVfG Bln
Aufgrund der oben beschriebenen Sachlage liegt hier angesichts der akuten Gefährdung hoher Rechtsgüter einer unbekannten Personenanzahl eine besondere Eilbedürftigkeit vor. Die Veröffentlichung im Amtsblatt konnte nicht abgewartet werden, da sich dann die Gefahr bereits verwirklicht haben könnte.
Der verfügende Teil der Allgemeinverfügung wurde am Grundstück selbst an mehreren Stellen ausgehängt und zudem auf der Webseite des Landes Berlins unter https://www.berlin.de/ba-treptow-koepenick/aktuelles/amtliche-bekanntmachungen/ veröffentlicht. Anwesenden Bewohnenden wurde der Inhalt der Allgemeinverfügung auch mündlich mitgeteilt.
Rechtsbehelfsbelehrung
Gegen diese Allgemeinverfügung kann innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe Widerspruch beim Bezirksamt Treptow-Köpenick von Berlin eingelegt werden.
Hinweis:
Auf Grund der Anordnung der sofortigen Vollziehung hat ein Widerspruch oder eine Klage gegen die Allgemeinverfügung keine aufschiebende Wirkung.
Merkel
Fachbereichsleiterin Bauaufsicht