Kleine Anfrage - Schr. A. 657/V  

 
 
Nummer:Schr. A. 657/VEingang:11.08.2021
Eingereicht durch:Gruner, Mathias
Weitergabe:
Fraktion:LinksfraktionFälligkeit:01.09.2021
Antwort von:BzStR'in SchellenbergBeantwortet:06.09.2021
Parlament:Bezirksverordnetenversammlung Steglitz-Zehlendorf von BerlinErledigt:
  Erfasst:
  Geändert:
 
Betreff:Keine Verkehrswende in Steglitz-Zehlendorf (10): Lärm und Gefährdung durch Autoverkehr in Wohngebieten – warum steht das Bezirksamt nicht an der Seite der Anwohner:innen?
Anlagen:
   

Kleine Anfragen Eingangstext

 

1)   Sind dem Bezirksamt Beschwerden bezüglich des Durchgangsverkehrs in Wohngebieten bekannt? Wenn ja, wo genau und was genau wird von den Anwohner:innen beklagt?

Aus der letzten Zeit sind dem Bezirksamt Beschwerden über Durchgangsverkehr in Wohngebieten aus dem Straßenzug Gutzmannstraße - Leo-Baeck-Straße und aus der Crailsheimer Straße in Erinnerung.

 

2)   Hat das Bezirksamt Prüfungen unternommen, wie die Probleme für Anwohner:innen gemindert werden können? Wenn ja, wo und mit welchen Ergebnissen? Wenn nein, wieso nicht?

Das Bezirksamt prüft zusammen mit den zuständigen Stellen der Polizei Berlin solche Beschwerden. In beiden unter 1) genannten Fällen hat die Prüfung ergeben, dass Gründe, die ein Eingreifen nach § 45 Abs. 9 StVO in die bestehende Verkehrssituation erfordern und rechtfertigen rden, nicht bestehen. Im Übrigen hat das Bezirksamt erhebliche Probleme mit Anträgen auf Verkehrsberuhigung, die zwar vor der eigenen Haustür zu mehr Ruhe, dafür aber für andere Anwohnende zu mehr Verkehr, Lärm und Abgas führen würden.

 

3)   Ist dem Bezirksamt der Sinn und Zweck der Straßennetz-Hierarchisierung bekannt sowie der daraus folgende gesetzliche Auftrag? Welche Aufgaben an welchen Stellen im Bezirk leitet das Amt daraus für sich ab?

Dem Bezirksamt sind Sinn und Zweck sowie der daraus folgende gesetzliche Auftrag der Straßen-Hierarchisierung bekannt. Als Straßenbaulastträger obliegt es dem Straßen- und Grünflächenamt (SGA) somit gem. § 7 Abs. 2 BerlStrG, die öffentlichen Straßen im Rahmen der Leistungsfähigkeit des Trägers der Straßenbaulast so zu bauen, zu unterhalten, zu erweitern, zu verbessern oder zu ändern, dass sie dem regelmäßigen Verkehrsbedürfnis genügen.

 

4)   Worin sieht das Bezirksamt Probleme beim Stattgeben von Bürger:innenbeschwerden beispielsweise in der Leo-Baeck-Straße?

Die Bürger*innenbeschwerden sind in der Regel einhergehend mit Forderungen für Verkehrsbeschränkungen. Gemäß § 45 (9) Satz 3 StVO dürfen insbesondere Beschränkungen und Verbote des fließenden Verkehrs nur angeordnet werden, wenn auf Grund der besonderen örtlichen Verhältnisse eine Gefahrenlage besteht, die das allgemeine Risiko einer Beeinträchtigung der in den vorstehenden Absätzen genannten Rechtsgüter erheblich übersteigt."

Im Fall der Leo-Baeck-Straße sehen weder das Bezirksamt noch die Polizei Berlin diese Voraussetzung als erfüllt an.

 

5)   Wie erklärt sich das Bezirksamt, dass in anderen Berliner Bezirken mehr Möglichkeiten der rechtskonformen Umsetzung von Verkehrsberuhigungsmaßnahmen genutzt werden?

Grundsätzlich ist die Verwaltung an die Einhaltung von Gesetzen und Verordnungen gebunden. Die Vorgaben der StVO sind streng auszulegen. Zu den Abwägungsprozessen, Bewertungen und Entscheidungen anderer Bezirke in einzelnen Verwaltungsverfahren kann das Bezirksamt keine Aussagen treffen.

 

6)   Welche Anwohner:inneninitiativen, die sich für die Gestaltung und Verkehrsberuhigung ihrer Kieze einsetzen, sind dem Bezirksamt momentan bekannt? Wie genau gestaltet sich der Kontakt des Bezirksamtes mit den Anwohner:innen?

Andere als die unter 1) genannten Anwohner:inneninitiativen, die sich für die Gestaltung und Verkehrsberuhigung ihrer Kieze einsetzen, sind dem Bezirksamt momentan nicht bekannt.

 

7)   In anderen Berliner Bezirken werden sogenannte Kiezblocks geplant und sehr wahrscheinlich realisiert. Sieht das Bezirksamt dafür auch Bedarf in Steglitz-Zehlendorf? Würde es entsprechende Anwohner:inneninitiativen unterstützen? Wenn nein, wieso nicht?

Kiezblocks orientieren sich an den im späten 19 Jahrhundert in Barcelona implementierten Superblocks, die u.a. die öffentliche Ver- und Entsorgung sicherstellen sollten. Die Strukturen eines schachbrettartigen Musters der Straßenzüge in Barcelona gibt es in Steglitz-Zehlendorf jedoch nicht.

 

Ein zusätzliches Problem ergibt sich aus dem Umstand, dass es sich bei den Straßen in Steglitz-Zehlendorf in der Regel um Wohnstraßen handelt. Wenn der Verkehr aus den Nebenstraßen vollkommen herausgenommen und in das Hauptnetz verlagert wird, führt dies zu erheblichen negativen Belastungen der dort ansässigen Einwohner*innen. Einhergehend damit wäre sicher eine Vielzahl von Beschwerden der Bewohner*innen am Rand eines Kiezblocks. Mit Blick auf den Gleichbehandlungsgrundsatz ist es immer schwierig, für einen Teil der Bevölkerung für Entlastung zu sorgen, indem man einem anderen Teil gerade diese Belastungen zusätzlich zumutet. Das Problem - zu hohe Verkehrszahlen - wird also nur verlagert und nicht gelöst.

 

Aus diesen Gründen und dem Umstand, dass zum jetzigen Zeitpunkt auch noch rechtliche Fragen zum Erlass der dafür notwendigen straßenverkehrsbehördlichen Anordnungen noch nicht geklärt sind, steht das Bezirksamt der Einrichtung zum jetzigen Zeitpunkt kritisch und abwartend gegenüber.

 

8)   Hat das Bezirksamt bereits Ideen bezüglich der nach dem Mobilitätsgesetz zwingend vorgeschriebene Modellprojekte für den Fußverkehr? Wenn ja, welche? Wenn nein, wann will es mit den Planungen beginnen?

Das Bezirksamt hat den Hermann-Ehlers-Platz als mögliches Modellprojekt für den Fußverkehr bei der Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz (SenUVK) angemeldet. Von dort wurden entsprechende Fördermittel zur Umgestaltung des Platzes in Aussicht gestellt. Mit den ersten Vorplanungen zur Platzumgestaltung hat das Straßen- und Grünflächenamt bereits begonnen.

 

Mit freundlichen Grüßen

 

 

Maren Schellenberg

Bezirksstadträtin

 
 

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