04/2023-BAD GODESBERG – Vom Wannsee an den Rhein: Partnerschaftsverein auf Bürgerreise

Partnerschaftsurkunde zwischen Bad Godesberg und Steglitz-Zehlendorf vom 25. Mai 2012, auf Seiten von Steglitz-Zehlendorf unterzeichnet durch Altbezirksbürgermeister Norbert Kopp

Partnerschaftsurkunde zwischen Bad Godesberg und Steglitz-Zehlendorf vom 25. Mai 2012, auf Seiten von Steglitz-Zehlendorf unterzeichnet durch Altbezirksbürgermeister Norbert Kopp

Bad Godesberg / April 2023

Als Bonn nach Bundeshauptstadt war, galt Bad Godesberg Gerüchten zufolge als deren „Versailles“. Die Anlehnung an Paris ist hier rein zufällig. Tatsächlich haben Bad Godesberg und Steglitz-Zehlendorf eine Reihe von Gemeinsamkeiten. Zunächst sind beide Bezirke ganz nah am Wasser gebaut: Was dem Bad Godesberger der Rheinfluss ist, ist dem Steglitz-Zehlendorfer Wannsee, Schlachtensee, Krumme Lanke, Nikolassee, Waldsee und – Teltowkanal. Außerdem ist die außerordentliche Dichte ehemaliger oder aktueller Botschaftsgebäude bzw. Botschafterresidenzen auffällig. Während die Kanzleien und Residenzen in Steglitz-Zehlendorf ausnahmslos noch „in Betrieb“ sind, haben die ehemaligen diplomatischen Vertretungen, dazu Generalkonsulate und Konsulate, die sich einst in Bad Godesberg befunden haben, ihre frühere Rolle eingebüßt. Die meisten Liegenschaften im ehemaligen Diplomatenviertel haben unterdessen neue Eigentümer gefunden und wurden aufwändig saniert. Einige schlummern den Dornröschenschlaf und sehen einer ungewissen Zukunft entgegen.

Platz der Vereinten Nationen in Bonn

Platz der Vereinten Nationen in Bonn

Ähnlichkeiten machen neugierig aufeinander. Beste Voraussetzungen also für den Städtepartnerschaftsverein Steglitz-Zehlendorf e.V., im April 2023 eine Bürgerreise in den Partnerbezirk zu organisieren. Geleitet wurde die Reisegruppe durch die Vereinsvorsitzende Gisela Pflug. Ihr zur Seite reisten u.a. SPV-Vorstandsmitglied Rosemarie Menzel und Kassenprüfer Gerhard Harms an den Rhein. Das Bezirksamt Steglitz-Zehlendorf wurde durch den Partnerschaftsbeauftragten Christian Urlaub vertreten.

Der Hauptstadtbeschluss des Deutschen Bundestages zugunsten Berlins datiert vom 20. Juni 1991. Das Berlin/Bonn-Gesetz vom 26. April 1994 regelte den Umzug des Bundesparlaments und der meisten Bundesministerien in die vormalige Reichshauptstadt an der Spree. Vollzogen wurde der Bundestagsumzug im Jahre 1999. Das hieß auch für die in Bad Godesberg residierenden Botschafterinnen und Botschafter, nach und nach die Koffer zu packen und sich nach einer neuen Bleibe in Berlin umzusehen. Bonn wurde mit dem (nicht näher definierten) Ehrentitel „Bundesstadt“ versehen und in der Folge Sitz vieler UN-Institutionen, die sich im ehemaligen Regierungsviertel heute rund um den „Platz der Vereinten Nationen“ gruppieren.

April 2023: Delegation des Städtepartnerschaftsvereins Steglitz-Zehlendorf e.V. zu Gast bei der Bezirksverwaltung von Bad Godesberg - Michael Wenzel (damaliger Vizebezirksbürgermeister, 3.v.r.) neben Gisela Pflug (Vorsitzende des Städtepartnerschaftsvereins, 4.v.l.); 1.v.l. Vereinsvorstandsmitglied Rosemarie Wenzel, 3.v.l. Kassenprüfer Gerhard Harms, ganz rechts Christian Urlaub (Partnerschaftsbeauftragter des Bezirksamtes)

April 2023: Delegation des Städtepartnerschaftsvereins Steglitz-Zehlendorf e.V. zu Gast bei der Bezirksverwaltung von Bad Godesberg - Michael Wenzel (damaliger Vizebezirksbürgermeister, 3.v.r.) neben Gisela Pflug (Vorsitzende des Städtepartnerschaftsvereins, 4.v.l.); 1.v.l. Vereinsvorstandsmitglied Rosemarie Wenzel, 3.v.l. Kassenprüfer Gerhard Harms, ganz rechts Christian Urlaub (Partnerschaftsbeauftragter des Bezirksamtes)

Bad Godesberg gibt sich die Ehre: Empfang am Sitz der Bezirksverwaltung (ganz links Partnerschaftsbeauftragte Maria Küther, daneben der damalige stellv. Bezirksbürgermeister Michael Wenzel, ganz vorne rechts Gisela Pflug (Vorsitzende Städtepartnerschaftsverein)

Bad Godesberg gibt sich die Ehre: Empfang am Sitz der Bezirksverwaltung (ganz links Partnerschaftsbeauftragte Maria Küther, daneben der damalige stellv. Bezirksbürgermeister Michael Wenzel, ganz vorne rechts Gisela Pflug (Vorsitzende Städtepartnerschaftsverein)

18. April 2023: Empfang beim stellvertretenden Bezirksbürgermeister und Führung durch das Botschafts- und Villenviertel

Vizebürgermeister Michael Wenzel ließ es sich nicht nehmen, die Reisegruppe aus Steglitz-Zehlendorf am 18. April persönlich in seinem Amtsgebäude, in direkter Nachbarschaft zur Godesberger Redoute, willkommen zu heißen.

Nach einer Stärkung und dem Austausch von Gastgeschenken gewährten die Gastgeber einen Einblick in die Partnerschaftsurkunde vom 25. Mai 2012, die auf Seiten des Bezirks Steglitz-Zehlendorf von Altbezirksbürgermeister Norbert Kopp (2006-2016) unterzeichnet ist.

„Mit der beiderseitigen Unterzeichnung dieses Dokuments wird die seit 1962 bestehende Städtefreundschaft zwischen Berlin Steglitz-Zehlendorf und Bonn-Bad Godesberg beurkundet“,

heißt es darin im Wortlaut.

Errichtet vom kurkölnischen Fürsterzbischof Maximilian Franz von Österreich (1784-1801), diente die klassizistische Redoute, ein früherer Tempel der Musen, schon von Anfang an Repräsentationszwecken. Hier spielte der junge Ludwig van Beethoven (1770-1827) Violine und Bratsche, hier gab der erste Bundespräsident Theodor Heuss (1949-1959) am 13. September 1949, einen Tag nach seiner Wahl, einen Staatsempfang.

Redoute Bad Godesberg mit Vorgarten

Redoute Bad Godesberg mit Vorgarten

Bedingt durch seine ganz persönliche Lebensgeschichte ist Michael Wenzel wie kein anderer prädestiniert, eine Führung durch das Villen- und Diplomatenviertel Bad Godesbergs anzubieten. Als Sohn einer Portugiesin und eines Deutschen, die beide als Ortskräfte an der früheren portugiesischen Botschaft beschäftigt waren, ist er in diesem Viertel aufgewachsen und von klein auf von dessen besonderer internationaler Atmosphäre geprägt.

Niemand anders als er, der frühere Lokaljournalist des Bonner General-Anzeigers, hätte auch eine bessere Einführung bzw. einen besseren „diplomatischen Reiseführer“ durch Bad Godesbergs Botschaften verfassen können. In erster Auflage 2010 erschienen, liefert das Büchlein einen soliden Einblick in die Welt der Diplomatie und bringt Licht in unklare Begrifflichkeiten: Wer hätte schon gewusst, dass das Gebäude einer diplomatischen Vertretung Kanzlei heißt, oder dass diplomatische Vertretungen kleinerer Staaten früher üblicherweise als „Gesandtschaften“ bezeichnet wurden?

Die Reisegruppe aus Steglitz-Zehlendorf profitierte von der umfassenden Sachkenntnis des Vizebürgermeisters, als sie sich gemeinsam mit ihm und der Partnerschaftsbeauftragten Maria Küther auf dem Weg machte, an großbürgerlichen Villen und längst verlassenen Kanzleien oder Botschafterresidenzen vorbei. Dank Michael Wenzel geraten die Standorte ehemaliger Botschaftsgebäude nicht in Vergessenheit. Oft erinnert nur noch der Wald verwaister Fahnenstangen an die glanzvolle Epoche, als Bonn Bundeshauptstadt und Bad Godesberg deren „Versailles“ war.

Plausch mit Hotelier: Seniorchef Fritz Dreesen (rechts im Sessel) gibt im "Rheinhotel Dreesen" die eine oder andere Anekdote zum Besten. Ganz links der damalige Vizebezirksbürgermeister Michael Wenzel, in der Mitte Gisela Pflug (Vorsitzende des Städtepartnerschaftsvereins Steglitz-Zehlendorf e.V.)

Plausch mit Hotelier: Seniorchef Fritz Dreesen (rechts im Sessel) gibt im "Rheinhotel Dreesen" die eine oder andere Anekdote zum Besten. Ganz links der damalige Vizebezirksbürgermeister Michael Wenzel, in der Mitte Gisela Pflug (Vorsitzende des Städtepartnerschaftsvereins Steglitz-Zehlendorf e.V.)

Viele mehr oder weniger illustre, zumindest aber prominente Gäste hat es in seiner fast 130-jährigen Geschichte seit der Eröffnung im Jahre 1894 erlebt: das Rheinhotel Dreesen. Man kennt sich in Bad Godesberg: Das wurde bei der herzlichen Begrüßung zwischen dem Vizebezirksbürgermeister und Hotelier Fritz Dreesen schnell klar. Der Seniorchef gab sich persönlich die Ehre, die Besuchergruppe aus Steglitz-Zehlendorf zu empfangen und aus dem Nähkästchen spannender Hotelgeschichte(n) zu plaudern. Es ist kein Hotel wie jedes andere, das Vier-Sterne-Haus am Rheinufer: zunächst Dienstsitz des Französischen Hohen Kommissars von 1942 bis 1952, diente es Diplomaten und Botschaftern noch vor Gründung der Bundesrepublik als Herberge bzw. als „Keimzelle aller weiteren Botschaften“.

Zweifelhafte Berühmtheit erlangte das Hotel am 22. September 1938, als sich Hitler mit dem britischen Premierminister Neville Chamberlain (1937-1940) zu einer Unterredung im Zusammenhang mit der Sudetenkrise traf. Nur eine Woche später wurde das „Münchner Abkommen“ unterzeichnet, das als Ergebnis einer unheilvollen Appeasement-Politik in die Geschichte einging.

Gediegene Behaglichkeit der 1950er Jahre: Blick ins Wohnzimmer von Altbundeskanzler Konrad Adenauer in Rhöndorf

Gediegene Behaglichkeit der 1950er Jahre: Blick ins Wohnzimmer von Altbundeskanzler Konrad Adenauer in Rhöndorf

19. April 2023: Ausflüge nach Rhöndorf, Unkel und auf den Petersberg

Einen idyllischeren Rückzugsort als Rhöndorf hätte sich „der Alte“ kaum aussuchen können: In einer Hanglage hoch über dem Rhein hatte der erste Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland, Konrad Adenauer (1949-1963), sein Domizil. In seinem mit Biedermeier-Charme eingerichteten Haus und dem traumhaft schönen Garten pflegte er nach den Mühen des Alltags „aufzutanken“. Die im Garten aufgestellten Statuen von General Charles de Gaulle, dem damaligen Präsidenten der Französischen Republik (1959-1969) und dem Hausherrn Adenauer lassen erahnen, dass sich in dem bescheidenen Anwesen einst so etwas wie Weltpolitik abgespielt hat. Bei deftiger Hausmannkost im privaten Rahmen kamen sich beide Staatsmänner näher und ebneten der deutsch-französischen Aussöhnung den Weg.

Eingebettet in ein kleines Museum, das Person und Wirkungsgeschichte des ersten Kanzlers beleuchtet, steht das Wohnhaus Konrad Adenauers und seiner Familie für Besichtigungen zur Verfügung. Rhöndorf ist ein Stadtteil von Bad Honnef im Rhein-Sieg-Kreis (Nordrhein-Westfalen).

Rückzugsort und Idyll hoch über dem Rhein: Wohnhaus des ersten Bundeskanzlers Konrad Adenauer in Rhöndorf

Rückzugsort und Idyll hoch über dem Rhein: Wohnhaus des ersten Bundeskanzlers Konrad Adenauer in Rhöndorf

"Jetzt wächst zusammen, was zusammengehört": Willy-Brandt-Forum in Unkel

"Jetzt wächst zusammen, was zusammengehört": Willy-Brandt-Forum in Unkel

Auch in Unkel hielt sich Konrad Adenauer für längere Zeit auf, wie eine im Ortskern angebrachte Hinweistafel verrät: Ausgewiesen aus dem Regierungsbezirk Köln, lebte er demnach aus politischen Gründen von September 1935 bis Sommer 1936 in einem Erholungsheim. Sehr viel länger verbrachte Willy Brandt, erster sozialdemokratischer Bundeskanzler (1969-1974), in der schmucken Landstadt, die mit viel Fachwerk, Blumenrabatten und akkurat gepflegten Gassen aufwartet: Von 1979 bis zu seinem Tod 1992 war der Friedensnobelpreisträger von 1971 Unkeler Bürger. Im „Willy-Brandt-Forum“ lässt sich die Geschichte des Staatsmannes und Weltbürgers bild- und dokumentenreich nachempfinden. Es ist ein Glücksfall, dass es dem späten Brandt vergönnt war, die ersehnte Wiedervereinigung Deutschlands noch zu erleben. Sein „Kniefall“ war sicher mehr als ein Mosaikstein auf dem Weg dorthin, nämlich ein damals überfälliges Aussöhnungssignal in Richtung der osteuropäischen Nachbarn.

Unkel gehört zum rheinland-pfälzischen Landkreis Neuwied und liegt direkt am Rheinufer.

Petersberg bei Bonn, Gästehaus der Bundesregierung

Petersberg bei Bonn, Gästehaus der Bundesregierung

Die Krönung eines ereignisreichen Besichtigungstages bot sich der Reisegruppe auf dem Petersberg: In knapp 350 Metern Höhe thront ein Grand Hotel auf einem der Gipfel des Siebengebirges, direkt gegenüber in Blickweite befindet sich Bad Godesberg mit seinem namensgebenden Wahrzeichen, der mittelalterlichen Godesburg. Die Gipfelstürmer aus Steglitz-Zehlendorf wurden von dort oben mit einem atemberaubenden Ausblick belohnt.

Seit der Wiedervereinigung diente das Hotel als Gästehaus der Bundesregierung, später beherbergte es zahlreiche Konferenzen von überregionaler Bedeutung, so etwa den 2009 eingeführten „Petersberger Klimadialog“.

Viel Charme und Fachwerk: Unkel im Landkreis Neuwied (Rheinland-Pfalz)

Viel Charme und Fachwerk: Unkel im Landkreis Neuwied (Rheinland-Pfalz)

31. Mai 2023: Michael Wenzel neuer Bezirksbürgermeister von Bad Godesberg

Zum Zeitpunkt der Bürgerreise fungierte Michael Wenzel noch als stellvertretender Bezirksbürgermeister. Wenige Wochen später, am 31. Mai 2023, wählte ihn die Bezirksvertretung von Bonn-Bad Godesberg im Rotationsverfahren zum Bezirksbürgermeister, als Nachfolger von Christoph Jansen. In einem Glückwunschschreiben an ihren Amtskollegen betonte Bezirksbürgermeisterin Maren Schellenberg, wie sehr ihr die Partnerschaft mit Bad Godesberg am Herzen liege. Ausdrücklich dankte sie Michael Wenzel „für die freundliche, kompetente und engagierte Betreuung der Besuchsgruppe unseres Städtepartnerschaftsvereins“. Im Namen der Reisegruppe schickte auch Reiseleiterin und Vereinsvorsitzende Gisela Pflug eine Glückwunschkarte nach Bad Godesberg.

Hochgenuss auf rheinische Art: Rheinischer Sauerbraten

Hochgenuss auf rheinische Art: Rheinischer Sauerbraten

Die Vorsitzende des Städtepartnerschaftsvereins hat für die Kurzreise nach Bad Godesberg ein attraktives und kurzweiliges Programm zusammengestellt. Hierfür sei ihr herzlich gedankt. Alle waren sich einig, dass Bad Godesberg allemal eine Reise lohnt.

Bonner Rathaus

Bonner Rathaus

Ein Traum in Zartrosa: Kirschblüte in der Bonner Altstadt (April 2023)

Ein Traum in Zartrosa: Kirschblüte in der Bonner Altstadt (April 2023)

Durch die 61 Jahre junge Städtepartnerschaft zwischen Steglitz-Zehlendorf und Bad Godesberg bleibt die Verbindung zwischen alter und neuer Bundeshauptstadt dauerhaft erhalten. Ein wichtiges Bindeglied zum Erhalt bewährter Kontakte und zum Knüpfen neuer Netzwerke ist und bleibt unser Städtepartnerschaftsverein.

Universität Bonn mit Hofgarten

Universität Bonn mit Hofgarten