Der 21. RegioTALK des Regionalinkubators Südwest: „Kreativhubs statt Leerstand – Zwischennutzung als Antwort auf den Flächenmangel für Kunst und Kultur“

Pressemitteilung vom 19.03.2024

v.l.n.r.: Patrick Steinhoff (BA SZ), Yvon Fragniere (freier Artist), Eva Nieuweboer (Pandion AG), Marvin Yam (Zeit ist knapp/„zik“), Juri Effenberg (RIK)

Der 21. RegioTALK des RIK Berlin Südwest, ausgerichtet am 13. März 2024 im „Zeit ist knapp“ im Schloss-Straßen-Center (SSC), beschäftigte sich unter dem Überthema „Kreativhubs statt Leerstand – Zwischennutzung als Antwort auf den Flächenmangel für Kunst und Kultur“ damit, wie der wachsende Leerstand auf Einzelhandelsflächen im Bezirk sinnvoll zwischengenutzt werden kann. Im Rahmen von zwei Kurzvorträgen sowie einer anschließenden Podiumsdiskussion, sprachen die Protagonisten des Abends vor rund 40 anwesenden Gästen über die Schaffung einer möglichen Win-Win-Win-Situation.

RIK-Chef Juri Effenberg hat zum 21. RegioTALK in eine ganz besondere Location geladen. Nichts gehört so sehr zum Berliner Südwesten wie die Schloßstraße. Juri Effenberg schaut durch die riesigen Panoramascheiben hinab auf den Walther-Schreiber-Platz und verkündet: „Sagen wir mal so: Das Center ist das perfekte Eingangsportal zur Steglitzer Einkaufswelt.“ Der Anlass für den von ihm moderierten Talk ist auf den ersten Blick ein bedrückender, nämlich die Insolvenz des Schloss-Straßen-Centers. Doch jedem Ende wohnt ein Anfang inne, und Leerstand bedeutet nur dann Stillstand, wenn es keine guten Ideen zur Neu-, Um- oder Zwischengestaltung gibt. In diesem Sinne widmet sich eine illustre Diskussionsrunde dem Thema „Kreativhubs statt Leerstand – Zwischennutzung als Antwort auf den Flächenmangel für Kunst und Kultur in der Großstadt“.

Eva Nieuweboer (Pandion AG)

Ende des vergangenen Jahres hat das Projekt mit dem schönen und doppeldeutigen Namen Zik die ehemalige Verkaufsfläche des Modediscounters Primark bezogen. Zik steht wahlweise für „Zentrum für internationale Künste“ oder „Zeit ist knapp“, und beides fügt sich gut in das Thema des Abends. „Unser Konzept für die Nutzung des temporären Leerstands schafft eine Win-Win-Win-Situation für alle Beteiligten“, sagt Marvin Yam vom Zik. Erstens profitiert der Eigentümer, dessen Immobilie kostensparend mit Leben gefüllt wird. Zweitens freut sich der Bezirk, weil er mehr Kultur anbieten kann. Und, drittens, haben die Künstler einen weiteren Ort, an dem sie kreativ werden können. Denn in Berlin fehlt es ja nicht an Kultur, sondern an Plätzen, an denen sie präsentiert und verwirklicht werden kann. Im konkreten Fall finanziert das Zik die Kosten für Energie und Wasser, etwa über staatliche Zuschüsse, die Einnahmen der kleinen Bar im Erdgeschoss und die Ausrichtung größerer Events im ersten Stock.

Für die Umsetzung neuer Konzepte braucht es kreative Initiatoren, bereitwillige Investoren – und Moderatoren an der Schnittstelle zwischen beiden Welten. Zum Beispiel Eva Nieuweboer, sie ist ein paar Ecken weiter in Friedenau groß geworden und arbeitet als Kulturmanagerin für den Kölner Projektentwickler Pandion. Sie ist in beiden Welten zu Hause und bedauert es, dass es zuweilen am gegenseitigen Verständnis fehlt.

Marvin Yam (Zeit ist knapp/„zik“)

In das Ressort der Kulturmanagerin fällt die Zwischennutzung von Objekten vor einem möglichen Abriss oder Umbau. „Bis irgendwann etwas Neues entsteht, können sich Künstler aus dem Kiez austoben“, sagt Eva Nieuweboer. In jüngster Vergangenheit engagierte sie sich mit Pandion etwa in der Kreuzberger Prinzessinnenstraße und stellte dort ein ehemaliges Autohaus zur Umwandlung von künstlerischer Energie zur Verfügung. Ein anderes Mal wurde ein Tiny House auf einem Parkplatz zum mobilen Tanz-, Ton- und Coaching-Studio umgewidmet. Kunst braucht Raum und Fantasie ist alles – während der Corona-Epidemie tat es auch ein zur kreativen Gestaltung freigegebener Bauzaun.

Nicht alle Wünsche lassen sich sofort erfüllen. Wände zum Aufhängen von Bildern sind leichter zu beschaffen als Räumlichkeiten, wie sie Yvon Fragniere zum Inszenieren seiner Kunst braucht. Der Schweizer ist als Artist auf hohe Decken und tragfähige Konstruktionen angewiesen. „Für Luftakrobatik sind viele Räume einfach nicht hoch genug“, sagt Yvon Fragniere. „Zum Training können wir bei Sportklubs unterkommen, aber bei Veranstaltungen vor Publikum stoßen wir an unsere Grenzen.“

Neben ihm auf der Bühne steht Patrick Steinhoff und hört interessiert zu. Als Bezirksstadtrat für Stadtentwicklung in Steglitz-Zehlendorf mag er der für die Kultur zuständigen Kollegin Cerstin Richter-Kotowski nicht ins Ressort hineinreden und nimmt doch wertvolle Anregungen mit ins Rathaus: „Es geht ja auch darum, lebhafte Einzelhandelszentren zu haben, und da ist es natürlich von Vorteil, wenn die Kunden nicht nur konsumieren, sondern auch Kultur genießen können.“ Steinhoff weiß, wie knapp der Platz dafür an kommerziell geprägten Orten wie der Schloßstraße ist. Umso mehr hat er sich über den wuseligen Empfang am Walther-Schreiber-Platz gefreut. „Die Schloßstraße lebt, und das fühlt sich sehr gut an.“