Auszug - Vorstellung des Stadtteil-Mütter-Projektes des Diakonischen Werkes Steglitz und Teltow-Zehlendorf e. V. Frau Claudia Hesse-Kreszinsky, Projektkoordinatorin
Einleitend
berichtet BzStR’in Otto, das Gebäude in der Celsiusstraße 69 sei zunächst eine
Kindertagesstätte und dann als Interims-Lösung ein Hort für die
Mercator-Grundschule gewesen; danach habe es leer gestanden. Um Vandalismus zu
verhindern, habe sich die benachbarte Einrichtung „Bus-Stop“ bereit erklärt,
vorübergehend Schlüssel und Verantwortung für das Haus zu übernehmen.
Gleichzeitig habe das Bezirksamt sich bereit erklärt, das Gebäude interimsweise
durch Dritte nutzen zu lassen, solange seine künftige Nutzung nicht feststehe.
Unter den Interessenten sei das Diakonische Werk Steglitz-Zehlendorf ausgewählt
worden, dessen Projekt „Stadtteilmütter“ nunmehr seit einem Dreivierteljahr
hier untergebracht sei. Frau
Maren Jess vom Diakonischen Werk Steglitz-Zehlendorf berichtet, das Projekt sei
ursprünglich 2004 in Neukölln entstanden, wo bisher bereits 160 Stadtteilmütter
ausgebildet worden seien. Es gelte inzwischen als ein sehr erfolgreiches und
mit zahlreichen Preisen ausgezeichnetes Integrationsprojekt. Das Diakonische
Werk habe daher überlegt, ob die Idee auf Steglitz-Zehlendorf übertragen werden
könne. Der Sozialraum Thermometersiedlung schien hierfür aus mehreren Gründen
geeignet: 43 % der Einwohner haben einen Migrationshintergrund, bei den
Einwohnern unter 18 Jahren sind es sogar 66,8 %; fast 30 % der Bevölkerung sind
Leistungsempfänger nach SGB II (bei Kindern unter sechs: 64 %). Die Projektleiterin Frau Claudia Hesse-Kreszinsky erläutert
anhand eines Powerpoint-Vortrags das Projekt „Stadtteilmütter in Steglitz“.
Mütter verschiedener Nationalitäten aus dem Wohngebiet Thermometersiedlung
beginnen ab September 2008 einen halbjährlichen Qualifikationskurs, der sie
theoretisch und praktisch auf ihre Arbeit als Stadtteilmütter vorbereitet. Als Stadtteilmütter besuchen sie Familien mit Neugeborenen
oder kleinen Kindern, die bislang eher isoliert und zurückgezogen leben. Die
Kontakte zu den Familien entstehen vor allem durch persönliche Ansprache der
Stadtteilmütter in ihrer persönlichen Umgebung sowie durch vermittelnde
Beratungsstellen. Die Stadtteilmütter besuchen jede Familie an zehn
telefonisch vereinbarten Terminen. Sie geben ihr erlerntes Wissen aus den
Schulungen weiter. Über unterschiedliche Themen der Erziehung können die
Familien in der jeweiligen Muttersprache diskutieren und vielfältige
Informationen gewinnen. Ziel der Besuche ist, die Eltern zu bestärken, ihre Kinder
frühzeitig und aktiv zu fördern. Durch eine Vielzahl von Informations- und
Spielmaterialien zu den einzelnen Themen erhalten die Eltern Anregungen. Die Gespräche orientieren sich an den Bedürfnissen und
Ressourcen der Eltern. Die Stadtteilmütter sind geschult, bei Problemen in
Familien über geeignete Beratungs- und Unterstützungsangebote zu informieren.
Sie werden hier nicht beratend tätig, sondern helfen Hürden zur Inanspruchnahme
von Hilfen abzubauen. Für diese Aufgaben wird die Schulung der Stadtteilmütter zu
folgenden Themen durchgeführt: -
Entwicklung des Kindes - Rechte
des Kindes / Gewaltfreie Erziehung -
vorschulische Förderung - bewusste
Spracherziehung / Zweisprachigkeit -
Bildungssysteme - gesunde
Ernährung -
Sexualentwicklung / Geschlechterrollen - Erste
Hilfe am Kind / Verhütung von Kinderunfällen - Medien /
Umgang mit Fernsehen / Computer - Rechte und Pflichten von Frauen in Partnerschaft und Ehe,
Unterstützung bei häuslicher Gewalt. Der Praxisteil des Kurses umfasst Hospitationen in einer
Kita, Besuch von Beratungseinrichtungen, Bibliothek sowie eine
Probe-Besuchsphase in Zweiergruppen. Über den Qualifizierungskurs erhalten die
Teilnehmerinnen ein Zertifikat. Arbeitslose Mütter im ALG-II-Bezug können die Schulung und
Tätigkeit als Stadtteilmutter im Rahmen einer MAE-Beschäftigung gegen ein
Entgelt von 1,50 Euro/Stunde (bei 20 Wochenstunden) absolvieren. Hierdurch
erlangen sie eine Qualifikation und Kompetenzen, die für die Aufnahme einer
späteren Erwerbstätigkeit bedeutsam sein könnten. Zugleich werden ihr
Selbstbewusstsein, ihr Vertrauen in die eigene Handlungsfähigkeit und ihre Erziehungskompetenz
gestärkt. Die Stadtteilmütter treffen sich wöchentlich, begleitet und
koordiniert durch die Kursleiterin. In den Gruppentreffen werden die
Besuchsanfragen aufgeteilt, Erfahrungen ausgetauscht, Fragen geklärt und
weitere Themen gemeinsam erarbeitet. Um die nachhaltige Erreichung der besuchten Familien
sicherzustellen, ist der Aufbau und Kontakt zu einem regelmäßigen Elterntreff
mit weiteren niedrigschwelligen Angeboten notwendig, zu welchen die
Stadtteilmütter die besuchten Mütter und Väter einladen. Hier können sich Eltern mit ihren Kindern treffen,
austauschen und sich untereinander helfen. Auf die Bedürfnisse der Familien abgestimmte Angebote der
Familienbildung werden integriert. Zwei
Stadtteilmütter mit rumänischem bzw. türkischem Hintergrund berichten
anschließend über ihre Tätigkeit und beantworten Fragen von
Ausschussmitgliedern. Sie erklären, sie – genau wie die anderen 13 bis 14
türkischen, arabischen, bosnischen, rumänischen und deutschen Stadtteilmütter
dieses Projekts – seien arbeitslos gewesen, hätten von dem Projekt gehört und
sich auf eigenen Wunsch vom Job Center auf die angebotenen und vom Job Center
finanzierten MAE-Stellen vermitteln lassen. Das Ziel des Job Centers und ihr
eigenes persönliches Ziel sei es natürlich zunächst, sich zu qualifizieren und
nach dem Auslaufen der auf neun Monate befristeten Stelle einen festen
Arbeitsplatz zu finden. Gleichzeitig sei es ihr Anliegen, in dieser Zeit
Menschen mit Migrationshintergrund bei der Integration zu helfen bzw. ihnen den
Weg dorthin zu weisen. Dabei gehe man an den verschiedensten Stellen auf sie zu
und biete Hilfe an bzw. verlasse sich inzwischen auch schon auf die
Weiterempfehlung durch Dritte. Die meisten Familien reagierten positiv auf die
Angebote; allerdings hätten manche auch Angst, dass Informationen an die
Polizei oder das Jugendamt weitergegeben werden könnten. Frauen, die aus
verschiedensten Gründen nicht wünschen, dass jemand Fremdes zu ihnen ins Haus
kommt, können Beratungsgespräche auch in den Räumlichkeiten der Stadtteilmütter
führen. Besprochen würden Probleme aller Art, die den oben genannten zehn
Schulungspunkten entsprechen. Sollte es sich herausstellen, dass eine Frau
„echte“ Probleme hat, würde die Beratung nicht fortgesetzt, sondern die
Stadtteilmütter würden ihr die Adressen der dafür zuständigen Beratungsstellen
geben. Auf
entsprechende Nachfragen der Fraktionen der CDU und der FDP erklären die
Stadtteilmütter, ihre Erfahrung zeige, dass die meisten angesprochenen Familien
durchaus kooperativ seien und Deutsch lernen wollen sowie an einer Integration
interessiert seien, jedoch meist nicht wissen, wie sie hier konkret vorgehen
sollen. Hier setze die Beratungstätigkeit der Frauen ein. Die
Fraktion GRÜNE fragt mehrfach danach, welche konkreten Planungen das Projekt
hat und welche Ziele es erreichen wolle, z.B. wie viele Familien es ansprechen
wolle. Die anwesenden Stadtteilmütter erklären, es gebe hier keine Planziele,
die eingehalten werden müssten und an denen man sich messen lassen müsste.
Vielmehr berate man eher „in die Tiefe“, d.h. widme sich intensiver einzelnen
Fällen, als dass man „in die Breite“ wirke und mit möglichst vielen Menschen
eher oberflächlichen Kontakt habe. Fr B
Frau Josten erläutert, es handele sich um ein niedrigschwelliges
Angebot, das es in dieser Form anderswo im Bezirk nicht gibt und das andere
Menschen anspreche und ihnen helfen will, als dies durch offizielle
Beratungsstellen möglich sei. Auf
Nachfragen der Fraktionen der CDU und der SPD erklären die Stadtteilmütter, das
Projekt werde vom Job Center zwar finanziell gefördert, aber – als nur eines
von vielen Projekten – nicht besonders unterstützt. D.h., es sei eher der
Hartnäckigkeit interessierter arbeitsloser Frauen zu verdanken, wenn sie in
einer offenbar willkürlichen Entscheidung des Vermittlers eine Stelle als
Stadtteilmutter erhalten. Außerdem sei das Projekt auf neun Monate befristet
und laufe am 14. Juni 2009 aus (wenngleich eine Verlängerung um weitere neun
Monate zu erwarten sei). D.h., wenn die Frauen geschult seien und einen
gewissen Grad an Bekanntheit und Vertrauen in der Bevölkerung erlangt hätten,
sei die Maßnahme bereits wieder beendet, und man müsse von vorne anfangen. Die
Frauen selbst würden anschließend häufig in gänzlich andere Tätigkeiten
vermittelt (z.B. Arbeit in einer Bäckerei). Dies
sei z.B. im Bezirk Charlottenburg-Wilmersdorf anders, wo das Projekt derzeit
aufgebaut wird. Durch den großen Druck seitens der Kommunalpolitik finanziere
das Job Center die Maßnahme dort nicht nur für zwei Jahre, sondern habe das
Projekt finanziell auch wesentlich besser ausgestattet, als dies in
Steglitz-Zehlendorf der Fall ist. Der größte finanzielle Posten seien die
Personalkosten. Hier habe des Job Center für Steglitz-Zehlendorf nur 15 Stunden
bewilligt, was bei weitem nicht ausreiche, so dass das Diakonische Werk sehr
viele Eigenmittel dazusteuern muss, was ein zweites Mal nicht möglich sei. In
Charlottenburg-Wilmersdorf werde die Regelarbeitszeit dagegen zu 100 % vom Job
Center finanziert. Um die Arbeit erfolgreich leisten zu können, sei eine
Regelarbeitszeit von mindestens 75 % notwendig. Die
FDP-Fraktion weist auf die Diskrepanz hin, dass die Stadtteilmütter offenbar
sehr viel für die von der Politik geforderte Integration tun, aber von dieser wie
auch den Job Centern nicht ausreichend gefördert werden. Abstimmungsergebnis:
|
|||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Legende
Ausschuss | Tagesordnung | Drucksache | |||
Parlament | Aktenmappe | Drucksachenlebenslauf | |||
Fraktion | Niederschrift | Beschlüsse | |||
Kommunalpolitiker | Auszug | Realisierung | |||
Anwesenheit | Kleine Anfragen |