Auszug - Vorstellung des Stadtteil-Mütter-Projektes des Diakonischen Werkes Steglitz und Teltow-Zehlendorf e. V. Frau Claudia Hesse-Kreszinsky, Projektkoordinatorin  

 
 
20. öffentliche Sitzung des Ausschusses für Gleichstellung und Integration
TOP: Ö 4
Gremium: Ausschuss für Gleichstellung und Integration Beschlussart: erledigt
Datum: Mi, 27.05.2009 Status: öffentlich
Zeit: 17:00 - 19:30 Anlass: ordentliche Sitzung
 
Wortprotokoll
Abstimmungsergebnis

Einleitend berichtet BzStR’in Otto, das Gebäude in der Celsiusstraße 69 sei zunächst eine Kindertagesstätte und dann als Interims-Lösung ein Hort für die Mercator-Grundschule gewesen; danach habe es leer gestanden

Einleitend berichtet BzStR’in Otto, das Gebäude in der Celsiusstraße 69 sei zunächst eine Kindertagesstätte und dann als Interims-Lösung ein Hort für die Mercator-Grundschule gewesen; danach habe es leer gestanden. Um Vandalismus zu verhindern, habe sich die benachbarte Einrichtung „Bus-Stop“ bereit erklärt, vorübergehend Schlüssel und Verantwortung für das Haus zu übernehmen. Gleichzeitig habe das Bezirksamt sich bereit erklärt, das Gebäude interimsweise durch Dritte nutzen zu lassen, solange seine künftige Nutzung nicht feststehe. Unter den Interessenten sei das Diakonische Werk Steglitz-Zehlendorf ausgewählt worden, dessen Projekt „Stadtteilmütter“ nunmehr seit einem Dreivierteljahr hier untergebracht sei.

Frau Maren Jess vom Diakonischen Werk Steglitz-Zehlendorf berichtet, das Projekt sei ursprünglich 2004 in Neukölln entstanden, wo bisher bereits 160 Stadtteilmütter ausgebildet worden seien. Es gelte inzwischen als ein sehr erfolgreiches und mit zahlreichen Preisen ausgezeichnetes Integrationsprojekt. Das Diakonische Werk habe daher überlegt, ob die Idee auf Steglitz-Zehlendorf übertragen werden könne. Der Sozialraum Thermometersiedlung schien hierfür aus mehreren Gründen geeignet: 43 % der Einwohner haben einen Migrationshintergrund, bei den Einwohnern unter 18 Jahren sind es sogar 66,8 %; fast 30 % der Bevölkerung sind Leistungsempfänger nach SGB II (bei Kindern unter sechs: 64 %).

Die Projektleiterin Frau Claudia Hesse-Kreszinsky erläutert anhand eines Powerpoint-Vortrags das Projekt „Stadtteilmütter in Steglitz“. Mütter verschiedener Nationalitäten aus dem Wohngebiet Thermometersiedlung beginnen ab September 2008 einen halbjährlichen Qualifikationskurs, der sie theoretisch und praktisch auf ihre Arbeit als Stadtteilmütter vorbereitet.

Als Stadtteilmütter besuchen sie Familien mit Neugeborenen oder kleinen Kindern, die bislang eher isoliert und zurückgezogen leben. Die Kontakte zu den Familien entstehen vor allem durch persönliche Ansprache der Stadtteilmütter in ihrer persönlichen Umgebung sowie durch vermittelnde Beratungsstellen.

Die Stadtteilmütter besuchen jede Familie an zehn telefonisch vereinbarten Terminen. Sie geben ihr erlerntes Wissen aus den Schulungen weiter. Über unterschiedliche Themen der Erziehung können die Familien in der jeweiligen Muttersprache diskutieren und vielfältige Informationen gewinnen.

Ziel der Besuche ist, die Eltern zu bestärken, ihre Kinder frühzeitig und aktiv zu fördern. Durch eine Vielzahl von Informations- und Spielmaterialien zu den einzelnen Themen erhalten die Eltern Anregungen.

Die Gespräche orientieren sich an den Bedürfnissen und Ressourcen der Eltern. Die Stadtteilmütter sind geschult, bei Problemen in Familien über geeignete Beratungs- und Unterstützungsangebote zu informieren. Sie werden hier nicht beratend tätig, sondern helfen Hürden zur Inanspruchnahme von Hilfen abzubauen.

Für diese Aufgaben wird die Schulung der Stadtteilmütter zu folgenden Themen durchgeführt:

- Entwicklung des Kindes

- Rechte des Kindes / Gewaltfreie Erziehung

- vorschulische Förderung

- bewusste Spracherziehung / Zweisprachigkeit

- Bildungssysteme

- gesunde Ernährung

- Sexualentwicklung / Geschlechterrollen

- Erste Hilfe am Kind / Verhütung von Kinderunfällen

- Medien / Umgang mit Fernsehen / Computer

- Rechte und Pflichten von Frauen in Partnerschaft und Ehe, Unterstützung bei häuslicher Gewalt.

Der Praxisteil des Kurses umfasst Hospitationen in einer Kita, Besuch von Beratungseinrichtungen, Bibliothek sowie eine Probe-Besuchsphase in Zweiergruppen. Über den Qualifizierungskurs erhalten die Teilnehmerinnen ein Zertifikat.

Arbeitslose Mütter im ALG-II-Bezug können die Schulung und Tätigkeit als Stadtteilmutter im Rahmen einer MAE-Beschäftigung gegen ein Entgelt von 1,50 Euro/Stunde (bei 20 Wochenstunden) absolvieren. Hierdurch erlangen sie eine Qualifikation und Kompetenzen, die für die Aufnahme einer späteren Erwerbstätigkeit bedeutsam sein könnten. Zugleich werden ihr Selbstbewusstsein, ihr Vertrauen in die eigene Handlungsfähigkeit und ihre Erziehungskompetenz gestärkt.

Die Stadtteilmütter treffen sich wöchentlich, begleitet und koordiniert durch die Kursleiterin. In den Gruppentreffen werden die Besuchsanfragen aufgeteilt, Erfahrungen ausgetauscht, Fragen geklärt und weitere Themen gemeinsam erarbeitet.

Um die nachhaltige Erreichung der besuchten Familien sicherzustellen, ist der Aufbau und Kontakt zu einem regelmäßigen Elterntreff mit weiteren niedrigschwelligen Angeboten notwendig, zu welchen die Stadtteilmütter die besuchten Mütter und Väter einladen.

Hier können sich Eltern mit ihren Kindern treffen, austauschen und sich untereinander helfen.

Auf die Bedürfnisse der Familien abgestimmte Angebote der Familienbildung werden integriert.

Zwei Stadtteilmütter mit rumänischem bzw. türkischem Hintergrund berichten anschließend über ihre Tätigkeit und beantworten Fragen von Ausschussmitgliedern. Sie erklären, sie – genau wie die anderen 13 bis 14 türkischen, arabischen, bosnischen, rumänischen und deutschen Stadtteilmütter dieses Projekts – seien arbeitslos gewesen, hätten von dem Projekt gehört und sich auf eigenen Wunsch vom Job Center auf die angebotenen und vom Job Center finanzierten MAE-Stellen vermitteln lassen. Das Ziel des Job Centers und ihr eigenes persönliches Ziel sei es natürlich zunächst, sich zu qualifizieren und nach dem Auslaufen der auf neun Monate befristeten Stelle einen festen Arbeitsplatz zu finden. Gleichzeitig sei es ihr Anliegen, in dieser Zeit Menschen mit Migrationshintergrund bei der Integration zu helfen bzw. ihnen den Weg dorthin zu weisen. Dabei gehe man an den verschiedensten Stellen auf sie zu und biete Hilfe an bzw. verlasse sich inzwischen auch schon auf die Weiterempfehlung durch Dritte. Die meisten Familien reagierten positiv auf die Angebote; allerdings hätten manche auch Angst, dass Informationen an die Polizei oder das Jugendamt weitergegeben werden könnten. Frauen, die aus verschiedensten Gründen nicht wünschen, dass jemand Fremdes zu ihnen ins Haus kommt, können Beratungsgespräche auch in den Räumlichkeiten der Stadtteilmütter führen. Besprochen würden Probleme aller Art, die den oben genannten zehn Schulungspunkten entsprechen. Sollte es sich herausstellen, dass eine Frau „echte“ Probleme hat, würde die Beratung nicht fortgesetzt, sondern die Stadtteilmütter würden ihr die Adressen der dafür zuständigen Beratungsstellen geben.

Auf entsprechende Nachfragen der Fraktionen der CDU und der FDP erklären die Stadtteilmütter, ihre Erfahrung zeige, dass die meisten angesprochenen Familien durchaus kooperativ seien und Deutsch lernen wollen sowie an einer Integration interessiert seien, jedoch meist nicht wissen, wie sie hier konkret vorgehen sollen. Hier setze die Beratungstätigkeit der Frauen ein.

Die Fraktion GRÜNE fragt mehrfach danach, welche konkreten Planungen das Projekt hat und welche Ziele es erreichen wolle, z.B. wie viele Familien es ansprechen wolle. Die anwesenden Stadtteilmütter erklären, es gebe hier keine Planziele, die eingehalten werden müssten und an denen man sich messen lassen müsste. Vielmehr berate man eher „in die Tiefe“, d.h. widme sich intensiver einzelnen Fällen, als dass man „in die Breite“ wirke und mit möglichst vielen Menschen eher oberflächlichen Kontakt habe. Fr B  Frau Josten erläutert, es handele sich um ein niedrigschwelliges Angebot, das es in dieser Form anderswo im Bezirk nicht gibt und das andere Menschen anspreche und ihnen helfen will, als dies durch offizielle Beratungsstellen möglich sei.

Auf Nachfragen der Fraktionen der CDU und der SPD erklären die Stadtteilmütter, das Projekt werde vom Job Center zwar finanziell gefördert, aber – als nur eines von vielen Projekten – nicht besonders unterstützt. D.h., es sei eher der Hartnäckigkeit interessierter arbeitsloser Frauen zu verdanken, wenn sie in einer offenbar willkürlichen Entscheidung des Vermittlers eine Stelle als Stadtteilmutter erhalten. Außerdem sei das Projekt auf neun Monate befristet und laufe am 14. Juni 2009 aus (wenngleich eine Verlängerung um weitere neun Monate zu erwarten sei). D.h., wenn die Frauen geschult seien und einen gewissen Grad an Bekanntheit und Vertrauen in der Bevölkerung erlangt hätten, sei die Maßnahme bereits wieder beendet, und man müsse von vorne anfangen. Die Frauen selbst würden anschließend häufig in gänzlich andere Tätigkeiten vermittelt (z.B. Arbeit in einer Bäckerei).

Dies sei z.B. im Bezirk Charlottenburg-Wilmersdorf anders, wo das Projekt derzeit aufgebaut wird. Durch den großen Druck seitens der Kommunalpolitik finanziere das Job Center die Maßnahme dort nicht nur für zwei Jahre, sondern habe das Projekt finanziell auch wesentlich besser ausgestattet, als dies in Steglitz-Zehlendorf der Fall ist. Der größte finanzielle Posten seien die Personalkosten. Hier habe des Job Center für Steglitz-Zehlendorf nur 15 Stunden bewilligt, was bei weitem nicht ausreiche, so dass das Diakonische Werk sehr viele Eigenmittel dazusteuern muss, was ein zweites Mal nicht möglich sei. In Charlottenburg-Wilmersdorf werde die Regelarbeitszeit dagegen zu 100 % vom Job Center finanziert. Um die Arbeit erfolgreich leisten zu können, sei eine Regelarbeitszeit von mindestens 75 % notwendig.

Die FDP-Fraktion weist auf die Diskrepanz hin, dass die Stadtteilmütter offenbar sehr viel für die von der Politik geforderte Integration tun, aber von dieser wie auch den Job Centern nicht ausreichend gefördert werden.

Abstimmungsergebnis:

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Anlagen:  
  Nr. Name    
Anlage 1 1 Stadtteilmütter Flyer (378 KB)    
 
 

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