Auszug - Jugendmigrationsdienst Vorstellung der Anbieter aus umliegenden Bezirken: - Frau Rockhoff / Jugendmigrationsdienste DWBO (Diakonisches Werk Berlin-Brandenburg-schles.-Oberlausitz) - Herr Chourabi / Jugendmigrationsdienst AWO, Tempelhof-Schöneberg
Die Ausschussvorsitzende begrüßt Frau Wiebke Rockhoff von der Koordinationsstelle Jugendmigrationsdienste im Diakonischen Werk Berlin-Brandenburg - schlesische Oberlausitz eV. und Herrn Hamza Chourabi vom Jugendmigrationsdienst der AWO im Bezirk Tempelhof-Schöneberg. Frau
Rockhoff berichtet, die Jugendmigrationsdienste seien ein Angebot der
Jugendsozialarbeit, d.h. ein Teil der Jugendhilfe, die sich mit der beruflichen
Integration junger Menschen mit Benachteiligungen befasst. Zuwendungsgeber
seien jedoch nicht die Kommunen, sondern das Bundesministerium für Familie,
Senioren, Frauen und Jugend. Dementsprechend seien sie auch nicht Teil der
kommunalen Jugendhilfe. Diese Bundesförderung erklärt sich daraus, dass die
Jugendmigrationsdienste Nachfolger der Jugendgemeinschaftswerke sind, die
jugendliche Aus- und Übersiedler berieten und die in der Zuständigkeit des
Bundes waren. 2004 wurden dann alle Jugendlichen mit Migrationshintergrund in
die Zielgruppe aufgenommen. Im Zusammenhang mit dem neuen Zuwanderungsgesetz
gab es 2005 die Zusage des Bundes, auch Integrationsleistungen zu erbringen. Im
Erwachsenenbereich waren dies die Immigrationserstberatung und im Jugendbereich
die Jugendmigrationsdienste mit dem Schwerpunkt auf neu zugewanderte
Jugendliche, während die Beratung länger ansässiger Migranten in die
Zuständigkeit der Länder fiel. In Berlin gibt es nicht in allen Bezirken einen Jugendmigrationsdienst – so hat z.B. der Bezirk Steglitz-Zehlendorf keinen -, während in anderen Bezirken aufgrund des höheren Bedarfs mehrere Träger aktiv sind. Zu diesen Trägern in Berlin gehören u.a. die Arbeiterwohlfahrt, der Internationale Bund, die Caritas bzw. die In Via e.V., die regionalen Diakonischen Werke bzw. das Christliche Jugenddorfwerk. Des Weiteren berichtet Frau Rockdorf, dass diese Träger stark vernetzt zusammenarbeiten und hierbei u.a. von ihr koordiniert werden. In
einer Netzwerk- und Sozialraumarbeit wird geprüft, welche Träger welche
Schwerpunkte abdecken können, um so Doppelangebote zu verhindern. Zugleich
werden andere Dienste und Einrichtungen, deren Angebote sich nicht vorwiegend
an jugendliche Zuwanderer richten, für eine interkulturelle Öffnung
sensibilisiert. Weiterhin soll den Jugendlichen bereits in der Phase des
Sprachlernens ein sozialpädagogisches Angebot gemacht werden, das die anderen
Bedarfe in den Blick nimmt. Falls
- z.B. in einem Berliner Bezirk - ein neuer Jugendmigrationsdienst eingerichtet
werden soll, muss ein entsprechender Bedarf beim Mittelgeber, dem
Bundesfamilienministerium, angemeldet werden. Allerdings kann nur dann ein
neuer JMD eingerichtet werden, wenn an anderer Stelle im Bundesgebiet eine
entsprechende Stelle frei wird. Die Neueinrichtung zusätzlicher JMDs ist seit
einiger Zeit nicht mehr möglich. Das
wichtigste Ziel der Jugendmigrationsdienste ist die sprachliche, berufliche,
soziale und schulische Integration junger Zuwanderer. Über allem steht die
Förderung der Chancengleichheit sowie die Förderung der Partizipation im
sozialen, kulturellen und politischen Leben. Hierzu gehört nicht nur die
individuelle Begleitung, sondern auch die Sensibilisierung des Umfeldes der
Jugendlichen. Die
Zielgruppen sind Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene im sog. „KJHG-Alter“
von zwölf bis 27 Jahren mit Migrationshintergrund und hier mit einem besonderen
Fokus auf neu zugewanderte Jugendliche. Nach dem Willen des Zuwendungsgebers
sollen möglichst alle Jugendlichen, die der Zielgruppe angehören, das Angebot
erhalten, aber auch das Umfeld soll mit in den Blick genommen werden, z.B.
Institutionen und Initiativen in den sozialen Netzwerken, im Gemeinwesen sowie
die Menschen im sozialen Umfeld der Jugendlichen. Zu
den Aufgaben der Jugendmigrationsdienste gehört die individuelle
Integrationsförderung, d.h. die Begleitung neu zugewanderter Jugendlicher in
die richtige Schulform und bei der Ausbildungsplatzsuche sowie weitere
Orientierungshilfen. Bei Vorliegen bestimmter Voraussetzungen soll diese
Förderung im Wege des Case Managements erfolgen, d.h. in einer gemeinsamen
Förderplanung mit dem einzelnen Jugendlichen, bei der Ziele festgelegt werden
und der Weg dorthin dokumentiert wird. Dieses Angebot besteht nicht nur für neu
zugewanderte, sondern auch für bereits länger ansässige Jugendliche. Herr
Chourabi schildert ausführlich die konkrete Arbeit der Jugendmigrationsdienste
von der Erstberatung über die Zusammenarbeit mit Sprachkursträgern bis zur
abschließenden Beratung zur beruflichen Förderung und Integration, die in
Zusammenarbeit mit den Job Centern und Arbeitsagenturen stattfindet. Sehr
wichtig seien hier vor allem auch die Zusammenarbeit mit dem Jugendamt und die
im Bezirk Tempelhof-Schöneberg gegebene Mitgliedschaft im Jugendhilfeausschuss.
In diesem Bezirk existiere auch ein sehr gutes Netzwerk, dessen Akteure gut und
effektiv zusammenarbeiten und sich regelmäßig alle drei Monate zu Gesprächen
treffen. Nach dieser Vorstellung ihrer Einrichtungen und ihrer Arbeit beantworten Frau Rockhoff und Herr Chourabi Fragen von Mitgliedern des Ausschusses. Die Antworten werden hier in allgemeiner Form dargestellt: Der
von Frau Rockhoff verteilten Broschüre „Lassen Sie sich beraten!
Beratungsangebote für Neuzuwanderinnen und Zuwanderer“ sind die Berliner
Bezirke und die dort tätigen Jugendmigrationsdienste sowie deren Angebote zu
entnehmen. Die Ausschussvorsitzende verteilt in diesem Zusammenhang den aus dem
Internet gezogenen Wikipedia-Artikel zum Jugendmigrationsdienst an die
Ausschussmitglieder. Ein
Erstkontakt zu den neu zugewanderten Jugendlichen ergibt sich meist über die
Ausländerbehörde, wo sie eine Berechtigung für einen Sprachkurs erhalten.
Dieser sei verpflichtend. Spätestens hier werde die Zielgruppe erreicht.
Außerdem würde auf Aushängen und Info-Zetteln sowie von Verwandten und Freunden
auf die Existenz und die Angebote der Jugendmigrationsdienste hingewiesen. Heiratsmigranten,
z.B. junge nachgezogene Ehefrauen, könnten und würden durchaus das Angebot von
Sprachkursen wahrnehmen. Zum einen sei die Beendigung eines Integrationskurses
eine Voraussetzung für die Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis, zum anderen
gebe es auch kleinere Träger, die Sprachkurse für ganz spezielle Gruppen, z.B.
türkische Frauen, anbieten. Ein Fall, dass ein Ehemann seiner Frau den Besuch
eines Kurses untersagt habe, sei nicht bekannt. Die
Betreuung illegaler Immigranten sei vom Zuwendungsgeber nicht vorgesehen.
Zuwanderer, die eine Duldung bekommen, hätten jedoch die Perspektive eines
Bleiberechts und würden daher ebenfalls beraten. Zwar
sei es grundsätzlich möglich, auch Jugendliche aus anderen Bezirken zu beraten;
es werde jedoch versucht, diese an einen Jugendmigrationsdienst in ihrem
eigenen Bezirk zu vermitteln, da dieser ihnen auch in weiteren Angelegenheiten
helfen könne. Die
Sprachförderung sei zwar vor allem für über 16-jährige gedacht, da jüngere
Kinder noch der Schulpflicht unterliegen: In manchen Fällen, wo z.B. 14-jährige
Kinder nach Berlin nachziehen und mangels Sprachkenntnissen den
Hauptschulabschluss nicht schaffen würden, müsste diese Förderung auch schon
früher beginnen. So hätten z.B. Jugendliche aus Steglitz-Zehlendorf
entsprechende Kurse in Tempelhof-Schöneberg besucht. Unter den Kindern, die
nach Berlin kommen, seien auch Waisen als Teil der Gruppe der sog.
minderjährigen unbegleiteten Flüchtlinge. Die
Ausschussvorsitzende verweist auf eine ihr vorliegende Statistik, der zu
entnehmen ist, dass 31,5 Prozent der Bewohner des Bezirks Steglitz-Zehlendorf
im Alter von 18 bis 35 Jahren, d.h. 9.500 Menschen, einen Migrationshintergrund
haben; im Alter von zwölf bis 18 Jahren sind es 1.300 Menschen. Allerdings sage
die Statistik nichts darüber aus, ob es sich dabei um Neuzuwanderer handelt,
die eine Erstberatung benötigen. Die
FDP-Fraktion regt an, einen Bedarf beim Bundesfamilienministerium anzumelden.
Frau Rockhoff nennt ein solches Vorgehen sinnvoll und erklärt, der Bund sehe
Berlin als Ganzes stark förderungswürdig an, so dass durchaus gewisse Chancen
bestünden, dass im Bezirk ein JMD eingerichtet wird. Auf
Nachfrage der CDU-Fraktion erläutert Frau Rockhoff ausführlich die Aufteilung
der Finanzierung der JMDs zwischen Bund und Trägern. Insgesamt sei die
Finanzierung durch den Bund relativ gut, so dass die Träger nur eine geringe
Kofinanzierung zu leisten hätten. Die
SPD-Fraktion sieht ebenfalls einen Bedarf für einen Jugendmigrationsdienst im
Bezirk und legt den Entwurf für einen entsprechenden Ausschussantrag vor. Nach
einer ausführlichen Erörterung, ob man sich darauf verlassen könne, dass eine
solche Einrichtung aus Drittmitteln finanziert wird oder ob der Antrag eine
Einschränkung erhalten soll, falls seine Umsetzung doch haushaltsrechtliche
Auswirkungen haben sollte, wird über den Antrag in der folgenden Fassung
abgestimmt: „Die
BVV möge beschließen: Das
Bezirksamt wird ersucht, sich bei den zuständigen Stellen dafür einzusetzen,
dass für Jugendliche und junge Erwachsene mit Migrationshintergrund im Alter
von 12 bis 27 Jahren auch in Steglitz-Zehlendorf ein Jugendmigrationsdienst
eingerichtet wird. Begründung: Für
diese Jugendlichen und jungen Erwachsenen wird der Integrationsprozess durch
den Jugendmigrationsdienst mit individuellen Angeboten auf allen erforderlichen
Stationen professionell begleitet (z.B.: Integrationskurse,
Alltagsorientierung, Schulprobleme, Berufsausbildung, Praktika, Freizeit,
Jugendhilfe). Diese Altersgruppe hat in Steglitz-Zehlendorf den höchsten Anteil
bei den Menschen mit Migrationshintergrund. Bei einer Abstimmung wird der Antrag mit 13 Ja-Stimmen und keiner Nein-Stimme bei keiner Enthaltung angenommen. |
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