Auszug - Gender Mainstreaming - Umsetzung in Steglitz-Zehlendorf - Vorstellung des Konzeptes - Frau Anke Otto, Stadträtin für Schule, Bildung und Umwelt, Genderbeauftragte - Herr Manfred Köhnen, Gender Büro/Organisationsberatung für Steglitz-Zehlendorf  

 
 
9. öffentliche Sitzung des Ausschusses für Gleichstellung und Integration
TOP: Ö 4
Gremium: Ausschuss für Gleichstellung und Integration Beschlussart: erledigt
Datum: Mi, 24.10.2007 Status: öffentlich
Zeit: 17:00 - 19:00 Anlass: ordentliche Sitzung
Raum: BVV-Saal
Ort: Rathaus Zehlendorf
 
Wortprotokoll

Die Ausschussvorsitzende begrüßt als Gast den Diplomsoziologen Herrn Manfred Köhnen, der gemeinsam mit der Politologin Frau Dr

Die Ausschussvorsitzende begrüßt als Gast den Diplomsoziologen Herrn Manfred Köhnen, der gemeinsam mit der Politologin Frau Dr. Regina Frey als externer Berater bei der geplanten Einführung des Gender Mainstreaming im Bezirksamt fungiert.

BzStR’in Otto berichtet einleitend, dass es den Gender Mainstreaming Prozess seit etwa 2002 in Berlin gibt und hierzu bisher vier Berichte vorgelegt wurden. Sie verteilt in diesem Zusammenhang den letzten Bericht an die Mitglieder des Ausschusses. Die Einführung des Gender Mainstreaming beruhe auf Beschlüssen des Senats sowie des Rats der Bürgermeister; allerdings hätten sich die Bezirke mit unterschiedlicher Intensität der Sache angenommen. Nach den Wahlen vom Herbst 2006 habe sich das neue Bezirksamt darauf verständigt, dass sie (d.h. BzStR’in Otto) mit Unterstützung der Frauenbeauftragten für den Gender Prozess verantwortlich sein soll. Allerdings gebe es bisher noch keinen Bezirksamtsbeschluss, wie dieser Prozess im Bezirk durchgeführt werden soll. Nach einem Gespräch zwischen ihr, BzBm Kopp, Frau Dr. Frey und Herrn Köhnen sei das Konzept Anfang Oktober im Bezirksamt vorgestellt worden; heute solle es im zuständigen Ausschuss präsentiert werden. Am 07.12.2007 solle der Gender Mainstreaming Prozess nochmals in einer Sitzung des Bezirksamts und der Amtsleiter erläutert werden. Danach sollen entsprechende Sitzungen mit den Amtsleitern in vierteljährlichem Abstand stattfinden. Ende des Jahres werde das Bezirksamt dann einen Beschluss darüber fassen, wie die Umsetzung konkret gestaltet werden soll.

Herr Köhnen berichtet, er und die Leiterin des Gender Büros, Frau Dr. Frey, hätten bereits verschiedene Bezirks- und Senatsverwaltungen bei der Einführung des Gender Mainstreaming Prozesses beraten. In einem ca. einstündigen Vortrag stellt er diesen Prozess den Mitgliedern des Ausschusses vor und beantwortet anschließend deren Fragen. Da die von ihm benutzten Grafiken alle Verfahrensschritte und Thesen enthalten, sagt Herr Köhnen zu, diese für das Protokoll der Sitzung zur Verfügung zu stellen. (Anmerkung zur Niederschrift: Dementsprechend werden hier die Inhalte dieser Schaubilder nicht noch einmal im Detail zitiert, sondern es wird lediglich auf die einzelnen Grafiken verwiesen, die dem Protokoll als Anhang beigefügt sind.)

Herr Köhnen erläutert, der Vortrag, der bereits Anfang Oktober dem Bezirksamt präsentiert wurde (Grafik 1), gliedere sich in die folgenden fünf Schritte (Grafik 2):

1.        Wie funktioniert Gender Mainstreaming und Gender Budgeting – ein Beispiel

Einleitend erläutert Herr Köhnen das Funktionieren des Gender Mainstreaming Prozesses anhand eines Beispiels. Geschlechtsspezifisach konditioniert, nutzen männliche und weibliche Jugendliche Bibliotheken häufig nur einseitig (Grafik 3). Daher werden – z.B. von den Bibliothekarinnen – Ziele (Grafik 4) und Maßnahmen (Grafik 5) definiert, wie Jungen und Mädchen auch an Medien und Inhalte herangeführt werden, an denen sie bisher kein Interesse hatten. Ziel sei der effizientere Einsatz der vorhandenen Ressourcen.

2.        Gender Mainstreaming und Gender Budgeting Grundprinzipien

Von diesem Beispiel ausgehend, nennt Herr Köhnen die übergeordneten Strategien und Ziele, die die Verwaltung bei der Einführung des Gender Mainstreaming verfolgt (Grafik 6 und 7). Er erläutert den Begriff „gender“, der im Gegensatz zu dem ebenfalls englischen Wort „sex“ nicht das natürliche, sondern das gesellschaftlich gemachte Geschlecht meint (Grafik 8). Umgesetzt werden könne der Gender Mainstreaming Prozess in der Verwaltung nur von oben nach unten, d.h. die politische Spitze definiert und beschließt Vorgaben, die von den Führungskräften, denen hier besondere Verantwortung zukommt, um- und durchgesetzt werden (Grafik 9). Tätig wird die Verwaltung aufgrund entsprechender europäischer, deutscher und Berliner Gesetze und Rechtsprechnung (Grafik 10 und 12).

3.        Der Berliner Umsetzungsprozess

Aufgrund der Berliner gesetzlichen Vorgaben (Grafik 12) fasste das Abgeordnetenhaus seit 2002 eine Reihe von Beschlüssen zum Gender Mainstreaming Prozess (Grafik 13), zu denen auch das für die Haushaltsaufstellung relevante Gender Budgeting und im Zusammenhang damit die Überprüfung von 56 Produkten nach gender-relevanten Kriterien gehört. Herr Köhnen stellt die Stellen vor, die bei diesem Prozess beteiligt sind (Grafik 14) und erläutert die für die Umsetzung definierten Verfahrensschritte (Grafik 15). Besondere Bedeutung kommt bei der Einführung dieses neuen Prozesses der Stufe 2 („Hauptphase“) zu (Grafik 16), die stark von Überprüfungen und Bestandsausnahmen geprägt ist. Hilfreich hierbei sind die Internetseiten der Gender Mainstreaming Geschäftsstelle (Grafik 17;  Adresse: Grafik 16).

4.        Beispiele aus anderen Bezirken

Als Anwendungsbeispiel für die Umsetzung des Gender Mainstreaming Prozesses führt Herr Köhnen das Bezirksamt Charlottenburg-Wilmersdorf an. Er erläutert den Ablauf (grafik 19) und das Organisationsmodell (Grafik 20), die dort im Sinne einer ständigen Qualitätsüberprüfung bei der Einführung des Gender Mainstreaming in Anwendung kamen. Die gleichstellungspolitischen Ziele (Grafik 21) seien dabei bewusst relativ nahe an der Abteilungsstruktur orientiert gewesen. Exemplarisch wird hier das eingangs genannte Beispiel aus dem Bibliotheksbereich angeführt sowie Bemühungen des Stadtplanungsamtes, Architektur so zu gestalten, dass diese möglichst wenig Möglichkeiten von öffentlicher Gewalt gegen Frauen birgt. Für die einzelnen Fachbereiche bzw. Abteilungen hätten sich dabei eine Reihe von Aufgaben (Grafik 22) sowie ein daraus resultierender Maßnahmenplan (Grafik 23) ergeben, für dessen Umsetzung Herr Köhnen beispielhaft einige Einzelmaßnahmen nennt (Grafik 24).

5.        Umsetzungskonzept für den Bezirk Steglitz-Zehlendorf – ein Vorschlag

Herr Köhnen stellt ein am Bezirk Charlottenburg-Wilmersdorf orientiertes Umsetzungmodell für Steglitz-Zehlendorf vor. Er erläutert die Struktur (Grafik 26) sowie die Aufgaben, die hierbei dem Bezirksamt (Grafik 27), der Steuerungsgruppe (Grafik 28) und den sechs Arbeitsgruppen aus den Abteilungen (Grafik 29) zukommen.

 

 

In der sich an den Vortrag anschließenden Aussprache bittet die FDP-Fraktion um die Nennung weiterer Beispiele. Herr Köhnen erklärt, es habe sich z.B. bewährt, wenn bezirkliche Stadtplaner auch Senioren bei der Planung von Spielplätzen hinzuziehen, da diese diese Plätze häufig ebenfalls nutzen und so eine konfliktfreiere Lösung herbeigeführt werden könne als dies eine Planung am Grünen Tisch vermag. Fr B Frau Josten verweist auf zahlreiche weitere Beispiele in dem von BzStR’in Otto verteilten Bericht.

Auf eine entsprechende Frage der CDU-Fraktion erklärt Herr Köhnen, beim Gender Mainstreaming stehe nicht die Frauenförderung – möglicherweise noch zu Lasten der Männer – im Vordergrund, sondern beide Geschlechter sollen gleichermaßen gefördert werden und die gleichen Chancen erhalten.

Die SPD-Fraktion bezweifelt, dass es Aufgabe der Bibliotheken ist, zu steuern, was ihre Nutzer und Nutzerinnen lesen. Ein entsprechendes Angebot müssten sie natürlich bereit stellen. Sie wirft die Frage auf, ob es auch die Aufgabe der Bibliotheken sei, die Lektüre ihrer erwachsenen Leser zu steuern. Die Fraktion GRÜNE erklärt, der Bezirk habe durchaus einen Erziehungsauftrag; daher müssten Kinder und Jugendliche an bestimmte Bücher herangeführt werden. Die CDU-Fraktion erklärt, man solle durchaus das Ziel haben, projektgebunden zu arbeiten, um Chancengleichheit zu schaffen; dennoch lehne sie eine „Steuerung“ als staatliche Konditionierung individueller Interessen ab. BzStR’in Otto erklärt, bei der im Vortrag genannten „Steuerung“ gehe es nicht um die Steuerung von Verhalten, sondern um die Steuerung des Gender Mainstreaming Prozesses.

Die SPD-Fraktion erklärt, derzeit würden im Amt zwar geschlechtsspezifische Erhebungen zu 56 vorgegebenen Produkten durchgeführt; es sei jedoch unklar, wie sich deren Ergebnisse auf die Haushaltsaufstellung auswirken. BzStR’in Otto erklärt, der Bezirk sei noch nicht im, sondern noch vor dem Gender Budgeting Prozess. Derzeit würden geeignet Produkte erst analysiert; erst danach könne man sich fragen, was dies in der Konsequenz zu bedeuten habe. Fr B  Frau Josten erläutert das Gender Budgeting an einem Beispiel aus dem Bezirk Lichtenberg. Da dort aufgrund von Erfahrungs- und Erhebungswerten festgestellt wurde, dass Frauen eher in überdachten Sportstätten Sport treiben und Männer in freien, entschied man sich dort bei der Aufstellung des Haushaltsplans zur Renovierung einer überdachten Sportstätte, um mehr Frauen die Möglichkeit zu geben, Sport zu treiben.

Die Fraktion GRÜNE erklärt, der Bezirk befinde sich erst ganz am Anfang des Gender Mainstreaming Prozesses. Ergebnisse aus anderen Bezirken könnten zwar ähnlich sein, dürften jedoch nicht ohne weiteres auf Steglitz-Zehlendorf übertragen werden. Damit sich die Bezirksverordneten ein Urteil bilden können, solle das Amt weiter regelmäßig berichten. Die FDP-Fraktion erklärt, viele der Konzepte wirkten wie Worthülsen aus der political-correctness-Debatte und äußerst sich skeptisch über den offenen Prozess, zumal in diesen Gelder fließen würden. Herr Köhnen weist darauf hin, dass aus eben diesem Grunde die Ziele und die Wege definiert werden müssen, die der Umsetzung dieser Konzepte dienen. Die Fraktion GRÜNE weist darauf hin, dass in dem Falle, dass der Bezirk Projektgelder bei der EU beantrage, von dieser genau geprüft werde, ob der Bezirk die Gender-Mainstreaming-Richtlinien einhalte. Im übrigen habe sie den Eindruck, dass das Sichstreuben gegen alles, worin das Wort „Gender“ vorkomme, schon fast einer allergischen Reaktion gleichkomme.

Abschließend erklärt BzStR’in Otto, dass nach dem für Ende des Jahres geplanten BA-Beschluss die Steuerungsgruppe eingesetzt und über das weitere Procerde entschieden wird. Danach bestünde die allerdings noch im Bezirksamt zu erörternde Möglichkeit, den Gender Mainstreaming Prozess in den einzelnen Fachausschüssen vorzustellen.

 

 
 

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