Drucksache - V/0720  

 
 
Betreff: Wasserturm Altglienicke
Status:öffentlich  
 Ursprungaktuell
Initiator:CDUBA, BauStadt
Verfasser:Joachim SchmidtSchmitz, Dieter
Drucksache-Art:Große AnfrageSchriftliche Beantwortung
Beratungsfolge:
BVV Treptow-Köpenick Entscheidung
27.11.2003 
22. (ordentliche) Sitzung der Bezirksverordnetenversammlung vertagt   
18.12.2003 
23. (ordentliche) Sitzung der Bezirksverordnetenversammlung schriftlich beantwortet   
Anlagen:
Große Anfrage, 17.11.2003, CDU
Schr. Beantwortung, 04.12.2003, BA

Wir fragen das Bezirksamt:

Wir fragen das Bezirksamt:

 

1.Welche vertraglichen Regelungen enthält der zum Wasserturm Schirnerstraße 19 getroffene Kaufvertrag zwischen dem jetzigen Eigentümer Herrn E. und dem Bezirksamt bezüglich Denkmalschutz, Genehmigungsfähigkeit und Rücktrittsrecht?

2.Welche Teile des Wasserturms sind aus Sicht der Denkmalpflege besonders schützenswert und welche Kriterien sind Grundlage der Unterschutzstellung?

3.Inwieweit und in welcher Höhe kann der Eigentümer mit Fördermitteln aus dem städtebaulichen Denkmalschutz oder anderen Quellen rechnen? Sind dem Bezirksamt hierzu Anträge bekannt?

4.Auf welcher rechtlichen Grundlage wurden aus Gründen der Sicherheit bereits jetzt bestimmte Gebäudeteile abgetragen statt  e r h a l t e n d e  Sicherungsmaßnahmen durchzuführen?

5.Aufgrund welcher bauordnungsrechtlichen Anforderung ist der separate Erschließungs-turm zwingend erforderlich?

6.Wird die angestrebte Nutzungsform im Grundbuch so konkret festgeschrieben, dass eine Nutzungsänderung bei möglichem späteren Eigentümerwechsel nicht stattfinden wird?

7.Wie ist der aktuelle Genehmigungsstand für den Umbau des Turmkopfes? Welche äußere Form soll dieser haben?

8.In welchem Zeitrahmen wird nach Einschätzung des Bezirksamtes das B-Planverfahren zum Abschluss gebracht? Wo und wann wird oder wurde die Bekanntmachung zur frühzeitigen Bürgerbeteiligung veröffentlicht?

In der Sitzung der BVV am

Die Große Anfrage wird wie folgt beantwortet:

 

Zu 1.:

Im Kaufvertrag für den Wasserturm Altglienicke ist in  § 5 Abs. 2 zum Denkmalschutz geregelt:

 

“Der Wasserturm ist als Baudenkmal in der Berliner Denkmalliste vom 05.05.1997 (Abl.

Nr. 23 vom 23.05.1997) eingetragen.

Veränderungen am Baudenkmal, einschließlich Instandsetzungsmaßnahmen,

bedürfen der Genehmigung der Denkmalschutzbehörde, gem. § 11

Denkmalschutzgesetz Berlin vom 24.04.1995 (GVBl. S. 274).

Bauantragspflichtige Vorhaben sind vor Beantragung der Baugenehmigung mit der

Denkmalschutzbehörde, hinsichtlich des denkmalgerechten Umgangs, abzustimmen. Für

Vorhaben auf dem Grundstück (Gestaltung der Außenanlagen, Einfriedung) gilt der

Genehmigungsvorbehalt der Denkmalschutzbehörde, gem. § 10 Denkmalschutzgesetz Berlin vom 24.04.1995 (GVBl. S. 274).”

 

Ein  Rücktrittsrecht ist vertraglich nicht gesichert.

Zu 2.:

Der Wasserturm ist als Baudenkmal in der Berliner Denkmalliste aufgeführt, insofern ist das komplette Gebäude geschützt. Von besonderer Bedeutung sind die Bauhülle, der Wasserbehälter und die eiserne Wendeltreppe für das Baudenkmal.

Gemäß § 2 Abs. 2 des Gesetzes zum Schutz von Denkmalen in Berlin (Denkmalschutzgesetz Berlin – DSchG Bln) ist ein Baudenkmal eine bauliche Anlage, deren Erhaltung wegen der geschichtlichen, künstlerischen, wissenschaftlichen oder städtebaulichen Bedeutung im Interesse der Allgemeinheit liegt. Zu einem Baudenkmal gehören sein Zubehör und seine Ausstattung, soweit sie mit dem Baudenkmal eine Einheit von Denkmalwert bilden.

 

Der Wasserturm wurde wegen seiner orts- und architekturgeschichtlichen, baukünstlerischen, städtebaulichen und seiner wissenschaftlichen Bedeutung in die Berliner Denkmalliste eingetragen.

 

Zu 3.:

Das Bezirksamt verfügt über keinerlei Mittel zur Förderung der Instandsetzung des Wasserturms.

Grundsätzlich kann ein Denkmaleigentümer für Aufwendungen, die zum Erhalt des Denkmals führen, Steuervergünstigungen in Anspruch nehmen. Antrag und Bescheinigung regelt das Landesdenkmalamt Berlin.

Darüber hinaus kann in begründeten Fällen ein Zuschuss für denkmalbedingten Mehraufwand beim Landesdenkmalamt beantragt werden.

Die in der Anfrage erwähnten Mittel aus dem städtebaulichen Denkmalschutz kommen für den Wasserturm nicht in Frage, da das Grundstück nicht im anerkannten Erhaltungsgebiet liegt.

 

Zu 4.:

Zur Beurteilung des baulichen Zustandes stützte sich das BWA neben eigenen Ermittlungen u.a. auf 3 Gutachten bzw. gutachterliche  Stellungnahmen. Aus der gutachterlichen Stellungnahme von Herrn Dipl.-Ing. Henrik Knodel vom 14.03.02 geht hervor, dass die Wetterschale des Turmkopfes, vor allem an der Südseite, nicht mehr standsicher ist und ein Einsturz ggf. ohne Vorankündigung erfolgen kann.

Die Gefahrenstellen konnte nicht mehr nur mit dem Entfernen einzelner loser Bauteile beseitigt werden, da permanent die Gefahr eines Versagens wichtiger Konstruktionselemente bestand. Durch das fortschreitende Loslösen der tragenden Verbindungen zwischen Wasserbehälter und der  Stahlfachwerkkonstruktion der Wetterschale war mit Abgängen größerer Bauteile zu rechnen.

Bei weiteren Einrissen im unteren horizontalen Fachwerkring war damit zu rechnen, dass er sich noch mehr aufweitet und das obere Auflager der gekrümmten Mauerwerksschale versagt.

 

Es war im September 2002 von Amts wegen festzustellen, dass beim weiteren ungehinderten Ablauf dieses Geschehens mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ein Schaden zu erwarten ist. Insbesondere bestand Grund zur Annahme, dass durch die Gefahren das Leben und die Gesundheit von Bürgern auf den Nachbargrundstücken gefährdet wird und Sachschäden zu befürchten sind. Darüber hinaus bestand Gefahr für den Fortbestand des Denkmals.

 

Auf Grund o.g. Gefahrensituation wurde durch das BWA auf der Grundlage des § 17 des Allgemeinen Gesetzes zum Schutz der öffentlichen Sicherheit und Ordnung in Berlin (Allgemeines Sicherheits- und Ordnungsgesetz - ASOG Berlin) in Verbindung mit § 3 Abs.1 der Bauordnung für Berlin (Bau0 Bln) in Abstimmung mit der Unteren Denkmalschutzbehörde und dem Landesdenkmalamt am 11.10.2002 u.a. angeordnet, dass der Wasserturmkopf und die gekrümmte Mauerwerksschale zu entfernen sind. Die Anordnung erging mit Auflagen.

 

“Erhaltende Sicherungsmaßnahmen” waren auf Grund der technisch-konstruktiven

Gegebenheiten nicht ausführbar.

 

Die vom Eigentümer zwischenzeitlich realisierten Maßnahmen erfolgten in Erfüllung der Anordnung.

Zu 5.:

Die derzeit bekannte Planung des Bauherrn zur Umnutzung des ehemaligen, für die Sicherstellung der Wasserversorgung errichteten Wasserturms, sieht folgende Nutzungen vor, die auch Gegenstand des vorhabenbezogenen Bebauungsplanverfahrens 9-6 VE sind:

 

Sockelbereich:öffentliche kulturelle Nutzung

Schaftbereich:Büro/Wohnen

Kopfbereich:Wohnen

Anzahl der geplanten Nutzungseinheiten:mind. 3

Oberste Ebene der Nutzung zum Aufenthalt:ca. + 35,6 m ü. Gelände (Dachterrasse)

Oberste Ebene der Aufenthaltsräume:ca. + 32,6 m ü. Gelände (Wohnen)

 

Jede Nutzungseinheit mit Aufenthaltsräumen muss gemäß § 15 Abs. 4 der BauO Bln in jedem Geschoss über mindestens zwei voneinander unabhängige Rettungswege erreichbar sein. Der erste Rettungsweg muss in Nutzungseinheiten, die nicht zu ebener Erde liegen, über mindestens eine notwendige Treppe führen. Der zweite Rettungsweg kann eine weitere notwendige Treppe sein; für Nutzungseinheiten mit begrenzter Personenzahl kann es auch eine mit Rettungsgeräten der Feuerwehr erreichbare Stelle sein.

Ein zweiter Rettungsweg ist nicht erforderlich, wenn die Rettung über einen Treppenraum möglich ist, in den Feuer und Rauch nicht eindringen können (Sicherheitstreppenraum).

Im vorliegenden Fall ist ein Anleitern durch die Feuerwehr zur Rettung oberhalb von + 22,0 m ü. Gelände nicht mehr möglich. Folglich sind entweder zwei voneinander unabhängige bauliche Rettungswege oder ein Sicherheitstreppenraum erforderlich.

 

Jede notwendige Treppe muss nach § 32 Abs. 1 und 9 BauOBln in einem eigenen durchgehenden und an einer Außenwand angeordneten Treppenraum liegen. Treppenräume müssen in jedem Geschoss Fenster von mindestens 60x90 cm Größe haben.

 

Bei der geplanten Höhenlage der Aufenthaltsebenen/Aufenthaltsräume ist Folgendes zusätzlich zu beachten:

Nach § 2 Abs. 3 BauO Bln sind Gebäude, bei denen der Fußboden mindestens eines Aufenthaltsraumes mehr als 22 m über der festgelegten Geländeoberfläche liegt, Hochhäuser.

Damit sind für die geplante Nutzungsänderung des Wasserturms die Vorschriften nach § 50 BauO Bln für diese bauliche Anlage besonderer Art anzuwenden und die Bestimmungen über Hochhäuser und der dazu in Berlin regelmäßig anzuwendenden Muster-Hochhaus-Richtlinie (MHochhR) maßgeblich.

 

Die MHochhR geht ebenfalls davon aus, dass zwei voneinander unabhängige bauliche Rettungswege (2 Treppenräume) oder eine Treppe in einem Sicherheitstreppenraum notwendig sind.

Zusätzlich sind mindestens zwei Aufzüge erforderlich, von denen einer zur Aufnahme einer Krankentrage geeignet sein muss. Fahrkörbe zur Aufnahme einer Krankentrage müssen eine nutzbare Grundfläche von mindestens 1,10 m x 2,10 m haben. Vor den Aufzügen muss eine ausreichende Bewegungsfläche vorhanden sein.

 

Bei einem Sicherheitstreppenraum mit zwei Aufzügen ist mit einem Flächenbedarf von ca. 25 - 30 m² zu rechnen. Ein Sicherheitstreppenraum kann sowohl innerhalb des Gebäudes als auch außerhalb angeordnet werden.

 

Die o. g. Flächeninanspruchnahme führt bei einer nutzbaren Fläche des Turmes am Fuß von ca. 75 m², am Schaftende von ca. 46 m² und im Turmkopf von ca. 110 m² dazu, dass eine sinnvolle Nutzung des Wasserturmes bei einem innenliegenden Sicherheitstreppenhaus nicht mehr möglich bzw. eine solchermaßen eingeschränkte Nutzung wirtschaftlich im Verhältnis zum baulichen Aufwand für die Sanierung und Nutzungsänderung nicht mehr vertretbar ist. Bei einem innen liegenden Sicherheitstreppenraum sind zusätzlich technische aufwändige Anlagen einzubauen und Bedingungen zu erfüllen (die bei einem außen liegendem Sicherheitstreppenhaus nicht erforderlich sind):

-  Redundanz der Technik (Lüftung und Energieversorgung);

-  Einbau einer Lüftungsanlage (Überdruck);

-  Rauchfreie Frischluftansaugung;

-  Sprinklerung der gesamten Geschossflächen (auch Wohnnutzung);

-  Einbau einer Sicherheitsschleuse in jedem Geschoss;

-  der Treppenraumschleuse ist ein Flur vorzuschalten;

-  keine offenen Verbindungen von Geschossen;

-  objektgebundene Brandmelde- und Hausalarmanlage.

 

Darüber hinaus würde ein innenliegendes Sicherheitstreppenhaus den Wasserbehälter mit der Wendeltreppe zerstören. Gerade der Erhalt des Wasserbehälters mit seiner Wendeltreppe ist Ergebnis eines intensiven Abwägungsprozesses zwischen Eigentümer und Denkmalbehörden.

 

Der Bauherr hat sich, die ihm zustehende Baufreiheit ausnutzend und die Anforderungen des Denkmalschutzes beachtend, in seinem Konzept für den vorhabenbezogenen Bebauungsplan für einen außerhalb des Wasserturmes liegenden Sicherheitstreppenraum mit Aufzügen entschieden.

 

Die Lösung eines separaten Erschließungsturmes war auch bereits Gegenstand eines Antrages auf Vorbescheid. Im Rahmen dieses Verfahrens wurde aus denkmalrechtlicher Sicht im Interesse der Erhaltung des Wasserturms und des darin befindlichen Wasserbehälters eine Zustimmung in Aussicht gestellt.

 

Zu 6.:

Die im Kaufvertrag § 2 Abs. 2 festgeschriebene Nutzung, den Wasserturm für Büro- und Wohnzwecke herzurichten, ist Bestandteil der schuldrechtlichen Verpflichtung des

Käufers, die mit Eigentumswechsel im Grundbuch nicht eingetragen wird.

Der Käufer wurde am 23.04.2001 als Eigentümer im Grundbuch eingetragen.

 

Zu 7.:

Ein Bauantrag liegt noch nicht vor, es gibt jedoch einen abgestimmten Entwurf für den vorhabenbezogenen Bebauungsplan, der den Erhalt des Wasserbehälters mit Wendeltreppe beinhaltet.

Die äußere Form des Turmkopfes orientiert sich an der historischen Silhouette.

Die Fassade soll in Anlehnung an den historischen Turmkopf eine Klinkervorsatzschale in moderner Ausformulierung erhalten.

 

Zu 8.:

Für den Wasserturm Altglienicke wird ein vorhabenbezogener Bebauungsplan durchgeführt. Der Vorhabenträger übernimmt hier den wesentlichen Anteil, da der Bebauungsplan für das konkrete Projekt entwickelt wird. Der Zeitrahmen für das Bebauungsplanverfahren wird daher ganz wesentlich vom Vorhabenträger bestimmt und ist ausgehend von der jetzigen Situation noch nicht einschätzbar. Sobald die Abstimmungen zwischen Bezirk und Vorhabenträger zum Nutzungskonzept für den Wasserturm abgeschlossen sind, wird eine frühzeitige Bürgerbeteiligung durchgeführt, die in der Tagespresse veröffentlicht wird.

 
 

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