Drucksache - IX/0245  

 
 
Betreff: Wieviel Verdichtung verträgt Altglienicke?
Status:öffentlich  
 Ursprungaktuell
Initiator:AfDBA, StadtStraGrüUm
Verfasser:Denis Henkel 
Drucksache-Art:Große AnfrageSchriftliche Beantwortung
Ortsbezüge:Bezirksregion 09 Altglienicke
Beratungsfolge:
BVV Treptow-Köpenick Beantwortung
07.07.2022 
9. (öffentliche) Sitzung der Bezirksverordnetenversammlung vertagt   
08.09.2022 
10. (öffentliche) Sitzung der Bezirksverordnetenversammlung schriftlich beantwortet   
Anlagen:
Große Anfrage, 28.06.2022, AfD
Schriftliche Beantwortung, 17.08.2022, BA

An der Anne-Frank-Straße entsteht ein Wohnquartier der HOWOGE zum Bebauungsplanverfahren 9-56 VE. Im letzten ändernden Aufstellungsbeschluss Nr. 204/18 vom 24.07.2018 heißt es, der Vorhabenträger beabsichtige auf dem ca. 29.000 m² großen Grundstück Geschosswohnungsbau mit ca. 480 Wohneinheiten. Das städtebauliche Konzept als Anlage 3 zum Bezirksamtsbeschluss sah eine drei- bis fünfgeschossige Bebauung mit einer Bruttogeschossfläche von 41.100 m² vor. Außerdem war ein Stellplatzschlüssel von 0,5 = 240 Stellplätze geplant.

In der am 23. Juni 2022 im Ausschuss für Stadtentwicklung, Bauen und Umwelt- und Naturschutz vorgestellten Präsentation des Vorhabenträgers HOWOGE sind nun 583 statt 480 Wohnungen bei einer vier- bis siebengeschossigen Bebauung geplant. Die Bruttogeschossfläche ist auf 50.650 m² gewachsen. Die nun noch geplanten 251 Pkw-Stellplätze entsprechen einem Stellplatzschlüssel von 0,43.

 

Wir fragen das Bezirksamt:

 

  1. Welche Geschossflächenzahl (GFZ) wird nach den aktuellen Planungen erreicht und welche GFZ ist nach dem Flächennutzungsplan auf dem Grundstück zulässig?
  2. Wie bewertet das Bezirksamt die massive Verdichtung gegenüber den ursprünglichen Planungen?
  3. Wie bewertet das Bezirksamt eine bis zu siebengeschossige Bebauung, insbesondere im Hinblick auf die Umgebungsbebauung und die gerade südlich anschließende eingeschossige Einfamilienhaussiedlung (Rücksichtnahmegebot)?
  4. Welche Folgen hätte die Anordnung einer bis zu siebengeschossigen Bebauung für zukünftige Baumaßnahmen in der Umgebung nach § 34 BauGB?
  5. Wie bewertet das Bezirksamt die Reduzierung des Stellplatzschlüssels?
  6. Wie viele zusätzliche Grundschulplätze werden nach dem aktuellen Stand der Planungen durch das Bauvorhaben erforderlich und wie werden diese zur Verfügung gestellt?
  7. Wie viele Grundschulplätze werden durch weitere umliegende Neubauvorhaben, insbesondere zwischen Hassoweg und Nelkenweg, erforderlich und wie werden diese zur Verfügung gestellt?
  8. Wie ist die weitere zeitliche Planung für das Bebauungsplanverfahren 9-56 VE?

Frage 1:

Welche Geschossflächenzahl (GFZ) wird nach den aktuellen Planungen erreicht und welche GFZ ist nach dem Flächennutzungsplan auf dem Grundstück zulässig?

Antwort:

Durch die geplante Bebauung wird eine Geschossflächenzahl (GFZ) von 1,76 erreicht. Im Flächennutzungsplan wird für den Großteil des Plangebiets Wohnbaufläche W2 eine GFZ bis 1,5 dargestellt. Eine kleinere Teilfläche, angrenzend an die Einfamilienhausgebiete entlang des Nelkenwegs, wird als Wohnbaufläche W4 mit einer GFZ bis 0,4 dargestellt. Somit erfolgt eine Überschreitung des Orientierungswertes für Wohnbaufläche W2 um den Wert 0,26 und für die Wohnbaufläche W4 um den Wert 1,36.

Während die Obergrenze gemäß § 17 Abs. 1 BauNVO bezüglich der Geschossfläche überschritten wird, wird die Obergrenze gemäß § 17 BauNVO bezüglich der Grundflächenzahl (GRZ) für Hauptanlagen unterschritten und bezüglich der GRZ für Haupt- und Nebenanlagen eingehalten. Eine umfangreiche Flächeninanspruchnahme wird somit vermieden.

 

Frage 2:

Wie bewertet das Bezirksamt die massive Verdichtung gegenüber den ursprünglichen Planungen?

Antwort:

Die Dringlichkeit der Schaffung von Wohnraum macht eine Ausschöpfung vorhandener Flächenpotentiale erforderlich. Auf dem Berliner Wohnungsmarkt sind seit einiger Zeit deutliche Engpässe zu verzeichnen. Deshalb ist die Aktivierung von Wohnbauflächenpotenzialen in allen Berliner Bezirken von zentraler Bedeutung. Im Ortsteil Altglienicke wird ein Bevölkerungszuwachs von 10 bis 15 % im Zeitraum von 2015 bis 2030 prognostiziert. Angesichts eines begrenzten Wohnungsangebots führt die erhöhte Nachfrage nach Wohnraum auch im Ortsteil Altglienicke zu einer weiteren Anspannung des Wohnungsmarktes und in der Folge zu Mietpreissteigerungen und langfristigen Verdrängungsprozessen. Auf dem Vorhabengrundstück Anne-Frank-Straße 6-10 besteht nunmehr die Möglichkeit, der hohen Nachfrage durch die Schaffung neuen Wohnraums im Rahmen der Innenentwicklung Rechnung zu tragen.

Durch die Verdichtung wird der Flächenverbrauch minimiert. Unter dem Aspekt des Klimawandels sollte der Boden sparsam in Anspruch genommen werden und eine Nachverdichtung möglich sein (Berliner Energie- und Klimaschutzprogramm BEK 2030). Aufgrund der Weiterentwicklung dieses Standortes und der hohen Ausnutzung der zur Verfügung stehenden Grundstücksflächen kann die Inanspruchnahme von Flächen im Außenbereich vermieden werden. Damit wird eine konsequente und nachhaltige Weiterentwicklung der Stadtstruktur verfolgt, dem Vorrang der Innenentwicklung entsprochen und sparsam mit Grund und Boden umgegangen. Die allgemeinen Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse bleiben gewahrt.

 

Frage 3:

Wie bewertet das Bezirksamt eine bis zu siebengeschossige Bebauung, insbesondere im Hinblick auf die Umgebungsbebauung und die gerade südlich anschließende eingeschossige Einfamilienhaussiedlung (Rücksichtnahmegebot)?

Antwort:

Der städtebauliche Entwurf, der die Grundlage des vorhabenbezogenen Bebauungsplans bildet, sieht eine Wohnbebauung mit vier- und fünfgeschossigen Einzelbaukörpern im südlichen Teilgebiet entlang des Mohnweges sowie fünf-, sechs- und siebengeschossigen Einzelbaukörpern im nördlichen Teilgebiet entlang der Anne-Frank-Straße vor. Dabei überschreiten aufgrund ihrer geringeren Geschosshöhen die geplanten siebengeschossigen Baukörper die Traufoberkante der bestehenden fünfgeschossigen Wohngebäude nördlich der Anne-Frank-Straße nur geringfügig um 1,0 m.

Zwischen der Bebauung nördlich der Anne-Frank-Straße und den Eigenheimen östlich des Nelkenwegs sowie südlich und südöstlich des Mohnwegs besteht bisher ein offensichtlicher Bruch in der Höhenentwicklung. Das geplante Wohnungsbauvorhaben schwächt diesen Bruch durch die Abstaffelung der Gebäudehöhen nach Süden hin ab. Damit übernimmt die geplante Bebauung in der Höhenentwicklung und Bebauungstypologie eine vermittelnde Funktion zwischen der städtisch geprägten fünfgeschossigen blockrandartigen Bebauung nördlich der Anne-Frank-Straße, der drei- bis viergeschossigen Reihenhausbebauung und des dreigeschossigen Solitärs (Grundschule) südöstlich des Mohnwegs sowie der offenen ein- bis zweigeschossigen Einzelhausbebauung östlich des Nelkenwegs und südwestlich des Mohnwegs.

Eine Verletzung des Rücksichtnahmegebots besteht damit nicht.

 

Frage 4:

Welche Folgen hätte die Anordnung einer bis zu siebengeschossigen Bebauung für zukünftige Baumaßnahmen in der Umgebung nach § 34 BauGB?

Antwort:

Diesbezüglich werden bei der Bewertung des Einfügens eines Vorhabens in die nähere Umgebung (gemäß § 34 BauGB) die Trauf- und Gebäudehöhen der Bestandsbebauung herangezogen. Da die geplanten siebengeschossigen Gebäude die bestehenden fünfgeschossigen Wohngebäude nördlich der Anne-Frank-Straße nur um 1,0 m überschreiten, wird sich der dementsprechende Beurteilungsmaßstab nur geringfügig ändern.

 

Frage 5:

Wie bewertet das Bezirksamt die Reduzierung des Stellplatzschlüssels?

Antwort:

Um die durch Stellplätze und Tiefgaragen mit ihren Zufahrten in Anspruch genommene Fläche auf ein Mindestmaß zu reduzieren, wurde im Rahmen eines Mobilitätskonzeptes die Verfügbarkeit und die lagebedingte Nachfrage nach alternativen Mobilitätsformen geprüft. Im Ergebnis wurde für die Abschätzungen der Nutzergruppen der Bewohnenden und der Gäste ein MIV-Anteil (motorisierter Individualverkehr) von 44 % als erforderlich angesehen. Gemäß SrV2008 (Verkehrserhebung „Mobilität in Städten“) ist für Treptow-Köpenick ein Motorisierungsgrad von 40 % anzusetzen. Bedingt durch die äußere Randlage des Plangebiets wurde eine Erhöhung des Motorisierungsgrades auf 44 % angenommen (Verkehrstechnische

Untersuchung, 21.08.2021, Hoffmann Leichter Ingenieurgesellschaft). Demnach ist die geplante Versorgung des Neubauvorhabens mit 251 Pkw-Stellplätzen ausreichend. Hinzu kommen ca. 1.080 Stellplätze für Fahrräder und 56 Plätze für Lastenräder.

Die unmittelbare Nähe zum öffentlichen Personennahverkehr (Buslinie 260 sowie die S-Bahnhöfe Grünbergallee und Altglienicke) wirkt sich positiv auf die Reduzierung des Individualverkehrs mit Pkw aus. Zudem trägt die geplante Errichtung der zahlreichen Fahrradstellplätze zu einer klimaverträglichen Mobilität bei. Eine weitere Reduzierung des Individualverkehrs wäre durch eine Takterhöhung der Buslinie denkbar.

 

Frage 6:

Wie viele zusätzliche Grundschulplätze werden nach dem aktuellen Stand der Planungen durch das Bauvorhaben erforderlich und wie werden diese zur Verfügung gestellt?

Antwort:

Durch das Vorhaben werden insgesamt 63 Grundschulplätze erforderlich. Mit der Errichtung der neuen Grundschule am Standort Peenestraße/Usedomstraße mit 432 Schulplätzen kann der gesamte Bedarf des Bauvorhabens gedeckt werden. Die Vorhabenträgerin Howoge trägt die Kosten für 17 Plätze.

 

Frage 7:

Wie viele Grundschulplätze werden durch weitere umliegende Neubauvorhaben, insbesondere zwischen Hassoweg und Nelkenweg, erforderlich und wie werden diese zur Verfügung gestellt?

Antwort:

Im unmittelbaren Umfeld des Bauvorhabens (Hassoweg/Nelkenweg) werden noch ca. 61 weitere Grundschulplätze benötigt, für das Bebauungsplanverfahren 9-68VE „Bohnsdorfer Weg“ (ehem. Gärtnerei) noch ca. 50 Plätze.

Für alle diese Vorhaben und alle weiteren in der Bezirksregion Altglienicke wird eine neue dreizügige Grundschule (Peenestraße/Usedomstraße) und eine neue vierzügige ISS (Kalker Straße) gebaut. Diese neuen Standorte sind bereits im Schulmonitoring erfasst und die Inbetriebnahme der Grundschule ist für das Schuljahr 27/28, die ISS für das Schuljahr 24/25 vorgesehen.

 

Frage 8:

Wie ist die weitere zeitliche Planung für das Bebauungsplanverfahren 9-56 VE?

Antwort:

Der Bebauungsplan wird voraussichtlich im September 2022 öffentlich ausgelegt werden. Nach Auswertung der eingegangenen Stellungnahmen erfolgt der Festsetzungsbeschluss und die Anzeige bei der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, Bauen und Wohnen. Sofern keine Beanstandungen bestehen, kann der Bebauungsplan dann als Rechtsverordnung festgesetzt werden (voraussichtlich I. Quartal 2023).

 
 

Legende

Ausschuss Tagesordnung Drucksache
Bezirksverordnetenversammlung Aktenmappe Drucksachenlebenslauf
Fraktion Niederschrift Beschlüsse
Kommunalpolitiker/-in Auszug Realisierung
   Anwesenheit Schriftliche Anfragen (ehemals Kleine)