02/2023 – Maria-Rimkus-Weg eingeweiht: Bezirk ehrt „Gerechte unter den Völkern“

17.02.2023: Enthüllung des neuen Straßenschilds mit Bezirksstadtrat Aykal (links) und BVV-Vorsteher Rögner-Francke

17.02.2023: Enthüllung des neuen Straßenschilds mit Bezirksstadtrat Aykal (links) und BVV-Vorsteher Rögner-Francke

Februar 2023

Das Wetter meinte es nicht gut mit der kleinen Festgemeinde, die sich am 17. Februar 2023 an der Ecke Maerckerweg/Emmichstraße in Lankwitz zu einer feierlichen Straßenumbenennung versammelte: Der rund 100 Meter lange Weg heißt künftig „Maria-Rimkus-Weg“ und ehrt damit eine Frau, die seit ihrer Geburt in Lankwitz wohnte und seit 1963 bis zu ihrem Tod in der Mörchinger Straße in Zehlendorf.

Unter weit ausladenden Schirmen vor den Regengüssen geschützt, hatte sich eine Menschentraube kreisrund um Urban Aykal, Bezirksstadtrat für Ordnung, Umwelt- und Naturschutz, Straßen und Grünflächen, gruppiert. In einer ergreifenden Ansprache würdigte der fachlich zuständige Stadtrat Maria Rimkus (1910-2001) als eine mutige Persönlichkeit, der diese Ehrung zu Recht zukomme:

„Maria Rimkus zählt zum Kreis der stillen Heldinnen und Helden, die ihren verfolgten Mitmenschen ohne viel Aufhebens halfen, ohne dafür Applaus zu erwarten. Im Gegenteil: Ihre Menschenfreundlichkeit und Glaubensüberzeugung als Katholikin drängten sie zu Zivilcourage und Nächstenliebe“.

17.02.2023: Nachher - Straßenschild nach der Enthüllung

17.02.2023: Nachher - Straßenschild nach der Enthüllung

Wer war Maria Rimkus? Unter größtem Risiko für ihr eigenes Leben gelang es ihr, der jüdischen Zwangsarbeiterin Ruth Abraham und deren Familie ab Dezember 1942 bei der Versorgung von Lebensmitteln, aber auch bei der Beschaffung von gefälschten Papieren zu helfen. Die anfängliche Skepsis der Familie Abraham wusste sie durch ihre zupackende Art rasch zu zerstreuen. Selbst als sie in den Fokus der Gestapo geriet und sich nervenaufreibenden Verhören unterziehen musste, konnte man ihr nichts nachweisen. Zusammen mit ihrer Tochter überlebte Ruth Abraham und emigrierte nach Kriegsende in die USA.

In Würdigung ihrer Verdienste erhielt Maria Rimkus unter ihrem Namen Maria Nickel im Jahre 1970 die höchste Auszeichnung, die der Staat Israel für nichtjüdische Menschen zu vergeben hat: die Medaille einer „Gerechten unter den Völkern“.

Am 27. April 1979, damit neun Jahre nach der offiziellen Ehrung, fand auf dem Gelände der Gedenkstätte Yad Vashem eine feierliche Zeremonie mit Baumpflanzung statt. Auf der Webseite von Yad Vashem finden Sie eine Fotogalerie, die Maria Rimkus aus diesem Anlass in Israel zeigt.

17.02.2023: Maria-Rimkus-Weg ersetzt Maerckerweg

17.02.2023: Maria-Rimkus-Weg ersetzt Maerckerweg

Lassen wir hier die Geehrte selbst kurz zu Wort kommen:

Zehn Jahre nach ihrem Tode war ihr die erste Ehrung in unserem Bezirk zuteilgeworden: Einem Beschluss der Bezirksverordnetenversammlung Steglitz-Zehlendorf vom 18. März 2011 zufolge wurde der frühere „Club Lankwitz“ nach umfassender Renovierung in Maria-Rimkus-Haus umbenannt. Die Leiterin der beliebten Seniorenfreizeitstätte war als Gast bei der Umbenennung des bisherigen Maerckerwegs anwesend. Infolge der Umbenennung des früheren „Club Steglitz“ nach dem Theater-, Film- und Fernsehschauspieler Hans Söhnker im Herbst 2021 tragen nun zwei bezirkseigene Freizeitstätten für die ältere Generation die Namen von „Gerechten unter den Völkern“.

Unter den Augen zahlreicher Verordneter der Bezirksverordnetenversammlung (BVV) Steglitz-Zehlendorf nahm deren Vorsteher René Rögner-Francke zusammen mit Bezirksstadtrat Aykal die Enthüllung des neuen Straßenschildes am Maria-Rimkus-Weg vor, das aufgrund des Regenwetters doppelt geschützt war: Hinter einer blauen Plastikplane verbarg sich das weiße Stofftuch, das für gewöhnlich bei derlei Umbenennungen Verwendung findet.

Vorübergehend bleiben beide Straßenschilder noch hängen: Unter dem Schild „Maria-Rimkus-Weg“ hängt die Wegbezeichnung „Maerckerweg“, mit einem dicken roten Balken durchgestrichen. Auf diese Weise stellt das Bezirksamt sicher, dass Anwohnerinnen und Anwohner keine Probleme bei der Postzustellung haben und jederzeit per Navi oder Straßenkarte gefunden werden können. Die Umbenennung soll den Anwohnern so wenig Unannehmlichkeiten wie möglich bereiten.

Grundlage der Umbenennung sind zwei Beschlüsse der BVV Steglitz-Zehlendorf: Am 20. Mai 2020 wurde zunächst die Umbenennung des Maerckerwegs beschlossen, zum damaligen Zeitpunkt noch ohne alternativen Namensvorschlag. Ein Jahr später, am 16. Juni 2021, legte sich die BVV auf Maria Rimkus als neue Namensgeberin des umzubenennenden Weges fest. Das Bezirksamt bekräftigte diese Entscheidung am 5. Oktober 2021. Die Umbenennung sollte bereits am 29. April 2022 in Kraft treten, musste aber aufgrund von Widersprüchen aus der Anwohnerschaft aufgeschoben werden.

Der vormalige Namensgeber des Weges, Georg Rudolf Ludwig Maercker (1865-1924), stand für Kolonialismus und Antisemitismus. Mit der Entscheidung für Maria Rimkus macht der Bezirk eine offenbar politisch motivierte Benennung aus dem Jahr 1936 rückgängig, die einem von den Nationalsozialisten verehrten Kolonialoffizier galt. Maria Rimkus steht für Bescheidenheit und Menschenfreundlichkeit. Ohne das Zeugnis von Menschen wie sie wäre Steglitz-Zehlendorf ärmer. Sie ist ein ermutigendes Beispiel, dass am Ende des Tages menschliche Zuwendung obsiegt. Antisemitismus und politischer Extremismus bleiben auf der Strecke.