Baumschutz bei Bauvorhaben - Fällverbot während Vegetationsperiode

Herzförmiger Baum auf einer Blumenwiese

Aufgrund einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg ergeben sich für die Berliner Naturschutzbehörden Änderungen in der Anwendung des § 39 Bundesnaturschutzgesetzes (BNatSchG). Diese Entscheidung hat Folgen für Bauvorhaben.

Nach § 39 (5) Nr.2 BNatSchG ist es verboten, Bäume, Hecken, Gebüsche und andere Gehölze in der Zeit vom 01.03. bis 30.09. abzuschneiden oder „auf den Stock“ zu setzen. Ausnahmen ergeben sich nur für geringfügigen Gehölzaufwuchs, für behördlich angeordnete Maßnahmen, für Maßnahmen zur Gewährleistung der Verkehrssicherheit sowie für Maßnahmen, die im öffentlichen Interesse nicht auf andere Weise oder zu anderer Zeit durchgeführt werden können. Das saisonale Beseitigungsverbot gilt für Fällungen von Bäumen, die nach der Baumschutzverordnung (BaumSchVO) zugelassen worden sind, aber auch für Baumarten und Gehölzbestände, die nicht der BaumSchVO unterliegen.

Nach bisheriger Verwaltungspraxis wurde angenommen, dass die schnelle Realisierung baurechtlich zulässiger Bauvorhaben privater Vorhabensträger immer im öffentlichen Interesse liegt. Damit fiel z.B. die bauvorbereitende Beseitigung von Vegetationsbeständen regelmäßig nicht unter das Verbot des § 39 BNatSchG und war als Legalausnahme unter Auflagen während der Schutzzeit zumeist möglich.

Dieser Rechtsauffassung ist das Oberverwaltungsgericht jedoch nicht gefolgt (OVG 11 S 26.13 vom 19.07.2013). Eine Legalausnahme nach § 39 (5) Nr.2 BNatSchG liegt demzufolge nur dann vor, wenn der Bauherr im Einzelfall belegen kann, dass die baulichen Maßnahmen nicht zu anderer Zeit oder auf andere Weise umgesetzt werden können und zusätzlich durch konkrete Umstände begründen kann, dass auch ein öffentliches Interesse an einem vorzeitigen Beginn der Maßnahmen während der Vegetationsperiode besteht.

In den Fällen, in denen keine Legalausnahme vorliegt, kann die Untere Naturschutzbehörde im Einzelfall nach Maßgabe des § 67 BNatSchG auf Antrag eine Befreiung von den Verboten des § 39 BNatSchG erteilen. Voraussetzung ist, dass eine unzumutbare Belastung glaubhaft nachgewiesen wird und eine Beseitigung der Vegetation in der Vegetationsperiode mit den Belangen von Naturschutz und Landschaftspflege zu vereinbaren ist. Hierzu ist ein gebührenpflichtiger Antrag bei der Unteren Naturschutzbehörde zu stellen.

Aufgrund der hohen inhaltlichen und rechtlichen Anforderungen kommen Befreiungen nach § 67 BNatSchG nur in Ausnahmefällen in Betracht, da es sich um einen atypischen Fall handeln muss, den der Gesetzgeber nicht bedacht hat.

Verstöße gegen die Verbote des § 39 BNatSchG können nach § 69 (3) Nr. 13 BNatSchG mit einer Geldbuße geahndet werden, wodurch auch der wirtschaftliche Vorteil abgeschöpft werden kann.

Aufgrund der veränderten Anwendung des BNatSchG wird die Prüfung und Entscheidung entsprechender Anfragen und Anträge zu längeren Bearbeitungszeiten für die Behörde und zu einem Mehraufwand für Bauherren führen.

Die Untere Naturschutzbehörde empfiehlt daher, die bestehenden Schutzzeiten bei der Bauablaufplanung frühzeitig zu berücksichtigen.

In den Fällen, in denen dennoch eine Beseitigung von Vegetationsbeständen in der Zeit vom 01.03. bis 30.09. erfolgen soll, wird Bauherren empfohlen, frühzeitig Kontakt mit den in der Unteren Naturschutzbehörde zuständigen Kollegen aufzunehmen, um zu klären, ob im konkreten Fall die Voraussetzungen für eine Legalausnahme bzw. Befreiung gegeben sind.