Die Bezirksverordnetenversammlung möge beschließen:
Der Ausschuss für Wirtschaft empiehtl der BVV die Ablehnung des Antrages.
Das Bezirksamt möge sich vor allem in kommunalen Spitzenverbänden gegen die Abkommen TTIP, CETA und TISA einsetzen. Es handelt sich bei diesen Abkommen um bi‑ und plurilaterale Handelsverträge, die die Gestaltungsmöglichkeiten von Städten und Gemeinden nachhaltig einschränken könnten und in erster Linie den Interessen von multinationalen Konzernen dienen. Diese Verträge stellen einen massiven Eingriff in die kommunale Selbstverwaltung dar.
Das Bezirksamt möge diese ablehnende Haltung gegegebenfalls gegenüber der Landes‑ und Bundesregierung, sowie dem Europäischen Parlament deutlich machen und sich in den kommunalen Spitzenverbänden dafür einsetzen, dass diese sich ebenfalls gegen den Abschluss bzw. die Ratifizierung der Handelsverträge positionieren. Sie wird darüber hinaus ihre Möglichkeiten nutzen, die Öffentlichkeit über ihre ablehnende Haltung zu den Freihandelsabkommen TTIP, CETA und TiSA zu informieren.
Begründung:
Demokratie und Transparenz
Die Verhandlungen zu allen drei Abkommen fanden und finden als Geheimverhandlungen statt – unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Nicht einmal die EU‑Abgeordneten haben uneingeschränkten Zugang zu den Dokumenten. Und obwohl Städte und Kommunen direkt betroffen sind, werden die kommunalen Spitzenverbände (Städte‑ und Gemeindetag, sowie Landkreistag) nicht in die Verhandlungen eingebunden. Dies entspricht nicht den demokratischen Standards.
Vielmehr muss die Einbeziehung in die Verträge so frühzeitig erfolgen, dass die Gestaltungsfähigkeit gegeben ist.
Investitionsschutz für Konzerne
Bei TTIP und CETA erhalten internationale Konzerne ein Sonderklagerecht gegen demokratisch beschlossene Gesetze. Die Klagen werden vor privaten Schiedsgerichten verhandelt. Diese stellen eine Paralleljustiz dar, die grundlegende Prinzipien des Rechtsstaates unterläuft und Konzerne mächtiger macht als demokratisch gewählte Regierungen.
Auch Beschlüsse der Bezirksverordnetenversammlung oder des Bezirksamtes können Anlass für solche Klagen sein. Dies würde dazu führen, dass sich die politischen Gremien bei jedem Beschluss überlegen müssten, ob sie eventuell die Gewinnerwartung eines Konzerns schmälern würden und somit eine Klage gegen den Staat auslösen könnten.
Kommunale Daseinsvorsorge, öffentliches Beschaffungswesen
In den Abkommen wird geregelt, welche Dienstleistungen von Städten und Gemeinden erbracht werden dürfen und welche dem Wettbewerb unterliegen müssen. Dies kann nahezu alle bisher öffentlichen Dienstleistungen umfassen. Die EU schließt bisher nur hoheitliche Bereiche aus. Das bedeutet, dass z.B. Bereiche wie Wasserversorgung, Bildung, Kultur, Gesundheitsleistungen oder Nahverkehr verstärkt für Privatisierungen geöffnet werden könnten. Zudem wird die Bevorzugung regional tätiger Anbieter bei öffentlichen Aufträgen erschwert bzw. verunmöglicht, da von einem bestimmten Schwellenwert an Aufträge nicht nur EU‑weit, sondern auch im Land des Vertragspartners ausgeschrieben werden müssen. Hiermit wird die Handlungsautonomie der Kommunen drastisch eingeschränkt.
Standstill‑ und Ratchet‑Klausel
Die Abkommen enthalten sowohl die Standstill‑ (Stillstand) wie auch die Ratchetklausel (Sperrklinke). Die Stillstandsklausel legt fest, dass nach Einigung auf einen Status der Liberalisierung dieser nie wieder aufgehoben werden darf. Die Sperrklinkenklausel besagt, dass zukünftige Liberalisierungen eines Sektors automatisch zu neuen Vertragsverpflichtungen werden. Ein staatliches Unternehmen (wie etwa die Stadtwerke), das einmal von einem privaten Investor gekauft wurde, könnte so niemals wieder rekommunalisiert werden.
Es hat sich in jüngster Vergangenheit gezeigt, dass ‑ aus guten Gründen ‑ zahlreiche Privatisierungen öffentlicher Güter wieder rückgängig gemacht wurden. Die Abkommen würden die Rückführung einmal privatisierter Leistungen in die öffentliche Hand für immer unmöglich machen.