Das Neuköllner Modell für kiezverträglichen Wohnungsbau regeln Bauvorhaben ab 1.000 m² (in Einzelfällen ab 800 m²) zusätzlicher Geschossfläche bei Nachverdichtungen in Form eines Bauantrags, der eine Befreiung für Festsetzungen vorsieht. An die Befreiung gekoppelt sind mietpreis- und belegungsgebundener Wohnraum sowie Kita- und Schulplätze in Anlehnung an das Berliner Modell der kooperativen Baulandentwicklung.
Baurecht
Wenn neues Baurecht geschaffen wird, können Bezirke über das Berliner Modell Einfluss auf u.a. die Art des Wohnraums nehmen. Im Regelfall sind davon größere Vorhaben betroffen, für die ein Planerfordernis für die Einleitung eines langwierigen Bebauungsplan-Verfahrens (B-Plan-Verfahren) besteht.
Die Situation in Neukölln
Große Bauvorhaben sind in Neukölln aufgrund der dichten Besiedelung eher selten. Wenn in Neukölln Wohnraum geschaffen wird, dann in der Regel über Nachverdichtungen, wie Dachgeschossausbauten, Lückenschlüsse, kleine ungenutzte Grundstücke oder Bebauungen im Innenbereich eines Blocks. Das Baurecht ergibt sich aus älteren Bebauungsplänen und in Westberlin häufig aus dem Baunutzungsplan. Das Berliner Modell kann daher nicht angewendet werden. Der Baunutzungsplan scheibt allerdings Nutzungsmaße vor, über welche die Bebauung zum Beispiel einer Baulücke fast immer hinausgeht (z.B. die Geschossflächenzahl – GFZ).
Die Befreiung
Das Baugesetzbuch sieht für solche Fälle die Möglichkeit einer Befreiung von diesen Festsetzungen vor (§ 31 Abs. 2 BauGB), wodurch Bauvorhaben trotzdem durchgeführt werden können. Entscheidungen darüber sind Ermessensentscheidungen.
An dieser Stelle setzt das Neuköllner Modell an. Bei Gründen des Allgemeinwohls gemäß § 31 Abs. 2 Nr. 1 BauGB oder einer offensichtlich nicht beabsichtigten Härte im Sinne des § 31 Abs. 2 Nr. 3 BauGB, ist die Erteilung einer Befreiung regelmäßig zu bejahen. Besteht der Befreiungsgrund jedoch in der städtebaulichen Vertretbarkeit gemäß § 31 Abs. 2 Nr. 2 BauGB, sind alle für und gegen das Vorhaben sprechenden städtebaulichen Gründe umfassend zu berücksichtigen. Der Behörde erwächst daraus ein Ermessenspielraum, der
hinreichend groß ist für die Berücksichtigung städtebaulicher Gesichtspunkte wie dem Angebot an Kindertagesstätten- oder Grundschulplätzen sowie von preisgünstigem Wohnraum. Sofern keine anderen Gründe gegen eine Befreiung sprechen, wird die Befreiung also daran gekoppelt, dass durch die Auflagen – mietpreis- und
belegungsgebundener Wohnraum sowie Finanzierung von Grundschul- und Kitaplätzen – städtebauliche Problemlagen gemindert werden.
Forderungen des Bezirksamtes beziehen sich nur auf Maßnahmen, die ohne Befreiung nicht gebaut werden dürften und nicht auf Planungen, für deren Ausführung ohnehin ein Anspruch besteht. Die vom Bezirksamt Neukölln geforderten 30 Prozent Mietpreis- und Belegungsbindungen gelten also nur für die neu errichtete Geschossfläche, die erst durch die Befreiungsentscheidungen möglich wird – und das erst für die Fälle, in denen mehr als 1.000 m² zusätzliche Geschossfläche entsteht. Das gilt ebenfalls für die Finanzierung von Grundschul- und Kitaplätzen. Bei den Herstellungskosten für soziale Infrastruktur orientiert sich der Bezirk an den Richtlinien des Berliner Modells.
Der Städtebauliche Vertrag
Die Bauverantwortlichen sichern dem Land Berlin vertreten durch den Bezirk vertraglich die Mietpreis- und Belegungsbindung zu. Das Land Berlin bietet den Bauverantwortlichen für die Errichtung von mietpreis- und belegungsgebundenem Wohnraum Mittel aus dem
Berliner Wohnungsbauförderprogramm an. Grundlage der Förderung sind die „Verwaltungsvorschriften für die soziale Wohnraumförderung des Miet- und Genossenschaftswohnungsbaus in Berlin (WFB)“. Verzichtet die beziehungsweise der Bauverantwortliche auf die Beantragung der als Ausgleich angebotenen Mittel oder wird
ein Wohnraumförderung allein aus von ihr beziehungsweise ihm zu vertretenden Umständen versagt, so gilt die Verpflichtung trotzdem.