Drucksache - VII/0080  

 
 
Betreff: Stasiüberprüfung der Bezirksverordneten
Status:öffentlichVorgang/Beschluss:0043/04/12
 Ursprungaktuell
Initiator:SPD, CDU, B'90GrüneBzVV
   
Drucksache-Art:AntragVorlage zur Kenntnisnahme
Beratungsfolge:
BVV Treptow-Köpenick Entscheidung
26.01.2012 
4. (öffentliche) Sitzung der Bezirksverordnetenversammlung ohne Änderungen in der BVV beschlossen  (0043/04/12)
09.07.2015 
39. (öffentliche) Sitzung der Bezirksverordnetenversammlung zur Kenntnis genommen (Beratungsfolge beendet)   
Anlagen:
Antrag, 16.01.2012, SPD, CDU, B'90Grüne
Änderungsantrag 1, 24.01.2012, PIRATEN
Änderungsantrag 2, 25.01.2012, DIE LINKE
Beschluss, 26.01.2012, BzVV
Vorlage zur Kenntnisnahme (Schlussbericht), 02.07.2015, BzVV

Die Bezirksverordnetenversammlung Treptow-Köpenick von Berlin möge beschließen:

Die Bezirksverordnetenversammlung Treptow-Köpenick von Berlin möge beschließen:

 

Die BVV beschließt, dass für alle Bezirksverordneten der BVV Treptow-Köpenick von Berlin, sofern sie vor 1971 geboren sind, die Überprüfung bei der Bundesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der Deutschen Demokratischen Republik auf Mitarbeit beim Ministerium für Staatssicherheit beantragt wird.

 

Die BVV wendet dabei folgende Verfahrensweise an:

 

Der Vorsteher der BVV beantragt bei dem Bundesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen DDR die Überprüfung der Mitglieder der BVV auf offizielle und inoffizielle Mitarbeit beim Ministerium für Staatssicherheit der DDR. Nach Eingang der behördlichen Bescheide erhalten die betroffenen Fraktionen bzw. Bezirksverordneten angemessene Zeit und Gelegenheit, zum Befund der behördlichen Bescheide Stellung zu nehmen und gegebenenfalls Konsequenzen aus möglichen Belastungen zu ziehen. Danach wird unter Leitung des BVV-Vorstehers mit jeweils einem Vertreter der Fraktionen in nichtöffentlicher Sitzung ein Votum zur Kenntnisnahme der BVV formuliert; das Votum soll keine Namen von eventuell belasteten Bezirksverordneten enthalten.

 

Änderungsantrag (24.01.2012, PIRATEN)

Die Bezirksverordnetenversammlung beschließt, dass für alle Bezirksverordneten, sofern sie vor 1971 geboren sind, die Überprüfung beim Bundesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik auf Mitarbeit beim ehemaligen Ministerium für Staatssicherheit beantragt wird.

 

Die Bezirksverordnetenversammlung wendet dabei folgende Verfahrensweise an:

 

1.               Es wird ein Ehrenrat der Bezirksverordnetenversammlung eingesetzt, der das Verfahren zur Überprüfung der Mitglieder Bezirksverordnetenversammlung Treptow-Köpenick auf eine hauptamtliche oder inoffizielle Tätigkeit oder politische Verantwortung für das Ministerium für Staatssicherheit/Amt für Nationale Sicherheit (MfS/AfNS) der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik durchführt.

 

2.               Der Ehrenrat besteht aus dem Vorsteher/der Vorsteherin der Bezirksverordnetenversammlung als Vorsitzende(m), ihren/seinen Stellvertretern und je einer/m Vorsitzenden jeder Fraktion. In begründeten Ausnahmefällen können für die Fraktionsvorsitzenden Stellvertreter benannt werden.

 

              Die Überprüfung der Mitglieder der Bezirksverordnetenversammlung ist nicht öffentlich durchzuführen. Die Mitglieder des Ehrenrates sind über den Abschluss des Verfahrens hinaus und auch nach dem Ausscheiden aus der Bezirksverordnetenversammlung oder aus dem Ehrenrat zur Verschwiegenheit über schutzwürdige persönliche Daten der überprüften Mitglieder der Bezirksverordnetenversammlung verpflichtet. 

 

              Auf Antrag der/des betroffenen Verordneten findet das Verfahren in öffentlicher Sitzung statt, wenn nicht Rechte Dritter verletzt werden. Die Protokolle über die Sitzungen und die sonstigen Unterlagen des Ehrenrates dürfen nur seinen Mitgliedern und den vom Vorsteher besonders bezeichneten Bediensteten zugänglich gemacht werden.

              Der Ehrenrat trifft seine Entscheidungen mit Zweidrittelmehrheit.

 

3.               Die Überprüfung erfolgt, wenn ein Mitglied der Bezirksverordnetenversammlung sie schriftlich für sich beantragt oder schriftlich in sie einwilligt. Eine Überprüfung von Mitgliedern des Bezirksverordnetenversammlung, die zum Zeitpunkt der Auflösung des Staatssicherheitsdienstes mit Stichtag 12. Januar 1990 das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet hatten, findet nicht statt.

              Nach Eingang des Antrages oder der Einwilligung bittet der Vorsteher der Bezirksverordnetenversammlung die/den Bundesbeauftragte/n für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik (Bundesbeauftragte/r) um die Beantwortung folgender Frage:

 

              „Liegen Ihrer Behörde Erkenntnisse über eine hauptamtliche oder inoffizielle Tätigkeit oder politische Verantwortung der betreffenden Mitglieder der Bezirksverordnetenversammlung von Berlin für das ehemalige Ministerium für Staatssicherheit/Amt für Nationale Sicherheit vor?"

 

              Die/Der Bundesbeauftragte wird gebeten, seine Erkenntnisse dem Vorsteher der Bezirksverordnetenversammlung mitzuteilen. Dabei soll die/der Bundesbeauftragte alle ihm verfügbaren Informationen beiziehen.

              Der Vorsteher der Bezirksverordnetenversammlung erklärt gegenüber dem Bundesbeauftragten, dass die Daten ausschließlich zum Zwecke der Überprüfung im Sinne dieses Beschlusses verwendet werden.

 

4.               Die Mitglieder des Ehrenrates sind vorab in gleicher Weise zu überprüfen. Erst nach Abschluss dieser Überprüfung beginnt der Ehrenrat seine Tätigkeit. Die schriftliche Einwilligung zur Überprüfung setzt die Mitgliedschaft im Ehrenrat voraus. 

 

5.               Hauptamtliche Mitarbeiter sind Personen, die in einem offiziellen Arbeitsverhältnis des Staatssicherheitsdienstes gestanden haben und Offiziere des Staatssicherheitsdienstes im besonderen Einsatz. Als hauptamtliche Mitarbeiter gelten auch Personen, die gegenüber Personen nach Satz l hinsichtlich deren Tätigkeit für den Sicherheitsdienst weisungsbefugt waren.

 

Inoffizielle Mitarbeiter sind Personen, die

a)               sich zur Lieferung von personengebundenen Informationen an den Staatssicherheitsdienst bereit erklärt oder 

b) bewusst und gewollt mit ihm zusammengearbeitet haben.

 

Eine solche Zusammenarbeit liegt insbesondere dann vor, wenn die betroffene Person Geld oder andere Vorteile für ihre Tätigkeit erhalten hat.

 

6.               Der Vorsteher der Bezirksverordnetenversammlung teilt zunächst dem Mitglied der Bezirksverordnetenversammlung sowie den jeweiligen Fraktionsvorsitzenden die von der/dem Bundesbeauftragten übermittelten Ergebnisse der Anfrage unverzüglich schriftlich mit.

 

7.               Das betroffene Mitglied der Bezirksverordnetenversammlung erhält Gelegenheit, die Akten einzusehen, Gegendarstellung geltend zu machen und gegebenenfalls eine nochmalige Überprüfung zu beantragen. Es kann sich einer Vertrauensperson bedienen.

 

8.               Nach Ablauf von acht Wochen nach Erhalt des ersten Prüfungsergebnisses übergibt der Vorsteher der Bezirksverordnetenversammlung die Ergebnisse der ersten und gegebenenfalls der nochmaligen Überprüfung den Mitgliedern des Ehrenrates. Der Ehrenrat nimmt die Bewertung der Erkenntnisse vor, die sich aus den Mitteilungen der/des Bundesbeauftragten und aus sonstigen dem Ehrenrat zugeleiteten oder von ihm beigezogenen Unterlagen sowie gegebenenfalls aus den Äußerungen des überprüften Mitglieds der Bezirksverordnetenversammlung ergeben. Vor Abschluss der Bewertung sind die Erkenntnisse, die sich aus den vorliegenden Unterlagen und den Äußerungen des betroffenen Mitglieds ergeben, mit ihm zu erörtern. Nach Abschluss der Bewertung gibt der Ehrenrat eine auf jeden Einzelfall bezogene Empfehlung an das Mitglied der Bezirksverordnetenversammlung und seinen jeweiligen Fraktionsvorsitzenden ab.

 

              Eine Aufforderung zur Mandatsniederlegung darf nur erfolgen, wenn die/der Betroffene ein Verbrechen begangen oder gegen Grundsätze der Menschlichkeit oder Rechtsstaatlichkeit verstoßen hat. Das weitere Verfahren bleibt den Fraktionen anheimgestellt.

 

              Ergeben sich nach dem Abschluss der Bewertung der Erkenntnisse keine tatsachengestützten Anhaltspunkte, dass das Mitglied der Bezirksverordnetenversammlung hauptamtlich oder inoffiziell für das MfS/AfNS tätig gewesen ist oder politische Verantwortung getragen hat, oder bewertete der Ehrenrat einen Sachverhalt als unbedenklich, wird dieses Ergebnis dem Mitglied der Bezirksverordnetenversammlung und seinem jeweiligen Fraktionsvorsitzenden mitgeteilt.

 

9.               Teilt die/der Bundesbeauftragte mit, dass das Mitglied der Bezirksverordnetenversammlung hauptamtlich oder inoffiziell für das MfS/AfNS tätig gewesen ist oder politische Verantwortung getragen hat, oder ergibt die Prüfung der vorliegenden Unterlagen einen entsprechenden Nachweis für eine solche Tätigkeit und bewertet der Ehrenrat diesen Sachverhalt als nicht unbedenklich, wird dieses Ergebnis nebst einer Empfehlung dem Mitglied der Bezirksverordnetenversammlung  und seinem jeweiligen Fraktionsvorsitzenden mitgeteilt. Diese Entscheidung des Ehrenrates wird durch den Vorsteher der Bezirksverordnetenversammlung dieser gegenüber  begründet. Auf Verlangen ist dem Mitglied der Bezirksverordnetenversammlung die Möglichkeit zu einer anschließenden Erklärung in angemessenem Umfang zu geben.

 

10.               Werden nach Abschluss der Überprüfung des Ehrenrates neue Tatsachen bekannt, befasst sich hiermit der Ehrenrat.

 

 

 

 
 

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