Bezirksamtsbeschluss 41/22

Mit Beschluss der Bezirksverordnetenversammlung vom 23.01.2019 ist das Bezirksamt gebeten worden, bei der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung eine rechtliche Stellungnahme über die Möglichkeit des dauerhaften Ausschlusses der Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen in sozialen Erhaltungsgebieten einzufordern.

Das Bezirksamt hat bei jeder Gelegenheit auf die gravierenden Auswirkungen der Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen hingewiesen, denn mittelfristig gehen so günstige Mietwohnungen verloren. Auch diese Entwicklung war mitursächlich für die Festsetzung der Neuköllner Milieuschutzsatzungen in den Jahren seit 2016. Die Umwandlung von Wohnungen ließ sich damit allein jedoch nicht aufhalten, da es nach § 172 Abs. 4 Nr. 6 BauGB auch in Milieuschutzgebieten weiterhin möglich war, Häuser umzuwandeln, wenn sich der „Eigentümer verpflichtet, innerhalb von sieben Jahren ab der Begründung von Wohnungseigentum Wohnungen nur an die Mieter zu veräußern“.

Die in der Tabelle vermerkten Umwandlungen gehen fast ausschließlich auf diesen Ausnahmetatbestand zurück:

Gebiet 2016 2017 2018 2019 2020 2021
Reuterplatz 144 179 98 184 380 554
Schillerpromenade 501 170 671 211 316 212
Flughafenstr./ Donaustr. 151 383 201 294 531 467
Rixdorf 113 305 181 95 498 295
Körnerpark 111 96 75 25 372 396
Hertzbergstr./ Treptower Str. 0 88 153 245 323 379
Silbersteinstr./ Glasower Str. 0 6 368 59 220 69
Germaniapromenade 0 0 0 0 129 42
Britz 0 0 0 0 0 0
Gropiusstadt 0 0 0 0 0 329 1020 1.227 1747 1113 2769 2743

Da diese Möglichkeit zur Umwandlung ihren Ursprung im Bundesrecht (BauGB) hat, konnten weder Bezirk noch Senatsverwaltung unmittelbar etwas an den rechtlichen Rahmenbedingungen ändern.

Der Bezirk Neukölln hat daher im Zuge der Prüfung des Vorkaufsrechts in Abwendungsverein-barungen darauf bestanden, dass sich Käufer*innen dazu verpflichten, für die Dauer der Laufzeit der sozialen Erhaltungssatzungen, längstens jedoch für 20 Jahre, auf die Bildung von Wohneigentum unter Bezugnahme auf § 172 Abs. 4 Nr. 6 BauGB zu verzichten. Dies entsprach auch den Regelungen der Musterabwendungsvereinbarung der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen. Durch das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom November 2021 ist die Vorkaufsrechtsausübung in der bisherigen Form jedoch leider nicht mehr möglich.

Neukölln hat darüber nichts unversucht gelassen, die missbräuchliche Anwendung der sog. „Sieben-Jahres-Regel“ so weit wie möglich zu unterbinden. So wurden im Bezirk Genehmigungskriterien entwickeln, die verhindern sollen, dass Scheinmietverträge einzig mit dem Ziel der Veräußerung der Wohnung geschlossen werden. Diese Regelungen wurden zwischenzeitlich von der Senatsverwaltung auch an den anderen Bezirken zur Anwendung empfohlen.

Mit dem Baulandmobilisierungsgesetz vom 14. Juni 2021 wurde der § 250 BauGB − Bildung von Wohnungseigentum in Gebieten mit angespannten Wohnungsmärkten − als neue temporä-re Regelung in das Baugesetzbuch aufgenommen. Dadurch werden die Landesregierungen ermächtigt, durch eine Rechtsverordnung Gebiete mit angespannten Wohnungsmärkten zu bestimmen, in denen die Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen nur sehr beschränkt möglich ist. So findet die o.g. Ausnahmeregel aus § 172 Abs. 4 BauGB in Gebieten mit angespannten Wohnungsmärkten nach § 250 BauGB keine Erwähnung.

Der Bezirk hat sich dafür eingesetzt, von dieser Möglichkeit so schnell wie möglich Gebrauch zu machen. Der Senat hat am 3. August 2021 beschlossen, die Rechtsverordnung über einen Genehmigungsvorbehalt gemäß § 250 Absatz 1 Satz 1 BauGB zu erlassen. Sie gilt seit dem 6. August 2021. Da deren Wirksamkeit angezweifelt wurde, weil Verordnung und Begründung nicht zeitgleich veröffentlicht wurden, wurde die Umwandlungsverordnung am 21. September 2021 neu erlassen und trat am 7. Oktober 2021 in Kraft. Damit erstreckt sich ein grundsätzliches Verbot zur Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnung auf ganz Berlin – für alle Wohn-gebäude mit mehr als fünf Wohnungen.

Der § 250 Absatz 3 Satz 1 Nr. 3 BauGB sieht die ausnahmsweise Genehmigung der Umwand-lung in Wohnungseigentum vor, wenn zur eigenen Nutzung an mindestens zwei Drittel der Mieter*innen veräußert werden soll. Das Bezirksamt hat sich dafür eingesetzt, diese Regelungen im Sinne der Intention des Gesetzes restriktiv auszulegen. Umwandlungen können danach nur noch genehmigt werden, wenn eine verbindliche, notariell beurkundete Erklärung von mindes-tens zwei Drittel der Mieter*innen des betreffenden Wohnhauses vorliegt, dass sie ihre Wohnun-gen im Fall der Umwandlung kaufen würden.

Solche Anträge liegen dem Bezirksamt bisher jedoch nicht vor. Die Regelung hat sich als wie erhofft als hohe Hürde erwiesen. Das Umwandlungsgeschehen ist zum Erliegen gekommen. Das Bezirksamt sieht den BVV-Beschluss damit als erledigt an.