Verleihung der Bürgermedaille des Bezirkes Treptow-Köpenick von Berlin 2020

Am Freitag, dem 14. August 2020 wurde bereits zum 17. Mal die Bürgermedaille des Bezirkes Treptow-Köpenick durch den Bezirksbürgermeister Herrn Oliver Igel sowie dem Vorsteher der Bezirksverordnetenversammlung, Herrn Peter Groos, verliehen.

Eine Jury hatte zuvor aus 16 Vorschlägen die diesjährigen Empfängerinnen und Empfänger der Bürgermedaille ausgewählt.

Mit der Verleihung der Bürgermedaille wurden die herausragenden Leistungen und das bürgerschaftliche Engagement von Frau Dr. Helgunde Henschel, Herr Heinz-Jürgen Fürstenberg sowie Herr Klaus Leutner gewürdigt.

Video: Verleihung der Bürgermedaille und des Mädchenpreises am 14.08.2020

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Zu den Personen

Frau Dr. Helgunde Henschel

1935 (85 Jahre alt) in Grünau geboren, hat Frau Dr. Henschel ihr gesamtes Leben dort verbracht. Das ehrenamtliche Engagement von Frau Dr. Henschel gilt neben der Kirchengemeinde Grünau auch der Orts- und Heimatsgeschichte.

Seit 1939 ist sie Mitglied der Kirchengemeinde und war von klein auf eine helfende Hand. Es begann mit Gedichtaufsagen zu Feierlichkeiten, etwa an Weihnachten und dem Erntedankfest. Aber auch Gottesdienste und Andachten bereitete sie vor und war stets zur Stelle, wo Hilfe benötigt wurde. Seit 1970 singt sie, ununterbrochen bis heute – im Kirchenchor.

Über 30 Jahre war sie Mitglied des Gemeindekirchenrats in Grünau und hat sich so vielfältig und aktiv in das Gemeindeleben eingebracht. Als Rentnerin wollte und will sie, bis heute nicht zum alten Eisen gehören. So beschäftigt sie sich seit Ihren Ruhestand mit der Ortsgeschichte von Grünau. Auf ihr Engagement erfolgte am 17. November 2013 die Einweihung einer Gedenktafel für alle Grünauer Opfer im 20. Jahrhundert in der Friedenskirche. Ihr ist es außerdem zu verdanken, dass die Geschichte der Friedenskirche in Grünau detailgetreu erforscht und aufgearbeitet werden konnte. Neben Recherchen zur Geschichte der Friedenskirche Grünau stellte sie auch umfangreiche Recherchen zum örtlichen Friedhof an und bietet heimatgeschichtliche Vorträge im Bürgerzentrum an, welche sich wegen ihrer Sachkunde und Detailkenntnis stets großer Beliebtheit erfreuen.

Im April 2019 erschien ihr Buch „Grünau im Südosten Berlins – ein Gang durch 270 Jahre Geschichte“, welches sich auf knapp 400 Seiten facetten- und umfangreich der Geschichte Grünaus widmet. Grünaus Geschichte kennt wahrscheinlich niemand so gut wie Frau Dr. Henschel. Sie verfasste außerdem zahlreiche Texte für den Heimatverein Köpenick, dessen Mitglied sie ist. Sie zieht mit ihren Texten und Schriften zahlreiche Menschen in den Bann.

Frau Dr. Henschel ist die gute Seele von Grünau und dass trotz oder vielleicht sogar wegen ihres Lebensalters: immerhin ist sie bereits 85 Jahre alt. Durch ihr reges Mittun über viele Jahre lässt sich die Geschichte Grünaus detailgetreu nachverfolgen und bietet so einen großen Mehrwert für Treptow-Köpenick.

Für dieses besondere Engagement verdient sie größten Dank und Wertschätzung für die jahrelange Kraft und Energie, die sie für Grünau und das Gemeinwohl aufbringt.

Herr Heinz-Jürgen Fürstenberg

Herr Fürstenberg ist seit nunmehr 55 Jahren Mitglied im SC Brise 1898 e.V. und genauso lang auch ehrenamtlich dort tätig. Alles begann mit der Jugendarbeit für den Segelverein, wo er viele Jahre die Betreuung der Kinder bei der Segelausbildung übernahm. Über 30 Jahre lang war er als Fahrtenobman tätig und schuf so die Voraussetzungen dafür, dass der Verein nun alle 2 Jahre das Berliner Fahrtenseglertreffen ausrichtet.

Schon frühzeitig war es ihm ein Anliegen, sich für Gesellschaftliche Belange einzusetzen. So war er von 1997 bis 2001 ehrenamtlicher Richter am Verwaltungsgericht Berlin und von 2002 bis 2005 ehrenamtlicher Richter am Oberverwaltungsgericht Berlin. In dieser Zeit war er auch weiter im Verein ehrenamtlich tätig.

Als der SC Brise 1898 e.V. durch Rückübertragungsansprüche in eine schwere Krise geriet, baute er eine neue Abteilung im Verein auf und entwickelte ein Konzept zur Erhaltung der persönlichen Fitness im Verein. Dies ergab sich auch aus dem hohen Anteil älterer Mitglieder, die den Gesundheitssport positiv sahen. Im Rahmen der Initiative „Fit für Freizeit“ des Landessportbundes Berlin erhielt der SC Brise 1898 e. V. dann eine Förderung zum Ausbau eines Fitnessraumes. Mit dieser Förderung legte Herr Fürstenberg den Grundstein für seine „Sportoase am Wasser“, die heute ein wesentlicher Teil der Vereinsarbeit ist.

Heute, 22 Jahre später, ist seine aufgebaute Abteilung „Breiten- und Gesundheitssport“ für über 200 Kursteilnehmende aus dem Wohngebiet Kiezer Feld ein wichtiger wöchentlicher Termin. Mit dem heutigen Kursangebot leistet die „Sportoase am Wasser“ einen wichtigen Beitrag für die Gesundheitsprävention im Wohngebiet. Von Herzsport, über Wirbelsäulengymnastik und Yoga – für jeden ist da etwas dabei! Das zeigt, dass es ihm gelingt, andere von seinen Ideen zu überzeugen und durch sein persönliches Vorbild anzuregen, in die Organisation und Durchführung von neuen Projekten mit einzusteigen.

Diese von Ihnen über Jahrzehnte geleistet, ehrenamtliche Tätigkeit geht weit über ein normales Maß hinaus und beschränkt sich nicht auf die reine Vereinsarbeit. Herr Fürstenberg wirkt in seinem gesamten gesellschaftlichen Umfeld und zeigt vorbildlich, wie Bürgerinnen und Bürger sich für die Gesellschaft engagieren. Für seinen Verein ist er ein großes Vorbild. Ohne seine ehrenamtliche Tätigkeit wären in den letzten Jahren viele Aufgaben von der Gesellschaft nicht gelöst worden.

Herr Klaus Leutner

Auf der Suche nach einer polnischen Zwangsarbeiterin, die 1942 in Plötzensee enthauptet wurde, war Herr Leutner zu Besuch auf dem Friedhof Altglienicke. Links vom Eingang befand sich ein schlichter Gedenkstein. Die Inschrift war verwittert und kaum lesbar – es gab keine Namen, nur eine Zahl. Er war auf ein Massengrab, auf dem 1.360 NS-Opfer anonym begraben wurden (das sog. “Urnensammelgrab U2”) gestoßen.

Seit diesem Tag setzte er alles daran, den unbekannten Toten die Identität zurückzugeben. Unterstützung erhielt er dabei von der Polnischen Katholischen Mission in Berlin. Fünf Jahre lang sammelte er Informationen über die polnischen Opfer, berichtigte die falsche Schreibweise ihrer Namen, verbrachte unzählige Tage in Archiven, um Unterlagen zu durchforsten, hat Zeitzeugen besucht und Listen erstellt. Er hat die Namen der 1.360 Opfer nationalsozialistischer Gewaltmaßnahmen ausfindig gemacht und ermöglicht so den Hinterbliebenen ein angemessenes Trauern.

Auf dem Friedhof Altglienicke wurden Menschen beerdigt, die in den Konzentrationslagern Sachsenhausen, Buchenwald und Dachau, in Tötungsanstalten im Rahmen von Patientenmorden in Hartheim, Sonnenstein, Bernburg, Grafeneck, Brandenburg und Hadamar sowie in der Haftanstalt Plötzensee ermordet wurden. Etwa ein Drittel der Opfer kommt aus Polen. Viele gelten dort als verschollen. Darunter auch 18 Priester, deren Asche in Altglienicke begraben ist. Vor vier Jahren wurden sie in einem Gedenkgottesdienst geehrt.

Dank Herrn Leutner haben diese Opfer endlich wieder einen persönlichen Ort des Gedenkens. Für seine Bemühungen erhielt er vom polnischen Staatspräsidenten, Andrzej Duda, das Kavalierskreuz des Verdienstordens der Republik Polen. Des Weiteren ist er Mitglied des Bürgervereins Altglienicke. In diesem Jahr konnte Dank seiner Initiative der erste Schritt für einen Gedenkort an der Urnengrabanlage auf dem Friedhof Altglienicke entstehen.

Um die Anonymität der Opfer aufzuheben, lobte die Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz gemeinsam mit der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen Ende 2018 einen Wettbewerb zur Neugestaltung aus. Der Auftrag wurde dem Wiener Büro „Outside! Landschaftsarchitektur“ übertragen. Als Gedenkort wird eine Glaswand mit den Namen der anonymen Opfer errichtet. Das Besondere: Die Namen sind handgeschrieben von sogenannten Namenspaten. Diese Besonderheit wird durch die Beteiligung vieler heute lebender Menschen ermöglicht. So entsteht gemeinsam mit vielen Freiwilligen ein Erinnerungs- und Lernort, der auch Hinterbliebenen ein angemessenes Trauern ermöglicht.

Er zeigt deutlich, wie erfolgreich ehrenamtliches Engagement auch international eingesetzt werden kann. Diese von ihm über Jahrzehnte geleistete, ehrenamtliche Tätigkeit geht weit über ein normales Maß hinaus. Er wirkt inseinem gesamten gesellschaftlichen Umfeld und zeigt vorbildlich, dass das Erinnern nicht vergessen werden darf. Bundespräsident Roman Herzog sagte einmal: „… ohne Erinnerung gibt es weder Überwindung des Bösen noch Lehren für die Zukunft.“ Ohne seine ehrenamtliche Tätigkeit wären die Opfer auf dem Friedhof Altglienicke noch immer auf einem vergessenen Massengrab begraben – und viele Familien hätten keinen Ort um angemessen zu trauern.