Auszug - Finanzielle Minderausstattung der Freien Träger  

 
 
32. öffentliche Sitzung des Jugendhilfeausschusses
TOP: Ö 3
Gremium: Jugendhilfeausschuss Beschlussart: ohne Änderungen im Ausschuss beschlossen (Beratungsfolge beendet)
Datum: Do, 19.03.2009 Status: öffentlich
Zeit: 17:00 - 18:30 Anlass: ordentliche Sitzung
Raum: Kinder- und Jugendfreizeiteinrichtung Manege
Ort: Rütlistraße 1-3, 12045 Berlin
 
Beschluss

Frau Finger berichtet, dass dieses Thema auf Bitte von Frau Skowronska-Koch auf die Tagesordnung des Jugendhilfeausschusses gesetzt wurde und übergibt das Wort an Frau Skowronska-Koch

Frau Finger berichtet, dass dieses Thema auf Bitte von Frau Skowronska-Koch auf die Tagesordnung des Jugendhilfeausschusses gesetzt wurde und übergibt das Wort an Frau Skowronska-Koch. Frau Skowronska-Koch verteilt zur Information dem Jugendhilfeausschuss ihr Anschreiben an Frau Finger und stellt den Inhalt kurz dar.

 

Im Rahmen der Kiez-AG Reuterkiez am 22.01.2009 wurde die finanzielle Situation der Freien Träger der Jugendhilfe beraten. Dabei verdeutlichte sich, dass die Grundfinanzierung der einzelnen Einrichtungen nicht annähernd ausreichend ist und die Situation sich von Jahr zu Jahr weiter zuspitzt. Teilweise stehen nach Abzug der Betriebskosten und Arbeitsmittel pro Monat zwischen 2.000 und 4.000 Euro zu, um die Honorare aller Mitarbeiter zu bezahlen. Obwohl die Honorare bereits seit dem Jahr 2000 nicht erhöht wurden, reichen die Mittel nicht aus, um einen ganzjährigen und regulären Betrieb der Einrichtungen zu gewährleisten.

 

Herr Ahrens unterstreicht die Ausführungen und stellt fest, dass es allen Bereichen der offenen Jugendarbeit ähnlich geht. Auch in der Jugendfreizeiteinrichtung Buckower Damm ist die finanzielle Situation so weit angespannt, dass die Angebotsstunde weniger als 10 Euro kostet. Auf politischer Ebene muss dazu Stellung bezogen werden, inwieweit Jugendarbeit weiterhin im Rahmen der Prävention eingesetzt werden soll.

 

Frau Vonnekold stimmt den Ausführungen im Grundsatz zu, ohne auf einzelne Zahlenbeispiele einzugehen und weiß, dass sich aus der Unterausstattung für die Freien Träger diverse Probleme ergeben. Allerdings stehen im Jahr 2009 nur 905.000 Euro im Haushalt zur Verfügung, sollten alle Verträge in der Qualität des vergangenen Jahres weitergeführt werden, wäre ein Finanzrahmen von 982.000 Euro notwendig. Bereits jetzt wird der Etat überzogen. Sie möchte keine Einrichtung aufgeben und von Seiten des Jugendamtes wird versucht, die noch fehlenden Mittel aufzutreiben.

 

Ursache für die momentane Situation ist die Methode, mit der die Zuweisungen für die Bezirke ermittelt werden (Mengen der Angebotsstunden x  Median). Liegt die Angebotsstunde über dem Median, wird der entsprechende Bezirk doppelt belastet, zum einen wird die Differenz nicht erstattet und in den nächsten Haushalt übertragen und zum anderen bilden die Mengen die Grundlage für die Zuweisung im übernächsten Jahr.

 

Die Kosten der Angebotsstunden in Neukölln im Jahr 2007 lagen teilweise 10 Euro über dem Median. Um diese Entwicklung künftig zu vermeiden, wurden alle Einrichtungen bezüglich der Erfassung und der Notwendigkeit von Mengenstatistiken noch einmal geschult. Im Jahr 2008 zeigte sich der Erfolg dieser Schulungen, sodass für 2010 ein besser ausgestattetes Budget zu erwarten ist. Für das aktuelle Jahr muss jedoch versucht werden, kritischen Projekten durch die Akquise von Drittmitteln über die Durststrecke zu helfen.

 

Allerdings bestätigt Frau Vonnekold, dass das Finanzierungsmodell auch langfristig nicht tragbar ist. Durch den Anreiz unter dem Median zu liegen, unterbieten sich die Bezirke gegenseitig und korrigieren dabei selbst den Median immer weiter nach unten. So sank der Medianwert des Jahres 2007 von 31,10 Euro auf 29,20 Euro für das Jahr 2008. Leider lässt diese Art der Finanzierung eine Betrachtung der Qualität vollständig außen vor. Die reine Kostenrechnung zielt nur auf den billigsten Preis.

 

Die grundsätzliche Frage, warum die „freiwilligen Leistungen“ nicht ausreichend finanziert werden, muss politisch bearbeitet werden. Häufig wird die Arbeit von Jugendeinrichtungen als reines Freizeitvergnügen betrachtet, auf das man in Zeiten knapper Kassen verzichten kann, deshalb muss deutlich die sozialkompensatorische und befriedende Wirkung der Einrichtungen ins Bewusstsein gerufen werden. Die Proteste der Jugendstadträte waren dabei allein nicht ausreichend, vielmehr muss diese Debatte in der Öffentlichkeit geführt werden.

 

Frau Heinemann fällt auf, dass die Prävention aus der politischen Debatte verschwunden zu sein scheint. Sie hält es für unsinnig, dass alle Bezirke trotz ihrer Unterschiedlichkeit über den gleichen Median ausgestattet werden. Den Jugendfreizeiteinrichtungen in Charlottenburg-Wilmersdorf scheint es deutlich besser zu gehen, als denen hier in Neukölln.

 

Herr Lemming bestätigt diesen Eindruck. In Gesprächen der Wohlfahrtsverbände mit der Stadt wurden die Einwendungen regelrecht abgeschmettert. Daran, dass Jugendfreizeiteinrichtungen keinen Wert mehr zu besitzen scheinen, zeichnet sich der soziale Zerfall Berlins ab. Der Nachfolger Sarazins lässt auch keine Hoffnung auf Besserung zu.

 

Frau Skowronska-Koch fragt an, welche Unterstützungen Einrichtungen in der Krise erhoffen können. Frau Vonnekold rät dazu, Projekte aufzulegen, die mit Drittmitteln, wie beispielsweise Mitteln aus dem Quartiersmanagement, finanziert werden können. Eine finanzielle Unterstützung des Basisbetriebs kann über Stiftungs- und EU-Mittel jedoch nicht erfolgen.

 

Frau Janzer gibt zu bedenken, dass diese Projekte auch durchgeführt werden müssen. Für die Manege stellt sich zunehmend die bizarre Situation, dass immer wieder auf Anträge die Rückmeldung kommt, dass durch den Campus Rütli bereits ausreichende Mittel zur Verfügung ständen und der Antrag deshalb nicht berücksichtigt wird. Sie steht daher im engen Kontakt mit der Koordination von Campus Rütli, um eine Bestätigung zu erhalten, dass die Manege keine entsprechenden Gelder erhält.

 

Herr Janzer bekräftigt noch einmal, dass selbst der Basisbetrieb nicht zu stemmen ist und er täglich überlegt, wie lange noch durchgehalten werden kann. Wenn der reguläre Betrieb zu den Öffnungszeiten von Montag bis Freitag weiterhin angeboten wird, entstehen monatlich 4.000 Euro Schulen. Er möchte auf diese Situation in Form eines Brandbriefes hinweisen.

 

Die Mitglieder nehmen den Vorschlag zustimmend auf. Verabredet wird, dass eine Redaktionsgruppe bestehend aus Frau Finger, Frau Skowronska-Koch, Herrn Ahrens und Herrn Janzer einen Brief entwirft und diesen dann per E-Mail zunächst an Herrn Lemming sowie Frau Heinemann übersendet. In der nächsten Sitzung des Jugendhilfeausschuss soll der Brief dann abgestimmt werden, um danach als offener Brief (mit Presseinformation) an den Regierenden Bürgermeister und Herrn Senator Zöllner gerichtet zu werden.

 

Frau Finger dankt für das Engagement.

 

 


 
 

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