Auszug - Gesundheitsversorgung von Flüchtlingen in Neukölln o Aktueller Stand zur Gesundheitskarte   

 
 
23. öffentliche Sitzung des Gesundheitsausschusses
TOP: Ö 5
Gremium: Gesundheitsausschuss Beschlussart: erledigt
Datum: Di, 19.01.2016 Status: öffentlich
Zeit: 17:00 - 19:00 Anlass: ordentliche Sitzung
Raum: Rathaus Neukölln, Wetzlar-Zimmer, 2. Etage, Raum A203
Ort: Karl-Marx-Straße 83, 12040 Berlin
 
Beschluss

Frau Gebhardt bittet den Leiter des Gesundheitsamtes, Herrn Dr

 

Frau Gebhardt bittet den Leiter des Gesundheitsamtes, Herrn Dr. Morawski, einen kurzen Überblick über die medizinische Versorgung der Flüchtlinge im Bezirk zu geben. Dieser stellt zunächst Frau Schüler vor, die seit Januar die Koordination der in Rede stehenden medizinischen Versorgung übernommen hat. Gemeinsam mit der Flüchtlingskoordinatorin, Frau Krause, hat sie eine Übersicht mit allen Ansprechpartnern und des Umfangs der medizinischen Versorgung in den einzelnen Notunterkünften in Neukölln erstellt. Diese liegt allen Anwesenden in Form einer Tischvorlage vor und wird von Frau Schüler erläutert. Eine Aktualisierung der Übersicht erfolgt wöchentlich. Anschließend bittet Frau Gebhardt Herrn BzStR Liecke um weitere Informationen. Dieser erläutert, dass derzeit eine Vorlage für das Bezirksamt hinsichtlich der Schaffung von fünf zusätzlichen Arztstellen vorbereitet wird, um die medizinische Versorgung mit allen zusätzlich entstandenen Bedürfnissen auch langfristig sicherstellen zu können. Vor dem Hintergrund, dass die Unterkunft in der Haarlemerstraße von 400 auf bis zu 1.200 Plätze aufgestockt und das ehem. C&A Gebäude in der Karl-Marx-Straße mit bis zu 600 Gästen belegt wird, der Bau einer Gemeinschaftsunterkunft auf dem ehemaligen BEWAG Sportplatz Karl-Marx-Straße / Grenzallee mit ca. 400 Plätzen geplant ist und die Unterkunft im Mariendorfer Weg 9 im Anschluss an die Nutzung für die Kältehilfe wieder mit 60 Plätzen für Flüchtlingsunterbringung verfügbar wird, entstehen besondere Anforderungen auch an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Gesundheitsamt. Des Weiteren ist das Jugendamt Neukölln aktuell für 75 unbegleitete minderjährige Ausländer zuständig und 40 weitere junge Menschen wurden seitens der Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Wissenschaft bereits angekündigt. Außerdem sind in der der Unterkunft Fritz-Reuter-Allee zwischen 50 und 60 und im 2A Hostel in der Saalestraße 76 bis zu 56 unbegleitete minderjährige Ausländer im Rahmen des Clearingverfahrens untergebracht. Im Rahmen der Kooperation mit den Bezirken Tempelhof-Schöneberg und Friedrichshain-Kreuzberg wird darüber hinaus durch die Betreuung der Großunterkunft „Flughafen Tempelhof“ ein deutlicher Aufgabenzuwachs im Gesundheitsamt erwartet. Eine Erweiterung der Einrichtung um mehrere tausend Plätze würde den Handlungsdruck noch erhöhen. Die Angebote des subsidiär und sozialkompensatorisch ausgerichteten Öffentlichen Gesundheitsdienstes sind insbesondere für die in Rede stehende Zielgruppe von besonderer Wichtigkeit, da das Regelsystem der Gesundheitsversorgung für diesen Personenkreis nur zum Teil oder erst verspätet greift bzw. die Personengruppe keine oder nur geringe Kenntnis über das bestehende Gesundheitssystem hat. Besondere Bedarfe sind in den Bereichen des Sozialpsychiatrischen Dienstes (Erwachsene), dem Kinder- und Jugendpsychiatrischen Dienstes, der Beratungsstelle für Menschen mit Behinderungen, Krebs und Aids sowie dem Kinder- und Jugendgesundheitsdienst zu erwarten. In diesem Zusammenhang macht Herr BzStR Liecke jedoch darauf aufmerksam, dass die Bezirksamtsvorlage lediglich eine Vorarbeit darstellt. Die eigentliche Schwierigkeit liegt in der Besetzung der Stellen mit qualifiziertem Personal.

 

Des Weiteren informiert Herr BzStR Liecke über die Einführung der elektronischen Gesundheitskarte für Flüchtlinge, die den Zugang zur medizinischen Versorgung vereinfachen und verbessern soll. Eine entsprechende Vereinbarung zur Übernahme der Krankenbehandlung für Menschen, die Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz erhalten, wurde im Dezember zwischen dem Land Berlin und vier Krankenkassen (AOK Nordost, DAK-Gesundheit, BKK·VBU und die Siemens-Betriebskrankenkasse (SBK)) unterzeichnet. Zunächst erhalten alle Flüchtlinge, die sich ab dem 4. Januar 2016 in der Erstregierungsstelle in der Bundesallee registrieren lassen, die elektronische Gesundheitskarte. Sukzessive sollen dann alle Empfängerinnen und Empfänger von Leistungen nach Asylbewerberleistungsgesetz mit dieser Karte ausgestattet werden. Die Gesundheitskarte erhalten alle Leistungsberechtigten nach Asylbewerberleistungsgesetz, die sich in der Zuständigkeit der Berliner Sozialämter sowie des Landesamtes für Gesundheit und Soziales befinden. Die Kosten der Gesundheitsversorgung für diese Menschen trägt vollständig das Land Berlin. Die Umstellung des Verfahrens wird jedoch noch einige Zeit in Anspruch nehmen.

 

Im Nachgang zu den Ausführungen von Herrn BzStR Liecke informiert Dr. Morawski auf Nachfrage von Frau Hall-Freiwald darüber, dass außerhalb der angebotenen Sprechzeiten in den Unterkünften in einem medizinischen Notfall, entweder der Notarzt gerufen wird, eine Vorstellung im Vivantes Klinikum Neukölln erfolgt oder die zentrale Telefonnummer der Ärztliche Bereitschaftsdienst der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) Berlin gerufen wird. Es sind aber auch Erste-Hilfe-Kästen und entsprechend geschulte Helfer vor Ort, um kleinere Wunden zu versorgen. Sollte eine Quarantäne erforderlich werden, wird im Notfall auch eine stationäre Aufnahme in einem Krankenhaus durch den Amtsarzt angeordnet. Herr BzStR Liecke ergänzt, dass in Großunterkünften mit mehr als 500 Bewohnerinnen und Bewohnern sogenannte Med-Points eingerichtet werden.

 

Frau Gebhardt fragt nach, ob sich Pressemitteilungen, wonach geflüchtete Frauen sich weigern, sich von männlichen Ärzten untersuchen zu lassen, auch aus Sicht der Abteilung Jugend und Gesundheit bestätigen lassen. Hierzu erläutert Herr BzStR Liecke, dass seiner Kenntnis nach teilweise Vorbehalte vorhanden sind, die aber durch eine intensive Aufklärungsarbeit beseitigt werden konnten. Herr Dr. Morawski ergänzt, dass es für die Ehrenamtlichen eher schwierig ist, mit den kranken Frauen oder Kindern direkt zu sprechen, da diese häufig in einem großen Familienverband zu den Untersuchungen erscheinen.

 

Nachdem die Fragen der Anwesenden beantwortet wurden, begrüßt Frau Gebhardt die beauftragte für Menschen mit Behinderung, Frau Smaldino. Diese führt aus, dass die adäquate Hilfsmittelversorgung von Geflüchteten für sie nicht erst seit der aktuellen Flüchtlingswelle ein Thema ist, sondern bereits seit vielen Jahren. In den verschiedenen Einrichtungen ist ein großer Bedarf an Hilfsmitteln vorhanden, der durch das LaGeSo nur sehr mangelhaft gedeckt wird. Bisher hat Neukölln es immer geschafft, den Bedarf zu decken, was das LaGeSo jedoch nicht aus der Verantwortung entlassen darf. Seitens der Unterkunft auf dem Tempelhofer Feld wurde Frau Smaldino um Unterstützung gebeten. Daher ist sie mit einer Reihe von Hilfsmitteln vor Ort gewesen und hat sich einen Eindruck von der Lage der untergebrachten Geflüchteten verschafft. Speziell Männer haben die Annahme von Hilfsmittel jedoch verweigert, da es in der arabischen Welt noch immer als Schande gilt, eine Behinderung zu haben. Es wird befürchtet, dass man durch die Annahme von Hilfsmitteln einen möglichen Status verwirkt. Sie führt weiter aus, dass die Kommunikation mit den Frauen vor Ort mehr als schwierig war. Des Weiteren gehen die Ärzte aus dem Med-Point nicht in die Zelte, sondern warten, bis die Menschen zu ihnen kommen. Dies tun sie aber aus den genannten Gründen nicht. Frau Schoenthal bittet die Anwesenden um Ideen, wie mit der Situation umgegangen werden soll, da diese Zustände nicht haltbar sind. Herr BzStR Liecke weist darauf hin, dass es ein großes Problem darstellt, wie die Helfer vor Ort von bestehenden Behinderungen erfahren und die Schilderungen von Frau Smaldino noch einmal verdeutlichen, dass es offensichtlich noch nicht gelungen ist, die vorhandenen Bedarfe strukturell zu erfassen. Was zur Folge hat, dass diese nicht gedeckt werden können. Hier sieht er ebenfalls einen dringenden Handlungsbedarf. Frau Smaldino macht deutlich, dass ein großes Problem auch die Dauer der Begutachtungen durch das LaGeSo ist und nicht auf die Diagnostik von niedergelassenen Ärzten bei einer Hilfsmittelverordnung vertraut wird.

 

Frau Künning bittet anschließend um Mitteilung, ob auch geistig behinderte Kinder, die auf dem Tempelhofer Feld untergebracht sind, beschult werden. In diesem Zusammenhang macht Herr BzStR Liecke darauf aufmerksam, dass auch die Beschulung der Kinder vor Ort nicht allein durch den Bezirk Tempelhof-Schöneberg geleistet werden kann und auch hier eine Unterstützung durch die Eröffnung von weiteren Willkommensklassen in den angrenzenden Bezirken erfolgen muss. Er sieht in der Beschulung der Kinder auch eine gute Möglichkeit vorhandene Bedürfnisse zu erkennen. Hier kommt dann jedoch die Zuständigkeitsregelung nach dem Geburtsdatum zum tragen, was eine Versorgung der Kinder nicht erleichtert. Hier scheint eine Zuordnung der Hilfebedürftigen zu dem Bezirk, in dem sich die Unterkunft befindet, sinnvoller. Es muss natürlich auch eine entsprechende Ausstattung der Ressourcen für die betroffenen Bezirke gegeben sein.

 

Frau Smaldino weist anschließend darauf hin, dass auf dem Tempelhofer Feld dringend ein Lagerplatz für Hilfsmittel benötigt wird. Außerdem würde sie es begrüßen Räumlichkeiten vor Ort zur Verfügung u stellen, in denen Flüchtlinge die bereits vorhandenen Hilfsmittel aufarbeiten können. Herr BzStR Liecke bietet an, hierzu in der nächsten Bezirksamtssitzung mit dem für Flüchtlingsfragen zuständigen Dezernenten zu sprechen, damit in einer abgestimmten Vorgehensweise zu diesem Thema der Kontakt mit dem Betreiber der Einrichtung aufgenommen werden kann. Frau Schoenthal wird dies im Sozialausschuss ebenfalls anbringen und den zuständigen Dezernenten nach dem Sachstand in dieser Angelegenheit fragen.

 

Außerdem bietet Herr BzStR Liecke an, ein Schreiben hinsichtlich der problematischen Begutachtungssituation an den neuen Präsidenten des LaGeSo zu fertigen.

 

Da keine weiteren Fragen vorliegen, beendet Frau Gebhardt diesen Tagesordnungspunkt.

 

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