Bezirksamt Neukölln – BVV
12040 Berlin
Auszug - Ergebnis zur Drs. Nr. 1128/XVIII betreffend Hinweisschilder (Auszüge aus dem Gutachten von Herrn Dr. Rainer Pomp sind beigefügt - Anlage 3.)
Herr Bezirksstadtrat Blesing leitet ein, dass die Verwaltung auf Grund des BVV-Beschlusses (Drs.-Nr. 1128/XVIII) Herrn Dr. Pomp beauftragt hat, die im Zeitraum von 1933 bis 1945 in Betracht kommenden Straßenumbenennungen auf einen ideologischen Hintergrund hin zu untersuchen. Die Kurzfassung zu dem Gutachten ist den Mitgliedern mit der Einladung verteilt worden.
Herr Dr. Pomp stellt an dieser Stelle kurz seine Untersuchungen vor, die sich nicht einfach gestalteten, da nicht sehr viel Material im Landesarchiv zu finden war. Danach kann bei der Arnholdstraße [nach Eduard Arnhold geb. 10.6.1849 Dessau, gest. 10.8.1925 Berlin], die 1938 in Holzmindener Straße umbenannt wurde, zweifelsfrei von einem antisemitischen Hintergrund ausgegangen werden. Die Umbenennung des Dietzgenweges in Glimmerweg kann zwar nicht mit einem Beleg als ideologisch nachgewiesen werden, allerdings spricht alles dafür, denn Joseph Dietzgen (geb. 9.12.1828 Blankenberg, gest. 15.4.1888 Chicago) war ein bekannter Sozialdemokrat und sozialistischer Theoretiker. Auch die Umbennung von Ballodweg in Feldspatweg ist ebenfalls nicht mit Belegen beweisbar, aber auch hier spricht alles für einen ideologischen Hintergrund. Carl Ballod (geb. 20.6.1864 Kokenhusen, gest. 13.1.1933 (14.3.1931?) Riga) war 1919 Mitglied der Sozialisierungskommission und soll der USPD (Unabhängige Sozialdemokratische Partei) nahegestanden haben. Er war auch führend im „Pro Palästina Komitee“ tätig, das sich für die Ansiedlung von Juden in Palästina einsetzte.
Bei der Umbenennung der Johann-Hus-Straße in Zwiestädter Straße sind die Motive unklar. Hier kann nicht zweifelsfrei angenommen werden, dass die Umbenennung ideologische Gründe hatte, denn die Hussitenstraße im Wedding (den Namen hatte sie 1883 erhalten) wurde nicht umbenannt. 1938 wurden viele Nummernstraßen und Doppelbenennungen geändert.
Herr Anker (Bürger) hat sich in Gesprächen mit dem Vorsitzenden des Förderkreises Böhmisches Dorf verständigt und da in 1938 die Hetze gegen die Tschechen auf einen Höhepunkt zustrebte und diese Straße im Deutschen Dorf liegt, ist die Annahme eines ideologischen Hintergrundes durchaus gerechtfertigt. Da es nicht zweifelsfrei so oder so entschieden werden kann, spricht er sich für ein Zusatzschild aus.
Herr Bezirksstadtrat Blesing erläutert, dass auf diesem Schild lediglich vermerkt ist „bis (Jahreszahl) ehemaliger Name der Straße“. An der Paster-Behrens-Straße können diese Schilder als Beispiel betrachtet werden. Herr Scharmberg bittet die Fraktionen, bis zur nächsten Sitzung eine Entscheidung zu treffen, an welchen Straßen ein Zusatzschild angebracht werden soll.
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