Doku: Hört uns zu! Der Anschlag von Solingen

Am 29. Mai 1993 verbrannten fünf Menschen in Solingen durch einen rassistischen Mordanschlag, 17 Menschen wurden schwer verletzt. Für den in Solingen geborenen Regisseur Mirza Odabaşı ist der Anschlag »der Punkt, an dem die Angst in mein Leben kam«. Er war damals fünf Jahre alt, lebte mit seinen Eltern im benachbarten Remscheid und nahm nach dem grausamen Ereignis den Wimpel seines türkischen Lieblingsfußballclubs vom Fenster, »damit niemand weiß, dass hier Türken wohnen«.

Was der Anschlag mit der deutsch-türkischen Community gemacht hat, wie sehr das Trauma der Eltern und Großeltern die nachfolgenden Generationen beschäftigt, erzählt Odabaşı in einer 30minütigen filmischen Reise unter dem Titel »Hört uns zu – Der Anschlag von Solingen«, für die er auch in die eigene Familiengeschichte eintaucht. Seine Tante zum Beispiel berichtet, dass sie damals in die Ruine des abgebrannten Hauses der Familie Genç geklettert sei und einen verkohlten Stein mitgenommen habe. In Gesprächen u.a. mit Cihan Genç, dessen beide Schwestern bei dem Anschlag starben, mit der Moderatorin Aminata Belli und dem Grünen-Politiker Cem Özdemir zeichnet die Mischung aus Dokumentation und Essay nach, was wir gerne verdrängen: Rassismus und Hass entstehen nicht im leeren Raum. Solingen 1993, der NSU, Halle oder Hanau passieren nicht irgendwo, sondern genau hier.

Odabaşı: »So ein Anschlag ist schrecklich, darauf können wir uns alle einigen. Aber was können wir tatsächlich in unserem Alltag gegen Rassismus tun? Darüber wird viel zu wenig gesprochen.« Als junger Filmemacher hatte er auch ein Interview mit der überlebenden Mutter Mevlüde Genç geführt. »Sie musste die Höllenqual auf Erden erdulden und hat dennoch für Versöhnung geworben. Wie können wir diesem Erbe gerecht werden?«, fragt Odabaşı. Auch darum geht es in seinem Film.

Im Interview mit WDR 5 berichtet der Regisseur, was der Anschlag mit der deutsch-türkischen Community gemacht und wie sich seitdem die Gesellschaft verändert hat.

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