Im Oktober 1938 wurden ca. 17 000 Jüdinnen und Juden verhaftet und nach Polen abgeschoben. Sie hatten oft bereits jahrzehntelang in Deutschland gelebt, besaßen jedoch die polnische Staatsangehörigkeit. An der deutsch-polnischen Grenze verharrten sie monatelang in improvisierten Notunterkünften. Nur wenige von ihnen konnten emigrieren, die meisten gerieten nach dem Einmarsch der Deutschen Wehrmacht in die Fänge der Besatzer. Viele wurden in den Ghettos und Lagern ermordet.
Die Stiftung Neue Synagoge Berlin zeigt seit Juli 2018 und noch bis Ende Februar 2019 die Ausstellung „Ausgewiesen! Berlin, 28.10.1938. Die Geschichte der „Polenaktion“, die vom Osteuropa Institut der Freien Universität und dem Aktiven Museum für Faschismus und Widerstand in Berlin erarbeitet wurde.
Wir nehmen diese ersten Massenausweisungen zum Anlass, auch über heutige Staatsangehörigkeiten bzw. Staatenlosigkeiten und deren Implikationen nachzudenken und zu diskutieren. Was bedeuten Grenzziehungen, Ein- und Ausschluss bei Staatsangehörigkeiten für Betroffene bzw. für die Gesellschaft(en)? Ein aktueller Hintergrund sind die jüngeren Migrationswellen und das dadurch bedingte Anwachsen von Staatenlosigkeit und ungeklärten Staatsbürgerschaften. Welche Lektionen ergeben sich vor dem Hintergrund der deutschen Geschichte? Oder welche Analogien sind eventuell zu simpel? Welche Folgen hat Staatenlosigkeit und welche gesetzlichen Regelungen gibt es dazu? Wie steht es um doppelte Staatsbürgerschaften und entsprechende Loyalitäten?