Gemeinsame Feindbilder, geteilte Narrative: Die Rolle antifeministischer Ressentiments in autoritären Bewegungen

Achtung: Dieser Fachtag ist ausgebucht. Weitere Anmeldungen können wir leider nicht entgegennehmen.

Antifeminismus ist längst kein Randphänomen mehr. Vielmehr durchzieht er zunehmend zentrale gesellschaftliche Diskurse und fungiert als ideologisches Bindeglied zwischen unterschiedlichen antidemokratischen Strömungen. Der geplante Fachtag widmet sich Antifeminismus in seiner Rolle als ideologisches Scharnier: Er verknüpft autoritäre Revolten, verschwörungsideologische Denkfiguren, rechtsextreme Positionen und antiemanzipatorische Weltbilder. Im Fokus steht dabei insbesondere die Funktion antifeministischer Narrative – mit besonderem Blick auf queer- und transfeindliche Diskurse – im Kontext des gesellschaftlichen Rechtsrucks: ihre Funktion, ihre Anschlussfähigkeit sowie Mobilisierungskraft und Wirkungsmacht.

Der Fachtag fungiert als interdisziplinäre Plattform für Fachkräfte der Sozialen Arbeit, für Lehrer:innen und alle Interessierten sowie Wissenschaftler:innen, die sich mit diesen demokratiegefährdenden Dynamiken auseinandersetzen wollen. Neben analytischen Beiträgen zu autoritären Tendenzen und ideologischen Verschränkungen sollen auch Möglichkeiten des Umgangs mit antifeministischen Äußerungen sowie Interventionsansätze zur Vorurteilsprävention, Toleranzförderung und konstruktiven Bewältigung von Identitätsproblemen und gesellschaftlichen Verunsicherungen besprochen werden.

Die Veranstaltenden setzen auf eine respektvolle und diskriminierungssensible Atmosphäre und freuen sich über die Teilnahme aller, die eine solche mitgestalten wollen. Sie behalten sich vor, bei gezielten rassistischen, nationalistischen, antisemitischen oder sonstigen menschenverachtenden Äußerungen vom Hausrecht Gebrauch zu machen. Eine Teilnahme an der Veranstaltung ist nur mit vorheriger Anmeldung möglich (siehe unten), spontane Anmeldungen vor Ort können an dem Tag der Veranstaltung leider nicht mehr berücksichtigt werden. Bild-, Video- und Tonaufnahmen vor Ort sind nicht gestattet.
Vielen Dank für Ihr Verständnis und Ihre Mitwirkung!

Programm

  • 09.00 Uhr

    Ankommen bei Kaffee und Tee

  • 09.30 Uhr

    Begrüßung durch das Netzwerk & die Berliner Landeszentrale für politische Bildung

  • 09.45 Uhr

    Keynotes mit anschließender Podiumsdiskussion zum Thema „Feindbild Feminismus“
    • Johanna Niendorf (wissenschaftliche Mitarbeiterin, Else-Frenkel-Brunswik-Institut, Uni Leipzig)
    • Sabine Herberth (Projektleitung Antifeminismus, Amadeu Antonio Stiftung)
    • Lea Lölhöffel (Koordinierung, Berliner Register)
  • 11.00 Uhr

    Pause

  • 11.15 Uhr

    Erste Workshopphase
    • Antifeminismus in Deutschland – Bedrohung für Betroffene und Zivilgesellschaft (Team der Meldestelle Antifeminismus, Lola für Demokratie e.V.)
    • Antifeminismus im verschwörungsideologischen Aktivismus
      (Mobile Beratung gegen Rechtsextremismus (MBR) Berlin)
    • Safe Seeking – Sinnsuche ohne Vereinnahmung (Jenny Winkler – veritas Berlin)
    • Das demokratiegefährdende Potential von Antifeminismus
      (MBT Berlin)

    Deteilbeschreibungen

  • 13.15 Uhr

    Mittagspause
    mit Buffet

  • 14.15 Uhr

    Zweite Workshopphase*
    • Antifeminismus als Brückenideologie – Argumentations- und
      Handlungsstrategien im Umgang mit antifeministischen
      Verschwörungserzählungen
      (S. Marzock, J. Zink – entschwört.)
    • Antifeministische Neurosen und dysfunktionale Bewältigungsstrategien des Homo Digitalis im Kontext von Online-Dating-Kultur und konfliktträchtigen parasozialen Beziehungen (Steffi Bahro – veritas Berlin)
    • Antifeminismus in der superdiversen Gesellschaft: Wie kann
      diskriminierungskritische Bildungsarbeit gelingen?
      (Maryam Kirchmann, Christian Kautz – ufuq.de)
    • AntiAnti ! Antifeminismus als Einfallstor für rechtsextreme Inhalte auf TikTok (Timon Strnd – Projekt AntiAnti)

    Detailbeschreibungen

  • 16.30 Uhr

    Pause

  • 16.45 Uhr

    Abschlussrunde

  • 17.30 Uhr

    Ende der Veranstaltung

Erste Workshop-Phase (11.15.–13.15 Uhr)

  • 1. Antifeminismus in Deutschland – Bedrohung für Betroffene und Zivilgesellschaft (Team der Meldestelle Antifeminismus, Lola für Demokratie e.V. )

    Die „Meldestelle Antifeminismus“ registrierte im Jahr 2024 insgesamt 558 antifeministische Vorfälle. Die Angriffe reichen von Beleidigung, Bedrohung und Hasskampagnen über Körperverletzung und Brandstiftung bis hin zu systematischer digitaler sexualisierter Gewalt. Zum Einstieg werden die aktuellen Daten und Analysen der Meldestelle Antifeminismus vorgestellt. Im Anschluss stehen in einem methodisch strukturierten Austausch eigene Erfahrungen und Einschätzungen der Workshop-Teilnehmenden im Fokus: Decken sich die Meldestelle-Daten mit den Praxiserfahrungen zu antifeministischen Angriffen? Welche potenziellen Leerstellen gibt es und wie könnten diese gefüllt werden? Wie kann die Meldestelle Antifeminismus als Ressource eingebunden werden in die verschiedenen Arbeits- und Tätigkeitsfelder der Teilnehmenden?

  • 2. Antifeminismus im verschwörungsideologischen Aktivismus (Mobile Beratung gegen Rechtsextremismus (MBR) Berlin)

    Antifeminismus richtet sich gegen Gleichstellungspolitiken sowie die Pluralisierung von Geschlechterbildern und sexueller Vielfalt. Antifeminismus nimmt dabei zunehmend auch eine Brückenfunktion für rechtsextreme und verschwörungsideologische Akteur*innen hin zur gesellschaftlichen Mitte ein.
    Im Input schauen wir uns gemeinsam an, welche antifeministischen Narrative innerhalb der verschwörungsideologischen Szene kursieren und wie diese von protesterfahrenen Akteur:innen und reichweitenstarken Content Creators zur Mobilisierung genutzt werden.

  • 3. Safe Seeking - Sinnsuche ohne Vereinnahmung (Jenny Winkler - veritas Berlin)

    Einige Angebote rund um Spiritualität und persönliche Entwicklung für Frauen versprechen heute vor allem eines: Zugang zu einer „wahren“ Form von Weiblichkeit, die heilend, kraftvoll und erfüllend sein soll. Mal stehen Freiheit und Empowerment im Vordergrund, mal die Besinnung auf konservative Werte. Gleichzeitig enthalten diese Angebote teilweise implizite oder offene Vorstellungen davon, wie Weiblichkeit auszusehen hat oder gelebt werden sollte. Sie normieren traditionelle Geschlechterrollen oder verbinden spirituelle Versprechen mit systemkritischen oder verschwörungstheoretischen Elementen. Solche Dynamiken können subtile Machtmechanismen schaffen, die Orientierung geben, aber auch einschränken können.
    Anhand konkreter Beispiele wie NXIVM, Twin Flames Universe und der Anastasia-Bewegung beleuchten wir bedürfnisstiftende Funktionen, Red Flags und Einflussmechanismen solcher Angebote. Gemeinsam entwickeln wir Kriterien für ein geschlechterreflektiertes und selbstbestimmtes Safe Seeking, das ohne Feindbilder auskommt.

  • 4. Das demokratiegefährdende Potential von Antifeminismus (MBT Berlin)

    In diesem Workshop setzen wir uns mit dem Phänomen des Antifeminismus (in Deutschland) auseinander und zeichnen nach, wie diese Ideologie demokratische Werte und Gleichstellung gefährdet. Außerdem arbeiten wir heraus, wie Antifeminismus als Bindeglied zwischen verschiedenen Ideologien der Ungleichheit fungiert. Gemeinsam wollen wir die Ursachen, Erscheinungsformen und Auswirkungen antifeministischer Bewegungen beleuchten.

Zweite Workshop-Phase (14.15.–16.30 Uhr)

  • 1. Antifeminismus als Brückenideologie – Argumentations- und Handlungsstrategien im Umgang mit antifeministischen Verschwörungserzählungen (S. Marzock, J. Zink - entschwört.)

    Antifeministische Positionen fungieren zunehmend als ideologisches Bindeglied zwischen demokratiefeindlichen Strömungen sowie als anschlussfähiges Narrativ, über das sich autoritäre Weltbilder verbreiten und normalisieren lassen. Der Workshop geht zunächst der Frage nach den Verbindungslinien zwischen Antifeminismus und Verschwörungsgläubigkeit nach. Es wird beleuchtet, wie Antifeminismus als Brückenideologie insbesondere zu verschwörungsideologischen und rechtsextremen Milieus wirkt – etwa über soziale Medien, Alltagskommunikation (bspw. in Kita und Schule) oder durch vermeintlich „besorgte“ Diskurse in der Gesellschaft als solcher. Neben einer fachlichen Einordnung stehen im Zentrum des Workshops praxisnahe Übungen: Gemeinsam reflektieren und erweitern die Teilnehmenden bestehende professionelle Strategien im Umgang mit antifeministischen und verschwörungsideologischen Erzählungen auf der Basis von Fallbeispielen aus der Beratungspraxis von entschwört. Sie diskutieren, wie Fachkräfte sich dabei klar demokratisch positionieren und wirksam abgrenzen können, dabei aber zugleich die professionelle Hilfebeziehung stabilisieren können. Der Workshop bietet Raum für Erfahrungsaustausch, kollegiale Beratung und die Stärkung argumentativer Handlungssicherheit im Umgang mit menschenfeindlichen Ideologien.

  • 2. Antifeministische Neurosen und dysfunktionale Bewältigungsstrategien des Homo Digitalis im Kontext von Online-Dating-Kultur und konfliktträchtigen parasozialen Beziehungen (Steffi Bahro - veritas Berlin)

    Digitale Räume prägen Rollenbilder, Normen und Beziehungen. Auch Jugendliche und junge Erwachsene erleben dort parasoziale Bindungen, stoßen unvorbereitet auf einen ökonomisierten Dating-Markt und geraten mit ihren Frustrationen zwischen polarisierende Narrative von Männlichkeits-Influencern. Eine verminderte Dateability oder Desirability kann besonders bei heterosexuellen Männern mit enormen Ohnmachtsgefühlen und Selbstwertproblemen einhergehen. Die Abwehr solcher Frustrationen durch Aggression ist nicht nur an Incel- Online-Stammtischen möglich und zur Norm geworden. Doch der dort kultivierte antifeministische Hass macht Betroffene immer neurotischer, weil er das Gefühl eines feindseligen Gegenübers verstärkt.
    Im Workshop gehen wir den Fragen nach: Welche validierbaren Frustrationen und Krisen bringen Online-Dating-Kultur und parasoziale Beziehungen mit sich? Warum kann es im Prozess der Verarbeitung negativer Erfahrungen zu antifeministischen Einstellungen kommen? Und wie lassen sich daraus präventive Ansätze für die Begleitung von Jugendlichen und jungen Erwachsenen ableiten?

  • 3. Antifeminismus in der superdiversen Gesellschaft: Wie kann diskriminierungskritische Bildungsarbeit gelingen? (Maryam Kirchmann, Christian Kautz - ufuq.de)

    Wie können Präventions- und politische Bildungsarbeit gelingen, wenn Ideologien wie Islamismus und Rechtsextremismus im Kontext antifeministischer Positionen thematisiert werden, ohne dabei rassistische Zuschreibungen zu reproduzieren? Und wie lassen sich Gegenstrategien mit einer diskriminierungskritischen
    Perspektive verbinden? Im Workshop diskutieren wir anhand eurer Praxisbeispiele, welche Herausforderungen im Arbeitsalltag entstehen und welche Ansätze helfen, junge Menschen und Erwachsene in ihrer Selbstwirksamkeit zu stärken. Ziel ist es, Perspektiven für eine Präventionsarbeit zu entwickeln, die demokratiestärkend wirkt und dabei immer auch rassismuskritisch bleibt.
    Der Workshop richtet sich an pädagogische Fachkräfte, Multiplikator*innen und alle Interessierten, die an den Schnittstellen von Islamismus- und Rechtsextremismusprävention sowie Antifeminismus- und Rassismuskritik arbeiten.

  • 4. AntiAnti ! Antifeminismus als Einfallstor für rechtsextreme Inhalte auf TikTok (Timon Strnad - Projekt AntiAnti)

    Antifeministische und Anti-Gender-Diskurse gewinnen nicht nur in rechten Kreisen an Bedeutung, sondern finden seit einigen Jahren verstärkt Zustimmung in verschiedenen gesellschaftlichen und politischen Kreisen. Es wird immer offensichtlicher, dass Antifeminismus und Anti-Gender-Diskurse als Verbindungsglied für sehr unterschiedliche Lager fungieren. Dies zeigt sich besonders deutlich an dem weit verbreiteten Hass gegen die Betroffenen auf Social Media. Das Projekt nimmt zum Ausgangspunkt, dass sich antifeministische Diskurse aus dem rechten Spektrum zunehmend in Form vermeintlich harmloser Lifestyle-Formate auf der Social Media Plattform TikTok wiederfinden. Es widmet sich den Fragen, wie Jugendliche und junge Erwachsene dieses Phänomen wahrnehmen und wie sie durch präventive Bildungsangebote in ihrer Handlungsfähigkeit gestärkt werden können. In der Fortbildung wird zunächst ein Einblick in antifeministische Diskurse und Akteur:innen gegeben. Wie lässt sich Antifeminismus definieren? Welche Weiblichkeits- und Männlichkeitsbilder stecken dahinter? Aus welchen Gruppen kommen die Akteur:innen?
    Anschließend wird der Fokus auf die Online-Angebote antifeministischer Akteur:innen gelegt. Welche Plattformen und welche Formate werden genutzt? Welche Zielgruppen sollen angesprochen werden und wie sind die versteckten Inhalte zu erkennen? Zum Abschluss stellen wir pädagogische Zugänge vor und geben einen Ausblick darauf, wie im Berufsalltag interveniert werden kann. Dazu werden u.a. Methoden zu praktischen Arbeit vorgestellt und ihre Nutzbarkeit diskutiert und reflektiert.

  • Kooperationspartner:

    Berliner Netzwerk Verschwörungserzählungen

  • Datum:

    Dienstag, 14. Oktober 2025

  • Zeit:

    9.00–17.30 Uhr

  • Ort:

    Berliner Landeszentrale für politische Bildung, Hardenbergstraße 22–24, 10623 Berlin, Besuchszentrum / Stadtplan

    Barrierefreiheit: Zugang rollstuhlgerecht Aufzug rollstuhlgerecht WC rollstuhlgerecht Behindertenparkplatz
    Erläuterung der Symbole zur Barrierefreiheit

  • Entgelt:

    Die Teilnahme ist entgeltfrei.

  • Anmeldung:

    Dieser Fachtag ist ausgebucht. Weitere Anmeldungen können wir leider nicht entgegennehmen.

  • iCalendar:

  • Ansprechperson:

    Reinhard Fischer, E-Mail, Telefon (030) 90227 4962