Wahlalter 16: OSI-Studie sieht gute Chancen für mehr politische Teilhabe

Eine Diskussion über die Absenkung der Wahlmündigkeit wird nicht zum ersten Mal geführt. Zwischenzeitlich findet diese Debatte vor dem Hintergrund einer (klima-)politisch höchst aktiven jungen Generation statt. Mit ihrer neuen Studie leisten die Politikwissenschaftler Prof. Dr. Thorsten Faas und Arndt Leininger, PhD, vom Otto-Suhr-Institut für Politikwissenschaft (OSI) der FU Berlin einen empirisch fundierten Beitrag zu dieser Diskussion. Sie haben bei 15- bis 24-Jährigen untersucht, welche Chancen und Risiken mit einer Absenkung des Wahlalters von 18 auf 16 Jahren verbunden sind. Dabei wurden Jugendliche nach den Landtagswahlen am 1. September 2019 in Brandenburg und Sachsen in den Blick genommen. Die Wissenschaftler machten sich einen besonderen Umstand dieses Wahltags zunutze: Während die 16- und 17-Jährigen auf der brandenburgischen Seite der Grenze an diesem Tag wählen durften, blieb ihren Altersgenoss:innen in Sachsen dieses Recht verwehrt. „Diese besondere Situation hat es für uns möglich gemacht, präzise festzustellen, was das Erreichen der Wahlaltersgrenzen mit jungen Menschen macht“, erläutert Projektleiter Leininger.
Die Wissenschaftler stellten schon bei 15-Jährigen ein recht ausgeprägtes Interesse und Wissen an und über Politik fest – unabhängig vom Mindestwahlalter in beiden untersuchten Bundesländern. Auch liegen politischen Grundeinstellungen – Interesse, Selbstwirksamkeit, Wissen – von 16- und 17-Jährigen laut der Studie auf einem sehr ähnlichen Niveau wie bei jungen Volljährigen. Dies spreche zumindest nicht gegen eine Absenkung des Wahlalters, so die Wissenschaftler.
Insgesamt legen die Studienergebnisse keine eindeutige Antwort nahe. Grundsätzlich liefert eine Absenkung des Wahlalters der Studie zufolge Möglichkeiten, junge Menschen in politikaffineren heimischen oder schulischen Kontexten an Politik heranführen und sie so auf das Wählen vorzubereiten. Aber nur wo eine solche Heranführung auch tatsächlich geschehe, sehen die Wissenschaftler eine Chance auf die erhofften positiven Effekte. Es müsse zudem sichergestellt werden, dass eine Absenkung des Wahlalters insgesamt nicht nur privilegierten Menschen Vorteile verschafft und dadurch bestehende, sozial selektive Strukturen weiter gefestigt würden. Damit nach einer Absenkung des Wahlalters möglichst viele junge Menschen tatsächlich auch wählen gehen, sprechen sich die Wissenschaftler für gezielte flankierende Maßnahmen aus.

Mehr zur Studie:
https://www.otto-brenner-stiftung.de/wissenschaftsportal/informationsseiten-zu-studien/waehlen-mit-16/

Ein Gespräch im Inforadio mit einem der Autoren der Studie, Professor Thorsten Faas, ist hier zu hören:
https://www.inforadio.de/programm/schema/sendungen/int/202007/31/thorsten-faas-wahlrecht-wahlalter-studie.html