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Drucksache - VII-0848
Siehe Anlage
Vorlage zur Kenntnisnahme |
Schlussbericht |
TTIP, CETA und TiSA ablehnen |
Wir bitten zur Kenntnis zu nehmen:
In Erledigung des in der 39. Sitzung am 13.04.2016 angenommenen Ersuchens der Bezirksverordnetenversammlung – Drucksache Nr.: VII-0848
„Die BVV lehnt die Freihandelsabkommen TTIP, CETA und TISA in der jetzigen Form ab, weil sie sowohl in Form von geheimen Verhandlungen, als auch ihren Festlegungen und Inhalten nach demokratisch legitimierte Entscheidungsprozesse unterlaufen oder außer Kraft setzen.
Es handelt sich bei diesen Abkommen um bi- und multilaterale Handelsverträge, durch die die Gestaltungsmöglichkeiten und vor allem das Selbstverwaltungsrecht von Gemeinden und Bezirken nachhaltig eingeschränkt werden.
Die kommunalen Spitzenverbände (Städte- und Gemeindetag, sowie Landkreistag) werden nicht in die Verhandlungen eingebunden. Dies entspricht nicht den demokratischen Standards. Diese Verträge stellen deshalb einen massiven Eingriff in die kommunale Selbstverwaltung dar.
Die Bezirksverordnetenversammlung Pankow regt die Bezirksverordnetenversammlungen der anderen Berliner Bezirke an, sich ebenfalls dazu zu positionieren. Die Vorsteherin der BVV Pankow wird ersucht, ein entsprechendes Schreiben an alle VorsteherInnen der Berliner Bezirke zu versenden.
Das Bezirksamt wird ersucht, diese ablehnende Haltung gegen die Verhandlungen in geeigneter Weise gegenüber der Landes- und Bundesregierung sowie dem Europäischen Parlament deutlich zu machen und sich in den kommunalen Spitzenverbänden dafür einzusetzen, dass diese sich ebenfalls gegen den Abschluss und die Unterzeichnung solcherart zustande gekommener Handelsverträge positionieren.
Wir fordern eine transparente, öffentlich zugängliche Verhandlung für TTIP, CETA und TiSA sowie die reale Möglichkeit von Kommunen, kommunale Interessen dabei vertreten zu können.
Rechtsstaatliche Grundsätze müssen bei der Abfassung zwingend eingehalten werden, d.h. die Ergebnisse müssen auf demokratischem Wege ratifiziert werden.
Als Ergebnis der Verhandlungen sollen nur Verträge ratifiziert werden, die kommunale Selbstverwaltungsrechte und demokratisch legitimierte Entscheidungsprozesse unangetastet lassen. Verträge, durch die parlamentarische Entscheidungen im Vorab durch privatwirtschaftliche Unternehmen, Verbände oder Organisationen unterlaufen werden können, lehnt die Bezirksverordnetenversammlung von Pankow grundsätzlich ab.“
wird gemäß § 13 Bezirksverwaltungsgesetz berichtet:
„1. Der Hauptausschuss begrüßt die Festlegungen des Koalitionsvertrages von CDU, CSU und SPD, bei den derzeit geführten Verhandlungen über eine transatlantische Handels- und Investitionspartnerschaft (TTIP), auf die Wah- rung der europäischen Sozial- und Umweltstandards sowie auf den Schutz der kommunalen Daseinsvorsorge Wert zu legen. Der Hauptausschuss begrüßt in diesem Zusammenhang auch das klare Bekenntnis des Koalitionsvertrages zu der Bedeutung der Daseinsvorsorge, der Wichtigkeit des Subsidiaritätsprin- zips und somit der Erhaltung der Gestaltungshoheit der Kommunen bei der Da- seinsvorsorge.
Im Oktober 2014 hatten die drei kommunalen Spitzenverbände (Deutscher Städtetag, Deutscher Landkreistag, Deutscher Städte- und Gemeindebund) sowie der Verband kommunaler Unternehmen (VKU) ein gemeinsames Positionspapier zu internationalen Handelsabkommen und kommunalen Dienstleistungen veröffentlicht: „Die kommunalen Spitzenverbände und der Verband kommunaler Unternehmen begleiten konstruktiv die Verhandlungen über die transatlantische Handels- und Investitionspartnerschaft (TTIP) und weitere Freihandelsabkommen. Sie unterstützen das mit den Abkommen verfolgte Ziel, durch den Abbau von Handelshemmnissen und die Verbesserung der Investitionsbedingungen die Schaffung von Arbeitsplätzen zu befördern. Freihandelslabkommen bergen jedoch auch erhebliche Risiken für Dienst-leistungen der Daseinsvorsorge, die durch die Kommunen und ihre Unternehmen verantwortet und erbracht werden. Beeinträchtigungen dieser, für die Bürgerinnen und Bürger wichtigen Dienstleistungen durch Freihandelsabkommen müssen ausgeschlossen werden. Städte, Gemeinden, Landkreise und kommunale Unternehmen fordern die auf europäischer und nationaler Ebene für die Verhandlungsführung und die letztendliche Zustimmung zu Freihandelsabkommen politisch Verantwortlichen deshalb auf, die folgenden Punkte zu gewährleisten:
Kommunale Selbstverwaltung heißt auch Organisationsfreiheit der Kommunen im Bereich der Daseinsvorsorge. Die Kommunen verantworten die Leistungen der Daseinsvorsorge für ihre Bürgerinnen und Bürger. In ihrem Interesse wird vor Ort die jeweils beste Organisationsform gewählt. Das europäische Recht akzeptiert grundsätzlich den weiten Handlungsspielraum der Kommunen bei der Organisation der Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse. Marktzugangsverpflichtungen im Rahmen von Freihandelsabkommen, wie sie beispielsweise im TTIP vorgesehen werden sollen, sind jedoch geeignet, diese kommunale Organisationsfreiheit auszuhöhlen: Sollten typische kommunale Dienstleistungen wie die Trinkwasserver- und Abwasserentsorgung, der Öffentliche Personennahverkehr, Sozialdienstleistungen, Krankenhäuser oder die Kultur Regeln zur Liberalisierung unterworfen werden, würde die derzeit garantierte umfassende Organisationsentscheidung von Kommunalvertretern durch rein am Wettbewerbsgedanken ausgerichtete einheitliche Verfahren ersetzt. Auch bei bisher politisch bewusst nicht liberalisierten Bereichen der Daseinsvorsorge könnte die in Deutschland vielfach übliche Eigenerbringung durch kommunale Unternehmen und Einrichtungen oder auch die Regelung eines notwendigen Anschluss- und Benutzungserfordernisses unmöglich gemacht werden. Daher fordern die kommunalen Spitzenverbände und der VKU, dass die kommunale Daseinsvorsorge von den Marktzugangsverpflichtungen im TTIP und allen weiteren Freihandelsabkommen ausgenommen wird. Der beste Weg dazu ist der sogenannte Positivlisten-Ansatz. Danach würden Dienstleistungen der kommunalen Daseinsvorsorge nur dann von Liberalisierungsvorschriften eines Handelsabkommens betroffen sein, wenn die entsprechenden Dienstleistungen bzw. Sektoren explizit in dem Abkommen genannt würden. Daher fordern die kommunalen Spitzenverbände und der VKU, dass insbesondere die nicht-liberalisierten Bereiche der Daseinsvorsorge in einer Positivliste nicht erwähnt werden dürfen. Sollte für das Prinzip des Marktzugangs im TTIP jedoch der Negativlistenansatz gewählt werden, wie bereits im Rahmen des zwischen der EU und Kanada ausgehandelten Abkommens CETA (Comprehensive Economic and Trade Agreement) geschehen, ist dort und in allen so verfahrenden Abkommen sicherzustellen, dass die nicht-liberalisierten Bereiche der Daseinsvorsorge ausdrücklich von der Anwendung dieses Prinzips ausgenommen werden. In diesem Fall muss auch die Anwendung von Stillstands- und Ratchetklauseln, mit denen bestehende Liberalisierungsniveaus nicht mehr verändert werden könnten und das jeweils höchste Liberalisierungsniveau zum Standard erklärt wird, zwingend ausgeschlossen werden. Dazu wäre nach gegenwärtigem Stand des TTIP die Aufnahme der nicht-liberalisierten Bereiche der Daseinsvorsorge in den Annex II zum Dienstleistungskapitel notwendig.
Die im vergangenen Jahr abgeschlossene Reform des europäischen Vergaberechts berücksichtigt an vielen Stellen die kommunale Organisationsfreiheit im Bereich der Daseinsvorsorge. Der darin zum Ausdruck gekommene politische Wille muss auch Leitschnur für die Verhandlungen von Handelsabkommen sein. Die kommunalen Spitzenverbände und der VKU fordern daher, dass Regelungen zum öffentlichen Beschaffungswesen und Wettbewerbsrecht in Handelsabkommen mit Auswirkungen auf die kommunale Organisationsfreiheit nicht hinter dem reformierten europäischen Vergaberecht zurückbleiben dürfen. Daher fordern die kommunalen Spitzenverbände und der VKU, dass die Erleichterungen für Inhouse-Vergaben und die interkommunale Zusammenarbeit sowie die Bereichsausnahmen für Rettungsdienste und die Wasserwirtschaft nicht durch die Hintertür eines Freihandelsabkommens auch nur ansatzweise in Frage gestellt werden dürfen.
Regeln zum Investitionsschutz sind in Abkommen unter Staaten mit ausgeprägter rechtsstaatlicher Tradition und ausreichendem Rechtsschutz vor nationalen Gerichten nicht notwendig. Jedenfalls darf durch solche speziellen Regelungen Investoren nicht die Möglichkeit eingeräumt werden, ihnen unliebsame, aber demokratisch legitimierte und rechtsstaatlich zustande gekommene politische und administrative Maßnahmen (z.B. Regulierung von Fracking zum Schutz der Trinkwasserressourcen) vor internationalen Schiedsgerichten anzugreifen. Zwar können solche Schiedsgerichte lediglich Schadensersatz verhängen und keine Rücknahme von Maßnahme anordnen, doch alleine die Möglichkeit einer ausufernden Schadensersatzforderung soll und kann Entscheidungen der öffentlichen Hand bereits im Vorfeld beeinflussen. Die kommunalen Spitzenverbände und der VKU fordern, im TTIP und den übrigen derzeit in der Verhandlung befindlichen Abkommen auf spezielle Investitionsschutzrege-lungen zu verzichten.
Unterschiedliche Standards und Regulierungsansätze in der Umwelt- oder Verbraucherschutzpolitik können als nicht-tarifäre Handelshemmnisse angesehen werden. Ziel dieser Maßnahmen ist in aller Regel jedoch kein Protektionismus, sondern die Umsetzung eines gesellschaftlichen Konsenses über Verbraucher- oder umweltpolitische Fragen. Umfasst sind z.B. die Zulassung bestimmter Pflanzenschutzmittel oder auch die Erzeugungsprozesse von Lebensmitteln. Die Anstrengungen zum Abbau nicht-tarifärer Handelshemmnisse und zur Schaffung regulatorischer Kohärenz dürfen daher nicht dazu führen, dass der Handlungsspielraum der EU oder der Mitgliedstaaten, z.B. in ihrer Umweltpolitik bestimmte als notwendig erachtete erhöhte Standards oder von Vertragspartnern abweichende Regulierungsansätze beizubehalten oder neu einzuführen, eingeschränkt wird. Die kommunalen Spitzenverbände und der VKU fordern daher, dass bei unterschiedlichen Schutzniveaus die in der EU einheitlich oder national geltenden Standards auf keinen Fall mit einem vorrangigen Ziel des Abbaus von Handelshemmnissen reduziert werden dürfen; dies gilt insbesondere für den Umwelt- und Verbraucherschutz.
Die Verhandlungsführung über so komplexe Fragestellungen, wie sie mit einem Freihandelsabkommen verbunden sind, erfordert Vertraulichkeit. Gleichwohl besteht aufgrund der umfassenden Auswirkungen eines solchen Abkommens schon bei diesen Verhandlungen auch ein berechtigtes Interesse an Transparenz; die kommunalen Spitzenverbände und der VKU teilen dieses Interesse. Ein guter Weg, beiden Interessen Genüge zu tun, ist u.a. die frühzeitige Einbindung relevanter Gruppen. Das Abkommen sollte nicht nur der Zustimmung des Europäischen Parlaments und des Rates bedürfen, sondern auch der Zustimmung der Parlamente der 28 EU-Mitgliedsstaaten. In Deutschland sollten nicht nur der Bundestag und der Bundesrat dem Freihandelsabkommen zustimmen müssen, sondern es sollten auch die Kommunen an der Entscheidungsfindung beteiligt und über den jeweiligen Verhandlungsstand informiert werden, damit die Interessen aller staatlichen Ebenen gewahrt bleiben. Die kommunalen Spitzenverbände und der VKU begrüßen daher ausdrücklich die Einberufung eines Beirates beim Bundesministerium für Wirtschaft und Energie für TTIP unter Beteiligung der Kommunen. Sie fordern darüber hinaus eine Beteiligung der kommunalen Ebene und der öffentlichen Dienstleistungen in die bei der EU-Kommission bestehenden Beratergruppen.
Derzeit wird zudem von den USA, der EU und 20 weiteren Mitgliedern der Welthandelsorganisation (WTO) das „Trade in Services Agreement“ (TiSA) verhandelt. Ziel dieser Verhandlungen ist der Abbau von Handelshemmnissen im öffentlichen Dienstleistungssektor, um neue Marktchancen zu eröffnen. Diese Verhandlungen werden sehr vertraulich geführt. Auch für dieses Abkommen fordern die kommunalen Spitzenverbände und der VKU, dass die öffentliche Daseinsvorsorge und damit der öffentliche Dienstleistungssektor nicht betroffen sein dürfen. Die entsprechenden Standards dürfen nicht über das Allgemeine Abkommen über den Handel mit Dienstleistungen (General Agreement on Trade in Services – GATS) hinausgehen. Der öffentliche Dienstleistungssektor und die demokratisch legitimierte Verantwortung vor Ort dürfen keinesfalls im Zuge von partiellen wirtschaftlichen Interessen zum Nachteil der Daseinsvorsorge in Deutschland beeinträchtigt werden. Die Organisationsfreiheit der Kommunen als einer der Kernbereiche des kommunalen Selbstverwaltungsrechts muss sichergestellt und Rekommunalisierungen nach den Gegebenheiten vor Ort und auf Basis des lokalen Wählerwillens uneingeschränkt möglich bleiben. Wir fordern für das TiSA-Abkommen ebenfalls eine breitere Einbindung der betroffenen Öffentlichkeit, die Verfolgung eines Positivlistenansatzes sowie die Wahrung des geltenden Vergaberechts.“
Die kommunalen Spitzenverbände haben sich somit bereits deutlich gegen die negativen Auswirkungen für die kommunale Selbstverwaltung, mangelnde Transparenz und Beteiligung sowie Aushebelung europäischer Rechtsstandards insbesondere des Verbraucherschutzes positioniert.
Auch der Bundesrat hat sich bereits mehrfach mit den Freihandelsabkommen befasst. Der Beschluss des Bundesrates vom Juli 2014 wurde der europäischen Kommission zur Kenntnis gegeben. Die Entschließung des Bundesrates anlässlich des öffentlichen Konsultationsverfahrens der Europäischen Kommission über die Modalitäten eines Investitionsschutzabkommens mit Investor-Staat-Schiedsgerichtsverfahren im Rahmen der Verhandlungen über eine Transatlantische Handels- und Investitionspartnerschaft zwischen der EU und den USA lautet:
„1. Nach Aufforderung durch das Europäische Parlament am 23. Oktober 2012 und nach Ermächtigung durch den Rat der Europäischen Union am 14. Juni 2013 verhandelt die Kommission mit der Regierung der Vereinigten Staaten von Amerika über eine Transatlantische Handels- und Investitionspartnerschaft (Transatlantic Trade and Investment Partnership, TTIP).
Am 8. Juli 2015 hat das Europäische Parlament eine Entschließung mit den Empfehlungen an die EU-Kommission zu den Verhandlungen über TTIP verabschiedet (http://tinyurl.com/zebntrp), die viele der Forderungen der kommunalen Spitzenverbände aufgegriffen hat, sei es zum Schutz der Daseinsvorsorge oder auch zur Ausgestaltung von Schiedsgerichten.
Die ausführlichen Stellungnahmen der kommunalen Spitzenverbände, des Bundesrates und des Europäischen Parlamentes decken sich mit der ablehnenden Haltung der BVV, so dass das Bezirksamt zur Umsetzung des Ersuchens der BVV keinen weiteren Handlungsbedarf sieht. |
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Haushaltsmäßige Auswirkungen
keine
Gleichstellungs- und gleichbehandlungsrelevante Auswirkungen
keine
Auswirkungen auf die nachhaltige Entwicklung
keine
Kinder- und Familienverträglichkeit
keine Auswirkungen
Matthias Köhne |
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