Die Entwicklungen der „wachsenden Stadt“ mit den Folgen einer Verknappung preiswerten Wohnraums und der sozialen Entmischung von Wohnquartieren, prägen seit einigen Jahren vor allem die zentralen Stadtlagen Berlins. Zunehmend sind diese Dynamiken aber auch in den periphereren Stadtbezirken zu beobachten. Aufgrund des intensiven Grundstücksverkehrs und der anhaltend starken Nachfrage nach hochwertigen, gut ausgestatteten Miet- und Eigentumswohnungen unterliegt mittlerweile auch der Bezirk Spandau – insbesondere in seinen Altbaubeständen – einem zunehmenden Umwandlungs- und Aufwertungsdruck. Menschen werden immer häufiger nicht nur aus ihren Wohnungen, sondern auch aus ihren Kiezen verdrängt. Der Wohnungsmarkt wird zunehmend angespannter, jede Attraktivitätssteigerung erhöht die Nachfrage um eine Wohnung und jede Mietsteigerung schränkt die Auswahl verfügbarer Wohnungen für die ansässige Wohnbevölkerung ein. Aufgrund dieser Entwicklung wurden im Bezirk Spandau zwei Soziale Erhaltungsgebiete, umgangssprachlich bekannt als Milieuschutzgebiete, gemäß § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BauGB festgelegt.
Die sozialen Erhaltungsverordnungen dienen dazu, die bestehende Wohnbevölkerung in einem Gebiet aus besonderen städtebaulichen Gründen zu schützen und sozialer Verdrängung entgegenzuwirken. Soziale Erhaltungsverordnungen sind dabei kein Instrument des aktiven Mieterschutzes, sondern ein städtebauliches Steuerungsinstrument zur Bewahrung gewachsener Strukturen. In sozialen Erhaltungsgebieten bedürfen sowohl der Rückbau als auch bauliche Veränderungen und Nutzungsänderungen auf einem Grundstück einer erhaltungsrechtlichen Genehmigung nach § 173 Baugesetzbuch.
In Berlin gilt für Gebäude mit mehr als fünf Wohnungen aktuell die sogenannte Umwandlungsverordnung nach § 250 BauGB. Diese Genehmigungspflicht erstreckt sich in Milieuschutzgebieten zusätzlich auf Gebäude mit bis zu fünf Wohneinheiten. Eine Genehmigung zur Begründung von Wohnungs- und Teileigentum wird nur erteilt, wenn einer der vom BauGB vorgesehenen Ausnahmetatbestände erfüllt ist.
Zudem steht den Bezirken für Grundstücke in Sozialen Erhaltungsgebieten ein gesetzliches Vorkaufsrecht.
Wie wird ein Gebiet zum Sozialen Erhaltungsgebiet und welche gibt es in Spandau?
Zunächst wird im Rahmen einer Voruntersuchung („Grobscreening“) geprüft, welche Gebiete aufgrund ihrer baulichen, demografischen und sozialen Struktur und der Entwicklungstendenzen gegebenenfalls die inhaltlichen und rechtlichen Voraussetzungen zum Erlass einer Sozialen Erhaltungsverordnung erfüllen.
In einem zweiten Schritt werden die sogenannten Verdachtsgebiete aus der Voruntersuchung tiefergehend analysiert („Prüfung der Anwendungsvoraussetzungen einer Sozialen Erhaltungsverordnung“). Belegen die Ergebnisse des Gutachtens, dass eine Verdrängung der angestammten Wohnbevölkerung durch bauliche Aufwertungen und/oder andere Wohnungsmarktmechanismen droht und negative, städtebauliche Folgen in den untersuchten Gebieten zu erwarten sind, so gelten die Anwendungsvorrausetzungen für eine soziale Erhaltungsverordnung als erfüllt. Über den endgültigen Erlass entscheidet die BVV auf Antrag des Bezirksamtes.
In Spandau gibt es seit 2020 zwei Milieuschutzgebiete:
- Wilhelmstadt
- Neustadt
Im Rahmen des Grobscreenings sind folgende vier „Verdachtsgebiete“ identifiziert worden, für die das Bezirksamt in seiner Sitzung vom 16.01.2024 Aufstellungsbeschlüsse gefasst hat:
- Stresow
- Rohrdamm/Siemensdamm
- Germersheimer Platz
- Rudolf-Wissell-Siedlung