Drucksache - 2297/XVIII  

 
 
Betreff: Errichtung einer "Bürgerstiftung Gutspark Neukladow"
Status:öffentlich  
 Ursprungaktuell
Initiator:BezirksamtBzBm Birkholz
Verfasser:BzBm Birkholz 
Drucksache-Art:Vorlage - zur Beschlussfassung -Vorlage - zur Beschlussfassung -
Beratungsfolge:
Bezirksverordnetenversammlung Entscheidung
19.05.2010 
öffentliche/nichtöffentliche Sitzung der Bezirksverordnetenversammlung Spandau von Berlin ohne Änderungen in der BVV beschlossen (Beratungsfolge beendet)   

Sachverhalt
Anlage/n
Anlagen:
Vorl. z. B. v. 03.05.2010
Anlage 1 z. V.z.B. v. 03.05.2010_Teil 1
Anlage 1 z. V.z.B. v. 03.05.2010_Teil 2
Anlage 1 z. V.z.B. v. 03.05.2010_Teil 3
Anlage 2 Vorl.z.B. vom 03.05.2010_Stiftungsgeschäft

Die Bezirksverordnetenversammlung Spandau beschließt gemäß § 12 Absatz 2 Nr

Die Bezirksverordnetenversammlung Spandau beschließt gemäß § 12 Absatz 2 Nr. 7 BezVG die Errichtung einer "Bürgerstiftung Gutspark Neukladow".

 

A. Begründung

 

Der in Spandau – Ortsteil Kladow – gelegene Gutspark Neukladow mit einer Gesamt-fläche von ca. 186.000 m2 ist aufgrund seiner Lage und seiner Prägung durch Landschafts- und Denkmalschutz und durch die Einbettung in die Berlin-Potsdamer Kulturlandschaft sowie wegen einzigartig schöner Sichtbeziehungen zur Havel eine der attraktivsten Liegenschaften Berlins. Der Gutspark war zu Beginn des 20. Jahrhunderts mit Gutshaus, Verwalterhaus, Torhäusern, Naturtheater und Gartenpavillon ein Treffpunkt führender Köpfe des künstlerischen und geistigen Berlins.

Hier trafen sich bei dem Kunstfreund Dr. Johannes Guthmann u.a. der Schriftsteller Gerhard Hauptmann und der Maler Max Slevogt, die gemeinsam den Park neu gestalteten.

 

Der Gutspark wird seit der Aufgabe des Standortes durch die Arbeiterwohlfahrt nicht mehr genutzt; das Verwalterhaus ging 2005 durch Brandstiftung unter und das Gutshaus ist durch Vandalismus bedroht, zwischenzeitlich waren im Verlauf des Hauptstadtumzugs Bundeswohnungen geplant, die jedoch im weiteren Verlauf nicht realisiert wurden.

 

Das Bezirksamt Spandau hat sich vor einiger Zeit entschieden, diese historisch und kulturell wichtige Stätte zu reaktivieren und hat gemeinsam mit privaten Investoren ein Entwicklungskonzept erarbeitet, das mit bürgerschaftlichem Engagement und mit Unterstützung durch das Land Berlin dazu führen soll, die Garten- und Baudenkmäler Schritt für Schritt wiederherzustellen und für die Allgemeinheit offen zu halten.

 

Ein erster Schritt war die Verpachtung des Plateaus, der Torhäuser und der Zuwegung mit einer Gesamtfläche von ca. 14.900 m2 an die Kulturpark Berlin GmbH, die bislang mehr als 40.000 € in die betriebliche Ingangsetzung der Räumlichkeiten investiert hat, ohne dazu vertraglich verpflichtet zu sein. Die Pachtlaufzeit beträgt 10 Jahre, verbunden mit einer einmaligen Verlängerungsoption auf weitere 5 Jahre und einem Sonderkündigungsrecht für den Fall, dass die Stiftung nicht errichtet wird. Der Pachtzweck ist ausschließlich auf den Betrieb einer kulturellen Begegnungsstätte für Ausstellungen, Lesungen, Theateraufführungen, Konzerte etc. und hiermit im Zusammenhang stehenden (untergeordneten) gewerblichen Einrichtungen wie z.B. Kaffeehaus, Weinstube o.ä. bezogen. Der Pachtzins beträgt (symbolisch) 1 Euro pro Jahr und der Pächter trägt alle Liegenschaftskosten zu 50%, später perspektivisch zu 100%.

 

Dieser Pachtvertrag wird auf die zu errichtende bürgerlich-rechtliche Bürgerstiftung übergehen, die dann einen Beitrag dafür leisten wird, dass das bürgerschaftliche Engagement, die Eigeninitiative und der Gemeinsinn an der Erhaltung von Kulturwerten gestärkt wird mit dem Ziel, durch Zustiftungen, Spenden und Projekte dauerhaft die materiellen Voraussetzungen für die denkmalgerechte Herstellung und Unterhaltung zu schaffen. Die Stiftungserrichtung fügt sich ein in die Grundsätze und Leitprojekte zur Förderung des bürgerschaftlichen Engagements in Berlin wie sie in der Drs. 16/2874 vom 14.12.2009 des Abgeordnetenhauses von Berlin zum Ausdruck kommen.

 

I.

Strategische Zielsetzungen

 

Die Stiftung verfolgt folgende wesentliche strategische Zielsetzungen:

 

Wiederherstellung und Erhalt der Garten- und Baudenkmäler des Gutsparks Neukladow

Förderung von Naturschutz- und Landschaftspflege

Durchführung kultureller Veranstaltungen im Gutspark und seinen Gebäuden

Aktivierung bürgerschaftlichen Engagements durch Förderung von Eigeninitiative und Gemeinsinn an der Erhaltung von Kulturwerten

Zustiftungen und Spenden schaffen die materiellen Voraussetzungen dafür, dass der wiederhergestellte Gutspark ein Raum ist, der allen Spandauern, Berlinern und Gästen für Kultur, Erholung und Freizeitnutzung zur Verfügung steht (Öffentlichkeit des Zugangs).

 

II.

Instrumente zur Zielverwirklichung

 

Erreicht werden sollen die Zielsetzungen

 

durch die Errichtung einer rechtsfähigen bürgerlich-rechtlichen Stiftung, die ein Nutzungsrecht am Plateau des Gutsparks erhält, im kooperativen Zusammenwirken mit einer eigens dafür bereitgestellten Betriebsgesellschaft (GmbH), die bereits jetzt schon erfolgreich kulturelle Projekte im Gutspark veranstaltet,

 

wobei Stiftung und GmbH durch einen Kooperationsvertrag verbunden sind.

 

Die in Anlage 1 beigefügte Satzung ist mit der Stiftungsaufsicht bei der Senatsverwaltung für Justiz (II D) abgestimmt; gleiches gilt für die Anforderungen an die Anerkennung der Gemeinnützigkeit durch das Finanzamt für Körperschaften I. Das Stiftungsgeschäft mit den Namen der Stifter ist als Anlage 2 beigefügt.


III.

Stiftungsstruktur

 

Die Stiftung ist als Bürgerstiftung konzipiert. Ihre Willensbildung im Stiftungsrat stellt jedoch sicher, dass keine Entscheidungen in wesentlichen Angelegenheiten gegen die Interessen des Landes Berlin getroffen werden können, § 7 Abs. 4 der Satzung.

Das Kuratorium hat beratende Funktion und soll Stifter und Experten an der Willensbildung der Stiftung beteiligen. Beiräte (§ 11) können nach Bedarf eingesetzt werden. Sollte wider Erwarten die Stiftung aufgehoben werden, ist das Vermögen dem Land Berlin zu übertragen (§ 12 Abs. 4 der Satzung). Das Eigentum am Plateau des Gutspark wie auch der gesamte Gutspark bleibt beim Land Berlin, wird also nicht auf die Stiftung übertragen. Die Stiftung tritt in die Verpächterstellung des Pachtvertrages ein, der gegenwärtig zwischen dem Bezirksamt Spandau und der Kulturpark Berlin GmbH (Geschäftsführer und Gesellschafter Frank Auffermann) besteht.

 

Die Einzelheiten werden im Stiftungsgeschäft geregelt (vgl. Anlage 2) und dereinst zwischen Stiftung und Land Berlin vereinbart.

 

Die (wertverbessernden) Verwendungen der Stiftung in die Liegenschaft (z.B. Wiederherstellung des Baudenkmals) gehen in das Eigentum des Landes Berlin über, da sie nicht nur für einen vorübergehenden Zweck mit der Liegenschaft verbunden werden, §§ 93 bis 96 BGB.

 

Die Kosten der Stiftung werden ausweislich des § 5 Abs. 5 des Entwurfs der Stiftungssatzung minimal gehalten.

 

IV.

Finanzierungskonzept

 

1.       Der Grundstock setzt sich aus 81.500 € Barmitteln (25.000 € BA Spandau, Rest private Stifter) und aus einem langfristigen Nutzungsrecht der Stiftung am Plateau zusammen. Die Anforderungen des § 65 Abs. 1 LHO i.V.m. §§ 8,9 Berliner Stiftungsgesetz werden erfüllt.

2.       Die Anschubfinanzierung des Landes Berlin in Höhe von 25.000 € war und ist erforderlich, um die Stifterbereitschaft zu aktivieren. Da die Bürgerstiftung auch eine vom Land Berlin mitgetragene Stiftung ist (vgl. Zusammensetzung des Stiftungsrats und Vetorecht der Vertreter des Landes Berlin in wesentlichen Stiftungsfragen), ist es angemessen und folgerichtig, dass auch das Land seinen Beitrag leistet. Dies vor allem vor dem Hintergrund, dass die Stiftung in ihrer Funktion als Kapitalsammelbecken i.V.m. ihrer Zweckrichtung, die Denkmäler wieder herzurichten, das Land Berlin mittelfristig und langfristig finanziell entlastet. Denn weder der Bezirk noch der Senat sind gegenwärtig finanziell in der Lage, die Bau- und Gartendenkmäler wiederherzustellen. Dies rechtfertigt die Beteiligung am Grundstock als Anschub- und Anreizfinanzierung. Bürger und Institutionen, insbesondere aus dem Spandauer Süden, sind bereit zu spenden, sobald ihre Spende als steuerlich absetzbar durch die Stiftung anerkannt wird.

3.       Während die Stiftung ausschließlich gemeinnützige Ziele verfolgt, soll die Betriebsgesellschaft zuständig sein für

- Planung, Entwicklung und Durchführung kultureller Veranstaltungen
- Entwicklung und Ausbau des „Kulturparkkonzeptes“ und dessen Vermarktung
- Vermietung für öffentliche und private Veranstaltungen.

Die Betriebsgesellschaft ist verantwortlich für den wirtschaftlichen Erfolg des Gutsparks als Kristallisationspunkt für kulturelle und künstlerische Zwecke.
Sie trägt das betriebswirtschaftliche Risiko und führt Überschussanteile an die Stiftung ab, und zwar auf der Grundlage eines Gewinnabführungsvertrages, der zwischen der Stiftung und der Betriebsgesellschaft geschlossen wird.
Die Betriebs-GmbH trägt – wie bisher – 50 % der Bewirtschaftungskosten, die 2008 7.787,02 € betragen haben, von der die Pächter-GmbH 3.893,51 € übernommen hat. Bei deren Ausfall trägt das Land Berlin als Eigentümer der Liegenschaft die Betriebskosten.

4.       Das Finanzierungskonzept beruht nicht darauf, innerhalb weniger Jahre den Gesamtsanierungsaufwand sozusagen „auf einmal zu stemmen“, sondern es ist vielmehr ein sog. „modulares“ Vorgehen in sinnvollen hintereinandergeschalteten Sanierungsschritten angestrebt, wobei der Erwartungshorizont für Zustiftungen und Spenden bei etwa 20-30.000 € p.a. liegt, der für die Fördermittel für die ersten Jahre bei ca. 1,3 Millionen €.

5.       Das bedeutet zunächst eine zeitliche Staffelung der Aufgaben in zwei Schritten im Hinblick auf

 

a)         diejenigen Maßnahmen, die für den Betrieb der Stiftung essentiell sind (Erlebbarkeit des Stiftungszwecks) i.S. kurzfristiger Herstellung

b)         diejenigen Maßnahmen, die eine komplette denkmalgerechte Herstellung der Baulichkeiten und des gesamten Gartendenkmals zum Ziel haben, wobei

c)         unter dem Primat der sparsamen Wirtschaft Stiftung, privates Mäzenatentum und das Land Berlin mit einer gemeinsamen Zielrichtung (siehe Präambel der Stiftung) zusammenarbeiten.

 

6.       Für die denkmalgerechte Erneuerung sowie eine kulturelle und touristische Nutzung des Gutshauses und des abgebrannten Verwalterhauses, des Casinos sowie weiterer Nebengebäude werden für die Instandsetzung und den Ausbau ca. 2 Mio. € benötigt.
Für die denkmalgerechte Neuherstellung des Plateaus mit seinem Pleasureground und Blumengarten einschließlich Pergola und Wege sowie Naturtheater sind ca. 1,0 Mio. € erforderlich.
Weiterhin ist eine Überarbeitung der Gehölzstrukturen und Wege im Stiftungsbereich sowohl unter Denkmalpflege- als auch unter Landschaftsschutzgesichtspunkten erforderlich. Hierfür werden ca. 0,5 Mio. € geschätzt.

Für die touristische Aufwertung des Gutsparks sind Schautafeln, Prospekte und Internetauftritt zu gestalten. Die Kosten hierfür belaufen sich auf ca. 50.000 €.

Erwartet werden Zustiftungen Dritter (in den Grundstock) sowie Spenden an die Stiftung (direkt für den Stiftungszweck verwendbar) in einer Größenordnung, die bei mittel- bis langfristiger Perspektive (5-10 Jahre) neben den anderen Finanzierungsquellen die Wiederherstellung der Denkmäler ermöglichen. Entscheidend ist zunächst, die Nutzungsmöglichkeiten nach Maßgabe des Stiftungszwecks wiederherzustellen, um Einkünfte zu erzielen und den Stiftungszweck erlebbar zu machen. Die komplette denkmalgerechte Herstellung aller Bestandteile folgt danach mit eher langfristiger Perspektive.

7.       Finanzierung über Fördermittel

Für die Finanzierung der genannten Maßnahmen werden folgende weitere Quellen in Betracht kommen:

 

-          EFRE – Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur“ (GA) / angesiedelt bei der Senatsverwaltung für Wirtschaft, Technologie und Frauen

-          KIP – Kulturinvestitionsprogramm / angesiedelt bei der Senatskanzlei Berlin

-          Städtebaulicher Denkmalschutz in Berlin, angesiedelt bei der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung (VVSt Denk 2008)

-          EFRE-GA-Förderschwerpunkt Bereich Umwelt

-          UEP – Umweltentlastungsprogramm

-          Einzelanträge bei Lotto-Stiftung, Cornelsen-Stiftung, Deutsche Bundesstiftung Umweltschutz

-          OSZ – Beitrag Bautechnik mit Ersparnis des Lohnkostenanteils

8.       Die Förderaussichten schließlich sind gut.
Da bereits durch die Förderung des Imchenplatzes als auch des Gartens Dr. Max Fränkel ein Anerkenntnis des thematischen Zusammenhangs mit dem Gut Neu-Kladow bestätigt wurde, spricht sehr viel für eine generelle Förderfähigkeit des Projekts, da es ideal zum jetzigen Förderschwerpunkt passt.

9.       Die Betriebsgesellschaft (Kulturpark Berlin) hat seit Abschluss des Pachtvertrages ca. 40.000 € in die betriebliche Ingangsetzung der Räumlichkeiten und des Inven-tars investiert.

 

Nach der Planrechnung sind in den nächsten drei Jahren folgende Einnahmen der Betriebsgesellschaft realistisch:

 

1. Gastronomie                        p.a.:                        € 12.000
2. Vermietung für private Feierlichkeiten                        p.a.:                        € 20.000
3. Vermietung für Veranstaltungen                        p.a.:                        € 20.000
4. Vermietung Ateliers 1. OG mtl. 1.000 €                        p.a.:                        € 12.000
5. Einnahmen aus Kleinkunstbetrieb                        p.a.:                        € 10.000

Gesamt:                        p.a.:                        € 74.000

Diese Einnahmen können durch fortschreitende Restaurierung, Etablierung der Ortes und entsprechender Vermarktung sicher um den Faktor 2 bis 3 gesteigert werden.

 

V.

Kultur im Gutspark

 

Im Jahr 2009 wurden im Zeitraum von Mai bis Oktober 12 kulturelle Veranstaltungen mit rd. 6000 Besuchern durchgeführt. Für 2010 sind bereits weitere 10 Veranstaltungen vereinbart und gebucht mit ca. weiteren 6000 Besuchern übers Jahr. Damit ist ein guter Anfang gemacht, der künftig zusammen mit der Stiftung langfristig in den Dienst der Liegenschaft gestellt werden kann.

 

VI.

Weitere Kooperationsformen

 

Die gewählte Konstruktion ermöglicht den Ausbau weiterer Kooperationsformen, um private finanzielle Mittel für die Kulturlandschaft Berlins zu mobilisieren.

 

 

B. Rechtsgrundlage

§ 12 Absatz 2 Nr. 7 BezVG

 

C. Gesamtkosten
25.000 € aus Mitteln des Bezirkshaushalts als Anschubfinanzierung

 

Die Senatsverwaltung für Finanzen hat die Vorlage für den Hauptausschuss des Abgeordnetenhauses am 05.03.2010 mitgezeichnet und der Hauptausschuss hat die Vorlage am 21.04.2010 zustimmend zur Kenntnis genommen

 

 

Berlin - Spandau, den 3. Mai 2010

 

 

Birkholz

Bezirksbürgermeister


 

 
 

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