Die goldene Spandauer Ehrennadel 2022

Spandauer Ehrennadel 2022_v.l. Brigitte Ahlfeldt, BVV-Vorsteherin Ina Bittroff, Reinhard Müller, Regine Maaß, Wolfgang Langkau, Gert Kaczmarek, Andreas Wunderlich, Thorsten Hanf, Jürgen Hilpisch, Bezirksbürgermeisterin Dr. Carola Brückner

v.l. Brigitte Ahlfeldt, BVV-Vorsteherin Ina Bittroff, Reinhard Müller, Regine Maaß, Wolfgang Langkau, Gert Kaczmarek, Andreas Wunderlich, Thorsten Hanf, Jürgen Hilpisch, Bezirksbürgermeisterin Dr. Carola Brückner

Die Spandauer Ehrennadel wurde am 29. November 2022 zum 21. Mal an Personen verliehen, die sich über längere Zeit in besonderer und herausragender Weise für das Gemeinwohl im gesellschaftspolitischen Bereich in Spandau verdient gemacht haben.

Das Findungsgremium – bestehend aus Bezirksbürgermeisterin Dr. Carola Brückner, Ihrem Stellvertreter Frank Beweig, der Bezirksverordnetenvorsteherin Ina Bittroff und ihrem Vertreter Christian Heck – hatte in diesem Jahr acht besondere Mitbürgerinnen und Mitbürger ausgewählt, deren Verdienste um den Bezirk Spandau mit dieser höchsten Auszeichnung des Bezirks gewürdigt werden:

Brigitte Ahlfeldt

Wer sich Dinge leisten kann „die man eigentlich nicht will“, kann behaupten alles richtig gemacht zu haben. Richtig war sie auf alle Fälle im Spandauer Bücherbus, auf dem Sie auch mal schlüpfrige Literatur an den Mann oder die Frau gebracht hat. Schlüpfrig war irgendwie auch die erste Berührung mit dem Ruder-Club Phönix, den statt einer Mitgliedschaft teilte man ihr mit „dass man keinen Mann“ für sie im Verein hätte. Männer braucht Sie nicht zwingend, auch wenn ihr preußische Grundtugenden nicht fremd sind. Da verwundert es nicht das Brigitte gerne Verwal-tung macht, unprätentiös ihr Fäden im Hintergrund zieht und auch mal fremde Kämpfe austrägt.
Zum Glück ist der Nachmittag für Science-Fiction-Serien geblockt, wenn mal keiner ruft „Das kann doch Gitte machen“!

Vorgeschlagen für die goldene Spandauer Ehrennadel 2022 – Brigitte Ahlfeldt.

Brigitte Ahlfeldt hat etwas Klares und etwas verdammt angenehm Unprätentiöses.
Mitunter erkennt man auch gewisse dominante Züge, wenn ihr Dinge nicht beha-gen oder sie anderer Meinung ist. Diese auszudrücken fällt ihr nicht allzu schwer, besonders wenn Menschen ihr Dinge überstülpen wollen, wie sie es nennt, reagiert sie extrem allergisch. Brigitte wirkt extrem selbstbewusst und hatte eine Art an sich, die zeigt das sie sich eine gewisse Unabhängigkeit erworben hat und somit den Luxus besitzt nicht alles machen zu müssen und vor allem sich nicht alles gefallen lassen zu müssen, womit sie auch gern mal fremde Kämpfe führt.

Sympathisch, gerade aus und mit einem Gerechtigkeitskompass ausgestattet.

Brigitte Ahlfeldt erblickt am 10.10.1946 in Wilmersdorf das Licht der Welt.
Nach dem Krieg stehen die Zeichen auf Entbehrung und Verzicht, auch wenn der Vater die Familie mit einem Eisenwarenhandel und die Mutter mit Heimarbeit gut durchbringt.
Da gehört es schon zu den Highlights, wenn die ganze Familie einmal im Monat Samstags beim Nachbarn fernsieht, da dieser der einzige, der einen Fernsehappa-rat besitzt.

Ihre Kindheit ist nicht einfach aber sorgenfrei. Nebenbei erschließt sie sich andere Welten, erlebt Abenteuer und taucht ein in Wälder, Bergpässe und unlösbare Auf-gaben – das alles auf ihrem Bett, der eigenen Fantasie und unzähligen Abenteuer-büchern, die sie sprichwörtlich verschlingt Das sie diese Passion ein Leben lang begleiten wird, weiß hier noch niemand, außer ihre spanische Tante.

Knappheit, Mangel und Sorgen will die Mutter der Tochter nicht angedeihen lassen und entschließt sich, sie zehn Monate zur spanischen Verwandtschaft zu „verschi-cken“, wie es damals so schön hieß.

Das die Tante dort eine kleine Buchhandlung betreibt, eröffnet der 10-jährigen eine Welt, in der sie sich wohlfühlt, mit unzähligen Büchern davonträumt und die sie ihr Berufsleben begleiten wird.

Schnell ist klar Brigitte möchte Bibliothekarin werden und 1957 zurück in Berlin
beginnt sie, nach der Schule, eine Ausbildung in der Prinzregentenstraße, bis sie mit 21 Lenzen mit dem Examen abschließt.

Hier hat sie schon die erste Prise Spandau intus, denn ihr Ausbildungspraktikum führt sie auf den Bücherbus der Stadtbibliothek Spandau, der sie jeden Tag einen andere Spandauer Haltestelle und an einen anderen Ortsteil bringt. Verwaltung ja, aber Brigitte genießt den Luxus nicht an einen Schreibtisch gebunden zu sein, sondern literarisch durch den Bezirk zu cruisen und mit der fahrenden Fantasieinsel unterwegs zu sein.

Nach einem Abstecher in die Haselhorster Jugendbücherei wird sie festes Mitglied der fahrenden Fachliteratur, beweglicher Bücher und verwaltet, vermittelt und ver-plaudert sich im Bücherbus. Ihre eigene Welt, die sie nüchtern als Dienstleitung empfindet ihr aber auch immer wieder nette Begebenheiten beschert. Vom „Gift-schrank“ mit schlüpfrigen Büchern, bis zu Menschen, die ihren positiven Vibe zum Ablass genommen haben Lehrer zu werden.

Positiv ist auch das sich Brigitte einen näheren Arbeitsweg verschafft und in die Ruhleber Straße nach Spandau zieht und sich 1985 auch dem Vereinsleben im Ruderclub Phönix widmet. Nicht ganz einfach, weil der erste Besuch nicht mit einer Vereinsmitgliedschaft endet, sondern eher mit der Grundsatzfrage, ob man allein-stehende Frauen aufnehmen möchte. Aussage hierzu: „Wir haben keinen Mann für Dich!“ – doch er ergibt sich, das sie ihrem Mann Rüdiger und dem Verein bis heute treu bleibt. Mit ihm zieht sie 89 nach Kladow und gibt ihm 1992 das Ja-Wort.

Mit ihm schmeißt sie den Verein. Er ist Vorsitzender und sie gestaltet im Hintergrund mit Spaßfaktor und macht sich unersetzlich.

Sie war 1993-2011 im geschäftsführenden Vorstand als Schriftführerin und ist für Ihre dortige Leistung mit der Ehrenmitgliedschaft des B.R.Phönix im März 2012 ausgezeichnet worden.
Nach kurzer Pause hat Sie von 2016 bis 2021 nochmal den Vorstandsposten der Schriftführerin innegehabt.

In dieser Zeit war Sie maßgeblich daran beteiligt, die Pachtvertragsverhandlungen mit dem Pächter des Grundstückes in Zeuthen, dem Segelverein Neander, zu einem für beide Seiten akzeptablen Ende zu führen. Seit 2021 ist Sie im wohlverdien-ten „Vorstandsruhestand“, steht dem Verein und vor allem dem Vorstand aber wei-terhin uneigennützig mit Ihrer großen Erfahrung zur Verfügung.

Brigitte Ahlfeldt ist ferner im Kladower Forum ehrenamtlich tätig und war von 2015 bis 2017Koordinatorin der Vorbereitungen für die 750-Jahr-Feier in Kladow. Sie ist Gruppenleiterin des Bücherbasars mit 2 Veranstaltungen im Jahr. Weiterhin ist Sie an der Organisation der Verteilung der „Treffpunkte“ an 6500 Kladower Haushalte, welche 4-mal im Jahr erscheinen, beteiligt.

2017 hat Sie den „Buddy-Bär“ am Kladower Hafen, mit den Worten „Ich schenk euch einen neuen Bürger“ gestiftet.

In der Schule am Ritterfelddamm betreut Fr. Ahlfeldt seit 2017 ehrenamtlich die dor-tige Schulbücherei, gehört dem Verein „Freundeskreis der Stadtbibliothek Spandau“ an und fördert das Schulorchester durch Spenden.

Beim entspannen ist sie relativ kleinteilig und puzzlet mit bis zu 2000 Teilen und betätigt sich noch als, wie sie es nennt Bodenpersonal, im Kirchenchor.

Brigitte ist das „goldene Helferlein, das wir alle gerne hätten, hat schon gemerkt das die Oberen auch mal lediglich zum Fototermin kommen und wer ihr quer kommt ganz schlechte Karten hat. Sie ist nur selten vorne weg und empfindet die zweite Reihe als Maschinenraum des Tuns und der Bewegungsfreiheit, was wahrschein-lich am Sternzeichen Waage, Wappentier Igel und der damit einhergehenden Har-monie liegt.

Sich selbst nicht so arg wichtig nehmen, einfach machen und sich treu bleiben und das unterstützen, was man als wichtig empfindet. Das ist Brigitte Ahlfeldt.

Und ich möchte den Satz deiner Mitstreiter*innen unterstreichen.

Jeder sollte eine Brigitte haben, denn dann wäre unser Bezirk noch ein bisschen lebenswerter.

Auf das du weiter so herrlich ehrlich und gerade bleibst, deine Unterstützung nie-mals endet und du dir den Traum nochmal mit dem Schiff durch die Nordwestpas-sage zu schippern erfüllst und dich euer Wohnmobil weiter an unbekannte Orte fährt.

Die goldene Spandauer Ehrennadel 2022 für Brigitte Ahlfeldt.

Gert Kaczmarek

Auch wenn er in der Schule immer der Kleinste war, ist sein Tun verdammt groß.
Groß ist auch, dass er mit Ende 40 sein Leben komplett auf den Kopf gestellt hat.
Aufgestellt hat er auch ein verschworenes ehrenamtliches Team, das Bedürftigen Stütze und Lebenshilfe ist. Hilfe braucht er nicht mehr, als ausgebildeter Rettungsheler, auch wenn er als Piefke mal der jüngste Kohlefahrer Deutschlands war.
Vor Deutschlands und Spandaus Politikprominenz hat er „keine Manschetten“
und dass er mit 61 Jahren noch den Motorradführerschein ablegt, passt zur Frage was sein Antrieb ist und die ist einfach beantwortet: „Ich möchte einfach nicht alt werden!“

Vorgeschlagen für die goldene Spandauer Ehrennadel – Gert Kaczmarek.

Er ist ein „Original“ – wer Gert Kaczmarek begegnet bekommt klare Aussagen, ga-rantiert Meinung, aber auch mal nen Augenzwinkern.

Unser Gespräch ist vetraut, amüsant und verdammt ehrlich. Hat man sich bei Gert mal beliebt gemacht, kommt man aus der Nummer nicht mehr raus. Er suggeriert einem etwas kumpelhaftes, manchmal sogar kleine Funken von Nähe, auch wenn er die gar nicht so gern hat. Wir plaudern über aktuelle Entwicklungen, über Altersarmut, Tagespolitik. Würde ich Gert Kaczmarek nicht kennen, wäre unser Gespräch hier vorbei. Der Eindruck eines toughen, geraden und sehr kommunikativen Typen wäre hängengeblieben. Doch um diesen Eindruck zu vermitteln hat er einige Mau-ern übersprungen, Widerstände genommen und lebt quasi gerade sein zweites, sein unbelastetes und ganz wichtig sein selbstbestimmtes Leben.

Geiler Typ, Verantwortungsträger, Macher.

Gert Kaczmarek wir als Sohn eines Bleigießers und einer Sekretärin am 05.11.1955 in Neukölln geboren.
Er ist Kind der Nachkriegszeit und kennt den Umstand das eine Tafel Schokolade auch mal für drei Personen eine Woche reichen muss.

Er stromert durch die Hinterhöfe Neuköllns und beschreibt seine Kindheit mit den Worten: „Wir waren arm, aber reich!“. Er ist eher zurückgezogen, seine überschau-bare Körpergröße bringt die ein oder andere Hänselei mit sich, trotz alledem ist er ein kleiner Racker, der sich den Titel „jüngster Kohlefahrer Deutschlands“ ergattert.

Wärme heißt in dieser Zeit auch Lieferung durch 20 tonner Kohlelaster.
Und wenn ein ebensolcher fahrerlos auf der Straße steht, muss man sich mit ju-gendlicher Neugierde auch mal reinsetzen und ausprobieren. Das sich schnurrstracks die Handbremse löst, ist nicht gewollt, aber passiert. Leider lassen sich 20 Tonnen, die ins rollen kommen, auch nicht mehr mit jugendlicher Muskel-kraft aufhalten.

Ein paar zusammengeschobene Autos und ein nicht ganz amüsierter Kohlefahrer sind das Ergebnis und ein Gert, der an die Worte seine Mutter denkt: Wenn du scheiße baust-steh dazu. Eine Klarheit, die ihn auch heute noch auszeichnet.

Die Schule beendet er mit der 10. Klasse, aber ohne Abschluss.
Trotz alledem wir er eine Lehre als Industriekaufmann erfolgreich abschließen.

Zu dieser Zeit schleicht etwas in Gerts Leben, das sich immer wieder, wie ein dunkler Schatten auf seine Geschicke legt – die sonnigen Strahlen seines Lebens verdeckt, verdunkelt und zeitweise auch verbannt. Sein Leben wirkt nach außen hin normal, er geht Beziehungen ein, in denen er sein Glück nicht findet.

Wir schreiben das Jahr 2001, Gert nennt es den Beginn seiner eigenen neuen Zeitrechnung. Seit diesem Zeitpunkt lebt Gert selbstbestimmt und suchtfrei. Der fitte Endvierzger ist voller Tatendrang. Er arbeitet im Sankt Gertrauden Krankenhaus, er führt einen kleinen Elektroladen in der Brunnenstraße, fährt Krankentransporte und macht sich 2006 in diesem Business selbständig. Zu diesem Zeitpunkt verschlägt es ihn auch nach Spandau in die Heidereuther Straße – er wird Spandau nicht mehr verlassen.

Ehrenamtlich ist er hier schon einige Jahre unterwegs und leitet eine Selbsthilfegruppe, um zu bewahren, sich selbst zu schützen und Erfahrungen zu teilen.2013 geht er in Rente und verschreibt sich dem Thema Ehrenamt komplett.
Der weitere Weg führt ihn zur Lebensmittelausgabe „Herz und Hand“.
Aufgaben die sein Leben festigen, ihm wieder ein Gefühl für die Wertigkeit seines eigenen Lebens geben und eine Entscheidungsfähigkeit, die er nie wieder missen will.

2016 übernimmt er die Leitung der Ausgabestelle „Laib und Seele“ in der Schön-walderstraße und ist heute gewählter Beirat bei „Laib und Seele“ für die Regien 5 bei der Berliner Tafel.

Hier in der Schönwalder Straße heißt es: „Immer wieder Montags“. An diesem Wo-chentag werden hier 400 Menschen mit Lebensmitteln versorgt, die bedürftig sind. Klingt einfach, ist aber ein Full-Time Job. Lebensmittel akquirieren, abholen sortieren, Bedürftigkeit abfragen, ausgeben, planen, Hauslieferungen bewerkstelligen, organisieren und und und….
Alle gut 45 Menschen, die hier wöchentlich ehrenamtlich beschäftigt sind, tun dies aufopfernd und sehr gerne, weil Gert Kaczmarek ein Ohr für Probleme, Menschen und Nöte hat.
Seit 2022 ist Gert auch als gewählter Bürgerdepurtierter in der Politik angekommen und versucht etwas gegen die vorherrschende Altersarmut zu tun.

Nebenbei organsiert und begleitet er Hilfstransporte für die Ukraine mit, die auch Schwerstkranke in sichere Umgebungen bringen und hat sich die letzten sechs Monate um die Auffrischung und Anerkennung zum Ausbilder für Erste Hilfe und Sanitäter gekümmert, um bald in Berliner Schulen und Kindergärten Herz, Lungen und Wiederbelebungskurse anzubieten.

Sein Leben hat sich seit 2001 grundlegend zum positiven verändert und er stellt es in den Dienst anderer, mit seiner Tanja hat er auch seinen persönlichen heimischen Anker gefunden und wenn‘s zu viel wird geht für beide aufs Motorrad, den Motorrad- Führerschein hat er nämlich noch mit 61 Jahren gemacht.
Tanja hat er übrigens nur kennengelernt, weil sie über Facebook jemanden suchte der noch „Arschlochkarten zu vergeben hat. Eine solche Suchanfrage machte Gert dermaßen neugierig, dass er die Frau kennenlernen musste – seit vier Jahren sind die beiden unzertrennlich und glücklich miteinander.

Eine besonders nennenswerte Körpergröße hat er auch heute immer noch nicht, die brauch er auch nicht, den heute sehen ihn die Leute mit anderen Augen und seine Größe besteht aus Tatkraft, großer Kommunikationsfähigkeit und Lösungs-kompetenz, für sich und seine Aufgaben.

„Ich möchte nicht alt und untätig werden“, sagt er und empfindet die ehrenamtliche Verantwortung unumwunden als Ehre. Sein Antrieb ist es Menschen an die Hand zu geben, wie sie unkompliziert Soziales tun können und Möglichkeiten aufzeigt, wie man man sich etwas dazuverdienen kann.

„Solange man mich noch haben will, mach ich das noch“, sagt er am Ende des Gesprächs.
Glaub mir so einen Typen, wie dich braucht man immer und wir wollen dich nicht haben, sondern behalten und dass solange wie möglich.

Für jemanden der selber Untiefen überstanden hat, andere motiviert doch ganz einfach Gutes zu tun, der Bedürftigen Stütze ist und für Werte einsteht.

Auf das du dir den Traum vom Motorrad und der Route 66 erfüllst und wunschlos glücklich bleibst in unserem Zuhause.

Die goldene Spandauer Ehrennadel für Gert Kaczmarek.

Andreas Wunderlich

Als gebürtiger Spandauer ist man auch mal unprätentiös und nicht auf den Mund gefallen. Gefallen ist er fast in die U-Bahn-Röhren der Altstadt Spandau, den während der erste Altstadtsanierung hat er hier schon Häuser begutachtet. Begutachtet hat er auch schon immer Ungerechtigkeiten – liegt vielleicht daran das er in den 70ern den „Radikalener-lass“ miterlebt hat. Erlebt hat das „Frontschwein“, wie er sich selber nennt Einiges und weiß das Handwerk „Goldstaub fürs Leben“ ist. Leben tut er, auch wenn mit drei Söhnen das Zuhause manchmal einer Jugendherberge glich, war er mehr Herbergsvater als Gast. Gefühlter Gast ist er manchmal in seinem eigen Unternehmen über Fester, dort plant, plaudert und profiliert sich jetzt auch Wunderlich Junior, der auch gern mal sagt: „Papa komm mal morgen nur zum Kafee!“

Vorgeschlagen für die goldene Spandauer Ehrennadel – Andreas Wunderlich

Andreas Wunderlich ist wundervoll unprätentiös, kommunikativ und angenehm entspannt. Spricht man in Spandau das Wort „Stadtentwicklung“ aus, ploppt garantiert auch das Wort „Wunderlich“ auf, was Neugierde weckt. Wer ist der Typ ?!
Ihm Gegenüber sitzend wird schnell klar, hier sitzt ein Quell an Ideen, Geschichten und vor allem Lebenserfahrung – wobei trotz seiner beruflichen Expertise Kommunikation sein Schlüssel ist, um zu überzeugen, manchmal zu überreden und auch mal – und deswegen sitzt er heute hier – im positivsten Sinne überzuperformen.
Die Welt gehört denen, die nicht lange fackeln, sondern für etwas brennen und das kann man ihm mit völliger Überzeugung zusprechen.

Vermittler, Entwickler, Überzeuger, Spandauer.

Andreas Wunderlich beehrt Spandau geburtstechnisch am 6. Juli 1957 in der Lynarstraße. Die Eltern sind jung, seine 21-jährige Mutter kümmert sich um den Haushalt und der 24-jährige Vater – der sieben Sprachen spricht- verdient seine Brötchen bei der Polizei.

Die Zeit ist geprägt von Wohnungsnot, so wohnt die kleine Familie erstmal bei den Großeltern auf neun Quadratmetern und bekommt dann mittels „Wohnungszuteilung“ eine Wohnung in der Golmer Straße.

Andreas ist ein auffälliges, lebhaftes Kind und murmelt auf der halb asphaltierten Golmer Straße um große Bugger und Glaser und treibt sich mit seiner Bande „Weißer Spitz“ über Hinterhöfe und Teppichklopfstangen.

Die Birkengrundschule ist nicht von Fleiß geprägt, sondern eher verbunden mit Schwär-mereien für die hübsche Pausenaufsicht. Danach geht auf Wunsch des Vaters aufs Gymi – seinen Abschluss wird er auf eine Realschule erwerben.

Anfang der 70 er ist die Zeit wild, Andreas auch für Schabernack treibender Keil
und Schwimmbäder werden auch gerne mal außerhalb der Öffnungszeiten zum Mond-scheinschwimmen genutzt oder das sagenumwobene „Jetpower“ unsicher gemacht. Damals ist gewisses Interesse für Politik vorhanden und für Architektur, die ihm sein Onkel – alt 68er – vermittelt.

Ruhiger wird’s dann in der alten Bastion auf der Zitadelle – damals Ausbildungsstandort fürs Fachabitur. Neben zimmern, mauern, tischlern oder schweißen nimmt er auch „Goldstaub für Leben“ mit – dieser Leidenschaft mit einer Prise Perfektionismus frönt er auch heute noch zum Leidwesen der Familie.

Mit 17 dann wird er extrem pflüge und zieht zu seiner 21-jährigen Freundin, mit 19 in die erste eigene Bude in die Beyerstraße und wird Architektur studieren.

In der heutigen Reflektion lächelt er darüber. „Ich wollt nen Großer sein und auf eigenen Beinen stehen!“

Das aus einem Praktikum im Architekturbüro, dann Gutachten für Beweissicherungsverfahren im U-Bahn Bau werden und er den U-Bahn Bau in der Spandauer Altstadt begleitet, wer hätte es gedacht.

Und da Architekten gern auch mal privat Fundamente gießen, schafft sich Andreas quasi einen festen Sims mit Barbara und einen Rahmenplan mit Lustgarten aus dem drei Söhnen erwachsen, um vom Keller bis zum Schornstein eigenhändig in Staaken dann in drei Jahren ein Haus zu bauen. Ein festes familiäres Fundament und eine Ehe, die nun schon 40 Jahre Bestand hat. (Respekt dafür und kleines Applaus).

Beruflich dürstet es ihm nach anderen Feldern und er macht den Praxisschein in Gerichtsmedizin, studiert mal Jura an und liebäugelt mit den öffentlichen Dienst, dort hat man ja „nen lockeres Leben“, sagt er.

Gelandet ist er bei BSM – Beratungsgesellschaft für Stadterneuerung und Modernisierung. Das er der jüngste im Laden ist ist unspektakulär, das hier ein Wechsel in seinem Denken zur „behutsamen Stadterneuerung“ entsteht ist erwähnenswert, aber das er wie er sagt „einfach immer wieder befördert wurde“ ist fast unglaublich.

Hier startet er durch mit Fördermitteln für Altbausanierungen, Baukontrollen in ganz Berlin, mit dem 100 Dächer Programm, mit dem der Unterstützung des Aufbaus eines Bauministe-riums in Brandenburg nach der Wende, aber auch mit Planungen in Spandau, wie Umge-staltung der alten Mau Mau Siedlung in Haselhorst.

Da er sich 1987 mit seinem Kollegen selbständig macht mit einer Stadterneuerungsgesell-schaft ist fast Nebensache. Hier wird er nachdem er 2010 seine Anteile verkauft Spandau mehr als nah, denn er koordiniert mit den Bezirksamt alle öffentlichen Projekte, die mit der Altstadt zu tun haben, was Fußgängerzone, Kulturhaus, Musikschule, Umbau Markt-platz, alles unter der Maßgabe Bürgerbeteiligung. In einem Interview gibt es Andreas Wunderlich treffend wieder: Im Prinzip sind wir die Dirigenten eines Orchesters aus Pla-nern, Politikern, Anwohnern und Akteuren“.

So entstand mit seiner Wunderlich Stadtentwicklung Berlin GmbH das Altstadtmanagement, das seit 2012 bestand hat und in dem er als „Frontschwein“ agiert, wie er es dezent lächelnd ausdrückt. Hier ist er Ansprechpartner für alles und jeden, von der Klimaleitstelle bis zur Stadtbibliothek und Themen der Barrierefreiheit bis zur Marktplatzsanierung.

Er tritt für „Sachen ein, die gut sind“, beschreibt er sein Tun und das fortwährend und immer und ist somit auch ein Hüter, Bewacher und innovativer Kopf unserer Altstadt.

Sein bürgerschaftliches Engagement ist vorbildlich und ansteckend. Als Gründungsmit-glied des Lions Club Berlin-Spandau konnte er in vielen Projekten Gutes bewirken. Bei-spielhaft sind hier das Blindentastmodell vor dem Gotischen Haus, sein Engagement für die Suppenküche Spandau, sowie diverse Spendenaktionen für Geflüchtete. Auch bei privaten und geschäftlichen Feierlichkeiten verzichtet Andreas Wunderlich mit Nachdruck auf Geschenke und sammelt stattdessen Spenden für den Spandauer Verein Träglinge e.V..

Diese Aufgabe erfüllt er mit herausragendem Engagement und nimmt seine Tätigkeiten vielmehr als eine Berufung wahr. Eine starke emotionale Bindung an die Spandauer Alt-stadt und seine Heimatverbundenheit sind der Grund dafür, dass Andreas Wunderlich weitaus mehr leistet, als die Auftragsinhalte, Projekte oder Aufgaben von ihm verlangen. Von den Gewerbetreibenden und weiteren Interessenvertreterinnen und -vertretern in der Altstadt wurde er so schnell schätzen gelernt. Er fungierte als Berater und in unzähligen Fällen als unaufgeregter Konfliktlöser, der nicht zuletzt aufgrund seiner Parteilosigkeit immer und ausschließlich an der Sache interessiert war.

Andreas Wunderlich hat in diesem Jahr seinen 65. Geburtstag gefeiert und wird daher beruflich um einiges kürzertreten. Ich kann mit Sicherheit sagen, dass dies wirklich ausschließlich seiner beruflichen Tätigkeit gilt.

Auf das du noch lange durch die Straßen Spandaus schlenderst, weiter an unserem Bezirk schraubst und überall ein bisschen mehr machst.

Auf das deine Söhne dir weiter Enkel schenken, die längeren Bootsfahrten dir Freude bereiten und du weiter behaupten kannst das du das tust „was dich glücklich macht“.

Die goldene Spandauer Ehrennadel für Andreas Wunderlich.

Thorsten Hanf

Die „Sportboulette“ ist einer seiner heutigen Ideen. Ideenreich und aufregend ist sein Leben durchweg, denn er fürchtet sich nicht Entscheidungen zu treffen. Tref-fen kann man ihn bei Führungen auf der Zitadelle, schnell erkennbar an seiner ansteckenden Lebensfreude. Freude prägt seinen Weg, auch wenn er sagt das er sich vom Sturrkopf zum Weichspüler entwickelt hat und eigentlich krasse „Vereinsphobie“ hatte.
Phobien bekommt er, wenn er etwas nicht besser machen kann, kein Wunder als Mann der noch an Mikrofilmlesegeräten geschraubt hat.
Geschraubt hat er auch am Vereinsleben des TSV 1860, auch wenn Frau und Stadtführungen eigentlich die einzigen Konstanten in seinem Leben sind, behaup-tet er der TSV 1860 ist der älteste Verein Spandaus, den die Schützengilde zählt nicht.

Vorgeschlagen für die goldene Spandauer Ehrennadel – Thorsten Hanf

Thorsten Hanf ist ansteckend. Im Vereinshaus des TSV 1860 ist der Empfang herz-lich, sehr kuchenlastig und mit Spaßfaktor gespickt.
Sofort ist klar hier ist ein Menschenfänger am Werk, der Lebensfreude transportie-ren kann, Begeisterung teilt und vermittelt, dass er rasant auf sein Gegenüber ein-gehen kann.
Er würde es „prozessdiplomatisch“ nennen, aber Gabe trifft es besser.
Im Gespräch wird klar, dass Thorsten Hanf sich eine gewisse Unabhängigkeit erar-beitet hat, die ihm Freiheit und Meinung verschafft. Ein Privileg das er zu schätzen weiß. Nach dem Gespräch habe ich das Gefühl einen „Bessermacher“ getroffen zu haben, der Werte vermittelt, Menschen motiviert und an Projekten mehr als dran-bleibt.

Gutgelaunt, authentisch, prägend und mit uverstellten Blick auf die Dinge.
Remember Remember, the 5. of November. Guy Falks ist quasi Patenonkel, den am 5. November 1960, wird Thorsten Hanf aus biologischen Gründen im Nachbarbezirk Charlottenburg geboren, aber sofort in die Kronprinzenstraße nach Hakenfelde transportiert.

Der Großvater hat eine traditionsreiche Bäckerei, der Vater ist Zahntechniker und die Mutter schmeißt den Haushalt.

Die Kindheit ist behütet und harmonisch, im Gegensatz zur schulischen Laufbahn, die nicht zwingend von Fleiß sondern eher von Faulheit und gelegentlichen vereinzelten Interessen geprägt ist. Angenehmste Erinnerung hierbei ist der Chorgesang mit Otto Ruttenberg, der seine seltene Stimmlage zu würdigen weiß, zuhört und mit Fürsprache nach vorne bringt – ein Wesenszug den man heute bei ihm wiederfindet.

Thorsten ist Racker, Anstifter und auch mal Wortführer, der auch gern mal Scheiße bau und sich für keinen Streich zu schade ist. Da wird die Midway-Schlacht schon mal mit blauer Tapete live nachgespielt oder sich rücklinks aus Fenstern abgeseilt, um SPD Werbung zu verschönern.

„Ich hatte damals schon ein Messer zwischen den Zähnen, war sturrköpfig und hab mir auch einiges versaut“, erinnert er sich an die Zeit, um sofort die Gegenwart ein-zuordnen: „Heute bin ich dagegen ein Weichspüler“.

1978 und mit schneidigen 18 Jahren war er eher nicht glattgebügelt und organsiert allenthalber Partys, beginnt ein Jurastudium, dass er aber vor dem Staatsexamen sausen lässt – einen Abschluss in Beruf oder Studium wird er nie machen.

Ein Umstand, der mir Respekt abringt und aufzeigt, dass Lebensläufe nie Tatendrang und Motivation ersetzen werden.

Thorsten repariert Mikrofilmlesegeräte, organisiert Führungen auf der Zitadelle, macht einen Abstecher in die TV-Produktion, produziert auf Eiswerder Beiträge für Magazine, wie Fakt oder Monitor und landet über Zufälle bei der TÜV-Akademie als Dozent, Projektleiter für verschiedenste Thematiken und nebenbei organsiert er Veranstaltungen von Hundekotbeseitigung bis Open Air, dies alles gern parallel, mittendrin und nebeneinander her.

Nicht weil er muss, sondern weil er will und vom Gedanken beseelt ist um die 50 der Arbeitswelt den Rücken zu kehren -man kann ihm attestieren, dass er sich diesen Traum der Sorgenfreiheit erfüllt hat.

Einzige Konstante über Jahrzehnte hierbei seine österreichische Frau, seine Führungen und seine autodidaktischen Fähigkeiten, sich Dinge anzueignen, zu durchdringen und schlussendlich besser zu machen.

Das er nebenbei noch zertifizierter Entspannungscoach und Ernährungsberater ist, zeigt nur das Thorsten irgendwie rastlos ist.

Diese Rastlosigkeit bringt ihn auch zum Ehrenamt und Vereinswesen. Die „Verein-sphobie“ von der er spricht ist leider nicht besonders ausgeprägt, so gelangt er in den 90ern an den Posten des Geschäftsführers der Sportschützen 1952, ist Gründer des Bund Deutscher Sportschützen, organisiert den „Deutschen Seglertag“, lei-tet mittendrin das Altstadt Theater und die Freilichtbühne, gründet den Verein „City Management Spandau“ kümmert sich 2000 um die Öffentlichkeitsarbeit des „Bezirkssportbund Spandau“, wird Geschäftsführer der „Historischen Spandauer Stadgarde“ und gelangt 2002 an den TSV 1860 Spandau. Hier beginnt alles mit Öffent-lichkeitsarbeit bis er 2014 Vorsitzender wird und diesen Posten hat er heut noch inne.

Plaudert man mit ihm über den Verein der jetzt 3.000 Mitglieder, vor der Pandemie 6.000 Mitglieder umfasste, gibt es eine große Bandbreite zwischen
Betreuer bis Unternehmensberater, die ihn kennzeichnet. Wir sprechen über die „Balance Scorecard“, Entwicklungsmöglichkeiten, Struktur, Messbarkeit, Evaluation, Zukunftsprojekten, aber
auch über Ansätze, wie „Verein denken“, „Werte vermitteln“, das Vereinsleben „Arbeit an der Gesellschaft ist“, dass er die nächste Generation mit aufbaut und dass er versucht gleitend irgendwann aus der Sache rauszukommen – diesen Satz sagt er mit einem vielsagenden Lächeln auf den Lippen, was mir sagt: Er wird noch ein Weilchen bleiben.

Das er mitunter bei Veranstaltungen und Sitzungen mit 30 Leuten und mehr im Raum, sofort identifizieren kann, welche Menschen in ärztlicher Behandlung sind, dass er weniger Stresspotential hat, weil alle seine Feinde größtenteils schon unter der Erde sind und mir seinen über Jahrzehnte erarbeiteten „prozessdiplomatischen Ansatz“ erläutert, zeigt nur das Thorsten Hanf immer noch verdammt auf der Höhe ist und mit einem bübischen Lächeln jegliche Problematiken und Befindlichkeiten mit seiner ihm eigen Art anpackt, die Respekt abverlangt.

„Wenns einem gutgeht, ist es eine Verpflichtung etwas zurückzugeben“, sagt er und das strahlt er täglich aus.

Thorsten Hanf ist quasi der Projektpapst des Bezirks, denn alles was er über kurze oder längere Zeiträume angepackt hat, angeschlagen, desolat oder kaputt ist nach seinem Einsatz in einen vermeintlich besseren Zustand gekommen – bei seinen mannigfaltigen Einsätzen, Errungenschaften, Ehrenämtern ein Verdienst um unse-ren Bezirk und unserem Gemeinwohl.

Für einen, der nicht mehr muss aber will, der Kritik ohne Lösungsansatz mäßig findet und der diesen Bezirk und den TSV 1860 besser macht.

Auf das du den Weg aus deinem Freizeitfinkas in Österreich und Spanien immer wieder nach Spandau findest, diesem Bezirk innig verbunden bleibst und uns mit deinen kreativen Ideen #Sportboulette weiter begeisterst.

Die goldene Spandauer Ehrennadel für Thorsten Hanf.

Jürgen Hilpisch

Englishman in New York, oder ein Hesse in Spandau.
Französisches Flair ist er gewohnt, auch wenn er in einem Dorf sozialisiert wurde.
Die dörflichen Vorzüge Spandau und das weltmännische hat er jahrzehntelang
als Siemensianer verbunden. Verbunden hat er seit je her auch sein Umfeld als ruhiges und wolkenloses Hoch Jürgen. Apropo Wetterlage – hätte Petrus von seinem Faible für Meteorologie gewusst, wäre sein Leben wohl wechselhaft und stürmisch geworden. Stürmisch war er auch fußballerisch, denn wer kann schon behaupten
Lothar Matthäus mal vors Scheinbein getreten zu haben. Getreten hat er auch seine größte Freiheit, einen VW Käfer, 34 PS, ohne Tankanzeige, marinablau.
Aber gut, wer Programmieren noch mit Lochkarte kennt, auch mal Entscheider war und behauptet, er ist Spandauer und kein Berliner, darf als eingemeindet angesehen werden.

Vorgeschlagen für die goldene Spandauer Ehrennadel 2022 – Jürgen Hilpisch

Mit einem breiten Grinsen und kleinen Späßchen beginnt das Gespräch mit Jürgen Hilpisch. Schnell wird klar, bei ihm muss man auf „Zack“ sein, denn irgendwie verschwimmt schnell wer hier eigentlich wen ausfragen will. Er strahlt Neugierde
für sein Gegenüber aus und auch ein unweigerliches Interesse am Neuem, das er
ergründen, verstehen und für sich einordnen möchte und das extrem empathisch vermittelt. Er wirkt wach und aufgeweckt, aber unaufgeregt und mit einer gewissen Ruhe ausgestattet, die er, wie zu erfahren ist auch auf seine beruflichen Erfahrungen gründet. Aber gut, wer vier Söhne großgezogen hat entwickelt wohl auch privat eine gewisse Stressresistenz.

Sympathischer Strukturgeber, stringent und verdammt angenehm.

Jürgen Hilpisch wird am 30.07.1957 NICHT in Spandau geboren, sondern in einem 2000 Seelen Dorf in Hessen, wie sein dezenter aber unverkennbarer Akzent heute noch zu erkennen gibt.

Kindheit verbindet er mit der Idylle von weiten Feldern und Wiesen, mit Kühen und Schweinen. Die wehrte Frau Mutter ist Hausfrau und der Vater Polier und Bauleiter.
Mit den Großeltern wuselt er durch Felder und drescht, siebt und tauscht auf
Märkten. Die Zeiten sind nicht einfach aber schön und die Affinität zum Dorfleben mit Einfachheit, Miteinander und sozialer Kompetenz wird ihn bis heute begleiten.

Gesteigertes Interesse in der Schule hat er an Geografie, Mathe und Physik, Themen die er zukünftig brauchen wird. In der Freizeit tritt er gegen den Ball und ab und auch mal Lothar Matthäus, gegen den er in jungen Jahren mal verteidigt hat. Matthäus wird Weltstar und Weltmneister, Hilpisch erstmal Sanitäter bei der Bundeswehr und anschließend Hobbymeteorologe im Studium, aber das relativ wechselhaft und unstabil. Die Hörsäle und Professoren liegen ihm in Mainz, aber die nebulösen Tendenzen und die trübe Aussicht auf guten Verdienst nach dem Studium machen eine Luftveränderung nötig.

Nach viereinhalb Jahren heißt es dann Diplom in Volkswirtschaftslehre, das Feier-gen ausgiebig befriedigt und Freiheitsgefühle beim vertrauten Knattern des VW Kä-fer mit 34 PS, ohne Tankanzeige in marinablau.

Die folgenden beruflichen Tendenzen werden durch ein unwesentlich großes Weltunternehmen weiter gezeichnet und geprägt. In Frankfurt landet Jürgen als Trainee bei Siemens und wird sich hier weiter seinen Weg bahnen. IT-Systemberatung, Begleitung der kreativen Anfänge der Softwareentwicklung und der Programmierung mit Lochkarte, Unternehmemsberatung, Projektleiter international und Personalverantwortung.

Und da Großunternehmen gern auch mal die Partnervermittlung ersetzen, wird Jür-gen mit Kollegin Gabrielle fündig, die er 93 ehelicht und mit der er heute vier Söhne sein Eigen nennt, drei davon gebürtige Spandauer.

Hier landet Jürgen beruflich nämlich 1996 und darf sich den „neuen Bundesländern“ widmen und privat unserem Bezirk, mit dessen Tonalitäten und Umgangsformen er noch so seine Schwierigkeiten hat. Hier werden nämlich keine Türen auf-gehalten, sondern sympathisch und klar darauf hingewiesen „das man det doch selber machen kann“!

Ein Zuhause findet sich in Hackenfelde, wo man ihn heute beim „Holz machen“ antriftt, was holen, hacken und verfeuern bedeutet – gelobt seien außergewöhnliche Hobbys.

„Mir sind die Dinge irgendwie immer in den Schoß gefallen“, beschreibt Jürgen seinen Weg mit einem verschmitzten Lächeln.

Da verwundert es nicht, dass er bald Elternvertreter und Helferlein des Förderver-eins der Eichenwald Grundschule ist, was ihm auch immer ein bisschen seine Frau eingebrockt. Er ist vordergründig Strukturgeber im Job und Gabrielle Taktgeber im Privaten und den sozialen Kontakten der Familie – ein Gespann, das sich bewährt.

2012 werden beide „Elternfortbildner“ – ein Programm der Senatsverwaltung um Eltern an schulische Strukturen und Organisation heranzuführen. Was ist die Ge-samtelternvertretung, Rechte und Pflichten von Eltern oder wie initiiert man einen Elternabend.
Ganz nach dem Geschmack Jürgens leiten sie hierzu methodisch/didaktische Kurse bis heute.

2013 lernt er den Leiter der Spandauer Musikschule kennen, bedingt durch seine Söhne, die sich musikalisch ausprobieren und landet unvermittelt im Förderverein, bzw. Freundeskreis der Musikschule Spandau. Hier gibt er bis heute Struktur, Unterstützung und Zeit zum Besten, was ihm dem Vorsitz beschert und damit einher-gehend Betreuung von Veranstaltungen, Anschaffung, Pflege und Reparatur von Instrumenten, leiert Schüleraustausch mit Partnerstädten an, pflegt Kooperationen, wie mit dem Kant-Gymnasium –wo er den Förderverein auch unterstützt- oder schlicht um die Finanzierung von Auftritten – er gibt Struktur und damit seinem Um-feld Sicherheit.

Da fällt es kaum auf das er 2018 seine berufliche Karriere beendet und auch mal ein Buch liest, auch wenn ihn Bücher immer auf neue Ideen bringen, was er als „fürchterlich“ empfindet. Er meint es positiv und packt es genauso unaufgeregt an, wie alles in seinem Leben. Und auch das Dörfliche hat ihn nicht losgelassen, denn in Hilpisch Straße wird zweimal im Jahr mit allen Anwohnerinnen und Anwohnern gefeiert – organisiert von Hilpischs.

Auf die Frage, ob er mit dem Wort Ehrenamt etwas anfangen kann, spricht von der Unterstützung des Gemeinwesens und von sozialen Komponenten, die eigentlich vom Staat ausgehen müssten.

Er hat Recht! Doch zur Wahrheit gehört auch, dass ein Staat Gemeinwohl fördern kann, aber es eines der wenigen Dinge ist, die er nicht erzeugen kann, deshalb ist es umso luxuriöser dass wir einen Mann, wie Jürgen Hilpisch im Bezirk wissen, der mit beruflicher Expertise, einer gewissen Motivation für Problemstellungen und einer unbändigen Neugier und Selbstlosigkeit, Dinge angeht, regelt und einordnet und schlussendlich strukturiert– auch für andere Menschen, die davon profitieren und seinen Einsatz für unseren Bezirk zu schätzen wissen.

Für jemand der sich engagiert für die Musikschule Spandau und Eltern t und die-sem Struktur, Anleitung und Erfahrung mit auf den Weg gibt.

Auf das du nochmal ein Instrument lernst, dir den Wunsch des Stand-up Paddle Boards erfüllst und diese Ehrennadel auch mit deiner Frau zelebrierst, ohne die das alles nicht möglich gewesen wäre, wie du erzählst und vor allem so sympathisch unaufgeregt bleibst und Teil unserer bezirklichen Dorfgemeinschaft bleibst.

Die goldene Spandauer Ehrennadel für Jürgen Hilpisch.

Regine Maaß / Wolfgang Langkau

Sie sind ein dynamisches Duo und haben die Ruhe weg. Ob hierfür die Beschäftigung beider im Finanzamt Spandau der Grund ist bleibt ihr Geheimnis. Geheim hingegen ist nicht, dass ihnen Langeweile ganz schlechte Laune macht. Machen tun sie eine Menge für Ihren Verein SC Siemensstadt und die Geflüchtetenunter-kunft am Rohrdamm. Dabei ist hilfreich das sie schon 35 Jahre in wilder Ehe leben und das Regine weiß, dass ihr Wolfgang Kommunikationstalent ist und sie die Organisation übernimmt. Übernehmen können Sie sich nicht, denn sie fragen sich schon inständig, wo und wie sie eigentlich nach der Ukraine-Krise weiterhelfen. Ein Power Couple aus Siemensstadt mit Fahrrad und Bollerwagen.

Vorgeschlagen für die goldene Ehrennadel 2022 – Regie Maaß und Wolfgang Langkau.

Ich gebe zu ich bin vorgeprägt, bevor ich das Paar besuche. Mit dem Ausbruch des Ukraine-Konflikts und der Einquartierung von Geflüchteten am Rohrdamm, kam man an Regine und Wolfgang nicht vorbei. Nach der ersten Tasse Kaffee und einem Stück Kuchen fällt mir auf, dass die beiden eingespielt sind und mir wenig Angriffsfläche für schnippige Pärchenwitze in dieser Laudatio geben. Beide haben ihr Arbeitsleben hinter ich und geben mir zu verstehen, das ein lethargisches Dasein auf der heimischen Couch ein sinnloses Dasein für Sie bedeuten würde und das sie sich Neugierde, Empathie, Mitmenschlichkeit bewahrt haben und aus diesen Umstand Zufriedenheit ziehen.

Ein Duo mit klaren Kanten, immenser Hilfsbereitschaft und einer ansteckenden Selbstverständlichkeit dafür.

Wolfgang wird als Spandauer Jung am 08.05.1949 als Hausgeburt in der Zeppelin-straße unseren Bezirk bereichern.

Die Mutter ist Hauswirtschaftlerin, die Großeltern habe einen „Tante Emma Laden“ und wohnen in Siemensstadt. Die Kindheit ist unbeschwert auch wenn auf dem Kant-Gynmnasium Latein zur „Hölle“ wird.

Himmel hingegen ist das Theaterspiel, dem er frönt. Damals entwickelt Wolfgang eine Affinität zu Publikum und dem gesprochenen Wort, mit dem er überzeugen, überreden oder überhaupt nichts sagen kann. Er spricht süffisant lächelnd von „bedachter Kommunikation“, seine Regine von einer gewissen ausgeprägten Präsenta-tionsfähigkeit und gint zu Protokoll „umso mehr Leute umso besser fand ers“!

Seine Lehrer attestieren ihm klare berufliche Richtungen, denn wer viel „heiße Luft“ redet wird Jurist oder Politiker.

Ins Jurastudium wird er reinschnuppern, um dann schnurrstracks sein Diplom in Betriebswirtschaft erfolgreich abzuschließen, da er nebenbei, sehr lukrativ, als Her-bergsvater einer Jugendherberge in Westend schon mal anwendet.

Verschmitzt spricht er von einer „heißen Zeit“. Auch wenn Wolfgang sehr dezent von einer gewissen Beliebtheit als Sprücheklopfer und einer Affinität zum Lachen spricht, ist zu erahnen, das wild, ausgelassen und vorne weg ihm nicht fremd sind.

Nach Stationen beim Recyclingunternehmen Alba als Geschäftsführer, beim Struk-turunternehmen Refa, landet er da, wo die Beleibtheit des Amtes Höhenflüge macht.
In dieser Welt gibt es nichts Sichereres als den Tod und die Steuern – dem Span-dauer Finanzamt.

Zwischen Insolvenzen, Bescheiden und dem Bereich der Investitionsvorlagen hat Wolfgang nichts abzusetzen, ähhh auszusetzen. Auch wenn sein Aufenthalt hier fast Vergnügungssteuerpflichtig ist, den in der Kantine arbeitet er an seinen Lie-beswerbungskosten und begeistert die kesse Finanzangestellte Regine für seine haushaltsnahen Dienstleistungen, die dann 1986 die Entfernungspauschale einspart und in Wolfgangs Haus in Siemensstadt zieht. Da hier noch saniert und reno-viert wird, als „billige Arbeitskraft, wie sie heute schmunzelnd zu Protokoll gibt.

Gekrönt wird diese Liasion 1988 mit der Geburt des Sohnes Oliver.
Selbstreden kommt man in diesem Spandauer Ortsteil am Sport-Club-Siemensstadt nur schwerlich vorbei. Regine biegt und bastelt am guten Körpergefühl in der Gym-nastiktruppe des Vereins und weiß zu vermitteln ,dass Männer doch auch Gynmastik machen müssen“, zur Freude von Wolfgang der doch eher Ballsportarten favori-siert und sich doch der Gymnastikwelt voller Freude hingibt.

Mit dem Thema stretchen, dehnen und betätigen beginnt auch die unmittelbare Verbindung zum SC Siemensstadt – bis heute.
In der Vergangenheit haben sie beide vieles begleitet, organisiert und geprägt: Kids Aktiv, Units Sports Day, das Familiensportfest, das jährliche Schauturnen, den Ver-einsweihnachtsmarkt und das Weihnachtssingen und und und . Dabei erweisen sich die Beiden immer wieder als Allround-Talente, die sowohl schmackhafte Waf-feln backen, Kinder über Übungsgeräte führen als auch für die nötige Musikanla-gentechnik sorgen können.

Ein Segen für den Verein und den Bezirk, das ihr ausgeprägtes „Helfersyndrom“ am Ausgang des Sport-Club Siemensstadt nicht endet.
Seit 2015 und 2017 dürfen sich beide ihren Tageablauf ohne Arbeit einteilen und dies machen Sie sinnvoll und bedacht, alles unter der Maßgabe: „Wir machen einfach!“.

Mit dem Ausbruch des Ukraine-Konflikts im Februar zeigt sich auch hier wieder ein Gedanke der fast unendlichen Solidarität. Am Rohrdamm wurde kurzfristig eine Gemeinschaftsunterkunft mit gut 200 Ukrainerinnen und Ukrainern belegt. Durch die immense Spendenbereitschaft entstand kurzfristig im Lenther Steig eine Spendenausgabestelle, initiiert durch Kirche, Bezirksamt und Ehrenamtlichen, die bis heute besteht – schnell war klar, das Regine und Wolfgang hier eine exponierte Stellung innehaben und von mir quasi als Leitung angesehen werden.

Die umfasst nicht nur sortieren, Regale aufstellen und eine organsierte Ausgabe bewerkstelligen, sondern viel mehr.

Wer ist schon vor Krieg geflohen und hat dieses ganz eigene tragische Gefühlsleben durchgemacht – körperliche Strapazen, seelische Problematiken, verlassen der Heimat oder des Geburtsortes.

Regine und Wolfgang helfen, hören zu und heilen ein bisschen, weil sie sich für die Gefühlswelt ihres Gegenübers interessieren, Sprachbarrieren und Kriegsproblematiken zum Trotz.

Für den kleinen ukrainischen Jungen werden professionelle Fußballschuhe be-sorgt, die krebserkrankte Ukrainerin erhält einen Rollstuhl und die werdende Mutter einen Kinderwagen. Nebenbei müssen Ehrenamtliche organisiert werden, Öffnungszeiten geregelt, Aktionen geplant und Spenden, wie zum Beispiel aus Wohnungsauflösungen in den Lenther Steig transportiert werden.

Freudentränen, Umarmungen und fröhliche Gesichter sind hierfür Lohn, Gehalt und Motivation zum weitermachen, dranbleiben und mitfühlen.

„So eine Ehrung ist schön, wir hätten es aber auch so getan. Für uns eine Selbstverständlichkeit.“, sagen die beiden und damit ist alles gesagt.

Für unermüdlichen Einsatz für den Sport-Club-Siemensstadt und einer unaufgeregten Mitmenschlichkeit und einem selbstverständlichen Einsatz für die Allgemeinheit, die ihnen auch eine gewisse Zufriedenheit verschafft.

Auf das ihr nicht in eure so verschmähte Lethargie verfallt, ihr weiter Kraft und Le-bensfreude aus eurem Tun zieht und ihr euch weiter Gedanken macht, wo ihr nach dem Ukraine –Konflikt weiter machen könnt.

Die goldene Spandauer Ehrennadel für Regine Maaß und Wolfgang Langkau.

Reinhard Müller

40 Jahre lief sein Leben nach dem Takt der Schulglocke. Zum Glück hatte er seinen Notenschlüssel dabei, um diesem Umstand mit der Klaviatur der guten Laune etwas zu entfliehen. Dass er gerade in einen neuen Lebensabschnitt eintaucht, sieht man ihm gar nicht an, auch wenn er viel zu früh eingeschult und chronisch spätreif ist.
Reif ist, dass er sich vier Jahrzehnte für Spandaus Schulen und das gemeine Musizieren in Spandau ins Zeug gelegt hat, auch wenn er heute noch nichts mit der Fugenexposition in 12-Ton-Musik anfangen kann. Angefangen und etabliert hat er musikalisch unzählige Veranstaltungen in unserem Bezirk, auch wenn er auf der Bühne gern mal ‘nen „Larry schiebt“. Mit Recht, denn wer kann schon behaupten, mit Reinhard Mey, Paul Kuhn und den Ärzten Kontakt gehabt oder musiziert zu haben. Also Dank geht raus an Tante Erna, die ihm mit sieben Lenzen zum Klavier gebracht hat, denn davon profitieren wir heute noch.

Vorgeschlagen für die goldene Spandauer Ehrennadel 2022 – Reinhard „Reini“ Müller

Wer Reini Müller schon mal auf einer Bühne gesehen hat, erkennt schnell Rampensau und musikalisches Mastermind. Von seinen Erfahrungen und Erlebnissen erzählt „Reini“ am heimischen Küchentisch. Hier ist er immer noch mit ansteckender guter Laune beseelt, aber doch etwas bedachter, zurückhaltender und fast selbst überrascht, was er bis jetzt musikalisch in seinem Leben organisiert, angeschoben und bewerkstelligt hat. Im Nachhinein wird in einer E-Mail, fast nachdenklich, geschrieben stehen, dass er selbst fasziniert war, wie viele Punkte seines Lebens im Gespräch wieder aufgeflackert sind.
Miteinander musizieren und mächtig viel Sozialkompetenz.

Reinhard Müller wurde als „echter“ Spandauer am 14. Juni 1959 im damaligen Lynar-Krankenhaus (Neustadt) geboren, ist seinem Heimatbezirk stets treu geblieben und lebt jetzt mit seiner Frau Karin und den beiden Kindern Gina Sophie und Janik in der südlichen Wilhelmstadt.

Seine ersten Schritte macht er in der Teltower Straße. Er hat einen 20 Jahre älteren Bruder. Sein Vater ist schneidiger Oberstudienrat, die Mutter kümmert sich um Nachwuchs und Haushalt.

Erste schulische Erfahrungen macht er in der Christian-Morgenstern-Grundschule, erste musikalische mit Tante Erna. Die Profimusikerin kommt gern mal aus der sowjetisch besetzten Zone zu Besuch und weckt die Leidenschaft für Klavier und seine 88 Tasten.

Oberschulische Erfahrungen macht er am Lily-Braun-Gymnasium und am Freiherr-vom-Stein-Gymnasium. Extrem förderlich hierbei ist, dass der kleine Reinhard immer auch mal Unterricht bei Lehrerinnen und Lehrern hat, die sein alter Herr ausgebildet hat, und da fragt man gern auch mal nach: „Du Reinhard, was sagt dein Vater eigentlich zu meinem Unterricht?“ Heute würde man wohl sagen: „Wie uncool ist das denn!“

Der kleine Reinhard ist zu diesen Zeiten zurückhaltend, etwas in sich gekehrt und beherrscht die Klaviatur der guten Laune noch nicht. Heute beschreibt Reini seine schulische Laufbahn mit den Schlagwörtern „bessere Konzentration – bessere Leistungen“ oder auch mit „zu früh eingeschult und chronisch spätreif“. Dass ihn Klassenzimmer, Paukerehre und Notendurchschnitt 40 Jahre begleiten werden, war absehbar, da auch die vorherigen Müllerschen Generationen geleitet, gelehrt und garantiert auch etwas gelitten haben.

In dieser Zeit kommt er durch Zufälle auch in Kontakt mit dem SFB Kinderfunkhaus, wird Hörspiele sprechen und Größen, wie Reinhard Mey und Paul Kuhn kennenlernen. Dass er diesem Metier zukünftig auch gern beruflich gefrönt hätte, wird ihm sein Vater ausreden.

Im Jahre 1977 wird Reini sein Abitur machen, auch wenn ihn der Leistungskurs Musik etwas desillusioniert hat. Für Reini ist Musik freudige Erregung, gleitender Resonanzraum und großartige Emotion und keine theoretische Fugenexposition in 12-Ton-Musik. Ein Umstand, der ihn bis heute prägt.

Bevor er sein Lehramtsstudium, Fächer Musik und Französisch, beginnt, wird er aber musikalische Völkerverständigung leisten, vorbereitend Studien an der französischen Côte d‘Azur durchführen und erforschen, wie bezirzende Klänge in Strandbars und Bikiniatolls auf das weibliche Geschlecht wirken und wie man hier Leidenschaft und knisterndes Aphrodisiakum hervorruft. Eine Zeit, die das Selbstbewusstsein boostert, Entertainment-Qualitäten freischürft und, wie er selber augenzwinkernd zugibt, „sprachlich viel gebracht hat“!

Ende der 70er Jahre initiierte Reinhard Müller mit anderen jungen Musikern und in
Zusammenarbeit mit dem damaligen Kultursenator Dr. Sauberzweig (SPD) die Planung und Umbaudurchführung vom „Rockhaus Spandau“.
Aus diesem Projekt erwuchsen bedeutende Künstler, wie „Die Ärzte“,
Loveparade – Initiator Dr. Motte oder der Produzent der GZSZ Musik Christoph Rinnert.

Anfang der 80er Jahre nahm Reinhard Müller an der Organisation der „Umsonst und Draußen”-Festivals in Kladow teil und wirkte auf der Bühne als Keyboarder und Sänger der Bands “Macbeth“ und „Fiktiv“ mit.

1985 heißt es dann Entscheidungen treffen! Nach dem bestandenen 2. Staatsexamen mit der Freundin essen gehen oder bei der Band “ROCK 59“ am Metzer Platz als Keyboarder aushelfen. Die Entscheidung ist schnell getroffen und die Band-Beziehung dauert nun schon über 37 Jahre an – “ROCK 59“ ist Spandauer Kulturgut und mit zahllosen Auslandstourneen sowie über 1300 Auftritten auch auf allen lokalen Bühnen zuhause.

Alles netter Nebenverdienst bei der Suche nach einem Lehrerjob, der zu damaligen Zeiten nicht so reich gesät war, wie in heutigen Zeiten.

Sein Paukerdasein ist untrennbar mit der Musik verbunden, denn er kennt die Höhen und Tiefen des Schulalltags, kann sich hineinversetzen, spürt schlummerndes Potenzial und findet sich auch immer wieder selber wieder, in den rund 3000 Schülerinnen und Schülern; möchte sie fördern und ihr Selbstbewusstsein stärken – einen Weg, den er selber in Kindertagen gehen musste – und das trägt musikalische und ehrenamtliche Früchte.

Reinhard Müller kümmert sich seit 30 Jahren um das Weihnachtsmusizieren der Spandauer Grundschulen in der St. Nikolai-Kirche und übernahm auch die Leitung dieser Veranstaltung, er betreut 25 Jahre lang die „Spandauer Rock- und Popwerkstatt“, kümmert sich seit 15 Jahren um die Grundschulveranstaltung „The Best Of“ im Kant-Gymnasium, arrangiert fünf Jahre lang „Schulchor trifft Rockopas“ auf dem Spandauer Weihnachtsmarkt und organisiert zu Corona-Zeiten den „Weihnachtslieder-Circle“ auf der Zitadelle. Außerdem war er jahrelang ehrenamtlich im „Bezirksausschuss des pädagogischen Personals“ sowie „Fachberater für Musik in Spandau“.

Meiner Meinung nach hat Reinhard Müller durch sein unermüdliches Engagement für
konstante und sich dennoch immer weiterentwickelnde Darbietungsformen, freiwillig und ohne zusätzliche Entlohnung, weit über den normalen Rahmen eines Musiklehrers Hinausgehendes geleistet.

Jetzt ist er seit ein paar Monaten Ehrenamtlicher, denn Reini ist nun Pensionär und der Wecker klingelt nicht mehr täglich um 05:59 Uhr – aber er unterstützt den Bezirk weiterhin unentwegt als Musikpädagoge und Musiker.

Deshalb wird man ihn auch am 3. Dezember beim Weihnachtsmusizieren der Spandauer Grundschulen wieder auf der Bühne am Altar der St Nikolai-Kirche finden.

Reini sagt „Projektfrei geht nicht“, auch wenn er nun in einen neuen Lebensabschnitt eintaucht, wird er das Musizieren, Projekte mit Kindern, Konzerte und die dadurch entstehenden Herausforderungen weiter annehmen, umsetzen und uns die „Zöglinge“ und das Publikum entertainen.

Für einen, der Bildung auch als Motivationsveranstaltung empfindet, rund 3000 Schüler*innen etwas mit auf den Weg gegeben hat, und der nie so richtig loslassen wird – und das ist gut so für Spandau.

Auf dass du mit “ROCK 59“ und Schulchor nochmal die Wuhlheide rockst, dass du weiter Menschen mit deiner Art „kriegst“, wie du es nennest, und uns auch nach deiner Lehrerkarriere so motiviert, unbändig und verdammt kreativ in Spandau zur Seite stehst.

Die goldene Spandauer Ehrennadel 2022 für Reinhard „Reini“ Müller.