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Außenbereich, § 35 Baugesetzbuch (BauGB)

Aussenbereich

Aussenbereich

Städtebaulich ist jede Fläche im Gebiet einer Gemeinde einer planungsrechtlichen Zulässigkeitskategorie zugeordnet. Es wird dabei rechtssystematisch zwischen drei Bereichen unterschieden, welche die planungsrechtliche Grundlage für jedes Bauvorhaben darstellen. Im Einzelnen sind dieses neben dem hier beschriebenen Außenbereich gem. § 35 BauGB, der § 30 BauGB (Bebauungsplan ) und der § 34 BauGB (Innenbereich ).

Im Gegensatz zum Innenbereich handelt es sich beim Außenbereich gem. § 35 BauGB nicht um Bauland. Die Abgrenzung zwischen den beiden Flächenkategorien ist deshalb für den Grundstückseigentümer bzw. Nutzer von besonderer Bedeutung und je nach der örtlichen Situation mit Zuordnungsschwierigkeiten verbunden. Der Gesetzgeber hat im Außenbereich quasi ein Bauverbot mit Ausnahmevorbehalt erlassen und die Ausnahmen im Gesetz geregelt. Bei den unter bestimmten Voraussetzungen zulässigen Nutzungen wird zwischen den sog. privilegierten Vorhaben, den sonstigen Vorhaben und den begünstigten Vorhaben unterschieden.

Privilegierte Vorhaben (§ 35 Abs.1 BauGB)

Privilegierte Vorhaben haben gegenüber allen anderen Nutzungsabsichten im Außenbereich den höchsten Realisierungsanspruch. Es sind im Regelfall solche Nutzungen, die aufgrund ihrer typischen Wesensmerkmale oder besonderen Standortvoraussetzungen nicht im sog. [[/ba-spandau/politik-und-verwaltung/aemter/stadtentwicklungsamt/stadtplanung/artikel.217158.php|Innenbereich]] errichtet werden. Hierzu zählen z.B. landwirtschaftliche Betriebe, Versorgungsanlagen für Elektrizität, Gas und Telekommunikation oder Anlagen, die der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung von Wind- und Wasserenergie dienen. Die vom Gesetzgeber hierzu in Abs. 1 erstellte „Liste“ ist abschließend und keinem behördlichen Ermessen zugänglich. Wohnnutzungen gehören regelmäßig nicht zu den privilegierten Vorhaben.

Aber auch die privilegierten Vorhaben stehen unter dem Vorbehalt, dass ihrer Ausführung öffentliche Belange nicht entgegenstehen, wobei rechtssystematisch der Privilegierung im Regelfall der Vorrang einzuräumen ist. Vereinfacht ausgedrückt bedeutet das, dass der Gesetzgeber der Gemeinde durch die hervorgehobene Sonderstellung einzelner Nutzungen die „Planung“ abgenommen hat und insoweit fast immer ein Zulassungsanspruch besteht.

Einzelne öffentliche Belange(s. u. § 35 Abs. 3 BauGB), die der Durchführung eines privilegierten Vorhabens im konkreten örtlichen Einzelfall dennoch entgegenstehen können, sind z. B. besondere naturschutzrechtliche Schutzgebietsausweisungen.

Sonstige Vorhaben (§ 35 Abs. 2 BauGB)

Sonstige, das heißt nicht privilegierte Vorhaben sind im Außenbereich nur im Einzelfall zulässig, wenn ihre Ausführung die in § 35 Abs. 3 BauGB beispielhaft aufgezählten öffentlichen Belange nicht beeinträchtigt. Öffentliche Belange i. S. des Gesetzes sind z. B.
  • die Darstellungen des [[/ba-spandau/verwaltung/abt/bpu/stadtplanung/bauleitplanung2.html|Flächennutzungsplans (FNP)]]
  • Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege
  • Belange des Orts- und Landschaftsbildes und des Bodenschutzes
  • die Vermeidung von „Splittersiedlungen“ – also einer Bebauung, die im allgemeinen Sprachgebrauch auch als „Streusiedlungen“ bezeichnet werden und massiv zur Zersiedlung der Landschaft beitragen können und deshalb einer geordneten Stadtentwicklung widersprechen.
    Im Gegensatz zu den privilegierten Vorhaben setzen sich sonstige Vorhaben gegenüber den zu schützenden öffentlichen Belangen i. d. R. nicht durch.

Begünstigte Vorhaben (§ 35 Abs. 4 BauGB)

Die in Abs. 4 enthaltenen sog. „begünstigten Vorhaben“ sind im Grundsatz auch „sonstige Vorhaben“, die vom Gesetzgeber unter genau beschriebenen Voraussetzungen eine „Begünstigung“ in der Weise erhalten haben, dass ihnen bestimmte öffentliche Belange im Genehmigungsverfahren nicht entgegengehalten werden können. Welche öffentlichen Belange dieses sind und auf welche Fallkonstellationen die Begünstigung Anwendung findet, ist im Gesetzestext abschließend und ohne die Möglichkeit einer behördlichen Ermessensausübung geregelt. Die Begünstigung dient z. B.
  • der erleichterten Nutzungsänderung ehem. landwirtschaftlicher Gebäude, deren Betriebszweck im Zuge des landwirtschaftlichen Strukturwandels aufgegeben werden musste
  • der Neuerrichtung durch Brand zerstörter Gebäude
  • der Neuerrichtung von Wohngebäuden, die erhebliche bauliche Missstände aufweisen
  • der angemessenen Erweiterung von Gewerbebetrieben, die sonst in ihrem Fortbestehen gefährdet wären.
    Den o. g. beispielhaft genannten Begünstigungen können folgende öffentlichen Belange nicht entgegengehalten werden:
  • die Darstellungen des [[/ba-spandau/verwaltung/abt/bpu/stadtplanung/bauleitplanung2.html|Flächennutzungsplanes]] (FNP) oder eines Landschaftsplanes
  • die Landschaftseigenart
  • die Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung („Streusiedlung“)
    Voraussetzung für alle beschriebenen Fallgruppen ist, dass die Gebäude/Nutzungen rechtmäßig errichtet/ausgeübt wurden. Die Begünstigungsklausel knüpft damit im Grundsatz an Merkmale des Bestandsschutzes an. Damit soll für sehr eng definierte Sachverhalte gesichert werden, dass ursprünglich rechtmäßig errichtete Gebäude oder aufgenommene Nutzungen auch unter geänderten Rahmenbedingungen fortbestehen bzw. angepasst werden können.

Beispiel:

Im Außenbereich wurde ein Reiterhof vollständig durch einen Brand zerstört. Zwischenzeitlich wurde das Areal im Flächennutzugsplan (FNP) als Grünfläche ausgewiesen. Mit der vollständigen Zerstörung des Gebäudes ist auch der Bestandsschutz erloschen, da ja kein Bestand mehr vorhanden ist. Ein Wiederaufbau des Reiterhofes würde an der entgegenstehenden Darstellung des FNP – Grünfläche – scheitern. Um eine nicht beabsichtigte Härte für die Inhaber zu vermeiden, stellt die Neuerrichtung eine vom Gesetzgeber hier bewusst gewollte Begünstigung dar, die sich über den öffentlichen Belang des FNP hinwegsetzt.