Drucksache - IX-0111  

 
 
Betreff: Zukunftswerkstatt für das UNESCO-Weltkulturerbe „Wohnstadt Carl Legien“ und Umgebung
Status:öffentlich  
 Ursprungaktuell
Initiator:BV Diana Giannone (Fraktion der SPD), BV Axel Lüssow (Fraktion Bü90/Grüne), für Bürger:innenAusschuss für Stadtentwicklung, Bebauungsplanung und Genehmigungen
   
Drucksache-Art:AntragBeschlussempfehlung
Beratungsfolge:
Bezirksverordnetenversammlung Pankow von Berlin
16.02.2022 
4. ordentliche Tagung der Bezirksverordnetenversammlung Pankow von Berlin überwiesen   
Ausschuss für Stadtentwicklung, Bebauungsplanung und Genehmigungen federführender Ausschuss
24.02.2022 
Öffentliche/nichtöffentliche Sitzung des Ausschusses für Stadtentwicklung, Bebauungsplanung und Genehmigungen vertagt   
17.03.2022 
Öffentliche/nichtöffentliche Sitzung des Ausschusses für Stadtentwicklung, Bebauungsplanung und Genehmigungen vertagt   
31.03.2022 
Öffentliche/nichtöffentliche Sitzung des Ausschusses für Stadtentwicklung, Bebauungsplanung und Genehmigungen ohne Änderungen im Ausschuss beschlossen   
Bezirksverordnetenversammlung Pankow von Berlin
04.05.2022 
6. ordentliche Tagung der Bezirksverordnetenversammlung Pankow von Berlin ohne Änderungen in der BVV beschlossen   

Beschlussvorschlag
Sachverhalt
Anlagen:
Antrag BV Giannone (SPD), BV Lüssow (Bü90/Grüne) für Bürger_innen 4. BVV am 16.02.2022
Beschlussempfehlung Stadt 6. BVV Am 04.05.2022

Das Bezirksamt Pankow wird ersucht, eine Zukunftswerkstatt einzuberufen, um pilothaft für das UNESCO-Weltkulturerbe „Wohnstadt Carl Legien“ städtebauliche Leitlinien zu entwickeln, die neben den Anforderungen des Denkmalschutzes auch denen der Klimaanpassung gerecht werden. So sollen auch in Zeiten des Klimawandels gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse sowie die natürlichen Lebensgrundlagen erhalten und entwickelt werden.

 

In der Zukunftswerkstatt sollen die Bewohner:innen des Weltkulturerbes mit Anwohner:innen der Umgebung („Pufferzone”) und den Bereichen des Bezirksamts zusammenkommen, die für Stadt­entwicklung, Denkmalschutz, Grünflächen, Naturschutz sowie Gesundheitsförderung und Stärkung des bürgerschaftlichen Engagements zuständig sind.

 

Das Bezirksamt soll die zuständigen Senatsverwaltungen, die Deutsche Wohnen als Eigentümerin der Wohnstadt sowie die interessierte Zivilgesellschaft einladen, und eine fachliche Begleitung durch Fachleute aus Denkmalschutz, Klimaschutz/-anpassung, Naturschutz, Architektur, Stadtentwicklung und weiteren relevanten Feldern hinzuziehen sowie eine professionelle Moderation nutzen.

 

Nach der Zukunftswerkstatt sollen ein Ergebnismonitoring und die Festlegung fester Ansprech­partner: innen für die anschließende Umsetzung eine Qualitätskontrolle sichern.

 

Das Bezirksamt wird insbesondere ersucht, eine Umsetzung auch im Rahmen von Förderungen wie zum Beispiel des Städtebauförderprogramms „Lebendige Zentren und Quartiere“ zu prüfen und ggf. auf den Weg zu bringen.


Begndung der Beschlussempfehlung:
In der ersten Behandlung des Antrages wurden hauptsächlich zwei Punkte ausführlich diskutiert, zum einen fehlten dem Ausschuss Anforderungen zum Schutz der betroffenen Mieterinnen, da im Antragstext nur Belange des Denkmalschutzes und die Klimaanpassung in einer Zukunftswerkstatt diskutiert werden sollten. Zum anderen wurde durch das Bezirksamt in der Debatte angeregt über das Mittel eines Denkmalpflegeplans nachzudenken, da mit einem solchen die entwicklten Leitlinien auch einen Ansatz zur Umsetzung finden könnten.
In der zweiten Sitzung war dann durch die BVV bereits die Drucksache IX-0155 zu einem Denkmalpflegeplan beschlossen worden. Mit dem Hinweis, darauf das in dem damit verbundenen Verfahren der Schutz der Mieter und deren Beteiligung berücksichtigt werden muß, hatte der Ausschuss keinen Änderungsbedarf mehr an der gegenständlichen Drucksache und empfand den Einstieg in das Projekt mit einer Zukunftswerkstatt als eine gute begleitende Maßnahme. Und empfiehlt somit der BVV einstimmig den Beschluss dieser Drucksache.

Begründung Ursprungsantrag:

Die Wohnstadt Carl Legien ist seit 2008 als eine von „nf Berliner Großsiedlungen der Moderne“ als UNESCO-Weltkulturerbe geschützt und genießt damit den denkmalrechtlich höchsten Schutzstatus. Sie ist ein wegweisendes Beispiel des Neuen Bauens und verkörpert exemplarisch den Anspruch, bei der Stadtentwicklung die Bedürfnisse der Bewohner:innen in den Mittelpunkt zu rücken.

Die Wohnstadt Carl Legien ist seit einer umfassenden Sanierung aktuell in einem insgesamt guten bau­lichen Erhaltungszustand. Allerdings führt der Klimawandel mit dem fortschreitenden Temperatur­anstieg, einer zunehmenden Häufigkeit von Extremwetterereignissen wie längeren Hitzeperioden, Dürren und Starkregen auch das UNESCO-Weltkulturerbe vor bisher unbekannte Herausforderungen.

Insbesondere die häufiger auftretenden und länger anhaltenden Hitzeperioden stellen für die Bewoh­nerinnen und Bewohner eine Belastung und, insbesondere für Kleinkinder, ältere oder kranke Men­schen, auch ein akutes gesundheitliches Risiko dar. Diese Entwicklung trifft die Menschen überall in Berlin, wobei innenstadtnahe Gebiete wegen des „städtische Wärmeinsel“-Effekts besonders betroffen sind.

Mit dem BVV-Beschluss VIII-0916 hat Pankow den Klimanotstand erklärt. Alle Entscheidungen des Bezirksamtes sind demnach auf ihre Auswirkungen auf das Klima zu prüfen und unter die Prämisse einer bestmöglichen Klimaverträglichkeit zu stellen. Diese Entscheidungen sind nicht allein in einem  reaktiven Sinne zu verstehen. Vielmehr können in der Zukunftswerkstatt exemplarisch Lösungen für die Klimawandelanpassung entwickelt werden, die auch auf andere Stadtquartiere anwendbar sind, insbesondere auch auf die zahlreichen anderen denkmalgeschützten Ensembles und Quartiere in Pankow und Berlin insgesamt.

Die Pflege und die Schaffung von Grün in der Stadt sind angesichts der doppelten Herausforderung durch den Klimawandel und die Biodiversitätskrise von besonderer Bedeutung. Dem hat Pankow mit dem BVV-Beschluss VIII-0402 zur Deklaration „Kommunen für biologische Vielfalt“ Rechnung getra­gen. Welche praktischen Folgerungen sich hieraus ergeben und wie dies mit anderen Nutzungsanfor­derungen in Einklang gebracht werden kann, ist eines der Themen für eine Zukunftswerkstatt.

Die Wohnstadt Carl Legien ist hierbei nicht als isolierter Stadtraum zu betrachten. Mit der sie umge­benden Pufferzone ist sie Teil des Fördergebiets Ostseestraße im Rahmen des Städtebauförder­programms „Lebendige Zentren und Quartiere“, das von den vier Hauptverkehrsstraßen Ostseestraße, Greifswalder Straße, Grellstraße und Prenzlauer Allee umschlossen ist. Mit den ebenfalls denkmal­geschützten Bauten von Bruno Taut zwischen der Grell-, der Hosemann- und der Rietzestraße verfügt das Gebiet über ein weiteres denkmalgeschütztes Ensemble, das baulich und gestalterisch aufs engste mit der Wohnstadt Carl Legien verknüpft ist und sich hierauf bezieht.

Das gesamte Fördergebiet ist geprägt von einer deutlichen Unterversorgung mit Grünflächen und Kinderspielplätzen bei gleichzeitiger verschwenderischer Inanspruchnahme von Stadtraum durch ein­geschossige Supermärkte und Discounter. Außerdem ist das Fördergebiet erheblich von Durchgangs- und Umgehungsverkehr belastet, der sich insbesondere von der Ostsee- und der Grellstraße in das Wohngebiet verlagert.

 

Diese städtebaulichen Beziehungen, das herausragende baukulturelle Erbe und die das gesamte För­dergebiet betreffenden Defizite verlangen nach einer ganzheitlichen Auseinandersetzung, für welche die „Wohnstadt Carl Legien“ einen geeigneten Kristallisationspunkt darstellt. Angesichts der von der UNESCO entwickelten Ansätze für eine umfassende Bürgerbeteiligung beim Erhalt, der Pflege und der Weiterentwicklung der Welterbestätten und im Lichte der von der BVV aufgestellten Leitlinien für Bürgerbeteiligung (BVV-Beschluss VIII-0224) ermöglicht die Einrichtung einer Zukunftswerkstatt hierfür einen geeigneten Rahmen.

Das Ziel der Zukunftswerkstatt ist ein von allen Beteiligten getragenes Konzept für den Erhalt und die Weiterentwicklung der Wohnstadt Carl Legien und des Denkmalschutzes im 21. Jahrhundert im Geiste des von der BVV erklärten Klimanotstands und den Nachhaltigkeitszielen der Vereinten Natio­nen.

 
 

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