Pankows Defizit ist schmerzhaft. Nach einem Defizit von 11 Millionen in 2023 gab der Senat für 2024 ein Haushaltsdefizit von rund 7 Millionen Euro bekannt. Auch wenn die Tendenz stimmt, können wir mit dem Ergebnis nicht zufrieden sein. Das Bezirksamt Pankow hat daher am 15. April 2025 eine Haushaltssperre verhängt.
Ausgangslage: Erneutes Defizit trotz begonnener Sanierungsmaßnahmen
Diese Maßnahme soll helfen, den Haushalt kurzfristig zu stabilisieren. Mittel- und langfristig angelegte Umstrukturierungsmaßnahmen aus dem Sanierungskonzept wurden begonnen, haben in dem Jahresergebnis von 2024 aber noch keine Wirkung gezeigt. Dies liegt daran, dass die strukturellen Ursachen für das wiederkehrende Defizit tief liegen: Sie wurzeln in den Finanzierungsmechanismen des Landes Berlin, die Bezirke wie Pankow systematisch benachteiligen.
Dr. Cordelia Koch, Bezirksbürgermeisterin und zuständig für Finanzen im Bezirksamt Pankow, erläutert:„Unser Defizit entsteht strukturell – nicht aus Misswirtschaft. Trotz eines Haushaltsvolumens von etwa 1 Milliarde Euro können wir nur über rund 10 Prozent davon frei verfügen. Diese Mittel reichen längst nicht mehr aus, um alle Pflichtaufgaben angemessen zu erfüllen.“
Verantwortung des Senats: Systemische Benachteiligung von Bezirken mit sehr guter Sozialstruktur
Wie schon in den vergangenen Jahren geraten vor allem Pankow und Steglitz-Zehlendorf – die Bezirke mit den höchsten Sozialindizes Berlins – regelmäßig an die Grenze ihrer finanziellen Leistungsfähigkeit. Eine bewusste Folge der Finanzzuweisungsregeln:- Umlagen und Sozialindizes: In der Hilfe zur Erziehung wird Pankow rechnerisch jedes Jahr eine Menge von 30.000 Kindern abgezogen, was die Bezirksausgaben im Berliner Vergleich künstlich erhöht und zu Defiziten führt.
- Fehlkalkulationen bei Pflichtaufgaben: Auch bei der Eingliederungshilfe führen die vom Senat verhandelten Kostensätze in Pankow zu besonders teuren Leistungen, die nicht auszugleichen sind durch Steuerungsmaßnahmen auf Bezirksebene.
- Unzureichende Finanzierung wachsender Aufgaben: Die Kosten der Bewirtschaftung bezirklicher Immobilien steigen massiv, während die Finanzzuweisungen stagnieren. Ebenso bleibt die überdurchschnittliche Aufnahme von Geflüchteten in Pankow bei der Mittelverteilung unberücksichtigt.
Dr. Koch kritisiert:„Die anerkannt dysfunktionalen Finanzierungsstrukturen müssen endlich reformiert werden, statt eines Weiter-so. Wenn wir weiter über die Bezirke sparen leidet die soziale Infrastruktur und die Bezirke geraten unter Druck, ihre öffentlichen Einrichtungen aufzugeben. Das ist gerade im wachsenden Bezirk Pankow kein gutes Mittel der Wahl. Pankow soll das Wohnungsproblem Berlins lösen und braucht daher mehr soziale Infrastruktur, nicht weniger.“
Weder diese Sondersituation noch, dass Pankow die meisten Geflüchteten Berlins unterbringt, zählt aber im Berliner Finanzierungssystem.
Kinder- und Jugendfreizeit-Einrichtungen: Deckelung von kommunalem Angebot im Finanzierungssystem
Besonders problematisch ist, dass bei der Finanzzuweisung für Kinder- und Jugendfreizeiteinrichtungen freie und kommunale Träger gemeinsam betrachtet werden und es einen Deckel für die kommunalen Angebotsstunden gibt. Dadurch ergibt sich in Bezirken mit einem hohen Anteil kommunaler Einrichtungen ein Defizit, das in Pankow 500.000 Euro im Jahr beträgt.
„Faktisch werden Bezirke für eigene Einrichtungen bestraft“, erklärt Dr. Koch. „Das Land fördert so eine Privatisierung über die Finanzierungslogik – ohne dies offen politisch zu diskutieren.“
Ab 2027 soll diese Regelung revidiert werden, doch bis dahin steht Pankow weiter unter Spardruck. Der Bezirk prüft daher, inwieweit eine Umwandlung kommunaler Einrichtungen in freie Trägerschaften fachlich und wirtschaftlich sinnvoll ist. Daran arbeitet gerade der zuständige Jugendhilfeausschuss.
Konsequenzen und nächste Schritte
Als Sofortmaßnahmen setzt Pankow:- Haushaltssperre: Alle neuen Ausgaben müssen von der Bezirksbürgermeisterin genehmigt werden.
- Einnahmesteigerung: Ausbau der Parkraumbewirtschaftung und Nutzung bezirkseigener Flächen für Windkraftprojekte an der Autobahn.
- Erhalt sozialer Infrastruktur: Schließungen von Kinder- und Jugendeinrichtungen werden derzeit ausgeschlossen. Der Bezirk soll wachsen und braucht dafür zukünftig mehr soziale Angebote.
Dr. Koch abschließend:„Pankow wächst – und damit auch unser Bedarf an sozialer Infrastruktur. Wir fordern vom Land Berlin endlich eine faire Finanzierung, die den realen Bedarfen gerecht wird. Nur so können wir unserer Verantwortung gegenüber den Bürgerinnen und Bürgern gerecht werden.“