Drucksache - 0470/XVIII
Die zuständigen Senatsverwaltungen für Justiz und Bildung, Wissenschaft und Forschung sind mit Schreiben vom 07. Juli 2008 über das Antragsanliegen informiert worden. Die jeweiligen Fachreferate, Straf- u. Strafverfahrensrecht sowie Hilfen für delinquente junge Menschen, Jugendgerichtshilfe, haben dieses interessiert aufgenommen und auf folgende Sachverhalte hingewiesen:
Zunächst verpflichtet das im Jugendgerichtsgesetz (§ 38 Abs. 2) und im SGB VIII (§ 52 Abs.1) benannte Beschleunigungsgebot die Jugendhilfe und in der Folge alle weiteren Verfahrensbeteiligten zu einem frühzeitigen Tätigwerden.
Kernaufgabe des jugendstrafrechtlichen Verfahrens ist es, vor der Verhängung von entsprechenden Maßnahmen und Sanktionen die Persönlichkeit des beschuldigten Jugendlichen zu erforschen und zu würdigen, um durch eine möglichst punktgenaue und individuell passende Intervention späteres Fehlverhalten zu verhindern. Hierbei kommt der Jugendhilfe bei ihrer Mitwirkung im Jugendstrafverfahren, insbesondere in Zeiten erhöhter Anforderungen an Kooperation und Informationsaustausch, eine Schlüsselstellung zu.
Um diesem Anliegen Rechnung zu tragen, wurde von den zuständigen Senatsfachverwaltungen die "Ressortübergreifende Arbeitsgruppe zur Kinder- und Jugenddelinquenz" unter Beteiligung mehrerer Jugendrichter eingerichtet. Diese Arbeitsgruppe hat ausführliche Handlungsempfehlungen zur Verbesserung der ressortübergreifenden Zusammenarbeit bei Kinder- und Jugenddelinquenz entwickelt, die unter anderem wesentlicher Inhalt der neuen Ausführungsvorschrift Jugendgerichtshilfe (AV JGH) sein werden.
Bei der Forderung nach einer Verkürzung der jugendgerichtlichen Verfahren ist zu berücksichtigen, dass der Anteil der Jugendschöffensachen in Berlin in den vergangenen Jahren gestiegen ist. Dabei stellen die gegen Intensivtäter geführten Verfahren insbesondere wegen ihres Umfangs eine große Belastung für das Jugendgericht dar. Dennoch ist die durchschnittliche Verfahrensdauer im amtsgerichtlichen Bereich bei Jugendsachen mit 3,4 Monaten beim Jugendrichter und 4,3 Monaten beim Jugendschöffengericht im Jahr 2006 deutlich geringer als beispielsweise in dem immer zum Vergleich herangezogenen Stadtstaat Hamburg (3,9 und 4,8 Monate). Dieses Ergebnis kann als besondere Leistung angesehen werde, da die durchschnittlichen Eingänge bei den einzelnen Jugendrichtern in Berlin mit fast 600 Verfahren im Jahr 2006 - neuere Daten liegen noch nicht vor - einen Höchststand erreichten und damit deutlich höher lagen als der Bundesdurchschnitt mit 569 Verfahren. Da mit einer weiteren Zunahme der Verfahren gerechnet werden muss, ist die Justizverwaltung weiterhin bemüht, die Verfahrensabläufe zu verbessern und, soweit möglich, auch zu beschleunigen. Hierzu werden bei dem Amtsgericht Tiergarten sowie dem Landgericht Berlin weiterhin erhebliche Verbesserungen in der IT-Ausstattung sowie der Organisation vorgenommen, um ein effizientes strafprozessuales Verfahren zu gewährleisten.
Die Jugendrichter/-innen des Amtsgerichts Tiergarten arbeiten daher im Rahmen der Verfahren mit den Jugendämtern und Jugendgerichtshilfen eng zusammen. Sie wirken in Arbeitskreisen, z. B. bei der Senatsverwaltung für Justiz aber auch in den Bezirksjugendhilfeausschüssen, mit. Ein Richter des Amtsgericht Tiergarten wurde zum Mitglied des Landesjugendhilfeausschusses berufen.
Die Einrichtung der Intensivtäterbetreuung bei der Staatsanwaltschaft Berlin, Abteilung 47, und der entsprechenden täterorientierten Betreuung in den einzelnen Polizeidirektionen sowie die Betreuung der sogenannten Kiezorientierten Mehrfachtäter in den Polizeiabschnitten durch einen zuständigen Sachbearbeiter führten zu einer erheblichen Verbesserung der Kooperation und Kommunikation der im Jugendstrafverfahren beteiligten Institutionen. Die jeweiligen Ansprechpartner sind bekannt und können im einzelnen schneller verbindliche Absprachen treffen, die zu einer Beschleunigung des Verfahrens beitragen können.
Für den Bezirk Neukölln hat das Präsidium des Amtsgerichtes Tiergarten Vorschläge von Jugendrichtern aufgenommen und deren Zuständigkeiten ab Januar 2008 auf Kiezbereiche und Sozialräume ausgerichtet. Die Staatsanwaltschaft hat sich hier ebenfalls in den regionalen Bezug eingegliedert, um insbesondere in den sogenannten vereinfachten Jugendverfahren, in der Regel geht es um Bagatelldelikte mit klarer Beweislage, möglichst innerhalb einer Woche zu reagieren. Eine Auswertung hierüber liegt noch nicht vor.
Im Rahmen der Umsetzung der Senatsvorlage zur Weiterentwicklung von Konzepten für Gewaltprävention bei Kindern und Jugendlichen wird die Personalausstattung der bezirklichen Jugendgerichtshilfen in den Focus genommen, um hier durch Verbesserungen die Verfahrensabläufe auch bei der Umsetzung jugendrichterlicher Entscheidungen zu beschleunigen.
Die besondere Belastung der Jugendstrafabteilungen, insbesondere auch aufgrund der dargestellten Koordinationsaufgaben, führt zu einem erhöhten Bedarf an richterlichem Personal, dem im Rahmen der Personalausstattung und unter Beachtung der verfassungsmäßigen und höchstrichterlichen Anforderungen an das Strafverfahren einschließlich des Jugendstrafverfahrens Rechnung getragen wird.
Das Bezirksamt geht davon aus, dass die angesprochenen Senatsverwaltungen mit den benannten Vorhaben und Handlungsstrategien zu schnelleren Bearbeitungsabläufen bei allen im Jugendstrafverfahren beteiligten Institutionen kommen werden.
Berlin-Spandau, den 11.9.2008 Das Bezirksamt
Birkholz MeysBezirksbürgermeister Bezirksstadträtin
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