amt. Vorsteher:
… Wir kommen zur nächsten Drucksache bzw. zu den nächsten
beiden Drucksachen, die ich gerne zusammen aufrufen möchte:
Die Drucksache 1677/VI und 1680/VI – Zu Konsequenzen für die Arbeit des
Bezirksamtes aus der Auswertung der jüngsten Ergebnisse des Monitorings Soziale
Stadtentwicklung und der Drucksache zum Sozialmonitoring 2009.
Wer möchte dazu sprechen? Frau Schwarz, bitte schön, Sie haben das Wort.
Frau Schwarz:
Sehr geehrter Herr Vorsitzender, sehr geehrte Damen und
Herren,
das Monitoring Soziale Stadtentwicklung gibt unter anderem Auskunft über die
sozialen Veränderungen in Berlin und dient der Senatsverwaltung für
Stadtentwicklung als Frühwarnsystem vor Fehlentwicklungen. Als Planungsräume
mit sehr niedrigem Entwicklungsindex wurden in Marzahn-Hellersdorf unter
anderem die Alte Hellersdorfer Straße, die Helle Mitte, die Hellersdorfer
Promenade, die Böhlener Straße und der Boulevard Kastanienallee identifiziert
– soweit die Fakten.
Die Daten des Monitorings Soziale Stadtentwicklung, die die Helle Mitte oder
auch den näheren Umkreis mit dem negativen Index als einen Problemkiez
ausweisen, sind nicht neu. Sie waren 2007 nicht anders als 2008. Darüber kann
man nun nicht wirklich überrascht sein. Und der Aufschrei in der Presse war gut
für die Presse, die Forderung an die Politik durchaus berechtigt, aber der
Prozess der Verdrängung und der Abschiebung der sozialen Probleme aus den
Innenstadtbezirken findet schon länger statt und es ist zu befürchten, dass er
noch lange nicht zu Ende ist. Die Stadt Berlin sonnt sich gern im Goldenen
Bären und begrüßt Prominenz und Gäste aus aller Welt, aber zur Stadt Berlin
gehören eben auch Bezirke wie Marzahn-Hellersdorf. Wenn ein ehemaliger
Bürgermeister der Stadt, Herr Diepgen, aber zum Beispiel in dieser Woche beim
RBB dazu auffordert, wir sollten doch bitte schön alle ein bisschen den Gürtel
enger schnallen und unsere Ansprüche und Standards runterschrauben, dann frage
ich mich, wer soll die Ansprüche runterschrauben? Die vielen Menschen in
prekären Lebenssituationen? Für die ist schon längst der Schlussstrich erreicht.
Die Idee von Herrn Westerwelle, einmal über Hartz IV zu diskutieren, ist auch
nicht schlecht. Aber worum geht es dabei wirklich? Darüber, wie sehr ein Leben
mit Hartz IV, das von Generation zu Generation am Rande der Gesellschaft keine
Chance auf Teilhabe, keine gesellschaftliche Anerkennung, keine Hoffnung und
keine Träume kennt? Wie kann man diese Spirale von Armut aufhalten? Wie kann
man Kindern Hoffnung auf ein selbstbestimmtes Leben in Würde geben, das nicht
lediglich auf Barmherzigkeit und Großzügigkeit der Besitzenden angewiesen ist?
Mir ist klar, wir sprechen hier nicht über Bundespolitik. Aber die Tatsache,
wie sehr gerade diese Bundespolitik die Handlungsfähigkeit eines Bezirkes, wie
den unseren, einschränkt, ist unbesehen. Unabhängig davon erwarten die Menschen
allerdings von den hier gewählten Politikern im Amt ideenreiche und ganz
praktische Angebote. Sie interessiert nicht, was nicht geht, sondern, was an
Schlussfolgerungen aus diesem Frühwarnsystem für sie praktisch handhabbar ist. Die
Aufwertung der Flächen rings um die Helle Mitte durch die Neugestaltung, die
Campagne des Center-Managers sowie der Wohnungsunternehmen der Wohntheke, die
beispielsweise mit „Frischluft in Hellersdorf statt Feinstaub in Berlins
Mitte“ im vorigen Jahr für diesen Standort gegen das schlechte Image
geworben haben, sind nur ein Punkt. Aber davon wird sich ein positives
Lebensgefühl, ein sich wohlfühlen im Kiez nicht einstellen und die
grundlegenden Fragen von dem Monitoring sind nicht beantwortet. Insofern bin
ich gespannt auf die Antwort des Bezirksamtes.
amt. Vorsteher:
Vielen Dank, Frau Schwarz. Gibt es noch weitere Fragen?
Nicht.
Frau Bürgermeisterin, bitte schön, Sie haben das Wort.
Frau Pohle:
Herr Vorsteher, meine sehr verehrten Damen und Herren,
sehr verehrte Frau Schwarz, herzlichen Dank für Ihren Beitrag.
Ich denke, Sie haben zu Ihrer Großen Anfrage und den Fragen zu Ihrer Großen
Anfrage schon einen guten Aufschlag gewählt. Wir haben in der vergangenen Woche
im zuständigen Fachausschuss für Gesundheit, Soziales und Senioren/-innen ja
auch schon über die Ergebnisse des Monitorings Soziale Stadt diskutiert, und
welche Schlussfolgerungen sich daraus auch für die Arbeit des Bezirksamtes und
der Bezirksverordnetenversammlung ergeben. Frau Mohnholz, Sie waren ja leider
vorher gegangen, obwohl Sie schon das letzte Mal diese Frage gestellt hatten.
Sie haben ja heute auch noch mal Anfragen gestellt, deshalb will ich hier noch
mal auf ein paar Ergebnisse aus dem Monitoring auch eingehen, weil – und
da hat Frau Schwarz ja richtig darauf verwiesen – dieses Monitoring
Soziale Stadtentwicklung dient sozusagen der Beobachtung der Entwicklung in den
Stadtteilen des Landes Berlin und bezieht sich eben nicht nur auf
Marzahn-Hellersdorf, und es beschreibt auf der Grundlage verschiedener Indizes,
die einmal einen sozialen, sozio-ökonomischen Status beschreiben, aber auch,
was relativ neu ist, die Dynamik der Entwicklung darstellen, wie sich die
einzelnen Stadtteile oder Sozialräume entwickeln. Zu diesen Daten zählen Arbeitslosigkeit,
Transferbezug und Migrationshintergrund. Zu den Dynamikindikatoren gehören
Daten zur Mobilität, das heißt selektive Wanderungen, und zu den Veränderungen
einzelner Statusindikatoren. Das sind jeweils 6, die sich beziehen und dieses
gestufte Berechnungsverfahren führt dann dazu, dass diese Indizes gebildet
werden und die werden dann im Verhältnis 3 : 2 auch in die Berechnung
einbezogen. Und daraus ergibt sich dann die Einstufung der entsprechenden
Gebiete. In Gebieten mit einem sehr niedrigen Entwicklungsindex besteht nach
diesen quantitativen Befunden stadtentwicklungspolitischer Interventionsbedarf.
Das ist etwas, mit dem wir auch in der Vergangenheit eben schon konfrontiert
worden sind, nicht nur in der Feststellung, sondern auch in der Entwicklung und
Umsetzung ganz konkreten Handlungsstrategien. Wir haben seit über 10 Jahren ein
Quartier in Marzahn-Hellersdorf, nämlich Marzahn-NordOst, in dem sozusagen ein
Quartiersmanagement mit Interventionsbedarf angesiedelt ist und in dem durch
den Einsatz zusätzlicher sowohl investiver stadtplanerischer, aber eben auch
bis hin zu Mitteln für Projektarbeit mit dem Schwerpunkt Bildung, Integration
und ausgerichtet vor allen Dingen auch auf die Gruppe der Kinder und
Jugendlichen, interventionistisch eingegriffen werden kann und damit die
Entwicklung des Quartiers beeinflusst werden kann. In Gebieten mit einem
niedrigen Entwicklungsindex besteht Interventions- und Präventionsbedarf. Hier
ist vor jetzt 4 Jahren die Entscheidung im Land Berlin gefallen, damals mit
Senatsbeschluss, dass auch in Marzahn-Hellersdorf in 2 weiteren Gebieten
Quartiersverfahren etabliert werden, die damals, so war die Einschätzung,
sozusagen Präventionsbedarf zugestanden bekommen haben. Das war und ist das
Gebiet rund um die Hellersdorfer Promenade und das Gebiet an der Mehrower
Allee. Sie selbst nehmen regelmäßig hier in der Bezirksverordnetenversammlung
die Entwicklungsberichte aus diesen Quartieren entgegen, die nicht nur
Statusberichte sind, sondern auch beschreiben, in welcher Art und Weise über
das Quartiersverfahren mit den Bürgerinnen zusammen über eine sehr intensive
Bürgerbeteiligung, auch über eine sehr intensive Beteiligung von Partnern, auch
sogenannten starken Partnern wie Wohnungsunternehmen, wie Kitas und Schulen,
Einfluss auf die Entwicklung des Quartiers genommen werden kann und genommen
wird. Aber, und das will ich hier noch mal sagen und anknüpfen an das, was Frau
Schwarz gesagt hat, auch mit Blick auf die verwendeten Indikatoren
Arbeitslosigkeit, Jugendarbeitslosigkeit, daraus resultierende
Einkommensverhältnisse, die Transferbezug notwendig machen, damit sozusagen
auch ein Existenzminimum gewährleistet ist für Familien oder, wie es im
Gesetzgeberischen heißt: Bedarfsgemeinschaften, sind durch Quartiersverfahren,
durch Maßnahmen im Rahmen des Programms Soziale Stadt nicht wirklich zu
beeinflussen. Dahinter stehen gesellschaftliche Fragestellungen, nämlich wie es
gelingt, Menschen den Zugang zur Erwerbsarbeit wieder zu eröffnen, Menschen in
Erwerbsarbeit zu bringen. Dazu gehört auch, wie es gelingt, junge Leute in
Ausbildung zu bringen, weil wir wissen, und das können wir allerdings
statistisch auch gut nachvollziehen in unserem Bezirk, dass dann, wenn junge
Leute mit einem Schulabschluss in eine Berufsausbildung gehen und diese auch
erfolgreich abschließen, sie einen besseren Zugang zum Arbeitsmarkt haben,
nicht zwingend nur in ihrem Quartier und in unserem Bezirk und im Land Berlin,
sondern bundesweit, was eben dann auch dazu führt, dass wir vielfach junge
Leute, die hier erfolgreich ihre Schule abgeschlossen haben, die hier
erfolgreich ihre Berufsausbildung abgeschlossen haben oder woanders, eben dann
auch woanders ihre Erwerbsarbeit aufnehmen. Das muss man immer auch mit
berücksichtigen. Und Aktivitäten, die wir zum Beispiel in die Wege geleitet
haben – ich nenne das Stichwort „Exzellenz-Initiative“, ich
nenne Aktivitäten, die wir im Rahmen des Bezirklichen Bündnisses für Wirtschaft
und Arbeit in dieser Legislaturperiode verfolgen, richten sich ja eben auch
gerade darauf, jungen Leuten mit einem Schulabschluss auch Ausbildung hier im
Bezirk Marzahn-Hellersdorf zu bieten und Unternehmen zu gewinnen, zusätzliche
Ausbildungsplätze zu schaffen und anzubieten und in einem Verfahren vor allen
Dingen auch Jugendlichen aus unserem Bezirk anzubieten, damit eben auch junge
Leute die Chance haben, diese Perspektiven nicht nur woanders zu finden,
sondern auch in unserem Bezirk.
Mit dem Quartiersverfahren, aber auch darüber hinaus ist ein
Weg beschritten worden, solche besonderen sozusagen problemverdichteten
Quartiere – ich nenne es mal so, Frau Schwarz hat es ja oder für DIE
LINKE in der Anfrage so formuliert – bedürfen sozusagen auch einer
besonderen kommunalpolitischen Berücksichtigung, und dieses gewährleisten wir auch.
Und ich will dazu auch ganz konkrete Sachverhalte Ihnen noch mal in die
Erinnerung rufen: Das Bezirksamt unternimmt seit geraumer Zeit große
Anstrengungen, um diesen Auswirkungen, dieser Entwicklung entgegenzutreten, und
wird darin eben auch nicht nachlassen. So wurde 2009, daran erinnere ich noch
mal, aufgrund der bekannten schwierigen sozialen Situation in Hellersdorf-Nord
das Quartiersmanagement der Hellersdorfer Promenade per Senatsbeschluss –
und das fällt nicht vom Himmel, da muss das Bezirksamt vorher auch hart
verhandeln, wie sehen die Grenzen aus, wer wird da mit einbezogen, warum müssen
die Grenzen da lang gehen und dort lang gehen, das war gerade im Bereich der
alten Hellersdorfer Promenade eine harte Debatte, wie groß kann so eine
Quartiersausweitung sein, damit zum Beispiel auch starke Partner, starke
Wohnungsunternehmen wie die STADT UND LAND oder Schulen und Kitas im Quartier
mit dabei sind, weil natürlich Quartiersverfahren auch an bestimmte
Förderbedingungen gebunden sind und finanzielle Mittel aus dem Programm Soziale
Stadt, das ist ein Bundesprogramm, nicht einfach so per Gießkanne über den
Bezirk gegossen werden, sondern eben dann nur in dem Quartier in den Grenzen
eingesetzt werden kann. Mit diesem Senatsbeschluss wurde der Fokus auf das
Gebiet der Hellen Mitte ausgedehnt, eben weil sich dort eine etwas schwierige
Entwicklung auch vollzogen hat, weil eben in den Jahren 2007/2008 –
inzwischen war die Helle Mitte 10 Jahre alt – ich will erinnern, dass das
nicht eines der sogenannten, immer Mal wieder in den Medien gescholtenen
Plattenquartiere aus DDR-Zeiten ist. Die Helle Mitte ist gerade jetzt 13 Jahre
alt, aber viele Mietverträge sind ausgelaufen, und das private Management dort
hat natürlich ein hohes Interesse daran, wie jedes Wohnungsunternehmen, auch
Wohnungen wieder zu vermieten und da haben Wohnungsunternehmen durchaus sehr
unterschiedliche Strategien, wie sie das tun. Manche, das will ich der Hellen
Mitte nicht unterstellen, aber wir haben solche Entwicklungen zum Beispiel in
Hellersdorf-Ost, nehmen am liebsten Transferempfänger und möglichst welche, die
schon mit ihrem Mietvertragsabschluss unterschreiben, dass sie einverstanden
sind, dass das JobCenter diese Miete überweist. Das kann man nachweisen, das
wissen wir, dass das so ist. Und wenn sie dann ihre Wohnungen belegt haben,
kommen sie zu uns und beklagen sich über die schwieriger gewordene Situation im
Quartier und sagen: „Was macht denn das Bezirksamt hier?“ Und wir
machen. Das ist so, aber so was geht nur, weil Wohnraumsteuerung gibt es nicht
mehr, das geht nur zusammen, wenn auch die Wohnungsunternehmen, das will ich
hier ganz klar, sozial-politisch verantwortlich arbeiten und ein Stück weit
auch darauf achten, dass sie eine gute Mischung an Mieterinnen in ihren
Quartieren haben. Und das erreichen sie, indem sie also auch gute Angebote
machen und nicht darauf gucken, dass die Wohnung vermietet ist, und dass die
Kohle möglichst sozusagen vom Staat reinkommt. Die Erhöhung der Wirksamkeit des
Verfahrens Soziale Stadt im QM-Gebiet Hellersdorfer Promenade wurde von der
Kategorie Prävention in die Kategorie Mittlere Intervention zu uns verschoben,
wodurch sich eben auch weitere finanzielle und inhaltliche
Gestaltungsmöglichkeiten zur Verbesserung der Lebens- und Umfeldsituation in
den Quartieren ergaben. Die Ursachen der schwierigen Situation und der
negativen Entwicklung in diesem Gebiet, wie fehlende Arbeitsplätze und
zunehmend geringere Bildungs- und Ausbildungsabschlüsse, hatte ich schon
benannt. Mit der Erweiterung des Quartiersmanagementgebietes auf die Helle
Mitte fanden unter Federführung des Bezirksamtes – und da komme ich noch
mal auf die Anmerkung von Frau Schwarz zurück, was wir konkret auch vor Ort
machen – Informations- und Auftaktveranstaltungen mit ansässigen Wirtschafts-
und Wohnungsunternehmen, mit Trägern und mit weiteren Akteuren zur
Konkretisierung der Problemlagen sowie zu den möglichen Handlungsoptionen und
über das Fördermittelprogramm Soziale Stadt. Und dieses haben wir nicht nur dem
Quartiersmanagement überlassen oder Mitarbeiterinnen der Verwaltung, sondern
diese Gespräche haben Mitglieder des Bezirksamtes, habe ich auch persönlich,
geführt und wir haben auch konkrete Verabredungen getroffen. Im Rahmen der
Quartiersarbeit Hellersdorfer Promenade befassen sich regelmäßig tagende
Gremien mit der Quartiersentwicklung, aktuellen und weitreichenden Tendenzen,
mit Schwerpunktthemen und mit der Einzelprojektentwicklung sowie mit den
Entscheidungen zur Fördermittelvergabe. Und seit 2005, um das mal ganz
plastisch zu machen, arbeiten folgende Gremien im Quartier: 2 x im Jahr die
Lenkungsrunde, die ist vertraglich vereinbart mit dem Land Berlin, mit dem
Senat. Dort arbeiten im Bereich der Hellen Mitte mit die folgenden
Wohnungsunternehmen: Die DIM GmbH, die Wisterventure AG – vormals war das
die IFIM GbR, also der Hausverwaltung für die unmittelbare Hellersdorfer
Promenade, H & S Hausinvest GbR, die Grundstücksgemeinschaft Zerbster
Straße, das Helle Mitte Immobilienmanagement, und auch hier sage ich und da
sterbe ich auch nicht an Herzdrücken, da kennt auch der Center-Manager, Herr
Sydow, der sich ja gerade mit einem offenen Brief an Mitglieder des
Abgeordnetenhauses, Staatssekretärinnen, die Bundestagsabgeordnete gewandt hat,
wenn es ihm so wichtig ist, dann soll er nicht einen Mitarbeiter in diese
Lenkungsrunde schicken, sondern selber kommen. Wenn man in einer Lenkungsrunde
jetzt das 3. Jahr sitzt und dort noch nicht einen Muff gesagt hat zur Situation
in der Hellen Mitte und zum Angebot des Centermanagements für die Entwicklung
der Hellen Mitte, wenn man zu allererst versucht, Absprachen mit dem Bezirksamt
vielleicht auch auszuweichen – ich will jetzt nicht über die
abgeschnittenen Kastanienbäume in der Hellen Mitte reden -, dann sollte man,
ich sage das so knallhart, nicht mit Steinen werfen, wenn man im Glashaus
sitzt. Das Bezirksamt hat über all die Jahre immer wieder gemeinsam mit der
Hellen Mitte, mit den Investoren, daran gearbeitet, die Situation in der Hellen
Mitte zu verbessern und es gibt ein umfangreiches Statement auch des
Bezirksamtes zu den mehr als 3,5 Mio., die in den letzten drei Jahren nur in
diesen Standort zur Aufwertung geflossen sind und da habe ich eine andere
Auffassung, Frau Schwarz, als Sie in Bezug auf Aktivitäten, die zum Beispiel
die Wohntheke, also 8 zusammengeschlossene Wohnungsunternehmen, entwickeln,
weil, natürlich hat es auch etwas mit Image zu tun, und da finde ich, hat
natürlich Herr Sydow und haben die Investoren und die Eigentümergemeinschaft
der Hellen Mitte Recht: Wenn eine Berichterstattung, und das ist ja eine Frage,
die auch gestellt worden ist, des Senats und der Senatorin Junge-Reyer
stattfindet, die dazu führt, dass 3 Tage lang durch die Presse der Eindruck
erweckt wird, dass die Helle Mitte sozusagen das Slumgebiet des Landes Berlin
schlechthin ist und diese Pressekonferenz stattfindet, ohne dass das Bezirksamt
vorher die Informationen darüber hat, welche Aussagen zum Monitoring Soziale
Stadt veröffentlicht werden, sondern wir erst für 5 Tage später eingeladen
sind, dann ist es schon schwierig in der öffentlichen Kommunikation. Wenn mich
ein Journalist des Tagesspiegels anruft nach der Pressekonferenz und sagt:
„Frau Pohle, ich bin jetzt hier im Quartier unterwegs. Das ist doch hier
in Ordnung in der Hellen Mitte. Das ist doch gar kein Slum. Das ist doch gar
kein Ghetto.“ Da kriegt man im ersten Moment einen Schock und sagt:
„Wie kommen Sie denn darauf?“ Und er sagt: „Naja, aber Sie
stehen hier ganz an letzter Stelle im Monitoring.“ Und dann ist es sehr
mühsam, auch in so einer Außenwahrnehmung, also sozusagen so einem Image auch
wieder entgegenzuwirken. Denn alle die, die nach dieser Pressekonferenz etwas
über die Helle Mitte gelesen haben und noch nicht hier waren und nicht gehört
haben auch was zum Beispiel Bürgerinnen und Bürger, auch wenn sie arbeitslos
sind, auch wenn sie im Transferbezug sind, sich trotzdem in diesem Quartier
auch wohlfühlen, weil sie ihre Kinder in eine Kita bringen können, weil es
nachmittags Freizeit- und Kulturangebote im Quartier gibt und für manche auch,
weil sie in der Arche eine Aufnahme finden und dort Mittag essen gehen können.
Alles das macht dieses Quartier aus. Das gehört dazu und das Bezirksamt
arbeitet mit allen Partnern, auch wenn man den Eindruck haben könnte, gerade
aus einer letzten Presseerklärung, dass das auf einzelne Einrichtungen nicht
zutrifft, dann muss man das zur Kenntnis nehmen und hat etwas damit zu tun,
dass wir uns als Bezirksamt durchaus der sehr differenzierten Entwicklung in
unserem Bezirk bewusst sind und darauf auch konkret Einfluss nehmen. Es gibt
eine monatliche Steuerungsrunde, um das mal fortzusetzen, an der das QM-Team
von der S.T.E.R.N. GmbH, die Bezirksamtskoordinatorin und Mitarbeiterinnen und
Mitarbeiter aus den einzelnen Verwaltungen, die Senatsverwaltung für
Stadtentwicklung teilnehmen. Es gibt eine erweiterte Steuerungsrunde alle zwei
Monate, in der die gesellschaftlichen Einrichtungen wie das Stadtteilzentrum,
das Kinder- und Jugendhilfezentrum, die Wohnungsunternehmen, die Fachämter und
zum Beispiel die Immobilienverwaltung der Hellen Mitte teilnehmen, aber auch
die Quartiersratssprecherinnen und Vertreterinnen und Vertreter von Bürgern. Im
Quartiersrat, der sich monatlich trifft, arbeiten 16 Bewohnerinnen und Bewohner
mit, 12 freie Träger und Akteure, das QM-Team und bedarfsweise Mitarbeiterinnen
und Mitarbeiter der Verwaltung. Sie sehen, es gibt hier ein vielfältiges Netz
und viele Kooperationen, die sich dieser Probleme annehmen. Und ich will noch
einen Punkt nennen, der über dieses QM-Verfahren weit hinausgeht: Seit dem vergangenen
Jahr gibt es ja eine sehr intensive Zusammenarbeit mit dem JobCenter, um
insbesondere auch Alleinerziehenden, die im Transferbezug sind, weil einfach
aus der Tatsache heraus, dass sie eben jetzt kein eigenes Einkommen haben, zum
Teil ihre Ausbildung noch nicht abgeschlossen haben, eine besondere
Unterstützung bekommen und auch hier wir entsprechende Angebote in Kooperation
mit dem Jugendamt, mit dem Sozialamt und freien Trägern entwickelt haben, um
hier tätig zu werden und vor allen Dingen den jungen Frauen, denn es sind meist
junge Frauen, eine Perspektive zu geben, dass sie trotz und mit kleinen Kindern
ihre Berufsausbildung abschließen können und dann den Zugang zum Arbeitsmarkt
finden.
Lassen Sie mich was zu den Aktionsräumen plus sagen: Der Begriff
war durchaus in der Stadt – und ist es immer noch – umstritten. Das
ist kein extra Förderprogramm, sondern eine Strategie, die eine gebiets- und
ressortübergreifende Zusammenarbeit und Vernetzung befördern soll und
vorhandene Ressourcen und Förderungen effektiver nutzen soll. Sie werden sich
vielleicht gewundert haben, dass es im Rahmen dieser Aktionsräume plus den
Begriff Nord-Hellersdorf und Nord-Marzahn gibt und sagen sich, was ist denn das
jetzt, weil – wir haben zwar den Stadtteil Marzahn-Nord und wir haben den
Stadtteil Hellersdorf-Nord, aber was ist das? Das hängt damit zusammen, dass
wir uns massiv beschwert haben in mehreren Runden bei der Senatsverwaltung für
Stadtentwicklung, dass, wenn es um besondere sozusagen schwierige Räumen im
Rahmen dann des Monitorings gegeben hat, von Moabit die Rede war, von
Spandau-Nord, von Reinickendorf-Nord, aber immer von Marzahn-Hellersdorf und
man den Eindruck hatte, es umfasst sozusagen das komplette Gebiet und 244.000
Einwohnerinnen und Einwohner. Das hat dann dazu geführt – und Sie sehen
das, wenn Sie auf die Internetseite der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung
gehen und dort sind ja nicht nur die Dateien hinterlegt, sondern auch
entsprechende Bilder der Stadt in Farben, wo man also diese schwierigeren Quartiere
sehen kann und dann ist mit Nord-Marzahn / Nord-Hellersdorf gemeint im
Wesentlichen die Großsiedlungen, aber auch da durchaus noch mal sehr
differenziert eben mit dem Schwerpunkt, das, was wir über Jahre ja selber auch
wissen und wo wir entsprechend ansetzen, eher die nördlichen Bereiche. Also das
noch mal zur Erklärung.
Und Aktionsräume plus heißt, dass verschiedene
Förderkulissen übereinander gelegt werden, damit man eben auch Synergien
zusammenkriegt. Wir sind mit unserer gesamten Großsiedlung Fördergebiet für den
Stadtumbau-Ost. Wir sind mit unserer ganzen Großsiedlung – bekommen wir
Fördermittel im Rahmen auch des zum Beispiel von Aufwertungsmitteln im Rahmen
des Stadtumbaus. Wir bekommen innerhalb der Großsiedlung zum Beispiel für das Quartier
Marzahner Promenade Fördermittel. Und manchmal entstehen dann solche räumlichen
Lücken. Das ist in anderen Stadtteilen auch so. Und damit man nicht immer mal
so einen Straßenzug ausgrenzen muss oder so, sondern gucken kann, wie können
Partner - weil Schule eben auch nicht einfach an so einer Grenze endet oder
eine Jugendfreizeiteinrichtung eben auch nicht sagt, nur aus diesem Gebiet
kommen hier Kinder und Jugendliche her – damit man also bestimmte
Fördermittel, die immer an Programme, an Bundes- oder Landesprogramme gebunden
sind, auch effektiv nutzen kann, ist diese Strategie der Aktionsräume plus für
5 große Quartiere im Land Berlin zusammengenommen worden. Wir werden
selbstverständlich jetzt uns – und die Helle Mitte hat, das
Centermanagement hat dazu eingeladen – auch da, wir hatten etwas anderes
abgestimmt, dann haben sie eingeladen, haben den Termin nicht mit uns mal
vorher beraten, sondern nach dem Motto, kommt mal und seid jetzt mal da, das
werden wir auch machen. Es wird eine gemeinsame Beratung geben, wie wir das,
was ganz konkret im Quartier läuft, auch noch besser miteinander abstimmen
können. Ich finde den Ärger allerdings des Centermanagements der Hellen Mitte
und der Eigentümergemeinschaft zu der Art und Weise der Veröffentlichung
berechtigt. Diesen Ärger haben wir auch an die Senatsverwaltung für
Stadtentwicklung und die Senatorin weitergegeben. Insofern kann ich auch die
Frage 2 c beantworten, dass es zwischen dem Bezirksamt und dem Senat eine
abgestimmte Bewertung zur Situation gibt. Sie findet sich im Monitoring wieder,
sie findet sich wieder in dem Sozialstrukturatlas. Es gibt ein zunehmend
abgestimmteres weiteres Vorgehen, was die Umsetzung der Förderstrategien, was
die Umsetzung des Quartiersmanagementverfahrens betrifft. Was die Öffentlichkeitsarbeit
betrifft, ist dieses Verfahren, also ist dieses Vorgehen leider nicht
abgestimmt gewesen, gerade jetzt in Bezug auf die neuen Ergebnisse des
Monitorings Soziale Stadt. Ich habe mich darüber beschwert, Herr Lüdtke hat
sich darüber beschwert, weil, es ist seine zuständige Fachverwaltung. Ich
hoffe, dass so wie eben nicht mehr immer und in jedem Fall unser Bezirk
insgesamt genannt wird, weil das eben auch was Bildschädigendes hat. Es geht
gar nicht darum, dass man nicht Probleme benennen und bearbeiten will, sondern
welches Bild nach außen erweckt wird. Ich denke, das ist inzwischen angekommen
in der Senatsverwaltung, und das nächste Mal wird es dann vielleicht auch
gelingen, weil daran habe nicht nur ich mich als Bürgermeisterin gestört,
sondern auch die anderen Bürgermeister der entsprechenden Quartiere der
Aktionsräume plus, wäre es eben schön, wenn man vorher die Ergebnisse hört und
sie dann die Senatorin verkauft, weil dann kann man auch gemeinsam darauf
reagieren.
Zur Jugendarbeitslosigkeit wird Frau Dr. Schmidt selbst noch
etwas sagen wollen, weil, da gibt es auch noch mal ganz spezielle Aktivitäten
des Jugendamtes in Abstimmung mit dem Bereich Schule und dem Bezirksamt und dem
Bezirklichen Bündnis für Wirtschaft und Arbeit. Aber ich hoffe, ich konnte
Ihnen etwas plastisch machen, dass wir die Ergebnisse des Monitorings Soziale
Stadtentwicklung nutzen und vielleicht auch noch mal einen positiven Ausblick:
Gestern gab es ein sozusagen zustimmendes Gemurmel in der Einwohnerversammlung,
als ich darauf verwiesen habe, dass im aktuellen Monitoring mit den Ergebnissen
2008 Biesdorf-Süd im Rahmen des Rankings auf Platz 4, die Oberfeldstraße auf
Platz 17 liegt und dass eben zum Beispiel die Marzahner Chaussee auf Platz 99
liegt, um das nur noch mal mit zu ergänzen, so dass Sie daran schon sehen,
Mahlsdorf-Süd auf Platz 12, Mahlsdorf-Nord auf Platz 23, Kaulsdorf-Süd auf
Platz 13. Sie sehen hier die ganze Bandbreite sozialer Entwicklungen und die
Wirkung dieser Indizes, von denen ich am Anfang meiner Ausführungen gesprochen
habe. Und das prägt in aller Vielfalt das Bild. Und ganz unterschiedlich ist
auch die Art und Weise des kommunalpolitischen Wirkens des Bezirksamtes in
allen seinen Verantwortungsbereichen.
Danke schön.
amt. Vorsteher:
Vielen Dank, Frau Pohle. Frau Dr. Schmidt, bitte schön.
Frau Dr. Schmidt:
Ja, Frau Pohle hat ja jetzt sehr ausführlich zu vielen
Dingen gesprochen und natürlich auch noch mal das Thema Jugendarbeitslosigkeit,
das natürlich einer der Schwerpunkte unseres kommunalen Handelns ist und da es
ein Schwerpunkt unseres kommunalen Handelns ist, könnte ich jetzt sehr lange
Ausführungen machen, aber, wenn ich dann so in Ihre Gesichter sehe, mache ich
Ihnen an der Stelle den Vorschlag: Wir haben gerade am Dienstag im Bezirksamt
eine Vorlage beschlossen, Ihnen zur Kenntnis zu geben, den ersten
Sachstandsbericht zur Arbeit der Arbeitsgruppe für den Übergang Schule –
Beruf. Dort ist sehr ausführlich beschrieben, in welchem Netzwerk wir hier
tätig sind, welche Aktivitäten im Umgang mit dem Thema Jugendarbeitslosigkeit
wir gemeinsam unternehmen. Lassen Sie es uns miteinander diskutieren, wenn Sie
es gelesen haben. Dann würde ich auf meine sehr ausführlichen Ausführungen an
der Stelle heute hier verzichten.
amt. Vorsteher:
Vielen Dank, Frau Dr. Schmidt. Dem Beifall können Sie
entnehmen, dass Sie die Seele der Bezirksverordneten getroffen haben.