Drucksache - 0285/VI
1. Wie viele Fälle von übermäßigem
Alkoholkonsum von Minderjährigen mit anschließend dringend notwendiger ärztlicher
Behandlung sind dem Bezirksamt für das Jahr 2006 bekannt? 2. Wie viele dieser Fälle waren das
Resultat des Konsums in einer Gaststätte zu besonders günstigen
Preisverhältnissen (z. B. die sog. „Flatrate-Parties“)? 3. Welche Möglichkeiten sieht das
Bezirksamt der Nutzung dieses Angebots einzelner Gaststätten von Minderjährigen
durch bestehende Kontrollmechanismen entgegen zu wirken? 4. Welche präventiven Möglichkeiten
sieht das Bezirksamt, Missbrauchstendenzen im Umgang mit Suchtmitteln zu
begegnen? a) für den Bereich Gesundheit und
Soziales
Verhaltensprävention: Verhältnisprävention: b) für den Bereich Jugend Suchtprävention als Querschnittsaufgabe in jeder
Jugendfreizeiteinrichtung soll junge Menschen befähigen, sich
eigenverantwortlich mit suchtgefährdenden Stoffen und Verhaltensweisen
auseinander zu setzen. Ziel der Arbeit in den Jugendfreizeiteinrichtungen ist
es, dass Kinder und Jugendliche Verantwortung für sich selbst übernehmen, ein
starkes Selbstbewusstsein und eine eigene Identität entwickeln, Kritikfähigkeit
erlernen, sich mit eigenen Stärken
und Schwächen auseinandersetzen und „Nein“ sagen können. Insbesondere für die Auseinandersetzung
und den Umgang mit suchtgefährdenden Stoffen und Verhaltensweisen wird hierbei
in den Jugendfreizeiteinrichtungen auf drei Ebenen agiert: 1.
Von
den Mitarbeiter/innen der JFE werden konkrete problematische Verhaltensweisen
einzelner Kinder und Jugendlicher mit diesen thematisiert, diskutiert und an
einer Veränderung gearbeitet. Ein schnelles Reagieren ist dabei nötig, damit
sich Handlungsweisen nicht verfestigen bzw. von anderen aufgenommen werden. Im
Bedarfsfall erfolgen weiterführende Gespräche mit Eltern, Lehrern und eine ggf.
Weitervermittlung an entsprechende Beratungsstellen. 2.
Es
werden je nach Bedarfslage themen- und zielgruppengenaue Projekte und Angebote
in den einzelnen Jugendfreizeiteinrichtungen bzw. auch überregional entwickelt
und allein oder mit Kooperationspartnern umgesetzt. (z.B. Beteiligung an der
Aktionswoche „Alkohol - Verantwortung setzt die Grenze“ im Juni 2007) 3.
In den
kommunalen Jugendfreizeiteinrichtungen gibt es klare Regeln und
Verhaltensweisen im Umgang mit Alkohol bzw. mit alkoholischen Getränken. So
sind z.B. alle JFE bis mindestens 18.00 Uhr alkoholfrei (siehe „Richtlinien für
die Jugendarbeit in den kommunalen Jugendfreizeiteinrichtungen des Bezirkes
Marzahn-Hellersdorf von Berlin“). Mit diesen
angegebenen präventiven Möglichkeiten reagiert das Jugendamt sowohl auf Einzelfälle als auch auf Tendenzen im
Umgang der jungen Menschen mit Suchtmitteln. Schwerpunkt muss es sein, die
Kinder und Jugendlichen unabhängig zu machen, ihnen Kenntnisse zu vermitteln,
ihnen Vertrauen schenken, ihnen zu helfen, selbstverantwortlich Entscheidungen
zu treffen und ihr Leben zu gestalten, anstatt ihre Probleme mit Suchtmitteln
zu lösen. 5. Welche Ursachen sieht das
Bezirksamt für diese Entwicklung, des immer intensiveren Alkoholkonsums durch
junge Menschen, vor allem Minderjährige?
Über die Ursachen des immer
intensiveren Alkoholkonsums durch junge Menschen liegen keine gesicherten
Erkenntnisse vor.
Junge
Menschen probieren besonders während der Pubertät seit Jahrhunderten ihre
Grenzen aus. Sie sind neugierig, wollen eigene Erfahrungen sammeln und es den
Erwachsnen gleich tun. Das Einstiegsalter für den Alkoholkonsum liegt derzeit
bei 11,8 Jahren. Man kann davon ausgehen, dass die meisten jungen Menschen bis
zu ihrer Volljährigkeit ihre Erfahrungen mit Alkohol gemacht haben und sie ihre
Grenzen kennen. Keine
Generation von Kindern und Jugendlichen hatte es bisher so leicht an Drogen zu
kommen. Minderjährigen steht heute eine ganze Palette an psychoaktiven
Substanzen (legale und illegale) zur Verfügung, die sie sich auf
unterschiedlichsten Wegen im unmittelbaren Umfeld versorgen. In der
Gesellschaft ist es legitim, Alkohol zu trinken, die Erwachsenen machen es vor.
Eine Gruppe biertrinkender Erwachsener vor einer Kaufhalle wird toleriert, bei
trinkenden Jugendgruppen erhebt sich derzeit noch Protest. Neu ist gegenüber
früher der Mischkonsum von jungen Menschen, das Konsumieren unterschiedlichster
Substanzen in zeitnaher Folge mit entsprechenden Wirkungen. Die
Problemlagen, denen sich junge Menschen heute ausgesetzt fühlen, sind
vielfältig. Sie reichen von schulischen Problemen, Problemen mit Eltern,
Lehrern, Freunden, Schwierigkeiten in der Ausbildung und Lehre, Leistungsdruck
bis hin zu Problemen mit der eigenen Persönlichkeit oder im Umgang mit Geld.
Jugendliche fühlen sich ständig im Stress, nicht anerkannt und den Anforderungen
nicht gewachsen. Sie meinen, keine Zukunftsperspektiven zu haben und lösen
Probleme oft mit Alkohol. Aufgabe der Prävention ist es hier, mit diesen jungen
Menschen anderweitige Formen der Konfliktlösung zu erlernen, ihnen
Selbstbewusstsein zu geben und individuelle Strategien zur Problembewältigung
zu erarbeiten. In der
Gruppe ist es schwer für junge Menschen, sich gegen Drogen, Alkohol und Rauchen
zu entscheiden. Wer „Nein“ sagt, gilt schnell als Außenseiter. Trinken ist
gesellschaftlich anerkannt und gilt als cool. Auch hier muss er Versuch
unternommen werden, gruppendynamische Prozesse zu beeinflussen und durch
präventive Angebote andere interessante Schwerpunkte in der Freizeitgestaltung
anzubieten. Die
„Flatrate-Parties“ erfreut sich unter Jugendlichen einer großen Beliebtheit.
Leider unterstützen viele Gaststätten und Discotheken diesen Trend, indem sie
mit Pauschalpreisen zu unbegrenzten Alkoholkonsum einladen. Kontrollen
(besonders Alterskontrollen) finden hier in ungenügendem Umfang statt. Auch ist
schwer vorstellbar, wie das Gaststättenpersonal die Menge des Alkoholkonsums
bei den jungen Menschen einschätzt. Eine sehr aggressive Alkoholwerbung der
Wirtschaft fördert das Interesse der jungen Menschen am Alkohol, es verharmlost
die Wirkung des Alkohols, es wird sehr ansprechend dargestellt (Alkopops) und
suggeriert, dass kein Spaß ohne Alkohol möglich ist. (Die AG
Prävention des Suchtverbundes Marzahn-Hellersdorf arbeitet derzeit an einem
Konzept zu alkoholfreien Veranstaltungen.) Viele Vorfälle
in Verbindung mit einer Überdosis an Alkohol spielten sich jedoch auch in der
letzten Zeit im privaten Raum ab. Hier spielen die familiären Strukturen,
Vertrauen, Grenzen und Kontrolle eine wichtige Rolle. Eltern sind oft wenig
informiert über das Freizeitverhalten ihrer Kinder; auch desinteressiert, deren
Verhalten und Konsum gegenüber. Jungen
konsumieren Alkohol häufiger und intensiverer als Mädchen. Für Jungen gehört es
zu einer vermeintlich männlichen Identitätsfindung, mit viel Trinken und Rauchen
männliche Stärke und Dominanz zu zeigen. In den letzten Jahren nähern sich die
Verhaltensweisen der Mädchen den
der Jungen an.
[1] aus: AG IPSE (Hg.): Thematische Elterninformation Nr.
12 „Sucht?“, Berlin 2005 |
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