Soziale Erhaltungsgebiete (Milieuschutzgebiete)

nach § 172 Abs.1 Satz 1 Nr. 2 Baugesetzbuch (BauGB)

Allgemeines
Die Möglichkeit, durch eine Erhaltungsverordnung Gebiete festzulegen, in denen die Zusammensetzung der Wohnbevölkerung erhalten werden soll, ist im Besonderen Städtebaurecht im Baugesetzbuch (BauGB) geregelt (die im Bezirk geltenden Verordnungen können auf den Gebietsseiten eingesehen werden). Ziel dieser sog. Milieuschutzverordnungen ist es, die Bevölkerungszusammensetzung vor unerwünschten Veränderungen zu schützen, insbesondere Verdrängungseffekte zu verhindern. Da Erhaltungsverordnungen städtebauliche Regelungen sind, bedarf es auch städtebaulicher Gründe für Ihren Erlass. Soziale Erhaltungsverordnungen sind somit nicht als Instrument eines aktiven Mieterschutzes konzipiert, das unmittelbaren, wohnungsbezogenen Schutz für einzelne Mieter*innen bietet (gleichwohl können sie einen entsprechenden mittelbaren Schutz entfalten). Ein wichtiger städtebaulicher Grund ist etwa die Passgenauigkeit der Bevölkerung hinsichtlich ihrer Größe und sozialen Merkmalen und der vorhanden sozialen Infrastruktur in einem Gebiet, die nicht gefährdet werden soll. Eine spezifische Mindestanforderung an die Zusammensetzung der Wohnbevölkerung, etwa im Sinne einer ethnischen oder sozialen Gruppe oder einer speziellen Mischung, besteht dabei nicht. Ob und wodurch eine entsprechende Schutzbedürftigkeit vorliegt, ist im Regelfall Gegenstand einer umfangreichen Voruntersuchung.

Die Voruntersuchungen und Nachbetrachtungsstudien der sozialen Erhaltungsverordnungen im Bezirk Lichtenberg können unter den Folgenden Links eingesehen werden:

  • Voruntersuchung soziales Erhaltungsgebiet Kaskelstraße 2016

    PDF-Dokument (1.7 MB)

  • Nachuntersuchung soziales Erhaltungsgebiet Kaskelstraße 2022

    PDF-Dokument (5.6 MB)

  • Voruntersuchung soziales Erhaltungsgebiet Weitlingstraße 2017

    PDF-Dokument (2.5 MB)

  • Voruntersuchung soziales Erhaltungsgebiet Fanningerstraße 2021

    PDF-Dokument (8.4 MB)

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Erhaltungsgebiete

  • Antrag auf Genehmigung für Vorhaben nach § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Baugesetzbuch (BauGB)

    PDF-Dokument (420.8 kB)

Beratungsangebote für Mieter*innen in Sozialen Erhaltungsgebieten

Einen Überblick über die besonderen Regelungen in sozialen Erhaltungsgebieten können Interessierte nachstehend erhalten. Aufgrund der Komplexität des sozialen Erhaltungsschutzes und bestehender Regelungen zum Mieter*innenschutz (Mietpreisbremse, Mietendeckel) hat das Bezirksamt Lichtenberg zwei unabhängige Mieterberatungsgesellschaften beauftragt, die kostenfrei und ohne Mitgliedschaft in Anspruch genommen werden kann. Hier können Sie bei Bedarf Rat und Informationen zum allgemein Mietrecht und zur besonderen Rechtslage in den sozialen Erhaltungsgebieten bekommen. Denn nur wer seine Rechte kennt, kann diese auch durchsetzen, kann Mieterhöhung, Modernisierung oder gar Kündigung abwehren! Wann und wo die Beratungsangebote wahrgenommen werden können, finden Sie im nachstehenden Informations-Flyer.

  • Flyer zur Mieterberatung

    PDF-Dokument (1.4 MB)

Genehmigungspflichtige bauliche Maßnahmen in sozialen Erhaltungsgebieten

Soziale Erhaltungsverordnungen zielen darauf ab, Verdrängungseffekte unter der in dem Gebiet ansässigen Wohnbevölkerung zu verhindern. Der Möglichkeit zur Erhöhung von Wohnungsmieten innerhalb eines bestehenden Mietsverhältnisses sind durch das deutsche Mietrecht enge Grenzen gesetzt. Eine verbreitete Möglichkeit liegt darin, bauliche Aufwertungspotenziale an Wohnungen und Gebäuden auszuschöpfen und die entstandenen Kosten nach den gesetzlichen Regelungen auf die Miete umzulegen. Hier setzt das soziale Erhaltungsrecht an und unterwirft „Rückbau, Änderung und Nutzungsänderungen baulicher Anlagen“ einem besonderen Genehmigungsvorbehalt. Dadurch können Maßnahmen, wie das Schaffen zusätzlicher Ausstattungsmerkmale oder energetische Sanierungsmaßnahmen, im Hinblick auf die Erhaltungsziele überprüft, reguliert oder sogar verhindert werden. Das Baugesetzbuch verpflichtet zur Genehmigung bestimmter baulicher Maßnahmen, die der Herstellung eines zeitgemäßen Ausstattungsstandards von Häusern und Wohnungen oder der Verbesserung der Energieeffizienz dienen. Andere Maßnahmen sind im Einzelfall zu prüfen. Maßnahmen, die im besonderen Maße wohnwerterhöhend sind, werden nicht genehmigt. Um Mieter*innen und Eigentümer*innen eine Orientierung zu bieten, hat das Bezirksamt Lichtenberg für die Sozialen Erhaltungsgebiete Genehmigungskriterien für Bauvorhaben in den sozialen Erhaltungsgebieten verabschiedet. Die Beschlüsse des Bezirksamts im Wortlaut sowie eine schlagwortartige Kurzübersicht zu den Genehmigungskriterien kann nachstehend eingesehen werden.

  • Prüfkriterien zur Umsetzung der sozialen Erhaltungsverordnungen im Bezirk Lichtenberg

    PDF-Dokument (899.8 kB)

Ablauf des Genehmigungsverfahrens und Antragsunterlagen (für Eigentümer*innen)

Zur Vorabklärung rund um bauliche Vorhaben können Eigentümer*innen uns anrufen oder während der angegebenen Zeiten in die Beratung kommen. Im persönlichen Gespräch lassen sich am besten und unmittelbar die Genehmigungsfähigkeit eines Vorhabens und ggf. notwendige Anpassungen oder sonstige Maßnahmen zur Herstellung der Genehmigungsfähigkeit erörtern. Sofern ein bauordnungsrechtliches Verfahren erforderlich ist, wird das erhaltungsrechtliche Genehmigungsverfahren in das Prüfungs- und Genehmigungsverfahren der Bauaufsicht integriert. Andernfalls wird der Antrag beim Fachbereich Stadtplanung gestellt. Der ausgefüllte und unterschriebene Antrag muss in Papierform beim Fachbereich Stadtplanung eingereicht werden. Eine zusätzliche digitale Übermittlung ist auch möglich und hilfreich. Sofern die beantragten Maßnahmen nur unter Auflagen genehmigungsfähig sind, erfolgt eine Aufforderung zur entsprechenden Ergänzung / Anpassung des Antrags. Nach Eingang der vollständigen Unterlagen ergeht innerhalb eines Monats ab Eingangsdatum eine Genehmigung oder Versagung der geplanten Maßnahmen. Sofern die Prüfung des Vorhabens in dieser Zeit nicht abschließend möglich ist, kann die Bearbeitungszeit mittels eines Zwischenbescheids um höchstens drei Monate verlängert werden. Die Antragsunterlagen für die Genehmigung von Vorhaben in sozialen Erhaltungsgebieten finden sie nachfolgend.
Gerade bei komplexeren Vorhaben, bei denen zur Herstellung einer erhaltungs-rechtlichen Genehmigungsfähigkeit zahlreiche Auflagen erfüllt werden müssen, bietet sich der Abschluss einer öffentlich-rechtlichen Vereinbarung mit dem Bezirksamt Lichtenberg an. Damit wird auch einer veränderten Planungskultur und einer Bedeutungsverschiebung von einer hoheitlichen zu einer kooperativen Vorgehensweise bei der planerischen Konflikt- und Problemlösung entsprochen. Grundlage für solche Verträge sind die § § 54 ff im Verwaltungsverfahrensgesetz sowie im Städtebaurecht der § 11 des Baugesetzbuches.

Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen

Nicht nur durch wohnwerterhöhende bauliche Maßnahmen geraten Mieter*innen unter Verdrängungsdruck. Voruntersuchungen zu sozialen Erhaltungsgebieten haben wiederholt einen kausalen Zusammenhang zwischen der Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen und Veränderungen der Mieter*innenstruktur in Wohnhäusern aufgezeigt. Umwandlungen in Eigentumswohnungen waren und sind lukrativ. Aufgrund einer dynamischen, deutlich über der Entwicklung der Angebotsmieten liegenden Preisentwicklung bei Erst- und Wiederverkäufen umgewandelter Wohnungen in den letzten Jahren, geht Umwandlung mit der Aussicht auf höhere Renditen als mit konventionellem Halten und Vermieten einher. Daher hat der Berliner Senat per Rechtsverordnung auch die Begründung von Wohn- oder Wohnteileigentum in den sozialen Erhaltungsgebieten einem besonderen Genehmigungsvorbehalt unterworfen. Sofern nicht einer der explizit im Baugesetzbuch genannten Genehmigungsansprüche vorliegt (z.B. Verwandtenprivileg, Verpflichtung des Eigentümers, Wohnungen nur an Mieter zu verkaufen), wird die Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen nicht genehmigt. Auch die Umwandlung von Wohnungen in Gewerbeeinheiten kann nicht genehmigt werden. Neben dem Antragsformular für Umwandlung im Sozialen Erhaltungsgebiet findet sich nachstehend auch die aktuelle Berliner Umwandlungsverordnung. Außerdem steht Interessierten hier das regelmäßige Monitoring zur Anwendung der Umwandlungsverordnung zur Verfügung.

Jahresberichte zur Umwandlungsverordnungen in Berlin

  • Gesetz- und Verordnungsblatt - Umwandlungsverordnung Berlin - 2020

    PDF-Dokument (268.9 kB)

Vorkaufsrecht bei Grundstücksverkäufen in sozialen Erhaltungsgebieten

Haus- und Grundstücksverkäufe ziehen oft eine ganze Reihe von investiven und eigentumsrechtlichen Folgemaßnahmen nach sich. Zusätzlich zu den genannten Genehmigungsvorbehalten und Prüfverfahren besteht daher mit dem gemeindlichen Vorkaufsrecht noch ein weiteres Instrument zur Sicherung der sozialen Erhaltungsziele. Durch die Ausübung des Vorkaufsrechts kann die Gemeinde (in Berlin sind das die Verwaltungsbezirke) als Begünstigte in Grundstückskaufverträge im Erhaltungsgebiet einsteigen und diese anstelle des ursprünglichen Käufers erwerben. Im Gegensatz zu den Regelungen der Umwandlungsverbotsverordnung bezieht sich das gemeindliche Vorkaufsrecht ausschließlich auf ganze Grundstücke, nicht jedoch auf einzelne Wohnungen. Da das Vorkaufsrecht nicht auf eine Bodenbevorratung der öffentlichen Hand abzielt, wird es in Berlin im Regelfall zugunsten einer dritten Partei durchgeführt. Dafür kommen landeseigene Wohnungsbaugesellschaften, Wohnungsbaugenossenschaften oder andere Akteure, die sich einer Gemeinwohl- und Bestandsmietenorientierten Bewirtschaftung ihrer Wohnungsbestände verpflichtet sehen, in Frage. Vorrang vor dem Vorkauf hat jedoch die sogenannte Abwendung (siehe folgender Text). Die Prüfung, ob ein Vorkauf in Frage kommt, erfolgt auf Grundlage eines von der Exekutive verabschiedeten Konzepts bei jedem einzelnen Grundstücksverkauf in den Erhaltungsgebieten. Die Entscheidung, das Vorkaufsrecht dann wirklich auszuüben, ist kein Geschäft der laufenden Verwaltung, sondern erfolgt in jedem Einzelfall durch die politischen Gremien (Bezirksamtsbeschluss).

Bezirksvorlage Ausübung Vorkaufsrecht im Jahr 2019

Bezirksvorlage Ausübung Vorkaufsrecht im Jahr 2020

Die Abwendungsvereinbarung bei Grundstücksgeschäften
Die Abwendung kann sowohl in Form einer einseitigen Verpflichtungserklärung durch den Käufer als auch durch eine vertragliche Vereinbarung zwischen diesem und dem Bezirk erfolgen. Da sie inhaltlich und formell zur Sicherung der sozialen Erhaltungsziele beitragen soll, ist eine vertragliche Regelung zumeist angemessen und notwendig. Denn aus Sicht des Bezirks ist es möglich und wünschenswert, Regelungen zu treffen, die weitreichender sind als die allgemeinen erhaltungsrechtlichen Grundsätze. So lässt sich etwa ein kompletter Verzicht auf mieterhöhende bauliche Maßnahmen und ein generelles Absehen von der Umwandlung von Mietwohnungen in Eigentumswohnungen regeln. Darüber hinaus ist einerseits eine dingliche Sicherung der durch den Käufer eingegangenen Pflichten durch entsprechende Grundbucheintragung als auch die Sanktion von Verstößen durch nach Schwere abgestufte Vertragsstrafen regelbar.

Übersicht zu den Rechtsgrundlagen
- Soziale Erhaltungssatzung / Genehmigungstatbestände: § 172 Abs. 1. Satz 1 Nr. 2 BauGB
- Umwandlungsverordnung: § 172 Abs. 1 Satz 4 BauGB
- Antrags-/ Genehmigungsverfahren: § 173 Abs. 1 i.V.m. § 22 Abs. 5 Satz 2 bis 5 BauGB
- Genehmigungsgründe für bauliche Maßnahmen: § 172 Abs. 4 Satz 3 Nr. 1 und 1a BauGB
- Genehmigungsgründe für Wohnungsumwandlungen: § 172 Abs. 4 Satz 3 Nr. 2 bis 6 BauGB
- Vorkaufsrecht in sozialen Erhaltungsgebieten: § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 BauGB
- Abwendung des Vorkaufsrechts: § 27 BauGB
- Verfahren und Fristen zum Vorkaufsrecht: § 28 BauGB