Drucksache - 1349/VI
Das
Bezirksamt Marzahn-Hellersdorf gibt wie folgt Auskunft: Die
Beantwortung der Fragen erfolgte gemeinsam mit der Senatsverwaltung für Bildung, Wissenschaft
und Forschung, Außenstelle Marzahn-Hellersdorf, und wird hiermit zur Kenntnis
gegeben:
Die
Chancen auf dem Arbeitsmarkt für Schülerinnen und Schüler, die einen
Schulabschluss eines sonderpädagogischen Förderzentrums aufweisen, haben auf
dem ersten Arbeitsmarkt schlechtere Chancen, als Schülerinnen und Schüler einer
Regelschule, die einen entsprechenden Schulabschluss vorweisen können. Besonders
Schülerinnen und Schüler mit dem Förderbedarf „Lernen“ haben auch
in unserem Bezirk nicht die günstigsten Bedingungen auf dem ersten Arbeitsmarkt
eine Ausbildung zu erhalten. Dem Bezirk ist hier keine statistisch relevante
Zahl bekannt, die es deutlich machen könnte, dass ein großer Anteil der Absolventen
der Förderzentren mit dem Förderschwerpunkt „Lernen“ nach der
Schule in eine entsprechende Ausbildung wechseln. Als
Beispiel sei auf die vorliegende Statistik über den Verbleib der 36
Schüler/-innen der Abschlussklassen im Schuljahr 2007/2008 der Dahlmann-Schule
vom Juli 2008 verwiesen. Demnach
haben lediglich 5 Schüler/-innen, d.h. ca. 14 % der Abgänger/-innen der
Dahlmann-Schule, eine Ausbildung auf dem ersten Arbeitsmarkt aufgenommen.
In
Marzahn-Hellersdorf haben im Schuljahr 2006/07 von 192 Schüler/-innen, die ein
Förderzentrum „Lernen“ besucht haben, 61 Schüler/-innen, d.h. ca.
32%, die Schule ohne Sonderschulabschluss verlassen. 79 Schülerinnen/-innen
haben einen entsprechenden Sonderschulabschluss erreicht. 52 Schülerinnen bzw.
Schüler haben die Schule mit einem dem Hauptschulabschluss gleichwertigen
Abschluss abschließen können. Das heißt in der Folge, dass kein/e Schüler/in
einen erweiterten Hauptschulabschluss bzw. einen mittleren Schulabschluss
vorweisen konnte. Eine Diskussion dieser Ergebnisse kann im Bezirk nur
bedingt erfolgen, da diese Ergebnisse nur schwer mit den Gesamtberliner
Ergebnissen in Beziehung zu setzen sind. Erst seit dem letzten Jahr gibt es
auch für den Förderschwerpunkt „Lernen“ standardisierte
Vergleichsarbeiten. Grundsätzlich kann über den Lernerfolg aber die
wissenschaftliche Literatur in die Diskussion einbezogen werden. Nach Klemm und
Preuss-Lausitz liegen zur Beantwortung dieser Frage jedoch zahlreiche Studien
vor, die einen deutlichen Leistungsvorsprung von Förderschülern in integrativen
Settings belegen (Haeberlin u. a.
1990; Bless, 1995, Hildeschmidt/Sander 1996). Tent u. a. (1991) stellen
fest, dass die Intelligenzentwicklung und die Leistungsentwicklung desto
ungünstiger verläuft, je länger Schüler/innen in Sonderschulen unterrichtet
werden, und desto günstiger, je länger sie in Regelschulen verbleiben. Diese
Ergebnisse der späten 1980er Jahre werden von Wocken (2007) für Hamburg,
Brandenburg und Niedersachsen bestätigt. Wocken hat außerdem festgestellt, dass
die in Förderschulen unterrichteten Kinder überwiegend sozial (und ethnisch)
stark ausgelesen sind. „Der durchschnittliche sozioökonomische Status von
Förderschulfamilien liegt unterhalb des Niveaus der Arbeiterschicht; mit
einigem Recht könnte man das Herkunftsmilieu durchaus als Sub-Proletariat
kennzeichnen“ (Wocken 1007, 47)7. Die differenziert dargelegten
Ergebnisse „sprechen unzweifelhaft gegen eine kompensatorische,
rehabilitative Wirksamkeit der Förderschule“ (ebda., 55). Wocken erklärt
dieses Ergebnis nicht etwa durch „schlechten“ Unterricht, sondern
durch die fast unvermeidliche „reduktive Didaktik“: Lehrer passen
sich durch Senkung der Anforderungen den Schülern an, und diese haben wenig
Peer-Zugpferde, die sie motivieren könnten. Daher sei die Förderschule durch
eine vierfache Reduktion gekennzeichnet: eine curriculare (Senkung der Ansprüche),
eine methodische (Kleinschrittigkeit), eine soziale (bildungsfernes soziales
Milieu) und eine zeitliche (häufige Störungen und Absentismus). Wocken plädiert
aus diesem Grund für eine allgemeine Auflösung der Sonderschule für
Lernbehinderte bzw. der Allgemeinen Förderschule – aufgrund ihrer
Lern-Ineffektivität, der Verstärkung sozialer Auslese und der Kumulation sozial
unerwünschter Orientierungen und Verhaltensformen. Bekanntlich
schneiden Förderschulen bei Studien zur Schülergewalt am ungünstigsten ab (vgl.
Holtappels u.a. 1997). Eine mehrjährige Studie über die Sozial- und
Leistungsentwicklung verhaltensauffälliger SEN-Kinder im GU zeigt
dagegen nach drei Schuljahren eine deutliche Leistungsstabilisierung (und
verbesserte Sozialprognosen) (vgl. Klemm/ Preuss-Lausitz; Berlin,Essen 2008).
Die
Antwort auf diese Frage ergibt sich eigentlich bereits durch die Antwort auf
die vorherige Frage. Es ergeben sich wesentliche Schwerpunkte: Ø
Steigerung
der Förderfähigkeit der Allgemeinen Schulen zum Nutzen aller
Kinder; im Bezirk durch INKA umgesetzt. Ø
Von
der selektiven Förderdiagnostik zur Lernerfolgsdiagnostik für alle
Kinder. Ø
Deutliche
Flexibilisierung und Regionalisierung sonderpädagogischer Leistungen, Verzicht
auf Behinderung ausgerichteter Aussonderung. Ø
Intensivierung
des dualen Lernens in der Sekundarstufe, eine Möglichkeit bietet hier das
Lernarrangement „Schülerfirma“. Enge Kooperation und Bündelung aller Ressourcen, um eine
entsprechende Berufsorientierung an den Schulen intensiver zu unterstützen
– Stärkung der Regeleinrichtung – keine konkurrierende
Parallelunterstützungen
Er
wurden keine Gründe genannt. Insofern ist die Frage missverständlich. Dem
Bezirksamt ist keine Untersuchung bekannt, in der die Gründe analysiert werden.
Hier könnten am ehesten entsprechende Thesen formuliert werden, die es zu
untersuchen gilt. Die angesprochene Aussage der Senatsverwaltung, dass soziale
und pädagogische Prozesse Zeit benötigen, um erfolgreich umgesetzt werden zu
können, findet auch auf bezirklicher Ebene fachliche Zustimmung. Der
zweite Teil der Frage wurde durch die Erkenntnisse folgender Studien
wissenschaftlich diskutiert (vgl. bereits Antwort auf die Frage 2 und Tent,
Wocken u.a). Komoß |
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