Drucksache - 0545/VI  

 
 
Betreff: Rückbenennung der Offenbachstraße und Realisierungsmaßnahmen
Status:öffentlich  
 Ursprungaktuell
Initiator:Fraktion DIE LINKE.PDSFraktion DIE LINKE.PDS
Verfasser:Tielebein, Björn 
Drucksache-Art:AntragAntrag
   Beteiligt:Fraktion DIE LINKE
Beratungsfolge:
Bezirksverordnetenversammlung Entscheidung
27.09.2007 
Öffentliche Sitzung der Bezirksverordnetenversammlung Marzahn-Hellersdorf in der BVV abgelehnt   

Beschlussvorschlag
Sachverhalt
Anlagen:
1. Antrag PDF-Dokument
2. Antrag in geänderter Fassung PDF-Dokument
3. Wortprotokoll PDF-Dokument

Die BVV möge beschließen:

Die BVV möge beschließen:

 

Das Bezirksamt wird ersucht:

 

die im Zuge des Holocaust durch die Nationalsozialisten umbenannte Offenbachstraße, den heutigen Pfalzgrafenweg, zurück zu benennen.

 

Hierzu ist Folgendes zu realisieren:

 

  1. mit den AnliegerInnen der betroffenen Straße in den Dialog zu treten, und durch Informationsveranstaltungen die historischen Hintergründe der Rückbenennung zu erläutern,

 

  1. der Bezirksverordnetenversammlung bis März 2008 unter Beteiligung der BürgerInnen eine Zeitschiene zur Rückbenennung der Straße vorzulegen, wobei vor allem auf konkrete Problemstellungen einzelner AnwohnerInnen Rücksicht zu nehmen ist,

 

  1. an der betroffenen Straße Hinweisschilder zur Erläuterung des Namenspatrons und des historischen Hintergrundes der Rückbenennung anzubringen,

 

  1. alle Maßnahmen zu ergreifen, eine mögliche Belastung der AnwohnerInnen durch Kosten und andere Aufwendungen zu minimieren.
Vorsteherin der BVV, Frau Wermke:

 

Vorsteherin der BVV, Frau Wermke:

Wir kommen damit zur Drucksache 545 und hier hat Herr Tielebein das Wort.

Bitte schön, Herr Tielebein.

 

Herr Tielebein:

Frau Vorsteherin, meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Gäste,

wir haben mit diesem Antrag, heute hier, über einen Sachverhalt zu entscheiden der so intensiv fast 13 Jahre lang und teilweise so ungewollt diskutiert wurde, wie kaum ein anderer.

Verwaltungstechnisch handelt es sich schlicht um die Umbenennung einer Straße. Doch die langjährige Diskussion und ein Blick in die Geschichte zeigen, dass es eben mehr ist als dies. Es geht um die Bewertung und die Konsequenzen eines nunmehr 69 Jahre existierenden nationalsozialistischen Unrechts.

Damit wir dieses Unrecht jedoch verstehen und wirklich aufarbeiten können, müssen wir die Ursachen, Wirkung und Motivationen der Täterinnen uns ansehen.

Schon vor der Machtübernahme Adolf Hitlers machte die NSDAP kein Geheimnis daraus, wer für sie angebliche Feinde des Deutschen Volkes seien.

Es waren Sinti und Roma, Homosexuelle, Kommunistinnen und Kommunisten, Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten, es waren Menschen mit Behinderungen. Eben all jene, die nicht ins nationalsozialistische Weltbild passten

und eben auch zu allererst Jüdinnen und Juden.

Bereits im Februar 1933 griffen SA-Trupps jüdische Geschäfte an, plünderten und verwüsteten diese. Machten auch vor Menschen nicht halt.

Die Verfolgung, Misshandlung und Ermordung von Jüdinnen und Juden wurde ab dieser Zeit alltäglich. Die Nürnberger Rassengesetze von 1935 machten den Hass gegen Jüdinnen und Juden zum Gesetz.

Die Nationalsozialsten trieben diese Politik in alle Bereiche der Gesellschaft. Sie wollten jede Erinnerung an jüdische Menschen und jüdische Kultur tilgen. Jedes Buch eines jüdischen Autors, jedes Musikstück eines jüdischen Komponisten und eben auch jeder jüdische Name auf einem Straßenschild sollte aus der Gesellschaft und Erinnerung der Menschen ausgelöscht werden.

Am 9. November 1938, also vor fast genau 69 Jahren, nahm dieser Hass einen ungeahnten vorläufigen Höhepunkt an und schlug um zur offenen Jagd auf Menschen.

Es war der Beginn der fast völligen Vernichtung des europäischen Judentums.

Meine Damen und Herren, wie perfide und detailliert dieser Hass sich gegen Juden äußerte, zeigte sich am Beispiel der antisemitischen Straßenumbenennung aus dem Jahr 1938.

Der heutige Pfalzgrafen Weg wurde 1915 in Mahlsdorf angelegt und 1920 nach dem weltberühmten Komponisten Jacques Offenbach benannt.

Es war nicht vordergründig der Wille, den Straßen in diesem Viertel Namen jüdischer Menschen zu geben, sondern vielmehr Musiker zu ehren und zu würdigen.

Es sollte ein Musiker-Viertel in Mahlsdorf entstehen.

Ein Musiker-Viertel, in dem Ludwig von Beethoven, Giacomo Meyerbeer, Felix Mendelsson Bartholdy, Richard Wagner und eben auch Jacques Offenbach, um nur einige zu nennen, ihren Platz erhalten sollten.

1935 forderte der damalige Oberbürgermeister von Berlin, veranlasst durch die Nürnberger Rassengesetze die Bezirksbürgermeister dazu auf, ich zitiere: „jüdische Namen“ auszumerzen. Daraufhin wurden am 16. Mai 1938 sieben Straßen in Mahlsdorf und Kaulsdorf, unter anderem auch im Musiker-Viertel umbenannt, die einen jüdischen Namenspatron hatten. Nichts sollte nach dem Willen der Nazis an sie erinnern. Auf keinem Straßenschild sollte von nun an der Name eines Juden zu finden sein.

Aber schauen wir uns auch den Verlauf dieser Diskussion nach 1945 an.

Im Jahr 1945 wurde eine Liste angefertigt mit den rückzubenennden Straßen.

Von dieser über 100 Namen umfassenden Liste wurden letztlich 1947 nur wenige Straßen rückbenannt. Es wurden nur die offensichtlich nationalsozialistisch motivierten Straßennahmen entfernt.

Es war 1994 der Hellersdorfer Verein „Zur Unterstützung öffentlicher Diskussionen am nordöstlichen Stadtgraben“, das ist der Name des Vereins, der nach fast 50 Jahren das erste Mal auf dieses noch bestehende Unrecht aufmerksam machte.

Auch damals schon waren die Anwohnerinnen schon gegen eine Rückbenennung und man einigte sich auf das Anbringen von Hinweisschildern.

Uwe Klett, der sich seit 1995 für die Rückbenennung dieser Straßen einsetzt, nannte dieser Schilder immer Schamschilder. Weil es dem kritischen Betrachter doch schamhaft vorkommen muss, zwar auf ein Unrecht und Verbrechen hinzuweisen, aber es dennoch darunter lebendig existieren zu sehen.

Die folgende Diskussion orientierte sich mehr an den Kosten als an dem historischen Hintergrund.

Ich möchte hierbei an einen Abgeordneten erinnern, der eine solche Diskussion ich zitiere: „…als kostspieligen Unsinn…“ kommentierte. In seiner Einladung zu einem Bürgerforum wurde nicht einmal ein Wort über die historischen Hintergründe verloren.

Das, meine Damen und Herren, ist kein angemessener Umgang mit der Geschichte, das ist kein verantwortungsvoller Umgang mit der äußerst notwenigen Aufarbeitung.

Erst Anfang dieses Jahres entwickelte sich eine neue Diskussionskultur.

Das Bündnis „Kein Vergessen“, welches im vorigen Jahr eine Ausstellung und Broschüre zum Sinti- und Roma-Zwangslager herausgegeben hatte, nahm sich diesem Thema an und wollte aus dieser Debatte eine politische machen.

Meine Damen und Herren, ich habe Ihnen hier noch einmal den historischen Hintergrund dieses Ihnen vorliegenden Antrags dargelegt, um deutlich zu machen, dass es eben mehr ist als eine einfache Umbenennung.

Ich sage ganz deutlich, die Umbenennung war ein Verbrechen welches sich in die Absicht der Nazis, alles jüdische Leben zu vernichten und aus der Erinnerung zu streichen, einfügt.

Eins der Gegenargumente einer Rückbenennung ist, dass die Komponisten ja keine direkten Opfer der NS-Herrschaft waren. Das sie nicht mehr gelebt haben zu diesem Zeitpunkt. Jedoch müssen wir beachten, dass der Holocaust in all seinem Umfang nicht erst in der Gaskammer begann. Er zeigte sich durch die Auslöschung jüdischer Kultur und der Erinnerung an diese ebenso, wie durch die systematische Vernichtung von Menschen.

1933 brannten Bücher von Schriftstellern, die den Nazis nicht in ihr Weltbild passten. Unter diesen auch Werke von Heinrich Heine, der ebenfalls längst tot war. Es war jener Heine, der sagte: „Das war ein Vorspiel nur, doch wo man Bücher verbrennt, verbrennt man am Ende auch Menschen“.

Es war der Wille der Nazis, dass diese Straßen einen anderen, vor allem keinen jüdischen Namen mehr haben und dieser Wille hat bis heute seine Gültigkeit nicht verloren. Auch wird oft damit argumentiert, dass es doch Hinweisschilder gäbe, auf denen das Unrecht angemahnt wird.

Meine Damen und Herren, Hinweisschilder sind heute eine Selbstverständlichkeit.

Wir finden sie an fast jeder Straße, die nach einem weltberühmten Menschen benannt ist und auch ich bin davon überzeugt, dass es solche Schilder geben muss.

Vor allem an den betroffenen Straßen in Mahlsdorf.

Die Mahnung, die uns an die Geschehnisse 1938 erinnert, die sind dieses Schild, aber der Name der darunter steht, das ist die politische Konsequenz, die wir aus der Geschichte ziehen.

Es gibt auch Menschen die sagen, dass doch der Würdigung Jacques Offenbachs Genüge getan ist, wenn eine andere, eine neue Straße nach ihm benannt wird.

Durch eine solche Neubenennung würde sich manifestieren, dass auf absehbare

Zeit kein jüdischer Komponist im Musiker-Viertel mehr geehrt werden würde. Eine wirkliche Würdigung unsererseits kann jedoch nur darin bestehen, die 1938 begangene Herabwürdigung aufzuheben.

Meine Damen und Herren, es gibt seit 1920 in Mahlsdorf ein Musiker-Viertel, in dem viele Komponisten zu finden sind. Es gibt nur einen Unterschied zwischen der Zeit vor 1938.

Die Namen aller jüdischen Musiker wurden durch die Nazis getilgt. Und wenn Jacques Offenbach wieder einen Platz in unserem Bezirk bekommen soll, dann bin ich der Auffassung, dann ist dieser im Musiker-Viertel und nirgendwo anders.

Meine Damen und Herren, wir alle wissen, dass eine Straßenum- und Rückbenennung niemals einfach ist. Nirgendwo, in keiner Stadt, in keiner Kommune freuen sich Menschen über den damit verbundenen Mehraufwand. Es hat in der Vergangenheit Podiums- und Informationsveranstaltungen vom Bündnis „Kein Vergessen“ gegeben, zu dem auch die Anwohnerinnen eingeladen waren.

Daran nahmen insgesamt vier Bürgerinnen aus den betroffenen Straßen teil.

Die Linkspartei.PDS hat ein historisches Forum veranstaltet, an dem auch nur eine Anwohnerin teilnahm.

Es hat ein Bürgerforum der CDU gegeben, an dem sehr viele Menschen teilgenommen haben, nur leider wurde der historische Aspekt hierbei fast völlig ausgeblendet. Es kann und darf niemandem eine Diskussion aufgezwungen werden, wenn er sie nicht führen möchte. Aber das heißt nicht, dass wir nicht dennoch in der Pflicht sind, diese zu führen und auch Entscheidungen zu treffen.

Dieser Antrag ist denjenigen Parteien bereits seit Mai bekannt, die an der Podiumsdiskussion im Alten Rathaus teilnahmen. Ich denke nach 13 Jahren der Diskussion müssen wir nunmehr auch entscheiden.

Wir alle wissen, dass man als gewählter Vertreter der Bevölkerung immer eine Abwägung treffen muss zwischen dem Interesse der in diesem Fall direkten Anwohnerin und den Interessen des Bezirks. Diese Abwägung findet in vielen Fällen statt. Zu nennen sei hierbei die Diskussion, um die Wasserskianlage in Mahlsdorf, oder das auch vorhin angesprochene Thema der Ampelanlage von Herrn Gräff. Sicher, in diesen Fällen ist der Nutzen für die breite Bevölkerung sichtbarer als bei einer Straßenrückbenennung.

Jedoch, ist es sehr wohl von Interesse und Nutzen der gesamten Marzahn-Hellersdorfer Bevölkerung, wie wir mit der Aufarbeitung unserer Geschichte umgehen. Wer jedoch von neuem Unrecht spricht, der irrt.

Die Aufarbeitung und der Umgang mit deutscher Geschichte war und ist nicht einfach. Er kostet Geld und auch Mühe. Aber wir alle sollten uns vor Augen führen, dass dies nichts und auch wirklich gar nichts mit dem Unrecht zu tun hat, das jüdische Menschen im Dritten Reich erfahren mussten, als Geschäfte verwüstet wurden und jüdische Kultur auch in Form von Straßenschildern ausgelöscht wurde. Meine Damen und Herren, die meisten Komponisten haben ihren Platz, nunmehr im Jahr an andere Stelle in Berlin gefunden.

Mit diesem Antrag wollen wir ein Zeichen setzen, nicht irgendwo, sondern genau an der Stelle, an dem das Unrecht geschah. Jacques Offenbach soll wieder auf seinem Straßenschild erscheinen und die fast 69 Jahre lange Gültigkeit eines NS-Verbrechens endlich aufgehoben werden. Lassen wir es keine 70 Jahre werden. Dies ist jedoch nicht das Ende eines würdigen Gedenkens, sondern es ist vielmehr der Anfang.

Ich unterstütze da den Antrag der BündnisGrünen, auch wenn uns die Namen tatsächlich längst bekannt sind. Ich möchte zu bedenken geben, dass nicht nur das Bezirksamt, sondern vielmehr wir alle aufgerufen sind, Vorschläge für den Umgang mit den Geschehnissen von 1938 zu finden. Dieser Antrag ist einer davon.

Meine Damen und Herren, ich möchte für die Zustimmung zu dem mir vorliegenden Antrag werben und will abschließend Monika Thieme zitieren. Sie ist SPD-Bezirksbürgermeisterin von Charlottenburg-Wilmersdorf, wo es auch Diskussionen um Straßenumbenennung und Rückbenennung gibt. Sie sagte anlässlich des 68. Jahrestages der Pogrome gegen Jüdinnen und Juden am Mahnmal am Bahnhof Grunewald am 9. November 2006, ich zitiere: „Auch in unserem Bezirk gibt es seit Jahren eine Diskussion um Straßen die von den Nationalsozialisten umbenannt wurden, weil sie die jüdischen Namen nicht im Straßenbild dulden wollten. Manche sagen, es sei doch inzwischen so viel Zeit vergangen, dass man diese Straßennahmen, an die alle sich gewöhnt haben, nicht mehr ändern müsse. Ich antworte darauf: Ganz im Gegenteil. Es ist längst überfällig, dass wir das nationalsozialistische Unrecht endlich rückgängig machen, auch dort, wo es nicht auf den ersten Blick offensichtlich ist. Denn, es war ein Unrecht jüdische Straßennahmen auszulöschen. Erst kam die Auslöschung der Namen, dann wurden die Menschen ermordet.“ Zitat-Ende.

Meine Damen und Herren, ich bitte Sie um Zustimmung zu diesem Antrag.

Ich danke Ihnen.

 

Vorsteherin der BVV, Frau Wermke:

Vielen Dank, Herr Tielebein.

Es haben zwei Fraktionen eine Auszeit gefordert. Einmal fünf Minuten, einmal wie viel Minuten? fünf, zehn? Fünf Minuten. Dann gibt es jetzt eine Auszeit von fünf Minuten.

Die CDU hat die Auszeit jetzt sofort gefordert.

 

Frau Kern:

Mit dieser Thematik, wo jede Meinung auch gesagt werden darf, wo jede Meinung auch ernst genommen wird und das ist das, was ich an vielen Stellen bisher, so nicht gesehen habe und so auch nicht erlebt habe, man muss einfach sagen, nationalsozialistisches Unrecht kann nicht Rückgängig gemacht werden, kann nicht irgendwo gut gemacht werden. Das ist einfach, denke ich, eine Vorstellung die irgendwo völlig daneben ist. Sie ist auch an bestimmten Stellen, wenn Sie ihr Bündnis oder andere Bündnisse „Kein Vergeben“, „Kein Vergessen“ nennen,

da muss ich Sie fragen, wer kann denn vergeben, wer darf denn vergeben,

das sind höchstens die Opfer. Wir können das in dieser Form nicht beanspruchen.

Was wir beanspruchen können ist, dass wir im Grunde genommen, nicht nur in einen Diskurs, sondern auch in eine ständige Auseinandersetzung und in praktische Handlungen kommen und zwar miteinander.

Und deswegen fand ich einfach jetzt diesen Antrag, nachdem wir uns auch mit dem Antrag, den wir gestellt haben, noch in der Diskussion befinden, sehr kontraproduktiv. Weil, Sie bauen damit wieder Blockaden auf, die der Sache nicht dienen. Sie machen damit Polarisierungen auf, die letzen Endes der wirklich nötigen gemeinsamen Auseinandersetzung in dieser Form, nicht dienen. Und das finde ich sehr schade, weil dieses Thema absolut nötig ist.

Ich denke, die Widerstände sowohl im Ausschuss, die Widerstände die Sie auch benannt haben bei den Bürgerforen die zeigen doch deutlich, da ist noch eine ganze Menge zu arbeiten miteinander. Da ist jetzt nicht einfach eine Entscheidung zu fällen, sondern da ist eine ganze Menge miteinander zu arbeiten. Sie haben gesagt, es koste Geld und Mühe. Ja, es kostet sehr viel Mühe, auch Sachen abzuwägen.

Sie haben in Ihrem offenen Brief benannt, dass hier in diesem Fall eine …

(Kassette zu Ende.)

… die eben gerade durch die Nazizeit völlig unter den Tisch gefallen sind, deren Namen wir nicht kennen. Es gibt die Vorschläge, die ich für ganz wichtig halte, die Hinweisschilder. Denn, wenn mal irgendwo Offenbachstraße steht oder Heinrich- Heine-Straße steht, ist keinem Menschen mehr irgendwo klar, dass das überhaupt jüdische Menschen waren. Sie sind so bekannt und sie sind solche deutsche jüdische Künstler, die in dem Sinne gar nicht mehr unbedingt in erster Linie als jüdische Künstler wahrgenommen werden. Und diese Schilder sind wichtig.

Wir haben Ausstellungen vorgeschlagen und, und, und. Wir haben viele Sachen im Ausschuss diskutiert. Und ich denke, genau Ihr Antrag, zäumt das Pferd eigentlich von hinten auf. Das, was Sie als vier Punkte drinstehen haben, das muss eigentlich vor Ihrem Antrag, vor der Umbenennung, stehen und genauso, wie wir das eigentlich ein Stückchen in unserem Antrag vorbereiten wollten und uns auch auf einen gewissen gemeinsamen Weg machen wollten, das halte ich einfach für absolut wichtig.

Und ich finde einfach, dass das, was Sie jetzt hier machen, wieder ein Stückchen uns die Beine weg haut und wieder Blockaden und Polarisierung aufbaut, das finde ich einfach sehr schade und es geht wirklich darum, dass man die Leute ernst nimmt mit Ihren Argumenten und Ihnen nicht unterstellt, jeder, Sie sagen Sie sind der Meinung einzig und allein, diese Rückbenennung, ist der wahre Weg. So. Und im Grunde genommen fühlen sich alle anderen Leute angegriffen, die andere Vorschläge haben, und man kann nicht jedem unterstellen, der ihm Ihren einzigen wahren Weg so nicht unbedingt als den einzig wahren Ihren Weg sieht, dass er dann gleich antisemitisch oder ähnliches ist.

Natürlich ist ein Stück Bequemlichkeit dabei, natürlich sind Ängste auch dabei, das ist alles keine Frage. Aber es dient im Grunde genommen wirklich nicht dem lebendigen Diskurs diese Vorgehensweise, jetzt hier durchzuziehen. Danke.

 

Vorsteherin der BVV, Frau Wermke:

Vielen Dank, Herr Dr. Henke.

Danach Herr Brettin

 

Herr Dr. Henke:

Sehr geehrte Frau Vorsteherin, meine Damen und Herren,

im Namen meiner Fraktion möchte ich zu allererst grundsätzlich festhalten, dass wir die Intention dieses Antrages, voll und ganz teilen.

Ich möchte sogleich gestehen, dass ich von der Begründung des Verordneten Tielebein sehr beeindruckt bin. Sie ist politisch und rhetorisch so brillant, dass sie genauso gut zur Begründung des Holocaust-Mahnmals ins Zentrum unserer Hauptstadt passen würde. Einen, der vielleicht seine Bedenken hat, oder der dieses Vorhaben in einem etwas sachlichen Licht sieht, könnte diese Begründung leicht aus dem Tritt bringen. Ich hoffe, das war nicht die Absicht von Herrn Tielebein.

Unsere Fraktion hat Bedenken und die möchte ich jetzt zur Diskussion stellen.

Es sind fünf.

 

  1. Im Antrag heißt es an einer Stelle: „Die Namens- und Gedenklöschung im Jahre 1938 war ein nicht wieder gut zu machender Frevel.“ Es ist in der Tat so. Er ist nicht wieder gut zu machen. Sowohl die Generation derjenigen, die die Naziherrschaft persönlich erlebt haben, in welcher Rolle auch immer, als auch alle nachfolgenden Generationen werden sich mit der bitteren Wahrheit abfinden müssen, dass die durch die Verbrechen der Naziherrschaft entstandene historische Hypothek niemals vollends getilgt werden kann. Die vorgeschlagene Rückbenennung der Straßen als Beitrag zur Bewältigung der deutschen Vergangenheit kann oder nimmt sich vor diesen gewaltigen historischen Dimension eher bescheiden aus und könnte unter Umständen lediglich als bloße politische Pflichtübung missverstanden werden.
  2. Die Realisierung des Antrages würde nicht unerhebliche finanzielle Kosten haben. Dem Antragsteller ist diese Tatsache durchaus bewusst, aber die im Antrag enthaltenen Vorschläge zur Entlastung der Betroffenen, sind recht diffus und nebulös. Ich frage mich, wie viele Bewohner; die ihre persönlichen Dokumente, ihren Schriftverkehr mit den Behörden, Ärzten, Versicherungen, Versandhäusern, mit Freunden und Bekannten adressenmäßig erneuern müssten, könnten denn in den Genuss der gewünschten Dienstmaßnahme kommen. Was ist mit den Unternehmern die ihre Kunden informieren, ihre visuelle Werbung, für die Sie vielleicht erhebliche Mittel, zum Beispiel auf den Autos, investiert haben, multiplizieren müssten. Wenn die vorgeschlagenen Unterstützungen selektiv erfolgen sollten, welche Kriterien will man denn dafür geltend machen. Hat man darüber nachgedacht? Der Hauptausschuss wäre dafür vielleicht das richtige Gremium.
  3. Wir sind der Meinung, dass die bisherige Handhabung des Problems, die Tafeln über den jetzigen Straßennamen, die auf den früheren Namen der Straße aufmerksam macht und das Geschichtsgedächtnis der Passanten anspricht, wesentlich stärker für das Problem sensibilisiert als der alte Name allein es bewirken würde. Vor allem die jungen Menschen würden auf diese Weise einmal mehr auf einen Aspekt der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft aufmerksam gemacht.
  4. Die Realisierung dieses Antrags sollte auf jeden Fall nur mit Zustimmung der betroffenen Menschen erfolgen. Die von unserer Fraktion vorgenommene Befragung zu dieser Aktion ergab ein sowohl überraschend lebhaftes Echo. 90 % der von uns verteilten Fragebögen sind zurückgekommen, als auch einen überraschend hohen Prozentsatz der ablehnenden Stellungnahmen. Unter diesen Umständen, und das wäre unser fünftes und letztes Argument, steht zu befürchten, dass die zweifellos gut gemeinte Maßnahme bei vielen Bürgern einen eher gegenteiligen Effekt auslösen würde.

Wir fragen uns daher, ob der vorliegende Antrag vor diesem Hintergrund, eine wirklich gute Idee ist. Und wir fragen uns, warum eigentlich wir das Gedenken der Opfer der Naziherrschaft auf eine viel einfachere Weise ehren könnten, nämlich durch die Vergebung ihrer Namen für die neuen Straßen. Danke.

 

Vorsteherin der BVV, Frau Wermke:

Danke, Herr Dr. Henke.
Herr Brettin.

 

Herr Brettin:

Meine sehr geehrten Damen und Herren und sehr geehrte Frau Vorsteherin,

die SPD-Fraktion hat in der Vergangenheit durch ihre Teilnahme an Veranstaltungen und Anträge ihren Standpunkt zum Thema gegen das Vergessen, so glaube ich, deutlich gemacht. Deshalb stimmen wir den Ausführungen von Herrn Tielebein zur Geschichte voll und ganz zu. Muss Ihnen aber auch sagen, für mich war da dieser Belehrungsbedarf nicht unbedingt da. Man kann es nicht oft genug sagen, aber zumindest wusste ich das schon. Deshalb fand ich diesen Beitrag, trotzt aller Brillanz, etwas eher dogmatisch. Wir stehen einer Rückbenennung des Pfalzgrafenweges mit dem Willen der betroffenen Anwohner, und darauf kommt es uns an, positiv gegenüber. Eine Umbenennung gegen den Wunsch des überwiegenden Teils der Bewohner kann nicht unsere Zustimmung finden, und ich möchte Ihnen auch sagen warum.

Im Januar 2006 gab es einen Ausschussantrag, Drucksache 2277/V, da wird die Überarbeitung einer Hintergrundsinformation gefordert, um so mit den Anwohnern ins Gespräch zu kommen. Diese Drucksache wurde als Vorlage zur Kenntnisnahme am 31.08.2006, also etwa vor einem Jahr, in die BVV eingebracht und zur Kenntnis genommen. Vom Heimatverein Marzahn-Hellersdorf wurde eine qualitativ gute Recherche zum Thema erarbeitet.

Mit den Anwohnerinnen und Anwohnern kam man aber bis heute kaum bzw. ungenügend ins Gespräch.

Gestern (?) wurde ich von Bürgern angerufen und ich tätigte Anrufe. In Gesprächen teilte man mir mit, dass ein Teil der Anwohner einer möglichen Rückbenennung ihrer Straße nicht ablehnend gegenüber standen.

Das änderte sich nach einer Bürgerversammlung und dem damit verbundenen Auftreten der Rückbenennungsaktivisten.

Nach dem Bürgerforum vom 16. Februar 2006 äußerten sich über 90 % der Bürger gegen eine Umbenennung. Ich denke, da ist was falsch gemacht worden.

Dort wurde der Versuch unternommen, Anwohner zu fotografieren. Anwesende Polizisten mussten eingreifen. Im einzigen Thesenpapier der Bürgerinitiative heißt es unter anderem, es gibt aber auch Kräfte, die unter allen Umständen, mit allen Mitteln diese Umbenennung betreiben. Man schreckt dabei auch nicht vor dem Versuch zurück, die Anwohner als Antisemit zu diskreditieren und für die eigenen Zwecke, sogar Israel, zu Instrumenten zu parallelisieren.

Dazu heißt es in einem Artikel „Die Hellersdorfer“ vom April 2007: „…Noch gar nicht lange her war und äußerst bedrückend ist letztlich aber auch, dass sich Anwohner seitens der Betreiber dieser Umbenennung immer wieder versteckter und unverhohlener vorgetragener antisemitischer Verdächtigungen erwehren müssen.“

Ich denke, dieser guten Sache, des Andenkens, erweisen wir damit einen Bärendienst. Es tut mir persönlich wirklich leid.

In einem Artikel vom September 2006 der gleichen Zeitung heißt es; dass selbst Petra Pau, Bundestagsabgeordnete und Vizebundestagspräsidentin, eine Frau mit Profil, was ich hier auch unterstreichen möchte, für eine Beendigung der Straßenumbenennung eintritt.

Meine sehr geehrten, verehrten Damen und Herren, es dient der guten und wichtigen Sache des Nichtvergessens nicht, wenn Bürger das Andenken an jüdische Mitbürger mit dem negativen Erleben von Unannehmlichkeiten die sie durch eine Rückbenennung haben, in Verbindung bringen. So verstehe ich auch die Äußerung des Pressesprechers der Israelischen Botschaft, Herr Gielland (?), in einem Interview mit Herrn Nachtmann. „Eine Umbenennung wird nicht verlangt, wenn sie neues Unrecht schafft. Das damalige Unrecht, kann nicht wieder gut gemacht werden. Die Anwohner werden aber ein Unrechtsempfinden haben, wenn Sie mit den eher  praktisch gesehenen Unannehmlichkeiten einer Rückbenennung, zu tun haben.“ Ich habe in einem weiteren Telefongespräch mich mit einem Bürger unterhalten, der erst sehr verbittert war, nach unserem Gedankenaustausch konnte er sich eine Umbenennung vorstellen. Ich denke, wenn man die richtigen Argumente hat, ist da vielleicht was drin, aber sicher unter den Bedingungen, die Frau Kern hier schon erzählte, nicht in der umgekehrter Reihenfolge, sondern erst mal mit den Bürgern vernünftig reden. Aufgrund seiner schlechten Erfahrung lehnt er aber ein Gespräch, dieser Bürger mit dem Betreiber der Umbenennung vehement ab. Er befürchtet, dass durch wiederholte Geschichtsbelehrungen und aggressives Vorgehen von sehr jungen Menschen gegenüber Menschen, die als Zeitzeugen den Faschismus zum Teil noch erleben mussten, die Situation wieder eskalieren könnte.

Positiv äußerten sich die Bewohner zu den Hinweisschildern. Ich erhielt auch den Hinweis, dass diese Schilder durch Verschmutzung kaum noch lesbar sind. Die Anwohner, oft ältere Leute, wollten schon zur Leiter und Bürste greifen, da Sie den Schildern einen hohen Erinnerungswert beimessen, empfehlen dann aber doch, denjenigen, die sich das Nichtvergessen auf die Fahnen geschrieben haben, dort einmal aktiv zu werden.

Im Antrag wird die Zustimmung zur Straßenumbenennung gefordert, und gleichzeitig soll der Dialog mit den Anwohnern beginnen bzw. fortgesetzt werden. Also, eigentlich sind schon mit einer Zustimmung vollendete Tatsachen geschaffen. Dann wird der Dialog mit den Bürgern, entschuldigen Sie, doch eine politische Farce.

Umgekehrt ist es richtig. Frau Kern hat es angesprochen. Erst der Dialog mit etwas Geduld, mit etwas Fingerspitzengefühl und dann werden wir sehen, wie die Bürger darauf reagieren. Und noch eine kurze Anmerkung. Ich frage mich wirklich, geht es wirklich um das Vergessen? Offenbach, Meyerbeer, Mahler sind weltweit bekannt.

Sie werden nicht vergessen werden. Ich weiß nicht, wie viele inzwischen Vergessene aus den alten Bezirksteilen unseres Bezirkes deportiert und ermordet wurden. Wir sollten die Namen der Vergessenen wieder uns in Erinnerung bringen und da recherchieren. Das ist wirklich etwas gegen das Vergessen. Danke.

 

Vorsteherin der BVV, Frau Wermke:

Vielen Dank Herr Brettin.

Herr Dahler,

 

Herr Dahler:

Frau Vorsteherin, meine Damen und Herren,

die heutige Diskussion macht mich persönlich sehr betroffen. Ich sage auch warum. Eine persönliche Vorbemerkung.

Ich bin einer der Nachfahren der Opfer über die wir hier reden. Und ich berichte regelmäßig darüber, wie man im Bezirk Marzahn-Hellersdorf genau mit so etwas umgeht. Und ich fühle mich in vielem gegenüber meiner Mutter und Anderen dann auch nicht so sehr wohl. Es wird hier zu Recht gefordert, dass Bürgerinnen und Bürger einbezogen werden, dass diskutiert werden muss. Und es wird heute bei der Antragstellung der Linken so getan, als wenn wir heute mit der Diskussion beginnen. Das ist falsch.

Ich habe im Wahlkampf zum Berliner Abgeordnetenhaus genau für diese Umbenennung geworben. Ob mir das immer Stimmen gebracht hat, oder Herr Czaja dadurch mehr Stimmen bekommen hat, weiß ich nicht. Beide kontroversen politischen Positionen sind ja hier dargestellt worden. Die möchte ich überhaupt nicht bewerten. Ich habe das persönlich aus tiefster innerer Überzeugung gemacht. Und sind ja auch Bürger hier. Ich habe Bürgerinnen und Bürger zu Hause besucht. In dieser Straße, nirgendwo anders, um Sie dafür zu gewinnen. Und alle Argumente, die heute hier vorgetragen wurden, warum Bürger womöglich dagegen sind, sind mir auch bekannt gemacht worden. Aber Sie ändern nichts daran, dass diese Umbenennung, diese Rückbenennung für viele Bürgerinnen und Bürger mehr aus formellen Gründen als aus inhaltlichen Gründen abgewiesen wird.

Alle Argumente die hier auch von der FDP noch mal herangezogen wurden mit der Bezahlerei.

Ich habe in der Großsiedlung gewohnt. Ich habe vor fast einem Jahr oder so, die gleiche Rede gehalten. Und bin mehrfach umbenannt worden. (?)

Die Mieterinnen und Mieter einer Hellersdorfer-Promenade hießen vorher Tangermünder Straße. Der Vermieter hat mit dem Bezirksamt geregelt, wie die Modalitäten dort ablaufen, und das Mieterinnen und Mieter nicht zur Kasse gebeten werden.

Ich habe früher gewohnt in der Annaburgerstraße, also die auch umbenannt wurde. Da ist kein Bürger gefragt worden, sondern das ist vollzogen worden, und wir haben einen netten Brief vom Wohnungsunternehmen bekommen und mussten uns ummelden und haben das gemacht, ohne Diskussion. Warum gab es da keine Diskussion? Weil Bürgerinnen und Bürger in der Großsiedlung anders beachtet sind - sind Mieter – als die Menschen in Siedlungsgebieten. Also da gibt es Unterschiede. Aber natürlich auch, weil es keine politische Diskussion um die Rückbenennung gab.

Ich bin heute hier dafür, das heute abzustimmen. Man kann respektieren, wenn hier eine Mehrheit sagt, wir wollen weiter diskutieren. Dann werden wir uns auch einbringen bei diesen Diskussionen.

Ich persönlich, ja, aber ich sage auch, ich werbe eindringlich dafür.

Das was bei einem Forum von den Vertretern verschiedener Parteien beim „Bündnis gegen das Vergessen“ versprochen wurde, auch einzulösen.

Wir hatten uns darauf verständigt, probieren wir das doch mal gemeinsam mit der Offenbachstraße. Anwesend waren Vertreter der SPD, Bündnis 90/Die Grünen und der Linken.

Vielleicht können wir hier wirklich anfangen und tatsächlich nicht nur über Schilder reden, die eventuell denn auch nicht mehr so sehr gepflegt sind. Und dann können wir ja zum Schluss, wenn wir das ja rückbenannt haben, ein Schild dran machen und sagen, wie die Straße vorher hieß, als sie rückbenannt wurde. Das könnte man zum Beispiel auch machen, wenn das die Schilder sind.

Wenn es Ihnen aber ernst ist. Wenn es Ihnen ernst ist, dass Sie das genauso empfinden, wie das Herr Tielebein hier gesagt hat, dass das ein Ausdruck des Verbrechens des Nationalsozialismus war, und dass das, was die DDR, wofür wir uns auch schämen als Linke, nicht geschafft hat, das vernünftig rückzubenennen. Das wir heute die Möglichkeit haben, das zu machen, dann sollten Sie unserem Antrag die Zustimmung geben. Danke schön.

 

Vorsteherin der BVV, Frau Wermke:

Schönen Dank Herr Dahler.

Herr Burkhardt.

 

Herr Burkhardt:

Im Namen der NPD bin ich dafür, eine neue Straße, die noch zu finden wäre, für den großen Komponisten Jacques Offenbach, die Musik finde ich wunderbar, Orpheus in der Unterwelt, würde ich gerne eine neue Straße vorschlagen und die Rückbenennung nicht machen. Danke schön.

 

Vorsteherin der BVV, Frau Wermke:

Gibt es weitere Wortmeldungen.

Herr Wichmann.

 

Herr Wichmann:

Frau Vorsteherin, meine Damen und Herren,

da die meisten Anwohner gegen eine Umbenennung sind, bin ich selber auch gegen eine Umbenennung dieser Straße. Das ist auch ein Demokratieverständnis. Denn ich bin der Meinung, man sollte Straßen nur dann umbenennen, wenn es wirklich gerade wichtig ist und auch die Bewohner es Vorort wollen. Danke sehr.

 

Vorsteherin der BVV, Frau Wermke:

Herr Mätz.

 

Herr Mätz:

Frau Vorsteherin, meine Damen und Herren,

das Bündnis „Kein Vergessen“ begrüßen wir. Und wir begrüßen auch außerordentlich, dass sich dort junge Menschen zusammengefunden haben, die das Unrecht des Naziregimes aufarbeiten wollen. Aber wir verstehen nicht, dass Sie jetzt mit allen Mitteln den Antrag durchbringen wollen. Lassen Sie uns mit den Bürgern diskutieren.

Wir haben diskutiert, die Bürger sagen -  nein.

Zum Beispiel könnte man doch, es gibt am, wie heißt die Straße jetzt „Am Rosenhag, dort gibt es einen Platz. Warum kann man dort nicht ein Schild aufstellen, so ähnlich wie wir es gemacht haben zum Gedenken an das Lager Roma und Sinti. Das würde doch auch hinweisen auf dieses Unrecht des Naziregimes. Ich bin dafür. Es ist gesagt worden, dass dort Schilder gestohlen worden sind. Man soll die Schilder wieder ausbessern, die kleineren Schilder, und man soll sie ständig pflegen. Die Ablehnung dieses Antrages wird sich eigentlich auf das Votum der Bürger beziehen. Wir können uns das nicht erlauben und wir wollen es uns nicht erlauben, dass wir gegen diese Bürger entscheiden. Denn dann kommt das, was Frau Kern gesagt hat, es kann eine Umkehrentwicklung geben. Die Bürger werden dann, ich sag mal, das nicht mehr akzeptieren.

Ich bitte Sie, Ihren Antrag noch mal zu bedenken. So, wie es jetzt ist, wird die SPD-Fraktion dem nicht zustimmen.

 

Vorsteherin der BVV, Frau Wermke:

Herr Tielebein.

 

Herr Tielebein:

Frau Vorsteherin, meine sehr verehrten Damen und Herren,

ich möchte drei kurze Punkte ansprechen. Das eine ist, jetzt sind wir doch bitte wirklich mal ganz ehrlich zu uns allen selbst. Diese Diskussion ist tatsächlich keine neue. Sie hat heute nicht begonnen, und sie hat auch nicht vor einem Jahre begonnen oder nicht vor zwei Jahren, sie hat vor 13 Jahren begonnen. Und eigentlich hätte sie vor über fast 70 Jahren beginnen müssen. Das ist aber nicht passiert. Wir alle haben, ich habe das erwähnt, wir wissen, dass 1995 diese Diskussion das erste Mal richtig in Gang gekommen ist. Und nachdem Schilder angebracht wurden, war die Diskussion beendet. Dann hat sich niemand weiter für diese Frage interessiert. Und immer wieder, wenn diese Diskussion aufgekommen ist, war es mehr oder weniger eine ungewollte Debatte. Dann war es eine Diskussion die sich sofort an die Frage richtete, was soll das Kosten. Was soll das für ein Aufwand sein. Also eine Diskussion die weniger an der Historie als an den Kosten orientiert war.

Und meine Damen und Herren, deswegen kann ich nicht verstehen, dass immer wieder hier gesagt wird, wir müssen diskutierten.

Meine Damen und Herren, ich möchte diskutieren. Ich möchte, dass eine solche Rückbenennung ein politisches Zeichen ist. Das wir eine Aussage über die Frage treffen, wie wir dazu stehen, dass die Nazis den Willen hatten, aus dem Musiker-Viertel die jüdischen Straßennamen zu tilgen, und wie wir heute dazu stehen. Welche Aussage wir dazu treffen wollen.

Und da gibt es die Möglichkeit zu sagen, wir bringen Schilder an, aber die Straße heißt so wie sie heißt. Und es gibt die Möglichkeit, dass wir sagen: Nein, diese Straße hatte den Namen Jacques Offenbach im Musiker-Viertel und sie gehört genau dorthin, neben allen anderen Komponisten. Und ich möchte diese Aussage treffen. Und dann frage ich noch eine dritte Frage. Jeder sagt hier wir müssen diskutieren. Ich würde gerne wirklich ganz ehrlich wissen, was wer eigentlich getan hat, um diese Diskussion wirklich zu führen.

Ich habe die Veranstaltungen die in den letzten Jahren stattgefunden haben, benannt. Wie kommt es eigentlich, dass eigentlich, wie soll ich sagen, keine wirkliche Initiative aus den ganzen Leuten, die jetzt hier sitzen und sagen Sie wollen gerne diskutieren, entstanden ist, die diese Diskussion noch weiter geführt haben.

Warum hat die Diskussion eigentlich erst kurz nach 2000 wieder angefangen? Das würde mich interessieren. Und deswegen möchte ich noch mal ganz herzlich darum bitten, dass Sie diesem Antrag zustimmen und damit eine Diskussion erst wirklich in Gang setzen.

Und eins muss ich noch sagen, zu diesem Bürgerforum der CDU.

Ich sage ganz deutlich, ich bin davon überzeugt, die Christdemokraten sind an einem Gedenken interessiert. Aber ich sage trotzdem, dass dieses Bürgerforum ein Beitrag war, aber den historischen Aspekt leider zu sehr ausgeblendet hat. Und deswegen hoffe ich auch, dass Sie auch diesem Antrag Ihre Zustimmung geben können und mit uns gemeinsam ein Gedenken anzuschieben, eine Diskussion anzuschieben. Denn es ist nicht nur eine Straße, es gibt viele Namen die gelöscht wurden, über die wir diskutieren müssen, wie wir damit umgehen. Ich danke Ihnen.

 

Vorsteherin der BVV, Frau Wermke:

Das war also jetzt der Aufruf zur Abstimmung. Es wird geheime Abstimmung beantragt.
Gibt es weiteren Redebedarf? Das ist nicht der Fall, dann bitte ich den Vorstand, das vorzubereiten.

 

 
 

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