Drucksache - 0515/VI
1. Wie schätzt das Bezirksamt die Wirksamkeit der
Arbeit der sich vorwiegend in freier Trägerschaft befindenden Projekte bezogen auf die
fachliche Unterstützung bei der Realisierung der kommunalen Aufgaben ein? (z.B.
geschlechterdifferenzierte Kinder und Jugendarbeit – Jugendamt, Frauenprojektarbeit
– Gleichstellung) Die Gleichberechtigung und
Gleichstellung von Mädchen und Jungen sind zentrale Anliegen in der Jugendarbeit.
Gleichberechtigung heißt dabei nicht Gleichbehandlung, sondern
Chancengleichheit und eine individuelle Förderung von Mädchen und Jungen in
ihrer jeweiligen Identität. Geschlechterbewusste Bildung bedeutet, dass eine geschlechterbewusste Sichtweise Bestandteil einer
jeden Konzeption einer Kinder- und Jugendfreizeiteinrichtung sein muss, um
so gleiche Entwicklungsbedingungen für Mädchen und Jungen zu ermöglichen und
eine zielgruppengenaue Angebotsstruktur mit Blick auf beide Geschlechter
entwickeln zu können. Im Rahmen der außerschulischen Jugendbildung soll nach §
6 AGKJHG die Jugendarbeit dazu beitragen, überkommene Geschlechterrollen
infrage zu stellen und die gesellschaftliche Gleichstellung von Frauen und
Männern zu fördern. In den Zielvereinbarungen mit den kommunalen JFE und den
zuwendungsgeförderten Projekten freier Träger ist die geschlechterbewusste
Arbeit einer jeden Einrichtung auf der Grundlage der
geschlechterdifferenzierten Leitlinien (Berliner Leitlinien) festgeschrieben. Dies
kann in den Freizeiteinrichtungen einerseits durch geschlechterspezifische
Angebote (separate Mädchen- und Jungenangebote) aber auch zunehmend durch
ein individuelles geschlechterdifferenziertes Eingehen auf die
unterschiedlichen Problemlagen umgesetzt werden. Sowohl
geschlechterspezifische Angebote als auch geschlechterdifferenzierte Angebote -
im Allgemeinen Geschlechterbewusste Bildung genannt - sind kommunale
Aufgaben der Jugendarbeit. Die Wirksamkeit der Arbeit der einzelnen Projekte
ist nicht unmittelbar an den Angeboten selbst sondern an dem Verhalten der
Mädchen und Jungen danach sichtbar. Dazu zählen, wie Angebote in welcher Regelmäßigkeit
angenommen werden, wie sich Mädchen und Jungen beteiligen und einbringen
können, welchen Zuwachs an Wissen und Fähigkeiten sie verzeichnen können, der
Spaßfaktor spielt eine Rolle und die Authentizität der Mitarbeiter/innen, die
dieses Angebot unterbreiten. Bei den geschlechterspezifischen
Angebote für Mädchen und jungen Frauen gibt es mehrere besonders wirksame
Projekte. Hier ist immer wichtig, dass sich Mädchen unbeobachtet ausprobieren
können, sowohl wenn es sich um mädchenuntypische Tätigkeiten handelt als auch
wenn mädchenspezifische Themen mit Freundinnen und/oder Erwachsenen
angesprochen und ausdiskutiert werden sollen. Wirksame Projekte sind z.B.: ·
Angebote von MiM
e.V. im Kiez-Haus Marzahn und im Container in Marzahn West; hier gibt es einen
Mädchentreff mit vielen unterschiedlichen Gruppenangeboten, wo sich Mädchen
austesten können ·
Projekt
„Mädchenmobil“ vom Kietz für Kids Freizeitsport e.V. im Hafen mit
vielen sportlich und gesundheitsförderlichen Projekten für Mädchen; aber auch
erlebnispädagogische Aktivitäten zum Austesten der eigenen Stärken ·
Mädchen-Computerwerkstatt
im Hafen; hier können Mädchen unabhängig von der Jungendominanz sich Kenntnisse
am Computer aneignen, surfen, sich mit dem Innenleben des PC vertraut machen, sich
also technische Fähigkeiten aneignen ·
Im KJHZ MN von
JAO e.V. gibt es mädchenspezifische Projekte wie Babyboom und Babybauch sowie den Schwerpunkt
Schwangerschaftsberatung für Minderjährige ·
In der JFE
Mehrweg gibt es das Selbstlernzentrum für junge Mütter, ein Projekt der ABU, wo
sich diese selbständig betätigen können ·
In der JFE
Hella-Klub für Mädchen und junge Frauen gibt es ein Mädchencafe, Tanz- u.a.
kreative Angebote, einen Teenymüttertreff und regelmäßige Berufeworkshops
speziell für Mädchen, bei denen auch mädchenuntypische Berufe eine Rolle
spielen Leider ist die Kontinuität
bei vielen Projekten freier Träger nicht durchgehend gegeben, da sich
Finanzierungsformen und damit auch immer Angebote und Personal verändern. Damit
wird die positive Wirkung zumeist wieder aufgehoben. Bei den geschlechterspezifischen
Angeboten für Jungen und jungen Männern sind die Projekte sehr rar, es gibt
keine jungenspezifische Einrichtung, obwohl auch die Jungen spezifische
Wünsche, Vorstellungen haben, die sie mit männlichen Sozialarbeitern
diskutieren wollen/sollten. Dies ist ein Mangel und führt zur weiteren
Verschärfung der Problemlagen der Jungen im Bezirk. Es gibt punktuelle
Jungenprojekte in Einrichtungen, die sich aber zumeist in sportlichen
Aktivitäten erschöpfen. Jungen benötigen Zuwendungen und müssen soziale und
emotionale Kompetenzen erlernen. Da das männliche Rollenbild im Wandel begriffen
ist und in vielen Studien die Jungen als das auffällige Geschlecht
(Jugendgerichtshilfe, Gewaltdelikte, schulische Leistungen u.a.) beschrieben
werden, muss darauf reagiert werden. Für Ende 2007 sind umfangreiche
Weiterbildungen mit der Spezifik Jungenarbeit für die Mitarbeiter/innen der
kommunalen JFE und der Mitarbeiter/innen der Projekte freier Träger in Zusammenarbeit
mit dem Träger Dissens e.V. (federführend auf dem Gebiet der Jungenarbeit im
Bezirk) geplant. Gemeinsame Projekte bzw.
geschlechterdifferenzierte Projekte: ·
innerhalb einer
jeden Freizeiteinrichtung gibt es Projekte, die punktuell nur mit dem einen
oder anderen Geschlecht durchgeführt werden; dies richtet sich zumeist nach den
Wünschen des Nutzer oder den Erkenntnissen der Sozialarbeiter/innen ·
in den
Freizeiteinrichtungen aber auch in den KJHZ gibt es aber auch regelmäßige
thematische Mädchen- bzw. Jugendgruppen oder separate Mädchenräume ·
es gibt auch
Varianten, wo Mädchen und Jungen sich zeitlich oder räumlich in Angebote teilen
(1 PC für die Mädchen und 1 PC für die Jungen bzw. Mädchen dürfen montags in
die Sporthalle und Jungen dienstags); zumeist geschieht auch dass aus einem
konkreten bedarf, einer Aushandlung oder einer Beobachtung heraus ·
viele o.g.
Träger bieten Projekte für Schulklassen an (z.B. „Wie kommt das Kind in
Mamas Bauch?“, „Himmelhochjauchzend - zu Tode betrübt! - die Zeit
der Pubertät“, „Er liebt mich, er liebt mich nicht! Er liebt
mich....“, „Eine Reise durch den Verhütungskoffer“, „...weil
ich ein Mädchen bin! Was ist weiblich und männlich?“, „Barbie sucht Ken“,
„Man/frau ist, was man/frau isst“, „Coolnesstraining“,
„Liebe, Sex und Zärtlichkeit“ u.ä.), die überwiegend von MIM,
Hella, JAO und Dissens u.a. umgesetzt werden ·
besonders zu
erwähnen ist der Sportplatz „Unser Platz“ an der Schwarzburger
Str.; er wurde mit einem geschlechterdifferenzierten Ansatz errichtet, so dass
hier sowohl Angebote für Mädchen als auch für Jungen stattfinden können; hier
arbeiten besonders effektiv Projekte wie das Mädchenmobil und Dissens e.V. 2. Wie beurteilt das Bezirksamt den Stand und die
Qualität der politischen und organisatorischen Kooperation mit den Projekten der
Frauen- und Mädchenarbeit und ihres Netzwerkes? Welche Vorschläge hat es für die
Intensivierung und Effektivierung der frauenpolitischen Zusammenarbeit? Seit mehreren Jahren gibt es
die AG „Geschlechterdifferenzierte Kinder- und Jugendarbeit
Marzahn-Hellersdorf“. In ihr arbeiten Mitarbeiter/innen aus kommunalen
Jugendfreizeiteinrichtungen und Projekten freier Träger und eine Vertreterin
der Fachsteuerung des Jugendamtes thematisch zusammen. Jährlich finden
Klausurtage statt, in denen eine Jahresauswertung erfolgt und Schwerpunkte für
das Folgejahr festgelegt werden. Für 2007 wurde z.B. der Schwerpunkt
„Geschlechtsspezifische Sexualpädagogik mit Mädchen und Jungen“
gewählt. Dazu wird es am 11.10.07 eine Fachtagung im Bezirk geben. Die Qualität der
Zusammenarbeit innerhalb der AG lebt von den Aktivitäten der einzelnen
Mitglieder. Als im Jahr 2001 viele Projekte freier Träger keine
Zuwendungsfinanzierung mehr erhielten bemerkte die AG sowohl einen massiven
Rückgang der Anzahl der Mitglieder als auch einen qualitativen Rückgang, weil
bestimmte Personen fehlten. Die zeitlichen (viele Einzelkämpfer, die in ihre
eigenen Einrichtungen/Projekte intensiv eingebunden sind) und finanziellen (für
gemeinsame inhaltliche Projekte) Möglichkeiten der einzelnen AG-Mitglieder sind
geringer geworden. Zwischen der AG „Geschlechterdifferenzierte
Kinder- und Jugendarbeit Marzahn-Hellersdorf“ und dem im Bezirk
existierenden Frauenbeirat gibt es keine Berührungspunkte. Hier gibt es
sicherlich noch Reserven, was eine generationsübergreifende Zusammenarbeit
zwischen Gremien der Mädchen- und der Frauenarbeit betrifft. Die AG „Geschlechterdifferenzierte
Kinder- und Jugendarbeit Marzahn-Hellersdorf“ hatte sich jedoch im Jahr
2000 (bei der Fusion der entsprechenden Arbeitsgruppen aus den ehemaligen
Bezirken Marzahn und Hellersdorf) bewusst für ein Gremium der
geschlechterdifferenzierten Arbeit entschieden, um beide Geschlechter
gleichermaßen zu berücksichtigen. Damit ist die AG nur zum Teil ein Kooperationspartner
des Frauennetzwerkes; ein Männernetzwerk ist nicht bekannt. 3. Mit welchen finanziellen Mitteln und anderen
Maßnahmen trägt das Bezirksamt gegenwärtig zur Stärkung der frauen- und
mädchenspezifischen Projektinfrastruktur bei? Im Rahmen der Verteilung der finanziellen Mittel für
die kommunalen Jugendfreizeiteinrichtungen (Honorarmittel,
Veranstaltungsmittel, Mittel politische Bildung, Stiftung Kreuzberg, u.ä.) wird
auf Geschlechtergerechtigkeit geachtet. Auch bei den zuwendungsgeförderten Projekten
freier Träger wird viel Wert auf eine gerechte bzw. bedarfsgerechte Verteilung
der Mittel geachtet. Es gibt jedoch keine finanzielle Förderung für ein
spezifisches Mädchenprojekt in freier Trägerschaft durch den Bezirkshaushalt.
Bei den kommunalen JFE erfüllt die JFE Hella- Klub für Mädchen und junge Frauen
diese besondere Funktion. In 2006 wurden die Angebote in den
Freizeiteinrichtungen von Mädchen und Jungen fast hälftig genutzt. Bei den
kommunalen Jugendfreizeitenrichtungen wurden von den geleisteten
Angebotsstunden 44,6 % durch Mädchen
genutzt; bei den bezirklich geförderten
Projekten der Jugendarbeit wurden 54,1 % der Angebotsstunden durch Mädchen
genutzt. Ähnlich sah dies bei den Erholungsmaßnahmen aus. Bei den kommunalen
Jugendfreizeitenrichtungen wurden 46,2 % der Angebote durch Mädchen genutzt,
bei den bezirklich geförderten Projekten waren es 52,5 %. Dr. Schmidt |
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